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Band 73

Quarterium-Zyklus

 

Kampf um Stromgarde

Der Widerstand gegen Dorgon zerbricht

 

S.W. Wltschek

 

Was bisher geschah

Im Jahre 1305 NGZ ist die Lage in Cartwheel vollkommen verändert. Der Bund der Vier hat das Reich Quarterium gegründet, dessen Imperatore Don Philippe de la Siniestro ist. Das Quarterium ist ein mächtiges und starkes Imperium, unter dessen Befehl eine gigantische Armee steht.

Doch während für die Lemurerabkömmlinge ein neues Reich entstanden ist, drohen die Extraterrestrier in Cartwheel zu Wesen zweiter Klasse zu werden. Überschattet werden diese Ereignisse jedoch von der Invasion der Dorgonen in die estartischen Galaxien.

Während Perry Rhodan und die USO in geheimen Operationen den Estarten helfen wollen, spielen sich ganz andere Szenen auf Mankind ab. Joak Cascal lebt! Er und Kathy Scolar sind Opfer einer quarterialen Verschwörung geworden. Während Kathy entkommen kann, befindet sich Cascal in Gefangenschaft.

Derweil ist die estartische Armee am Ende, Siom Som hat kapituliert und auch die anderen Galaxien sind vor der dorgonischen Invasionsflotte nicht mehr sicher. Doch die Hilfe durch die USO und die Widerstandsgruppe ULEMAN lassen Sam und sein Volk wieder hoffen. Es beginnt der KAMPF UM STROMGARDE…

Hauptpersonen

Gal’Arn, Jan Scorbit und Jonathan Andrews – Sie kämpfen für die Freiheit Siom Soms.

Sam Tyler, Sandal Tolk, Saraah und Torrinos – Mitstreiter des Widerstands.

Mathew Wallace – Der Erste Offizier der IVANHOE II geht in den Einsatz.

Carilla – Der Schlächter jagt die Rebellen.

Vesus – Seine Prioritäten ändern sich.

Elgalar – Er umgarnt Jonathan Andrews.

Sam – Der Somer ist in Gefangenschaft.

Xavier Jeamour, Irwan Dove, Lorif, Tania Walerty und Jenny Taylor – Besatzungsmitglieder der IVANHOE II

 

 

 

Kapitel 1 – Vorbereitungen

Verdammt, ich komme zu spät!

Mathew Wallace lief über den Flur in Richtung des Konferenzraums der IVANHOE II. Er hatte mal wieder verschlafen.

Wallace schlitterte um die Ecke und hätte fast Jonathan Andrews gerammt, der gerade aus einem anderen Gang gelaufen kam. Als er Wallace sah, wich er geistesgegenwärtig aus.

»Hey hey, Vorsicht junger Mann, nicht so schnell mit den jungen Pferden.«

»Sorry, ich hab verpennt und du weißt doch, dass wir eine Besprechung haben«, erwiderte Wallace nach Atem ringend.

»Ja ich weiß und ich schlage vor, dass wir uns beeilen«, rief Andrews und lief in Richtung Konferenzraum weiter.

Nach einigen Metern blieb er stehen, drehte sich zu Wallace um und grinste über beide Backen: »Ich hab auch verschlafen, und jetzt mach schon! Wir sind sowieso schon zu spät!« Andrews zwinkerte ihm noch zu, bevor er wieder loslief, während ihm Wallace kopfschüttelnd nachsah. Dann setzte auch er sich mit einem Grinsen wieder in Bewegung und holte Andrews nach ein paar Metern ein.

Beide Männer erreichten kurz nach einander den Konferenzraum. Völlig außer Atem und nach Luft ringend blieben sie vor der Tür zum Konferenzraum stehen, um sich ein wenig zu erholen. Nach einigen Minuten strafften sie ihre Kleidung und Andrews betätigte den Öffnungsmechanismus der Tür. Diese glitt auf und gab den Konferenzraum frei, einen gewaltigen Raum von 30 Metern Länge, einer Breite von 20 Metern und einer Deckenhöhe von 12 Metern. In der Mitte des Raumes stand der riesige Konferenztisch, der mit einer Länge von 20 Metern und einer Breite von acht Metern bequem Platz für 40 Personen bot.

Wallace und Andrews betraten den Raum und, wie sie nach einem kurzen Überblick sahen, saßen die Führungsoffiziere der IVANHOE II und die der WHITE STAR am Ende des Tisches auf der anderen Seite des Raumes. Drei Formenergiesessel in der Runde waren leer. Zwei der drei Sessel waren offensichtlich für sie bestimmt, der dritte gehörte Jan Scorbit. Dieser stand an der gegenüberliegenden Wand an einem großen Schirm, der einen Sternenkartenausschnitt ihres letzten Einsatzgebietes zeigte.

»Schön, dass ihr es auch noch geschafft habt!«, meinte Jeamour zu Wallace und Andrews mit einem tadelnden Blick.

Der Kommandant der IVANHOE II sah angespannt und erschöpft aus.

»Wie ich gerade sagte, bevor ich unterbrochen wurde«, meinte Scorbit mit einem beleidigten Unterton in der Stimme. »Der letzte Einsatz verlief recht zufrieden stellend«, setzte er seinen Bericht über die vergangenen Aktionen fort.

»Die zwei Transportverbände, die wir gestern angegriffen haben waren nicht auf uns vorbereitet«, fügte Nicki Hammer, Kommandant der zweiten Angriffsflotte hinzu.

Der aus Irland stammende 29-jährige Terraner war ein gewitzter Stratege, weshalb ihn Jan Scorbit das Kommando über die Flotte gab.

»Ja das ist wohl war, doch wir müssen in Zukunft vorsichtiger sein. Die Dorgonen werden es uns mit Sicherheit nicht noch einmal so leicht machen«, gab Gal’Arn zu bedenken.

»Das stimmt wohl, doch wir haben immer noch den Vorteil, dass die Dorgonen uns unterschätzen«, warf Scorbit in die Diskussion ein.

Er tippte auf ein kleines Tastenfeld am Bildschirm und das Bild wechselte. Es zeigte nun eine schematische Darstellung von Siom Som. Jan tippte wiederum auf die Tastenfläche, und wie von Geisterhand zogen sich zwei rote Linien von den äußeren Ringen Siom Soms zum Planeten Som.

»Dies sind unsere nächsten Ziele. Wie wir von unseren Spionen erfahren haben, sollen diese zwei Konvois Planetenschilde, Bodengeschütze sowie Waffen und Ausrüstung nach Som liefern. Der Zweck dieser Lieferung ist klar; sie wollen Som in eine Festung verwandeln, damit sie einen Großteil der Schiffe, welche Som schützen und halten, abziehen können. Diese Schiffe werden dann wahrscheinlich zu unserer Jagd abgestellt werden, und ein Großteil wird zur Invasionsflotte zurückkehren. Es ist also von aller größter Bedeutung, dass wir diese Lieferung abfangen und, wenn möglich, die Waffen und die Ausrüstung für uns gewinnen«, erklärte Scorbit mit ernster Miene seinen Mitstreitern.

»Haben wir Daten über die Verteidigungsstärke der Konvois?«, fragte Wallace und schien damit, das ausgesprochen zu haben, was die anderen dachten, denn viele nickten ihm zu.

Scorbit tippte wieder auf eine Taste. Der Bildschirm zoomte an die zwei Linien heran. Die Anwesenden im Raum erkannten die Schiffe.

»Einer der Konvois wird schwächer bewacht, er hat eine Eskorte von 65 Adlerschiffen der Vertasus - Klasse und 500 Jägern. Zusätzlich sind die Transportschiffe stärker gepanzert als jene die wir beim letzten Mal zerstörten. Der zweite Konvoi wird schon stärker bewacht, hier haben wir es mit 500 Jägern, 65 Adlerschiffen der Vertasus - Klasse und drei der Dom – Klasse zu tun.«

»Warum sind die Verbände nur so schwach geschützt, wenn sie doch so wichtig sind?«, fragte Jonathan Andrews.

»Das kann ich dir sagen«, meinte Scorbit ernst. »Einerseits kommen diese Verbände direkt aus Dorgon und unseren Informationen zur Folge, haben die Dorgonen momentan keine anderen Schiffe übrig. Der Hauptgrund wird aber der sein, dass die Dorgonen denken, dass wir nur über die dreißig Schiffe verfügen, welche wir bei den letzten Angriffen verwendet haben. Doch davon abgesehen befinden sich zwei Schlachtschiffverbände der Dorgon – Klasse in der Nähe der Flugrouten der Konvois, die im Notfall wohl eingreifen sollen.«

Xavier Jeamour und Nicki Hammer standen auf und gesellten sich zu Jan Scorbit an den Bildschirm.

Jeamour ergriff das Wort. »Gibt es noch Fragen? Nein? Gut, dann werden wir uns nun mit der Planung des Überfalls beschäftigen. Die zweite Flotte unter dem Kommando von Nicki Hammer wird sich mit dem schwächer bewachten Konvoi beschäftigen.«

Jeamour drückte eine Tastenkombination auf dem Tastenfeld und das Bild veränderte sich abermals. Es zeigte nun einen Ausschnitt des neuen Einsatzgebietes, im »Norden« der Karte war ein Asteroidenfeld zu sehen, welches sich fast über den ganzen Sektor erstreckte. Im »Osten« waren Som und seine Monde Ijarkor und Culio dargestellt. Der »Süden« war freies All und im »Süd-Westen« befand sich ein kleiner Nebel. Das wichtigste Phänomen für die Angriffsplanung war auf dieser Karte jedoch im Zentrum, ein riesiger Nebel, der die Konvois wie eine natürliche Barriere von Som trennte. Dieser Nebel störte die Sensoren, sowohl die des Widerstands als auch der Dorgonen.

»Nicki, Sie werden mit ihrer Flotte diesen Transportverband angreifen«, fuhr Jeamour fort. Er zeichnete mit dem Finger den Kurs des ersten Konvois auf der Karte nach.

»Sie werden von unserer aktuellen Position starten, dann vom Asteroidenfeld so schnell wie möglich in den Nebel eintreten, damit sie den Sensoren der Dorgonen verborgen bleiben.«

Der Kommandant der IVANHOE II deutete mit dem Zeigefinger auf einen roten Punkt im Nord-Westen der Karte, der die aktuelle Position der Widerstandsflotte anzeigte. Dann drückte er eine kurze Tastenkombination auf der Tastenfläche. Der Bildschirm zeigte nun den Kurs der zweiten Flotte auf.

»Endschuldigen Sie Admiral Jeamour, aber wie mir bekannt ist, und wie Sie selbst gerade erwähnten, funktionieren in diesem Nebel keine Sensoren, weder unsere noch die der Dorgonen. Woher wissen wir, dass sich im Inneren des Phänomens keine Dorgonenschiffe aufhalten?«, fragte der Posbi DESFOLSGALPH (der Name leitet sich von seinem Posbinamen D12E3S7F4O813-LS7G83A2910LPH ab), der der zweite Offizier von Hammer war.

»Ich glaube da kann ich weiter helfen«, schaltete sich Scorbit wieder in das Gespräch ein. »Wir haben drei Aufklärer in den Nebel geschickt, die das Gebiet für uns erkunden sollen.«

»Aber wie soll das funktionieren, wenn die Ortungssysteme dort nicht zu gebrauchen sind, mein lieber Herr Scorbit?«, hakte der Posbi nach.

Jan fing an zu grinsen, was den Posbi mehr als zu irritieren schien, denn er sah ihn vollkommen entgeistert an.

»Mit der Hilfe des Maschinenchefs der IVANHOE II, welcher nebenbei erwähnt eine wahre Kapazität auf seinem Gebiet ist. Es ist uns gelungen ein Ortungssystem zu entwickeln mit dem man, wenn auch nur begrenzt, den Nebel scannen kann.«

Der Blue sah bei diesen Worten ganz verlegen aus und bedankte sich mit einem knappen nicken bei Scorbit für diese netten Worte.

»Also, Sie überlassen ja nichts dem Zufall was?«, lobte Ika Li Jan, sie war der dritte Offizier von Hammer. Die junge Terranerin war der USO erst kurz vor dem Aufbruch nach Estartu beigetreten.

»Man sieht, dass Sie noch nicht lange bei der USO sind, sonst wüssten Sie, wie gewissenhaft Herr Scorbit ist«, schleimte Niel Liffe einerseits bei Jan und tadelte auf der anderen Seite Ika.

Niel Liffe war Chefarzt an Bord von Hammers Schiff und ein eher unsympathischer Zeitgenosse, wie die meisten seiner Kollegen fanden.

»Entschuldigen Sie bitte das Verhalten meiner Offiziere«, entschuldigte sich Max Klein, der Erste Offizier von Hammer für seine Leute.

»Auch ich möchte mich entschuldigen, Sir! Es war dumm von mir zu glauben, dass Sie als langjähriger USO-Agent etwas so offensichtliches wie die negativen Eigenschaften dieses Nebels übersehen würden«, entschuldigte sich der Posbi wortreich mit einer Verbeugung.

»Meine Herren! Sie müssen sich nicht bei mir entschuldigen«, gab Scorbit verlegen zurück.

»Gut, da wir das nun geklärt haben, können wir ja mit der Besprechung fortfahren«, sagte Jeamour genervt.

Er tippte wieder auf eine Tastenkombination ein und die Karte zeigte nun das Ziel der ersten Flotte.

»Gut und wir kümmern uns um die dicken Brocken«, sagte Mathew Wallace.

»Na toll ihr habt den ganzen Spaß und muss auf der TERSAL im Asteroidenfeld bleiben«, beschwerte sich Jonathan Andrews mit einem frechen Grinsen.

»Mein lieber Schüler, wärest du pünktlich gewesen, dann hättest du auch den zweiten Punkt auf der Liste dieser Besprechung mitbekommen.«

Andrews sah seinen Meister verlegen grinsend an und kratzte sich am Hinterkopf

»Ähm, Meister würdest du mir bitte verraten, was der zweite Punkt ist? Ich meine, es interessiert ja nicht nur mich. Mathew möchte es bestimmt auch wissen«, meinte Andrews und wandte sich Wallace zu. »Nicht wahr, Walli?«

Als Wallace nicht reagierte, zog er eine Grimasse und drehte sich wieder zum Ritter der Tiefe um, dann sagte er mit flehendem Blick: »Bitte Meister, sag schon was ist es.«

Als auch Gal’Arn nicht reagierte sah er sich im Raum um doch keiner sagte etwas, stattdessen fingen sie alle lauthals an zu lachen.

»Also, dann wollen wir deinen Schüler mal nicht dumm sterben lassen«, meinte Jan Scorbit und gab wieder eine Zahlenkombination ein. Der Bildschirm zoomte Som heran und man sah den Regierungspalast.

Gal’Arn drehte sich zu Andrews mit einem leichten Grinsen um, dann sagte er: »Wir werden Sruel Allok Mok aus den Händen der Dorgonen befreien.«

Andrews Miene erhellte sich zusehends: »Na endlich bekommen wir auch mal wieder was zu tun. Wann geht’s los?«

Wieder mussten alle lachen und nachdem sich alle wieder beruhigt hatten, wandte sich Scorbit den Anwesenden zu und sagte: »Also gut, ich schlage vor, dass sich alle auf ihre Schiffe begeben.«

»Das halte ich auch für eine gute Idee«, stimmte Hammer ihm zu.

Die Crew der IVANHOE II und die Crew der WHITE STAR erhoben sich und gingen aus dem Konferenzraum.

Scorbit wandte sich Gal’Arn zu: »Habt ihr schon eine Idee, wie wir Sam befreien wollen?«

»Nein leider noch nicht, aber ich bin mir sicher uns fällt noch ein guter Plan ein.«

»Ich schlage vor, wir holen Tolk und begeben uns dann auf die TERSAL«, sagte Scorbit zu Gal’Arn.

Dann verließen sie zusammen mit Sam Tyler und Jonathan Andrews ebenfalls den Konferenzraum.

 

Kapitel 2 – Verhör

Sam hatte das Gefühl, schon seit Tagen an diesen Stuhl gefesselt zu sein, als ihm plötzlich die Augenbinde abgenommen wurde. Ein gleißendes Licht blendete seine Augen, die sich in der Zwischenzeit an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Nach einigen Minuten passten sich die Augen dem Licht an und Sam konnte nun endlich sehen, wer ihm die Binde abnahm. Es war ein dorgonischer Soldat, der sein Gewehr auf ihn gerichtet hatte und ihn mit einer Abscheu ansah, als wolle er das Gewehr am liebsten an ihm ausprobieren.

Sam sah sich gerade in dem Raum um, als plötzlich die Tür aufging. Das Licht, welches durch die offene Tür fiel, ließ nur die Umrisse einer dürren und mittelgroßen Person erkennen. Die Person trat aus dem Licht heraus und Sam erkannte nun, wer es war. Es war Elgalar der Bruder des dorgonischen Kaisers.

»Schön Sie zu sehen, Sruel Allok Mok«, begrüßte ihn Elgalar freundlich und breit grinsend. Sam war leicht irritiert, dass Elgalar die Sie-Form anwendete. Diese war für den dorgonischen Sprachgebrauch untypisch. Offensichtlich hatte sich der Bruder des Kaisers über Sams Redeweise erkundigt. »Machen Sie gefälligst das Licht an! Oder soll ich mich mit meinem Gast im Dunkeln unterhalten?«, blaffte er den Soldaten an, der wie vom Donner gerührt die Hauptbeleuchtung aktivierte.

Sam konnte Elgalar nun richtig sehen. Er musterte ihn ausgiebig und wunderte sich über den Aufzug des Dorgonen.

Elgalar trug etwas, das wie ein Kimono aussah. Seine Haare waren weiß gefärbt und zu einem festen Knoten zusammen gebunden. Sein Gesicht war wie immer bunt geschminkt und Sam stieg der süßliche, unangenehme Geruch von Elgalars Parfüm in die Nase, bei dem ihm fast übel geworden wäre.

Elgalar wandte sich Sam zu und sah grinsend zu ihm hinab: »Nun mein lieber Sam. Ich darf Sie doch Sam nennen oder? Ich glaube Ihre Freunde nennen Sie so.«

»Was wollen Sie?«

»Ist das nicht klar?«, fragte Elgalar süffisant grinsend zurück.

Dann sagte er mit einer kalten und nicht mehr mädchenhaften Stimme: »Ich will wissen, wo sich diese verdammten Rebellen versteckt halten!«

»Sie wissen, dass ich Ihnen das nicht sagen werde, Elgalar«

Elgalar drehte sich abrupt um, klatschte in die Hände und sagte mit der gleichen »freundlichen« Stimme, mit der er den Somer begrüßt hatte: »Ich hatte nicht wirklich erwartet, dass Sie mir sagen, wo sich die Rebellen versteckt halten. Doch es war einen Versuch wert, nicht wahr?«

Er drehte sich noch einmal um und sah Sam direkt in die Augen. Dieser ließ sich jedoch nicht von ihm einschüchtern, sondern blieb standhaft.

»Sie kennen doch sicher meinen Untergebenen Carilla?«

Sam nickte knapp.

»Gut, dann kennen Sie ja gewiss seine Vorliebe für Gewalt?«

Der Somer nickte wieder.

»Ich persönlich verabscheue diese Gewalt ja aufs tiefste«, meinte Elgalar mit einer Unschuldsmiene, »doch Sie lassen mir keinen andere Wahl. Ich will kein vermehrtes Leid unter den Völkern dieser Galaxie, aber ihre Freunde schaden unserem Imperium und das muss ich stoppen«

Er drehte sich um und ging auf die Tür zu.

»Warten Sie!«

»Ja?«

Elgalar war stehen geblieben und freute sich, dass er es offensichtlich geschafft hatte, den Somer weich zu kochen.

»Ich kann Ihnen nicht sagen, was die Rebellen vorhaben, ich sitze ja schließlich schon seit Tagen hier in diesem Raum …«

Elgalar, offenbar zu tiefst enttäuscht, nicht das gehört zu haben, was er wollte, blaffte Sam wütend an: »Ich wollte auch gar nicht wissen, was diese stinkenden Rebellen als Nächstes tun! Sie sollten mir lediglich sagen, wo sie sich versteckt halten, Sie inkompetenter Schwachkopf! Wie konnte man Sie nur zum Anführer der Rebellion gegen das dorgonische Kaiserreich ernennen? Oder …?«

Elgalar ging nun so nah an Sam heran, dass seine Nase fast Sams Schnabel berührt hätte.

Oder spielen Sie elende Kreatur nur mit mir?«

Er drehte wieder um und sagte beim Rausgehen in einem ruhigeren Ton: »Egal, ob Sie nur so unwissend tun oder ob Sie es wirklich sind, ich bekomme schon die Wahrheit aus Ihnen heraus. Seien Sie dessen versichert!«

Mit diesen Worten verließ Elgalar den Raum und kurz nach ihm der Soldat, der bevor er ging, noch das Licht löschte. Sie ließen einen verzweifelten Sam mit seinen Gedanken zurück.

Was soll ich nur tun? Wenn dieser Carilla wieder mit Erschießungen beginnt, werden unschuldige Lebewesen, die nichts mit dem Widerstand zu haben, getötet. Hätte ich ihm sagen sollen, wo die Rebellen sich versteckt halten? Nein, wenn ich das getan hätte, wäre die letzte Hoffnung auf Rettung für unsere Galaxie mit ihnen gestorben. Ich muss einfach darauf vertrauen, dass Jan und die anderen uns alle retten.

Sam dachte noch einige Stunden über die Frage, ob er das Richtige getan hatte nach, bis er schließlich erschöpft einschlief.

 

Kapitel 3 – Neue Missionen

Carilla saß auf der Brücke seines Flaggschiffs. Er hatte das Kommando über eine 1000 Schiffe umfassende Flotte erhalten, da Vesus mit der Fortsetzung der Invasion betraut war. Er las gerade den Bericht über die jüngsten Konvoi Überfälle der Rebellen auf die Dorgonen.

»Kommandant, wir erhalten gerade eine Nachricht von Som«, sagte einer der Funkoffiziere auf der Brücke.

Als Carilla nicht reagierte wiederholte der Offizier vorsichtig seine Meldung.

Carilla rührte sich nun, er nahm das Pad in seiner Hand herunter und besah den Soldaten mit einem kalten Blick, dann fragte er: »Wer ist es und was will er?«

»Ähm, es ist Elgalar der Bruder des Kaisers«, antwortete der Mann mit unsicher wirkender Miene und Stimme.

»Das Elgalar der Bruder des Kaisers ist, weiß ich auch ohne deinen überflüssigen Kommentar. Was will er?«

»Verzeihung, er möchte dich sprechen«, sagte der Funker und wartete auf Carillas nächsten Befehl.

Was kann dieser elende Transvestit jetzt schon wieder wollen?, fragte sich Carilla, während ihn der Soldat immer noch wartend ansah.

»Stell ihn durch!«

»Mein lieber Carilla«, begrüßte ihn Elagalar, »warum dauert es so lange, bis ich zu dir durchgestellt werden?«

Weil ich mit einer Schwuchtel wie dir normalerweise nicht rede, dachte Carilla, während ihn sein gegenüber vom Hauptschirm süffisant anlachte.

»Verzeiht mir edler Elgalar«, antwortete Carilla in übertrieben höflichem Ton. »Ich musste noch eine wichtige Unterredung mit einem meiner Offiziere beenden«, erzählte er wahrheitsgemäß.

Normalerweise hätte Carilla einem aus der Schiffsbesatzung die Schuld an der Verspätung gegeben, doch da er das Kommando über die ZÜPRA hatte, wollte er derartige Fehler nicht offen preisgeben. Dies hätte auf seinen Führungsstil zurückfallen können und diese Blöße wollte er sich nicht geben, schon gar nicht vor Elgalar.

»Na gut dann wollen wir das Kriegsgericht für dieses Mal vergessen. Aber nun zu meinem eigentlichen Anliegen.«

Carilla sah ihn fragend an, doch Elgalar sah ihn nur an und grinste.

Hör endlich auf so blöd zu grinsen, dachte Carilla, während er Elgalar beobachtete. Dieser fing just in diesem Moment an, weiter zu reden.

»Wie du vielleicht weißt, befindet sich der Anführer der Rebellen in unserer Gewalt«, fuhr er nach seiner kleinen Kunstpause fort.

»Natürlich weiß ich, dass sich Sruel Allok Mok in unserer Hand befindet, ich habe dir schließlich geraten ihn unverzüglich hinrichten zu lassen«, platzte es aus Carilla heraus, der nun mit Befriedigung sah, dass sein kleiner Ausbruch seine Wirkung nicht verfehlt hatte, denn Elgalar war bei den letzten Worten regelrecht aufgesprungen.

Einige der Brückenbesatzung hatten sich ebenfalls erschrocken und sahen nun zum Hauptschirm, um die Reaktion des Stadthalters zu sehen.

»Wie kannst du es wagen mich anzuschreien?«

Carilla sah ihn zornfunkelnd an und überging diese Frage einfach. »Elgalar, sag mir einfach, was du von mir willst, damit wir dieses Gespräch beenden können.«

»Gut! Da du ja keinen Hauch von Anstand von deiner Mutter gelernt zu haben scheinst, werde ich dir deine Instruktionen ebenso geben«, erwiderte Elgalar sichtlich verärgert und beleidigt.

Wag es noch einmal schlecht über meine Mutter zu reden und ich werde dich eigenhändig ins Jenseits befördern, dachte Carilla hasserfüllt.

»Sende uns einfach die Instruktionen und beehre uns nicht weiter mit deiner Anwesenheit«, mit diesen Worten gab er den Funkoffizier ein Zeichen die Verbindung zu beenden.

Sekunden später erlosch das Bild des Dorgonen auf dem Monitor und wich dem Dunkel des Weltraums. Das Letzte was man von Elgalar sah, waren vor Entsetzen weit aufgerissene Augen und man hörte ihn nur noch sagen: »Wie kannst du es ...«, dann war die Verbindung getrennt.

Einige Minuten vergingen, in denen sich Carilla freute, Elgalar so aus der Fassung gebracht zu haben.

»Kommandant, wir werden wieder gerufen«, meldete der Offizier.

»Ist es wieder Som?«, fragte Carilla, obwohl er die Antwort schon kannte.

»Ja, Kommandant! Es ist Elgalars oberster Berater«, antwortete der Mann.

»Stell ihn durch.«

Nun sah Carilla einen alten weise wirkenden Dorgonen, der sich verbeugte und ihn freundlich begrüßte: »Ich entbiete dir meine Grüße, Carilla von der ZÜPRA. Ich möchte mich hiermit für das Verhalten meines Herrn entschuldigen und dir die Anweisungen, die ich ausgearbeitet habe, übermitteln. Ach, und mache dir bitte keine Sorgen, ich werde dafür sorgen, dass das Gespräch von eben ohne Folgen für dich bleibt«, setzte der Alte nach.

Carilla war vollkommen überrascht über diese Begrüßung und die Worte des Mannes brachte nur ein mageres. »Danke« hervor.

Der Berater verabschiedete sich noch wortreich und beendete dann die Verbindung.

Der Funker meldete, dass die Übertragung der Daten abgeschlossen war und wartete nun auf Carillas Befehle. Dieser fasste sich nach dem doch recht überraschenden Gespräch wieder langsam, hatte er doch einen vor Zorn kochenden Elgalar erwartet. Stattdessen hatte ihn ein alter freundlicher Mann begrüßt. Er schüttelte den Kopf und verbannte die irritierenden Gedanken aus seinem Kopf.

»Zeige mir die übermittelten Daten!«, befahl er und der junge Soldat fing an, die Daten aufzurufen.

Carilla war erfreut über das, was er da las, er hatte soeben die Erlaubnis, nein, den Befehl erhalten, wieder mit Exekutionen zu beginnen. Er gab dem Steuermann neue Koordinaten und sie machten sich zum nächstgelegen Planeten auf, um dort ein Exempel für die Rebellen zu statuieren.

*

Zur gleichen Zeit auf der Tersal

»Ich habe es!«, rief Andrews.

»Was hast du?«, fragte Sam Tyler.

Jonathan drehte sich zu Tyler um und sah ihn fragend an.

»Was meinst du wohl, was ich habe?«

»Du meinst, du weißt, wie wir Sam aus der Hand der Dorgonen befreien können?«

»Nein, ich meinte, ich weiß, was ich morgen zu Mittag essen möchte. Natürlich hab ich eine Idee wie wir Sam befreien können!«

»Na dann lass mal hören, Klugscheißer!«

»Besser klug als nur ein Scheißer, gell Tyler?« Andrews grinste breit und wartete gar nicht auf Tylers Antwort. »Erst rufe ich Gal’Arn und die anderen. Ich habe keine Lust alles zweimal zu erklären.«

Andrews hatte gerade ausgesprochen als die Tür der Brücke sich öffnete und Gal’Arn mit Jan Scorbit eintrat. Andrews und Tyler wandten sich einander zu und fingen an zu grinsen.

»Was ist los, habe ich etwas verpasst?«, fragte Gal’Arn vollkommen verdutzt, als er die beiden ansah.

»Ach, nicht wirklich Meister, aber sag mal, seit wann bist du ein Telepath?«, fragte Jonathan Gal’Arn, immer noch grinsend.

»Wie soll ich das verstehen?«

»Na ja, Johnny meint, er habe eine Idee, wie wir Sam retten können«, meinte Tyler feixend.

Gal’Arn sah Andrews Stirnrunzeln an: »Ähm, du auch Jonathan?«

»Wie ich auch?«, fragte Andrews mit schwindendem Lächeln.

»Nun ich und Jan sind zu euch gekommen, um euch unseren Plan vorzulegen.«

»Es tut mir Leid, Johnny«, brachte Sam unter leisem Schmunzeln hervor.

Gal’Arn lächelte und erklärte den beiden, wie er und Scorbit sich die Rettung Sams vorstellten, dann stellte Jonathan seinen Plan vor.

»Na, das sieht doch gar nicht so schlecht aus. Da lässt sich doch was draus machen. Ich schlage vor, wir einigen uns auf einen Plan, der aus euren beiden Vorschlägen besteht. So optimieren wir unsere Chancen«, meinte Jan als die beiden mit ihren Erklärungen fertig waren.

»Das hört sich gut an«, fand Jonathan, dann wandte er sich an Scorbit und sah ihn fragend an.

»Gut, dann lasst uns anfangen. Je länger wir warten, desto geringer ist die Chance, dass wir noch rechtzeitig zu Sams Befreiung kommen!«

Die nächste Stunde verbrachten die Vier mit dem schmieden des Befreiungsplanes. Als sie sich alle geeinigt hatten, setzte Jonathan einen Kurs nach Som und beschleunigte auf maximale Geschwindigkeit.

 

Kapitel 4 – Überfall

»Sir?«

Jeamour stand auf der Brücke der IVANHOE II und starrte gedankenversunken auf den Bildschirm, der den bunten Nebel zeigte, in dem die IVANHOE II und ihre Flotte auf den Konvoi lauerten.

»Sir? Admiral Jeamour!«, rief Wallace, um Jeamour aus seinen Gedanken zu reißen.

Jeamour drehte sich erschrocken um und sah Wallace und Lorif die ihn besorgt musterten an.

»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Mathew mit besorgter Miene.

»Ja alles in Ordnung …«, log Jeamour, der sich in Wirklichkeit große Sorgen über die bevorstehende Schlacht machte.

Doch er wollte seine Zweifel und Ängste seiner Mannschaft nicht mitteilen, da er befürchtete, dass er ihre Moral damit in die Tiefe reißen würde. Also riss er sich zusammen, denn seine Führungsoffiziere hatte die dumme Angewohnheit ihn und seine Stimmungslage sehr schnell zu durchschauen. Stattdessen stürzte er sich in die Arbeit.

»Wie lange noch bis zum Eintreffen der Schiffe?«, fragte er Lorif.

Dieser sah kurz zur Decke der Brücke. Offensichtlich imitierte er das Verhalten eines nachdenkenden Menschen.

»Meinen Daten zur Folge werden die ersten Schiffe in etwa dreizehn Minuten eintreffen.«

»Gut, wie sieht es mit den neuen Sensoren aus?«

»Alle Schiffe melden, dass sie innerhalb normaler Parameter arbeiten«, meldete Lorif.

»Sind die Angriffspläne an alle Schiffe übermittelt worden?«, fragte Jeamour die Funkleitchefin Tania Walerty.

»Ja, die Pläne wurden an alle übermittelt und bestätigt.«

»Dann heißt es jetzt wohl Abwarten und Tee trinken.«

Auf der Brücke des Flaggschiffs der zweiten Flotte unter Nicki Hammers Kommando, war die Stimmung ebenfalls angespannt. Nicki ging durch die Zentrale, als sein erster Offizier ihm meldete, dass es nur noch fünf Minuten bis zum Eintreffen des ersten Konvois waren.

»Gut, danke Klein. Bitte unterrichten Sie alle Schiffe, dass sie sich in Angriffsformation begeben sollen.«

Klein bestätigte den Befehl und die letzten Minuten vergingen wie im Flug.

»Noch zwanzig Sekunden, Sir«, meldete Klein mit angespannter Stimme.

Hammer setzte sich auf seinen Stuhl und umklammerte die Stuhllehnen vor Anspannung.

»Die Frist ist abgelaufen«, berichtete Ika Li mit leiser, angespannter Stimme.

»Sind schon irgendwelche Schiffe in Sensorreichweite?«

»Nein Sir, noch nicht, warten Sie da ist etwas. Es ist ein schwaches Signal, fünf Schiffe, nein zwölf. Sir sie kommen«, meldete DESFOLSGALPH aufgeregt.

»Gut Leute, dann wollen wir sie mal herzlich willkommen heißen. Leutnant Li, schicken Sie drei Space Jets los. Sie sollen herausfinden, ob die Dorgonen auch über Sensoren verfügen«, befahl Hammer und wartete auf die Bestätigung des Funkoffiziers.

»Die Jets sind gestartet und auf dem Weg, Sir«, bestätigte Li.

»Taktik, verfolgen Sie die Jets und melden Sie mir jede Veränderung.«

»Ja, Sir!«

Einige Minuten vergingen, in denen die gesamte Besatzung gespannt auf die Meldung der Taktik wartete.

»Sir, Leutnant Noir meldet, dass sie sich dem Konvoi bis auf hunderttausend Kilometer genähert haben, ohne entdeckt zu werden«, meldete Li.

»Sie sollen sich bis auf vierzigtausend Kilometer nähern. Wenn dann immer noch keine Reaktion zu erkennen ist, greifen wir an.«

Wieder vergingen die Minuten ohne Meldung und dann meldete Klein, dass der Konvoi komplett im Nebel wäre und beschleunigt.

Zusätzlich meldete der Funkoffizier, dass sich die Space Jets ohne Probleme genähert hatten. Die Dorgonen schienen die Space Jets tatsächlich nicht im Nebel zu bemerken.

»Öffnen Sie einen Kanal zur IVANHOE II, Ika«.

Im nächsten Moment erschien das Gesicht Jeamours auf dem Hauptschirm.

»Schön Sie zu sehen, Nicki. Gibt es Schwierigkeiten mit den Dorgonen?«

»Nein, Sir! Im Gegenteil – die Dorgonen können uns nicht orten. Das haben meine Aufklärer soeben bestätigt.«

»Sir die Flotte ist bereit«, meldete Klein und Hammer sah kurz zu ihm hinüber.

»Danke, wir sollten uns auf den Weg machen, bevor uns die Schiffe entkommen.«

»Ich wünsche ihnen viel Glück«, sagte Jeamour und verabschiedete sich.

Die WHITE STAR setzte sich in Bewegung und mit ihr die erste Flotte.

»Ich wünsche ihnen viel Glück«, sagte Jeamour und schloss den Kanal. Dann stand er von seinem Stuhl auf und ging auf Lorif zu.

»Wie lange noch bis wir angreifen können?«

»Wir haben noch etwa fünf Minuten, bis die ersten Schiffe eintreffen«

»Gut, dann lassen Sie alle Schiffe in Angriffsformation gehen und es sollen sich alle Space Jets startbereit machen.«

Die kommenden Minuten ging er auf der Brücke auf und ab bis Mathew Wallace ihm schließlich mitteilte, dass alle Schiffe in Formation seien und dass die Flotte einsatzbereit war.

»Sehr schön! Miss Walerty, was sagt die Ortung?«

»Es nähern sich zwanzig Schiffe mit hoher Geschwindigkeit«, erwiderte sie mit Blick auf ihre Kontrollen. »Und sie kommen verdammt schnell näher. Die wollen wohl so schnell wie möglich wieder in den offenen Raum.«

»Die erwarten doch nicht etwa einen Hinterhalt«, sagte Wallace mit einem leichten Grinsen.

»Nein, wer könnte denn so hinterhältig sein und sich hier auf die Lauer legen. Diese Dorgonen sind echt paranoid«, meinte Tania mit einem schwer zu überhörenden sarkastischen Unterton in der Stimme.

»Ich denke das reicht«, meinte Jeamour und wollte wieder etwas Disziplin in seine Truppe bringen.

»Lassen wir die Falle zuschnappen.«

Jeamour setzte sich auf seinen Stuhl und sah auf dem Hauptschirm die größer werdenden Adler- und Transportschiffe. In der Mitte thronten die Schiffe der Dom-Klasse.

»Erteilen Sie den Space Jets den Startbefehl. Aber sie sollen sich von den Dom-Schiffen fernhalten. Die übernehmen wir persönlich.«

»Die Jets starten«, bestätigte Walerty.

»Gut! Jetzt sind wir dran.«

Die IVANHOE II und ihre kleine Unterstützungsflotte, bestehend aus ODIN-Schlachtschiffen, CERES-Kreuzern und Korvetten, schossen wie Kanonenkugeln auf den dorgonischen Flottenverband zu und eröffneten das Feuer. Überall um sie herum entluden sich die Transformladungen. Ehe den Dorgonen bewusst wurde, was geschah, waren über zwanzig ihrer Verteidigungsschiffe von den Angreifern zerstört oder kampfunfähig.

Eines der Adlerschiffe der Dom-Klasse driftete und aus seinen diversen Hüllenbrüchen loderte das Feuer. Die Dorgonen gaben sich jedoch nicht geschlagen, denn nach dem ersten Schock feuerten sie aus allen Rohren zurück, doch ihr Erfolg war zweifelhaft.

»Sir, die Dorgonen schießen offensichtlich blind, denn sie haben mittlerweile schon zehn ihrer eigenen Schiffe zerstört«, meldete Lorif.

»Wenn das so weiter geht, haben wir nichts mehr, was wir mit nach Hause nahmen können. Wie sieht es mit unseren eigen Schiffen …«, Jeamours Frage wurde durch eine Explosion an der IVANHOE unterbrochen. Er wurde bei der Erschütterung zu Boden geworfen. Irwan Dove half ihm hoch.

»Danke, Bericht!«

»Das war ein direkter Treffer der beiden Adlerschiffe, die sich, wie ich vermute, jetzt auf die Augen ihrer Besatzung verlassen«, meldete Lorif, der sich gerade wieder auf seinen Stuhl gehievt hatte. »Ich und unsere Freunde haben uns aber schon dafür bei ihnen bedankt.«

»Wallace, setzten Sie Kurs auf die Dom-Schiffe! Dove, schießen Sie mit allem, was wir haben!«

Die IVANHOE II schoss zwischen Trümmern und verbündeten Schiffen hindurch. Sie näherte sich den Dom Schiffen, die nun von acht Schiffen der Vertasus Klasse und einem großen Anteil der Jäger flankiert wurden. Doch auch die IVANHOE war nicht allein. Es schlossen sich mehr als sechzehn ODIN-Raumer und zwölf Korvetten an. Der versprengte Rest der Dorgonflotte wurde von den restlichen Schiffen der Rebellen ausgeschaltet, die den Dorgonen mit ihren Sensoren weit überlegen waren. Sie hatten jedoch nicht leicht, da die Schiffe zwar »blind« aber deshalb nicht schwächer in der Offensive und der Defensive waren. Es mussten meist viele Schiffe mit vereinten Kräften angreifen, um ein Dorgonschiff zu zerstören. Doch die Rebellen gewannen langsam die Oberhand, viele der Transporter waren manövrierunfähig und konnten nicht mehr fliehen.

Die Dorgonschiffe flogen nun ebenfalls auf die gegnerischen Schiffe zu, wenige Minuten später trafen sie sich, und alle Schiffe schossen mit allem, was sie hatten.

»Wallace, Ausweichmanöver! Bringen Sie uns aus der Schussbahn der Dorgonen«, befahl Jeamour seinem Steuermann.

»Ich versuche es ja, aber die feuern wie die Verrückten«, meinte Wallace, dem der Schweiß auf der Stirn stand.

Die IVANHOE flog einige Ausweichmanöver und entkam so den Salven der Dorgonen, die auf Grund ihrer beschränkten Sicht zu langsam reagierten. Die Schilde der IVANHOE blitzten einige Male kurz auf, wenn dorgonische Jäger an ihnen zerschellten. Sie setzte ihren Angriffsflug unbeirrt fort und näherte sich so den Dom – Schiffen immer mehr, die sich mittlerweile schon gefährlich weit von ihrer Schutzflotte entfernt hatte. Sie flogen auf einen USO-Verband zu und zerstörten zusammen drei Schiffe, welche nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnten. Die anderen griffen nun ihrerseits an und schwächten die Schilde der Raumer erheblich.

»Kommandant, unsere Schiffe haben die Schilde eines der beiden Adlerschiffe stark geschwächt. Das könnte die Gelegenheit sein, auf die wir gewartet haben«, meldete Lorif von seiner Station.

Die IVANHOE II schoss auf das angeschlagene und stark umkämpfte Schiff zu. Jetzt waren auch Vertasus-Adler am Schauplatz aufgetaucht. Die ODIN-Schlachtkreuzer der USO beschäftigten sich mit diesen wendigeren Schiffen. Wobei sie sorgfältig darauf achteten, nicht in die Schussbahn des Dom-Schlachtschiffes zu gelangen, der gerade eine Korvette in einem hellen Lichtblitz verglühen ließ. Die restlichen Korvetten schwirrten wie kleine Fliegen um das Schiff herum und piesackten die Schilde des Raumschiffes mit ihren Waffen. Sie konnten die Schilde zwar nicht durchdringen, doch konnten sie diese daran hindern, sich wieder zu regenerieren.

In diesem Moment erreichte die IVANHOE II mit vier weiteren Schlachtkreuzern der ODIN-Klasse den Raumer und eröffneten sofort das Feuer. Die Schilde brachen unter der Last der vereinten Feuerkraft zusammen. Einige Schüsse durchschlugen die Schilde und trafen direkt die Hülle. Dort schossen Sekunden später Feuersäulen heraus. Drei Salven später driftete das Schiff manövrierunfähig und brennend im Raum und drohte jeden Moment zu explodieren.

Die Schiffe wandten sich von dem besiegten Adlerschiff ab und näherten sich den verbliebenen Streitkräften der Dorgonen. Sie kämpften einen aussichtslosen Kampf, denn die USO war ihnen zahlenmäßig und taktisch überlegen.

»Miss Walerty, übermitteln Sie den Dorgonen, dass wir ihre Kapitulation annehmen, es muss kein weiteres Blut mehr vergossen werden«, meinte Jeamour mit einem Blick auf den Hauptschirm, auf dem die USO-Schiffe nun zwischen den Adlerschiffen umherschwirrten und diese beschossen. Die Dorgonen hatten gar keine Gelegenheit in diesem aussichtslosen Kampf die Oberhand zu gewinnen.

»Ich übermittle die Nachricht«, bestätigte Tania den Befehl.

»Admiral Jeamour«, sagte Dove mit erstickter Stimme.

Jeamour drehte sich zu ihm um und sah, dass Irwan gebannt auf den Hauptschirm starrte. Als er selbst dorthin sah, bemerkte er, was Dove meinte. Gerade war das letzte verbliebene Dom-Adlerschlachtschiff hinter einem Feld aus Schiffstrümmern aufgetaucht und flog mit hoher Geschwindigkeit auf die IVANHOE zu.

»Wallace!«, schrie Jeamour und er musste kein weiteres Wort mehr sagen, denn in diesem Moment neigte sich das Schiff nach Steuerbord.

Die Dorgonen schienen so etwas erwartete zu haben, denn gerade als die IVANHOE zum Ausweichmanöver ansetzte feuerten sie eine Reihe Torpedos auf sie ab. Diese schossen durch den Nebel und verwirbelten ihn hinter sich. Die ersten drei Salven traf die Schilde direkt und schwächten sie schwer. Die restlichen Torpedos verfehlten das Schiff nur knapp, was Mathew Wallace erstklassigem Ausweichmanöver zu verdanken war.

»Lorif, Bericht!«, rief Jeamour durch den dichten Qualm, der die Brücke durchzog.

Lorifs Stimme war klar wie immer, als er antwortete: »Die Schildintegrität ist auf 69 Prozent gesunken und wir haben eigen Schäden, die jedoch schon behoben werden.«

»Dafür habe ich schlechte Nachrichten«, meinte Mathew. »Ich bin blind.«

Sofort wirbelten alle in die Richtung herum aus der die Stimme des Steuermannes kam.

»Wie meinst du das? Kann nicht mal jemand diesen Qualm absaugen lassen?«, fragte Tania. Es achtete jedoch niemand auf ihre zweite Frage allen starrten wie gebannt in den Dunst und warteten auf Wallace Erklärung.

»Erst einmal hat Tania recht, man sieht ja die Hand vor Augen nicht. Doch um deine Frage zu beantworten, ich habe keine Sensoren mehr. Die müssen während des Angriffs beschädigt oder zerstört worden sein«, erklärte Mathew.

Er hatte noch nicht einmal ausgesprochen, als die aufgeregte Stimme des Maschinenchefs die Brücke über Interkom erhellte.

»Kommandant, was bei der purpurfarbenden Kreatur der Unordnung ist denn jetzt schon wieder passiert?«

»Falls es Ihnen entfallen ist, Mister Wygal, wir befinden uns in einer Schlacht und wurden gerade schwer getroffen«, beantwortete Jeamour die Frage kurz angebunden. »Aber gut, dass Sie gerade in der Leitung sind. Wir haben hier oben keine Sensoren mehr. Was ist mit denen geschehen?«

»Da ist der eigentliche Grund, weshalb ich Sie gerufen habe, Kommandant«, meinte der Blue etwas leiser.

»Nun ich höre …«

»Ach ja, ja genau die Sensoren. Nun wie soll ich es sagen.«

»Zyrak!«, brach es aus Wallace heraus.

»Ähm, ja natürlich, also die Sensoren wurden irreparabel beschädigt. Ich könnte zwar Neue bauen, aber das würde zu lange dauern, fürchte ich. Es tut mir Leid, Sir«.

Wieder wurde die IVANHOE erschüttert. Dove und Jeamour verloren das Gleichgewicht und fielen hin.

»Bericht«, rief Jeamour.

Sogleich hörte man Lorif: »Wieder Torpedos, die Schilde sind stabil bei 43 Prozent.«

»Ich habe eine Idee, wie ich wieder etwas sehen kann«, meinte Mathew.

»Dann reden Sie nicht lange um den heißen Brei herum, sondern tun es!«

Wallace redete kurz mit Zyrak und Tania, die beide vollkommen aus dem Häuschen wegen Wallace Idee waren.

»Gut, wir sind bereit«, meldete Wallace nach einigen Minuten.

Xavier nickte knapp und bedeutete seinen Leuten, dass sie anfangen konnten.

Der Rauch war mittlerweile von der Brücke abgesaugt worden und man sah nun, wie der schwarze Hauptschirm wieder aufleuchtete und den Nebel zeigte. Tania sprang kurz in die Luft und freute sich, dass der Plan funktioniert hatte.

»Ich will gar nicht wissen, wie ihr das wieder geschafft habt, aber ich bin stolz, dass ihr zu meiner Crew gehört, meinen Glückwunsch«, lobte Jeamour seine Offiziere.

Als Dove wieder mit erstickter Stimme seinen Namen rief, drehte sich Xavier nicht erst zu ihm, um sondern sah direkt auf den Hauptschirm. Was er da sah, verschlug ihm die Sprache! Um sie herum schwebten Trümmer, doch das war nicht das, was ihn so sprachlos machte. Alle verbliebenen USO-Schiffe und Space Jets flogen nun um eine kleine Gruppe von nicht mehr als einem Dutzend Adlerschiffen herum. Sie feuerten auf die Dorgonen und zerstörten eines nach dem anderen.

»Wie es aussieht, scheinen die uns gar nicht zu brauchen«, meinte Mathew mit einem Schmunzeln.

»Freu dich nicht zu früh. Noch sind sie nicht alle zerstört«, warnte ihn Lorif.

»Ja, aber nicht, wenn ich es verhindern kann«, sagte Jeamour und sah zu Tania hinüber. »Miss Walerty, bitte rufen Sie noch einmal die Dorgonen und sagen denen, dass wir ihre bedingungslose Kapitulation annehmen.«

»Ja, Sir«, bestätigte sie.

Einige Minuten vergingen, in denen die Blicke der Brückenbesatzung auf Tania ruhten. Bis sie schließlich von ihren Instrumenten aufsah und sagte: »Sir, die Dorgonen antworten nicht.«

Jeamour sah betrübt zu Boden, als plötzlich Lorif aufschrie.

»Kommandant, wir haben ein Problem. Zwei Transporter, die wir für manövrierunfähig hielten, haben sich gerade in Bewegung gesetzt und nähern sich schnell dem Rand des Nebels.«

»Sir, wenn die den Nebel verlassen, können sie Hilfe rufen«, sagte Tania besorgt.

»Sehr scharfsinnig, Miss Walerty. Dann müssen wir sie stoppen, bevor sie den Nebel verlassen!«

»Also hinterher«, beschloss Wallace und schlug sofort einen Abfangkurs ein.

Die IVANHOE beschleunigte und gewann schnell an Geschwindigkeit. Die Transporter hatten jedoch einen gewaltigen Vorsprung und die IVANHOE hatte Mühe sie einzuholen.

»Wir sind zu langsam«, sagte Wallace mit knirschenden Zähnen.

»Ja, das sehe ich«, meinte Jeamour und betätigte sein Interkom. »Mister Wygal?«

»Ja, Kommandant was kann ich für Sie tun?«

»Wir müssen schneller werden.«

»Das ist nicht möglich, Sir! Die Maschinen arbeiten schon mit Maximalleistung.«

»Wir brauchen aber mehr Leistung, also kümmern Sie sich darum!«

»Ich könnte Energie von den Waffen und anderen Systemen umleiten. Das könnte die Aggregate aber überlasten«, schlug Wygal unruhig vor.

»Meine Waffen lassen Sie gefälligst einsatzbereit«, donnerte Dove los.

Die Brückenoffiziere drehten sich erschrocken aber amüsiert zu dem Oxtorner um.

»Sie haben den Mann gehört, die Waffen bleiben aktiviert. Alle entbehrlichen Systeme werden deaktiviert und die Energie wird in den Antrieb umgeleitet«, befahl Jeamour und deaktivierte das Interkom.

Einige Minuten vergingen, in denen die Transporter ihren Vorsprung ausbauen konnten. Die IVANHOE beschleunigte nun erheblich und holte schnell auf, doch sie würden die Schiffe nicht mehr rechtzeitig einholen können. Nicht ohne ihre wertvolle Fracht mit zu zerstören. Als die IVANHOE bis auf einige tausend Kilometer aufgeholt hatte, taten die Besatzungen der Transporter etwas sehr Dummes.

»Sir, sie werfen ihre Fracht ab«, meldete Tania.

»Das war strategisch gesehen dumm von ihnen«, sagte Lorif kühl, aber mehr zu sich als zu den anderen. Offensichtlich war Irwan Dove der Einzige, der ihn gehört hatte, denn er sah ihn mit hochgezogener Augenbraue fragend an.

Als Lorif den Blick bemerkte, sah er auf und erklärte: »Ihre Fracht war das Einzige, was sie vor einer Vernichtung schützte.«

Dove nickte und sah dann wieder zum Bildschirm.

»Lassen wir das eine Schiff ziehen. Das andere werden wir zu Besuch einladen«, meinte Jeamour mit einem feinen Lächeln.

Lorif hatte gerade den Traktorstrahl auf das Schiff gerichtet als dieses immens beschleunigte und mit der IVANHOE auf Kollisionskurs ging.

»Der Verrückte wird uns rammen«, sagte Tania mit entsetztem Gesichtsausdruck.

»Lorif, der Traktorstrahl«, meinte Jeamour.

»Er ist zu schnell. Ich kann ihn nicht erfassen.«

»Dove, zerstören Sie ihn«, sagte Xavier mit matter Stimme.

»Aye«, bestätigte der Oxtorner und kurze Zeit später sah man eine hellen Lichtblitz auf dem Hauptschirm.

Jeamour seufzte, bedauerte die unnötigen Toten auf Seiten des Gegners.

»Lasst uns die Fracht einsammeln und dann nichts wie zurück zur Flotte.«

Die IVANHOE sammelte die Container ein und flog sofort zum Schlachtfeld zurück. Was die Besatzung da sah, war mehr als unerwartet. Die USO-Schiffe hatten alle Kampfschiffe der Dorgonen zerstört und enterten nun die Frachter. Tania nahm Verbindung mit den Schiffen auf und keine zwanzig Minuten später waren alle Schiffe unter der Kontrolle der Rebellen.

Diese luden nun die Fracht der Transporter um und brachen zur Welt STROMGARDE auf, der Bastion des Widerstands.

In Jeamours Augen war der Überfall mit einem Verlust von drei Space Jets, zwölf Jägern und zwei CERES-Kreuzern sowie sieben beschädigten Raumschiffen nicht unbedingt ein Erfolg. Strategisch gesehen hatten die Rebellen jedoch einen Sieg errungen.

 

Kapitel 5 – Zwischenspiel

Elgalar lief in seinem Zimmer auf und ab, als es an der Tür klopfte.

»Herein«, sagte er leise.

Sein Vertrauter trat ein. Er ging auf ihn zu und verbeugte sich vor ihm.

»Meine Kaiserin, ich habe schlechte Neuigkeiten für dich. Die Konvois, welche die Planetenwaffen und –Schilde liefern sollten, wurden angegriffen und die Fracht gestohlen«, berichtete Zigan.

»Was? Wie konnte so etwas geschehen?«, fragte Elgalar aufgebracht.

»Die Rebellen lauerten unseren Truppen in einem Nebel auf, der sich auf dem Weg nach Som befindet.«

»Und wie sind die Rebellen an die Routenpläne der Konvois gekommen?«

»Sie müssen Spione in unseren Reihen haben, welche ihnen helfen«, meinte Zigan nachdenklich.

»Das wird es wohl sein. Zigan rufe Carilla und Vesus zurück. Sie sollen sich endlich um diese Rebellen kümmern. Was diese Spione angeht, um die kümmere ich mich persönlich. Meinem Intellekt sind die gewiss nicht gewachsen.«

Er fügte mehr zu sich sprechend als zu Zigan hinzu: »Glauben wohl, sie könnten mich täuschen, aber ich werde es ihnen schon zeigen. Ja, Commanus mein Bruder auch dir werde ich zeigen, zu was ich fähig bin.«

Als er bemerkte das Zigan noch im Raum war sah er ihn erschrocken an und warf Zigan hinaus.

Zigan unterrichtete Carilla davon, dass er und seine Flotte sofort nach Som zurückkehren sollen. Carilla war wenig begeistert, dass er schon wieder zurückgerufen wurde, da er mit seiner eintausend Schiffe starken Flotte einigen Planeten »Besuche« abstattete, um nach Widerständlern zu suchen. Er ging dabei, wie einige seiner Männer fanden, etwas zu hart mit den Einheimischen ins Gericht, doch Carilla fand, dass einige Exempel statuiert werden mussten. Hier und dort ein paar Aufgehängte, ein paar Erschießungen oder zerbombte und niedergebrannte Städte lehrten den Einheimischen den Respekt vor ihren neuen Herrschern.

Nachdem Zigan Carilla seine neuen Befehle übermittelt hatte, rief er Vesus.

»Schön dich wieder zu sehen, Vesus«, begrüßte er ihn.

»Ich freue mich ebenfalls, dich wieder zu sehen, Zigan. Was ist der Grund deines Rufs?«

»Ich fürchte, es gibt schlechte Nachrichten, mein alter Freund«, sagte der alte Dorgone mit ernster Miene.

Vesus Gesicht verfinsterte sich, als er die ernste Miene Zigans sah.

»Nun, ich vermute mal es gibt Probleme mit den Rebellen?«, stellte Vesus scharfsinnig fest.

»Das trifft die Sache genau. Die Rebellen haben in letzter Zeit einige Konvois überfallen und Elgalar hat Carilla befohlen wieder mit Exekutionen zu beginnen.«

»Und Carilla hat diesen Befehl mit Freude angenommen und ausgeführt, hab ich recht?«, fragte Vesus.

Zigan senkte kurz den Kopf und sah dann wieder auf.

»Ja du hast recht. Er hat einige Welten aufgesucht und einige tausend potentielle Rebellen hinrichten lassen. Darunter auch Frauen und Kinder. Die Art und Wiese, wie er es getan hat, soll schrecklich gewesen sein«, erklärte Zigan mit ernster Miene und leiser unbehaglicher Stimme.

Vesus senkte den Kopf und nahm die Hände vors Gesicht.

»Ich dachte, ich sag es dir persönlich, anstatt dir die Nachricht schriftlich zu übermitteln«, meinte Zigan, als er sah, wie Vesus die Nachricht von den Hinrichtungen aufnahm.

Vesus sah auf und Zigan mitten in die Augen. »Ich danke dir, mein alter Freund«, bedankte er sich. »Bitte übermittle mir die Befehle. Ich muss diese Nachricht erst einmal verarbeiten«, sagte er zu Elgalars Berater.

»Gut, ich werde sie dir übermitteln. Bis dann Vesus, und bitte nimm es dir nicht so zu Herzen. Versprich es mir, bitte«, sagte Zigan bedrückt.

»Mach dir keine Sorgen, alter Mann. Ich werde nur darüber nachdenken. Nicht mehr und nicht weniger.«

»Gut! Dann hoffe ich, dass wir uns gesund und munter auf Som wiedersehen, wenn du wieder zurück bist«, meinte Zigan und verabschiedete sich.

Vesus las die Berichte die Zigan ihm übermittelt hatte und sein Gemütszustand verschlechterte sich von Minute zu Minute. Er sah die Bilder der vermeintlichen Rebellen. Ihre Totengesichter brannten sich in sein Hirn.

Tausende unschuldige Männer, Frauen und Kinder … wie kann Carilla diese Leben auslöschen und dabei noch Freude empfinden?

Er deaktivierte den Syntron und sah sich gedankenverloren im Raum um. Sein Blick viel auf einen alten Schrank, in dem er seine alkoholischen Getränke aufbewahrte. Nach leichtem Zögern stand er auf und öffnete den altmodischen Holzschrank. Ihm fiel eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit auf, die er von Zigan vor seinem Abflug bekommen hatte. Vesus nahm sich ein Glas und ging wieder zum Schreibtisch hinüber. Er gab seinem ersten Offizier über Interkom noch den Befehl nach Som zurückzukehren, bevor er sich ein Glas nach dem anderen einschenkte und es mit einem Zug lehrte. Nach wenigen Minuten hatte er seine Sorgen im Alkohol ertränkt und stierte ohne klares Ziel und vollkommen betrunken in den Raum.

 

Kapitel 6 – Liebe und Verrat

»Festhalten«, sagte Jonathan.

Die TERSAL flog mit maximaler Geschwindigkeit auf Som zu und Andrews wich den dorgonischen Kreuzern aus, als ob er das jeden Tag machen würde.

»Johnny, mach langsam«, mahnte ihn Sam mit verbissener Miene.

»Wenn ich langsamer fliege, spüren sie uns auf«, erwiderte Jonathan ohne von seinen Kontrollen aufzusehen.

»Gut aber – Vorsicht, der Kreuzer da!«

Die TERSAL flog zwischen zwei Dorgon-Klasse Raumern hindurch, die sich schnell auf einander zubewegten.

»Das war knapp«, meinte Sam und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Wenn du uns durch den Schiffswall gebracht hast, lande wie geplant«, sagte Scorbit angespannt.

Andrews nickte kurz und flog weiter durch die Schiffsreihen. Nach fünf Minuten flog die TERSAL durch die obere Atmosphäre von Som.

»Und jetzt haltet die Daumen«, sagte Jonathan leise.

Die TERSAL schoss auf den Planeten zu und Andrews bremste kurz vor dem Boden ab.

Sie landeten mit einem leichten Ruck und Jonathan deaktivierte die Triebwerke des Schiffes.

»So jetzt müssen wir uns beeilen, bevor die Dorgonen noch merken, dass wir hier sind«, sagte Scorbit und stand auf.

Er holte einen kleinen Holomitter heraus und aktivierte ihn. Eine Karte der Umgebung erschien und Jan ging den Plan noch einmal durch.

»Wir sind hier«, sagte er und zeigte auf einen rot blinkenden Punkt südlich des Regierungspalastes, in dem jetzt Elgalar residierte.

»Jonathan du machst dich besser bereit«, sagte Gal’Arn und stand nun auch auf.

»Ja, du hast recht Meister«, erwiderte Andrews und verließ die Brücke.

Als Jonathan nach zehn Minuten zur Ausstiegsluke ging, standen Sam, Jan, Tolk und Gal’Arn schon bereit und warteten auf ihn.

»Also, dann los«, sagte Sam und grinste Jonathan an.

»Und wie sieht es bei euch aus, seid ihr auch bereit?«, fragte Andrews nach.

»Ja, wir werden wie besprochen auf dein Signal warten«, erwiderte Sam und nickte ihm zu.

Jonathan trat ins Freie und lief durch den Wald in Richtung Regierungspalast, während sich die Vier mit dem Transmitter ebenfalls auf den Weg machten.

Elgalar schritt selbstzufrieden und glücklich durch die Gänge des Palastes. Er hatte gerade die Nachricht erhalten, dass Professor Ligas, ein erfahrener Spezialist auf dem Gebiet der Wahrheitsfindung bei Gefangenen, auf dem Weg nach Som war. Begleitet wurde der Professor von keinem Geringeren als Falcus, der im Auftrag des Kaisers die Fortschritte der Invasion beobachten und ihm dann Bericht erstatten sollte. Elgalar hatte sich nach dieser freudigen Nachricht sofort auf den Weg zu Sruel Allok Mok gemacht, um ihn davon in Kenntnis zu setzten.

Als er vor der Tür stand, salutierten die Wachen vor ihm und einen kleinen Moment lang schwelgte er in Phantasien, was er mit diesen beiden gut gebauten Männern alles tun könnte. »Elgalar, können wir dir helfen?«

Immer noch verträumt sah er denjenigen an, der gerade mit ihm gesprochen hatte.

»Ja, das könntet ihr tatsächlich. Wann ist euer Dienst hier vorbei?«

»In drei Stunden ist Wachablösung«.

Elgalar lächelte und sagte dann: »Gut, dann kommt bitte in fünf Stunden in meine Privaträume, und zieht euch was Bequemeres an.«

Die beiden sahen ihn verunsichert an und nickten dann vorsichtig.

»Gut, und nun lasst mich zum Gefangenen«, befahl er mit sanfter Stimme.

Als er eintrat, war der Raum nur schwach erleuchtet. Elgalar aktivierte das Licht und sah Sam, der seit Tagen nicht gewaschen und nur dürftig ernährt wurde mit einem Blick des tiefsten Abscheus an.

Sam sah blinzelnd zu ihm auf.

»Ah, ist mein Gefängniswärter wieder mal hier?«, sagte er mit krächzender Stimme.

Elgalar lächelte süffisant und überging diesen Kommentar.

»Ich grüße dich Sruel Allok Mok. Ich wollte nur einmal nach dir sehen und fragen, ob du dich mittlerweile entschieden hast, mit mir zusammenzuarbeiten?«, sagte Elgalar weiterhin lächelnd.

»Ich wüsste nicht, worüber wir uns unterhalten sollten, Dorgone«, antwortete Sam mit festerer Stimme als zuvor.

Elgalars Lächeln gefror kurz, dann sah er kurz zu Boden und als er wieder aufsah, hatte sein Gesicht einen eiskalten Ausdruck angenommen.

»Ich hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass du mir heute mehr sagen würdest, als in den letzten Tagen, aber ich dachte, ich gebe dir noch einen letzte Chance.«

Sam sah ihn verwirrt an.

»Deinem Blick entnehme ich, dass du verwirrt bist Somer.«

Sam nickte knapp, ohne Elgalar auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen.

»Lass es mich dir erklären. In Kürze wird Falcus hier eintreffen und er wird jemanden mitbringen, der dir deine Geheimnisse schon entlocken wird.«

Sam lächelte ihn kühl an.

»Wieso lächelst du?«, fragte er verwirrt.

Als Sam ihm nicht antwortete, sondern ihn nur weiterhin anstarrte, entschied sich Elgalar Sam ein wenig Angst einzujagen.

»Lass mich dir ein kleines Geheimnis verraten«, sagte Elgalar nun mit wieder gewonnenem Selbstvertrauen. »Der Verhörspezialist heißt Professor Ligas. Er hat ein Serum entwickelt, mit dem man höchst wirksam an Geheimnisse herankommt. Bedauerlicherweise ist dieses Serum für die dorgonischen Rebellen in Dorgon entwickelt worden und Versuche an Somer haben ergeben, dass es zwar seinen Zweck erfüllt, doch die Versuchspersonen starben nach wenigen Tagen an Herzversagen.«

Mit diesen Worten drehte er sich um, löschte das Licht und ließ Sam allein.

Sehr zufrieden mit sich und mit seiner Leistung schlenderte er den Gang entlang in Richtung Hof, um zu sehen, ob alles für die Ankunft von Falcus vorbereitet war.

Jonathan hockte hinter einem Baum und wartete auf eine Gelegenheit, sich auf das Gelände des Regierungspalastes zu schleichen. Nach ungefähr zehn Minuten sah er eine Gelegenheit und nutzte sie. Er blieb stehen, völlig außer Atem sah er sich um und entdeckte nach wenigen Sekunden, wonach er gesucht hatte. Einen allein patrouillierenden Dorgonen.

Jonathan vergewisserte sich, dass sich kein weiterer Soldat in der Nähe befand. Dann schlich er sich an den Soldaten heran. Als dieser sich seiner Position näherte, versteckte sich Andrews in einem Busch. Der Soldat ging vollkommen gelassen an ihm vorbei, ohne auf ihn aufmerksam zu werden. Dann, als er vorbei gegangen war, sah Jonathan sich noch einmal kurz um und vergewisserte sich, dass sie »ungestört« waren. Er schoss aus dem Versteck und warf sich auf den jungen Mann, der vollkommen überrascht wirkte und nicht einmal seine Waffe hob. Jonathan entriss ihm diese und versuchte den Mann ruhigzustellen. Doch dieser warf sich nun auf ihn und versuchte, sich das Gewehr wieder zu holen. Ein leises Zischen war zu hören und für den Bruchteil einer Sekunde hielten beide inne, dann sackte der Soldat in sich zusammen und blieb leblos liegen.

Jonathan zerrte den Mann ins Gebüsch und zog ihm dort seine Uniform aus.

Tut mir Leid …

Er zog die Uniform an und bedeckte die Leiche mit Laub, bevor er sich auf den Weg zum Palast machte.

Nach wenigen Minuten erreichte er das Gelände des Palastes, auf dem Hunderte von Soldaten aufgeregt durcheinander liefen und er fragte sich, ob sie ihn entdeckt hatten und nun einen Suchtrupp zusammenstellten, der ihn aufspüren sollte.

Nach einigem Zögern entschloss er sich, es einfach zu versuchen und ging zielstrebig auf den Haupteingang zu. Er hatte nur noch wenige Meter vor sich, als ihn jemand von hinten anbrüllte.

»Was glaubst du eigentlich, wo du hin willst, Soldat?«

Als er sich umdrehte, sah er, wer nach ihm gerufen hatte. Es war ein großer Gardist, der ihn finster und wütend ansah.

»Ich wollte in den Palast, Centrus«, antwortete Andrews wahrheitsgemäß.

»In den Palast wollte er also?«, höhnte der Mann und trat nun auf Jonathan zu.

»Moment mal dich habe ich hier noch nie gesehen. Wie heißt du Soldat?«, fragte er misstrauisch.

Doch der Gardist wartete gar nicht erst, bis ihm Jonathan antwortete.

»Zeig mir deine Dienstmarke! Die wirst du ja wohl dabei haben nehme ich an«, schrie der Mann ihm ins Gesicht.

»Was ist hier los?«, hörte der Terraner plötzlich eine hohe Stimme fragen.

Als er sich in Richtung der Stimme umdrehte, sah er, wo sie herkam. Am Eingang stand eine Frau mit rotem Haar, in das weiße Strähnen eingearbeitet waren. Ihr Gesicht war überwiegend mit blauen Farbtönen geschminkt und die Wimpern waren so lang, dass man einem die Augen damit hätte ausstechen können. Sie trug einen rosa Kimono und an den Füßen glitzerten mit Diamanten besessene Stöckelschuhe, auf denen sie nun elegant die Treppe herunterkam.

»Nun Soldat, ich habe eine Frage gestellt. Willst du mir nicht sagen, warum du den ganzen Hof zusammenschreist?«, fragte sie mit hoher Stimme doch jetzt klang sie eher kalt und bedrohlich als sanft und lieblich wie zuvor noch.

Der Gardist nahm Haltung an und sprach zu der Frau.

»Ich grüße dich, Elgalar.«

Jonathan drehte sich der Magen um, als er begriff, wen er da die ganze Zeit über für eine Frau gehalten hatte.

»Dieser Soldat hat keine Ausweispapiere bei sich und wollte sich gerade in Palast begeben«, erklärte der Mann und zeigte auf Andrews.

Elgalars Blick fiel nun zum ersten Mal auf Jonathan und für den Bruchteil einer Sekunde hätte er schwören können, dass Elgalar sich mit der Zunge über die Lippen geleckt hatte.

»Nun Soldat und deshalb machst du hier einen solchen Aufstand?«, fragte Elgalar den Blick immer noch auf Andrews fixiert.

»Aber Elgalar, du weißt doch die Sicherheitsvorschriften …«

»Schweig!«, brüllte Elgalar und seine Stimme hörte sich zum ersten Mal an, wie die eines Mannes.

»Nun gut, ich werden mich persönlich um ihn kümmern«, sagte er und ging auf Andrews zu.

»Aber …«, der Gardist brach ab, als ihm Elgalar einen vernichtenden Blick zuwarf.

»Gut, dann übergebe ich ihn nun an euch«, mit diesen Worten drehte sich der Mann um und ging von dannen.

Elgalar näherte sich Jonathan und bot ihm den Arm an, damit dieser einharken konnte. Andrews harkte widerwillig ein und ging dann mit Elgalar in den Palast. Sie gingen in Elgalars private Räume, die wie es zu erwarten war, mit Möbeln, Tapeten und Teppichen ausstaffiert waren, die die Farben rosa oder rot trugen.

»Bitte setz dich«, sagte Elgalar und zeigte auf ein rosa Sofa, das mit Rüschen-Deckchen bedeckt war.

Andrews sah sich das verschrobene Sofa eine Weile an und setzte sich mit leichtem Unbehagen.

Elgalar lächelte und sah sich dann im Zimmer um.

»Möchtest du einen Drink?«, fragte er Jonathan und zeigte auf einen dreibeinigen Tisch der mit Flaschen und Gläsern bedeckt war.

Er lehnte dankend ab, doch Elgalar nahm sich ein großes Glas und schenkte sich einen Cocktail aus mehreren Alkoholsorten ein. Er ging auf das Sofa zu und setzte sich zu Andrews.

»Wie ist eigentlich dein Name?«

Andrews überlegte kurz und antwortete dann: »Ich heiße Arret.«

»Arret? Ein ungewöhnlicher Name aber schön, ungewöhnlich aber schön«, sagte Elgalar und rückte näher zu seinem Gast.

Ach du Schande, komm bloß nicht noch näher …

Doch Elgalar tat genau das! Er rückte noch näher heran und legte seine linke Hand auf Andrews Knie.

Warum immer ich?

Elgalar nahm einen Schluck aus seinem Glas und stellte es dann auf den Tisch. Als er sich wieder zurück in die Kissen fallen ließ, hatte er wieder die Hand auf Jonathans Knie.

»Willst du nicht diese schwere Schutzjacke ausziehen?«, fragte Elgalar mit hoffnungsvollem Blick.

»Ähm, nein, danke, ich bin noch im Dienst und was, wenn mein Vorgesetzter nun nach mir ruft, weil es einen Notfall gibt«, antwortete Andrews, in der Hoffnung sich hier nicht weiter entkleiden zu müssen.

»Falls du es vergessen haben solltest, ich bin dein Vorgesetzter«, setzte Elgalar bissig nach. »Also zieh sie aus!«

Jonathan blieb nun nichts anderes übrig, als sich ihm zu fügen. Er stand auf, zog die Jacke aus und setzte sich wieder.

»Na siehst du, das war doch gar nicht so schlimm, oder?«, sagte Elgalar mit einem breiten Lächeln.

Ich zeig dir gleich mal, was schlimm ist, du Schwuchtel, dachte Jonathan, antwortete aber mit einem: »Nein.«

»Gut, da wir das nun geklärt haben, können wir uns nun anderen Dingen zuwenden«, meinte Elgalar und sein Grinsen wurde immer breiter.

Andere Dinge? Du meinst doch wohl nicht das, was ich denke.

Elgalars Hand wanderte unter Jonathans T-Shirt und tätschelte ihm liebevoll den Bauch.

Andrews, vollkommen überrumpelt, zog Elgalars Hand unter seinem T-Shirt heraus und sprang auf.

Elgalar sah ihn überrascht an: »Gibt es irgendein Problem, mein süßer Hasenfratz?«

In Jonathan schoss die Wut hoch.

Ob etwas nicht stimmt? Du versuchst mich hier zu befummeln und frägst, ob etwas nicht stimmt?

»Es tut mir Leid aber ich habe vor kurzem eine Verletzung am Bauch erlitten. Na ja, als du mit deiner Hand darauf geklopft hast, schmerzte die Wunde wieder«

Elgalars Miene hellte sich auf. Dann stand er auf und ging auf Jonathan zu. Er stellte sich vor ihn und fuhr mit seiner Hand durch sein Haar. Dann griff er Jonathan in den Nacken und zog ihn an sich heran.

Oh Gott, was kommt denn jetzt? Du willst doch nicht …, dachte Jonathan, doch da war es schon zu spät. Elgalar hatte schon seine Lippen auf die Jonathans gepresst und küsste ihn.

Der riss die Augen auf und wehrte sich mit aller Macht gegen den Ekel und dem Verlangen ihn wegzustoßen. Als Elgalar endlich fertig war, schienen für Jonathan Stunden vergangen zu sein. Doch er war noch nicht befreit. Elgalar sah ihn mit einem mehr als verliebten Blick an und fingerte gerade an Jonathans Hose herum, als der Türsummer ging.

Ich danke dir, Gott, dachte Jonathan und sein Gesicht entspannte sich, denn Elgalar hatte seine Hose wieder losgelassen.

Da Elgalar ihn nicht mehr beachtete, setzte er sich wieder aufs Sofa. Elgalar ging zur Tür und öffnete sie manuell. Jonathan sah durch die offene Türe einen alten Dorgonen, der sich dann leise mit Elgalar unterhielt.

Ich frage mich, worüber die sprechen? Bin ich aufgeflogen? Nein, dann wäre nicht nur dieser alte Mann gekommen.

Nach einer paar Minuten drehte sich Elgalar um und ging mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck auf Andrews zu und sagte mit einem leichten Lächeln: »Warte bitte hier. Ich muss nur kurz etwas erledigen.«

Dann ging er in das Nebenzimmer und schloss die Tür hinter sich.

Jonathan sah sich etwas unsicher im Raum um und bemerkte nun, dass der alte Dorgone ins Zimmer getreten war, er nickte ihm zu und sah dann zu einem Bild, das ihm zuvor noch gar nicht aufgefallen war. Es zeigte Elgalar und seinen Bruder Commanus den dorgonischen Kaiser. Er war gerade in Gedanken, als der Alte an ihn herantrat und ihn ansprach.

»Entschuldige bitte.«

Andrews erwachte aus seinem Tagtraum und sah den Mann überrascht an.

»Ja?«, fragte er den Alten, der sich jetzt zu ihm setzte.

»Wie ist dein Name, mein Freund?«, fragte er Jonathan und sah ihn mit seinen grauen Augen an.

»Arret«, antwortete Jonathan.

»Arret?«, sagte er nun aufgeregt und sah sich hektisch um.

»Ja, wieso?«, fragte Andrews und sah den Mann fragend an.

»Mein Name ist Zigan«, sagte der Dorgone und sah Jonathan hoffnungsvoll an.

»Schön dich kennen zu lernen«, sagte er und sah ihn weiter fragend an.

Zigan dachte kurz nach, dann fragte er langsam und bestimmt.

»Hat dich Saraah geschickt?«

Andrews riss die Augen auf und sah ihn entsetzt an.

»Du kennst Saraah?«, fragte er ungewollt leise.

»Ja, ich kenne sie, sie und ich gehöre zum dorgonischen Widerstand.«

»Wie? Nein, lass es mich anders formulieren. Was tust du hier in Estartu?«, fragte Jonathan verwirrt.

»Das muss dir Jan Scorbit erklären. Wir haben nur wenig Zeit. Also höre mir gut zu.«

Zigan erzählte Jonathan von Falcus, dem Wissenschaftler Ligas und dessen Serum, welches Sam zum Reden bringen sollte.

»Wie komme ich zu Sam?«, fragte Jonathan leicht unsicher.

»Er befindet sch in einem Raum im Keller dieses Gebäudes. Er wird von zwei Wachen außerhalb des Raumes und einer Wache innerhalb seiner Zelle bewacht«, erklärte Zigan.

»Gut, vor dem Gelände warten vier Freunde, die mir bei der Befreiung von Sam helfen sollen«, erklärte Jonathan.

»Ich werde dafür Sorge tragen, dass sie den Weg ins Gebäude finden. Doch denke daran wir haben nur noch eine drei viertel Stunde Zeit, um Sam zu befreien. Also bringe Elgalar dazu, dich dort hinzuführen. Die meisten Soldaten sind bei Falcus Empfang.«

Andrews wollte gerade antworten als die Tür aufging und Elgalar wieder das Zimmer betrat.

»Oh, ich sehe ihr habt euch angefreundet«, sagte Elgalar freundlich.

»Ich habe ihm nur gerade erzählt, wie freundlich und großzügig du bist, Herrin.«

Zigan stand auf und ging auf Elgalar zu, der reichte ihm einen Datenträger. Zigan nahm ihn und verabschiedete sich.

Plötzlich viel Jonathan ein, dass er Zigan nicht gesagt hatte, wo er die vier Freunde finden konnte. Er dachte kurz nach und ihm wollte einfach nicht einfallen, wie er ihm einen Tipp geben konnte, ohne Elgalar etwas zu verraten.

Dann fiel ihm etwas ein.

»Ach Zigan, die Pflanzen über die wir geredet haben. Sie befinden sich am Westhang des Geländes genau bei der umgestürzten Somerstatue«, sagte Jonathan und wartete auf ein Zeichen, dass Zigan verstanden hatte. Als dieser dann nickte und sich bedankte, wusste Jonathan Bescheid. Als Zigan gegangen war, fragte Jonathan Elgalar nach Sam und dieser erzählte ihm mit stolzgeschwellter Brust von den Verhören. Jonathan musste sich zusammen reißen, um Elgalar nicht zu schlagen, als der wieder einmal erzählte, wie er Sam hatte misshandeln lassen.

»Ich bin etwas vom Thema abgekommen. Wir sollten da weiter machen, wo wir aufgehört haben, bevor wir unterbrochen worden sind, mein Hasibärchen.«

Och nö, nicht schon wieder, dachte Jonathan und ging ein paar Schritte zurück, wobei er gegen das Sofa stieß und darauf viel.

»Oh, wie ich sehe, ziehst du dieses Sofa meinem Bett vor. Ich mag es auf dem Sofa …« Jonathan setzte sich richtig auf das Sofa, während Elgalar lächelnd auf ihn zu ging und sich dann auf ihn setzte.

Jonathan, der sich nun nicht mehr zurückhalten konnte, packte Elgalar und warf ihn von sich. Doch Elgalar wurde nicht wütend im Gegenteil er fing lauthals an zu lachen und rappelte sich wieder hoch.

»Warum sagst du mir nicht, dass du auf so etwas stehst. Ich habe ausreichend Peitschen und andere Spielzeuge hier. Warte kurz ich hol sie«, sagte er und wollte sich auf den Weg ins Nebenzimmer begeben, als die Wut die sich seit einer Stunde in Jonathan aufgestaut hatte mit einem Mal entlud.

Er sprang vom Sofa auf und packte Elgalar.

»Du bringst mich jetzt zu Sruel Allok Mok oder es passiert was. Hast du mich verstanden?«, sagte er leise und um Fassung ringend.

Elgalar, der nun endgültig verstanden hatte, dass dies kein Spiel war, versuchte sich zu wehren, doch Andrews drehte ihm das Handgelenk um und er hörte auf zu zappeln.

»So, und jetzt gehen wir zu Sam. Verstanden?«

Elgalar nickte und die beiden machten sich auf den Weg. Einige Minuten lang gingen sie durch die Gänge und Jonathan hielt seinen Paralysator im Anschlag. Sie gingen um eine Ecke und hörten einige Soldaten unten an der Treppe reden. Elgalar wollte gerade auf sich aufmerksam machen, als Jonathan ihm den Mund zu hielt. Er wartete, bis die Soldaten sich entfernt hatten, dann warnte er Elgalar noch, sich so etwas nicht noch einmal zu erlauben oder er würde ihn endgültig ruhig stellen. Sie gingen weiter und als sie in die Kellergewölbe eindrangen, sah Jonathan mehrere Schatten an der Wand und als sie um die Ecke schlichen, hielt er den Strahler bereit. Bereit, um jeden zu paralysieren, der sich ihm in den Weg stellen wollte. Er lauschte und hörte eine raue Stimme.

Ich weiß nicht, aber irgendwie kommt mir diese Stimme bekannt vor.

Er zögerte einen weiteren Moment doch als sich die Gestalten ihm näherten, drückte er Elgalar um die Ecke.

Doch er konnte nicht glauben, was er sah.

Jan Scorbit, Gal’Arn und Sandal Tolk, welcher eine Person wie ein Baby trug, schlenderte durch die Kellerräume. Doch hinter den Dreien ging noch jemand und bevor Jonathan ihn erkennen konnte, zappelte plötzlich Elgalar wie wild herum. Und dann erkannte er die Person: Es war Zigan.

Er hatte offenbar die richtigen Schlüsse gezogen und lief schreiend auf ihn zu. Jonathan hob reflexartig den Paralysator und schoss.

Elgalar fiel zu Boden und blieb liegen.

»Kommst du auch schon?«, brummte Tolk und ging mit den anderen auf ihn zu.

»Jetzt müssen wir den wohl auch mitnehmen«, sagte Jonathan und deutete auf Elgalar.

»Ja, er hat ja unseren Agenten gesehen. Wir können nicht riskieren, dass er auffliegt«, sagte Scorbit und zeigte auf Zigan der nun ins Licht getreten war. »Außerdem ist Elgalar ein wichtiger Gefangener.«

»Wie geht es Sam?«, fragte Jonathan und starrte auf das Bündel in Tolks Armen.

»Es ging ihm schon besser, aber er ist nicht ernsthaft verletzt«, erklärte Scorbit.

»Ihr solltet jetzt von hier verschwinden, bevor noch jemand kommt und Elgalar sucht«, sagte Zigan und zeigte auf Elgalar.

»Ja er hat recht und dieser Falcus müsste auch jeden Moment hier eintreffen«, sagte Gal’Arn. »Sandal bitte nimm den auch mit und dann nichts wie raus hier«, sagte Scorbit und bedankte sich bei Zigan für seine Hilfe.

Tolk nahm Elgalar auf und dann machten sie sich auf den Weg nach draußen. Da es auf Grund der Ankunft von Falcus zu gefährlich gewesen wäre den Vordereingang zu nehmen entschieden sich die Vier für den leichter bewachten Hintereingang.

Gal’Arn und Jonathan gingen voraus und sicherten den Weg ab. Sie hatten gerade die Tür geöffnet als mehrere Stimmen aufgeregt durcheinander riefen. Sie stürmten heraus und schalteten drei Soldaten auf einmal aus. Ein Vierter wollte gerade auf Gal’Arn schießen als Scorbit aus der Tür gelaufen kam und ihn mit einem Schuss nieder streckte.

»Danke Jan«, bedankte sich Gal’Arn.

Andrews rief Tolk und dann liefen sie weiter. Sie waren gerade auf offenem Gelände, als sie hinter sich wildes Geschrei hören konnten. Jonathan drehte sich kurz um und versuchte grob zu überschlagen, wie viele Dorgonen ihnen folgten.

»Es sind ungefähr zwanzig Soldaten«, rief Jonathan den anderen entgegen.

Schon sah er die ersten Schüsse neben ihnen einschlagen. Sie liefen weiter und hatten den Waldrand fast erreicht als Jonathan Sam Tyler sah, der die Nachhut bildete und auf die Dorgonen schoss, um ihnen Zeit zu verschaffen. Sie liefen an ihm vorbei und er rief Jonathan zu, dass der Transmitter aktiviert sei. Nach wenigen Minuten sah er den Transmitter Gal’Arn und Tolk waren gerade hindurch gelaufen, dicht gefolgt von Jan Scorbit.

Jonathan drehte sich um und wartete auf Tyler, er kam wenige Sekunden später hinter den Bäumen hervor und signalisierte wild mit den Armen wirbelnd, dass Jonathan verschwinden sollte, denn hinter ihm rückten die Dorgonen an. Er drehte sich um und lief in den Transmitter und materialisierte in der TERSAL, in der Scorbit schon wartete, um den Transmitter zu deaktivieren, nachdem der Letzte angekommen war.

Jonathan lief auf die Brücke und setzte sich auf seinen Sitz. Er fuhr die Triebwerke hoch und wartete auf Scorbits Signal, dass sie starten konnten. Er musste auch nicht lange warten, als Jan über Interkom das Signal gab.

Die TERSAL hob von der Oberfläche ab und schoss dann dem Himmel entgegen. Sie waren kurz davor die Atmosphäre zu verlassen, als eine Jägerstaffel sich an sie heftete.

»Johnny wir müssen schneller werden«, sagte Sam Tyler, der gerade die Brücke betreten hatte.

Jonathan beschleunigte auf maximal Geschwindigkeit und so entkamen sie der Staffel und verließen die Atmosphäre.

Doch sie wurden schon von den Kreuzern erwartet, die sich in der Umlaufbahn aufhielten. Sie feuerten sofort auf das kleine Schiff, das auswich und die Linien der Dorgonen schnell hinter sich brachte. Einige Schiffe verfolgten sie doch mit der TERSAL konnten sie nicht mithalten.

Und so verschwand die TERSAL in Richtung Stromgarde und die Dorgonen mussten sich vorübergehend geschlagen geben.

 

Kapitel 7 – Helden und Verräter

Die TERSAL war gerade aus dem System verschwunden als Falcus landete. Er ließ die Begrüßungsfeier die für ihn vorbereitet war abblasen und machte sich in Elgalars Gemächern breit.

Er war eine drei viertel Stunde in den Räumen, als es an der Tür klopfte.

»Herein«, sagte Falcus kalt.

Die Tür öffnete sich und ein Soldat kam herein. Er salutierte und meldete, dass er jemanden festgenommen hatte.

»Bring ihn herein«, befahl Falcus.

Der Legat des Kaisers legte sich auf eine Liege und winkte seinen Diener Trojus herbei. Ohne ein Wort zu sagen, verstand Trojus den Wunsch seines Herren. Er legte Hand an und massierte die Schultern des Legaten, der sich genüsslich eine Weintraube nach der anderen in den Mund schob.

Der Centrus ging hinaus und kam mit einem alten Mann wieder herein.

»Du bist doch Zigan, Elgalars Berater nicht wahr?«, fragte Falcus verwirrt.

»Ja, das bin und ich verstehe nicht, warum ich wie ein Verbrecher behandelt werde!«

»Nun., das würde mich auch interessieren«, sagte Falcus herablassend zum Soldaten.

Der Soldat fasste sich ein Herz und erzählte, wie er Zigan am Ende des Geländes aufgegriffen hatte, kurz, nachdem Elgalar entführt wurde.

Falcus ließ die Worte auf sich wirken.

»Nun, warum bist du da draußen herumgelaufen, wo doch dein Herr entführt wurde? Wieso warst du nicht bei ihm?«

Zigan dachte kurz nach dann sagte er: »Genau aus dem Grund, weil Elgalar entführt wurde. Ich war auf der Suche nach ihm.«

»Und dafür brauchtest du das hier?«, fragte der Centrus und schmiss eine Tasche vor Zigans Füße.

In Zigan krochen Angst und Wut hoch. Die Angst, dass er nun endgültig aufgeflogen war und die Wut darüber, dass er so sentimental war und seine wenigen Habseligkeiten mitnehmen wollte.

Falcus sah sich die Tasche an und nahm einige alte dorgonische Orden heraus.

»Diesen hast du für außerordentliche Verdienste für das dorgonische Kaiserreich erhalten, nicht wahr?«, sagte er und hielt einen der Orden in Händen.

Zigan nickte knapp sagte aber kein Wort.

»An dem Einwand des Jungen ist wirklich etwas dran. Also sage mir, alter Mann. Was wolltest du da draußen mit diesen Sachen?«

Zigan schwieg weiter hielt jedoch Falcus Blick stand.

»Du willst also nicht reden? Es gibt andere Wege für mich an die Informationen heranzukommen«, sagte Falcus nun mit einer herablassenden und kalten Art. Falcus betätigte sein Interkom und rief Professor Ligas zu sich.

Dieser kam nach einigen Minuten in den Raum und begrüßte Falcus mit einer Verbeugung.

»Ist dies mein Patient?«, fragte er und sah Zigan an.

»Jetzt ist er es«, antwortete Falcus.

Ligas ging zum Tisch und öffnete seinen Koffer. Aus ihm schwebte eine kleine Kameradrohne, die sich auf Zigan zu bewegte, und ihn fixierte. Dann holte Ligas einen Injektor heraus und belud ihn mit einer Ampulle des Serums.

»Bitte setzt dich«, sagte Ligas zu Zigan und zeigte auf einen Stuhl.

Als Zigan sich weigerte, nahm ihn der Soldat am Arm und setzte ihn auf den Stuhl. Ligas ging auf den alten Dorgonen zu und injizierte ihm das Serum. Zigan hoffte noch, dass er nicht zu viel verraten würde, bis sein Implantat ihn töten würde. Jeder Widerstandskämpfer aus Dorgon hatte ein Nanoimplantat, welches sich am Hirnstamm befand. Sollte dieses Implantat einen Wirkstoff finden, der zur Wahrheitsfindung dient, so setzte es ein schnell wirkendes Nervengift frei, das den Agenten in wenigen Sekunden tötete. Es war auf Grund seiner geringen Größe so gut wie nicht zu orten, es sei denn, jemand suchte gezielt danach. Zigans Gedanken wurden plötzlich leicht und unbeschwert und es interessierte ihn nicht mehr, ob er jemanden verraten würde oder nicht. Er wollte dieses Gefühl der Sorglosigkeit einfach beibehalten.

»Er ist nun soweit«, sagte Ligas zu Falcus.

»Danke, Ligas. So, nun zu dir. Bist du ein Spion der Rebellen?«

Zigan sah mit starren und glasigen Augen zu Falcus hinauf: »Ja.«

Falcus lächelte sah dann zu Ligas und wieder zu Zigan.

»Wo befindet sich der Stützpunkt der Rebellen in Estartu?«

Zigan nuschelte etwas vor sich hin, was Falcus aber nicht verstand.

»Wie bitte? Sag es etwas lauter, wir können dich nicht verstehen.«

Zigan wiederholte die Koordinaten und die Drohne nahm sie Wort für Wort auf.

Falcus wollte gerade zu seiner nächsten Frage ansetzten als der Alte plötzlich anfing zu zucken und Schaum kam aus seinem Mund. Falcus geriet in Panik und befahl Ligas sich um Zigan zu kümmern. Dieser lief zu ihm und untersuchte ihn. Dann drehte er sich um und sah Falcus ängstlich an.

»Was ist mit ihm?«

Ligas schüttelte den Kopf und stand auf.

»Was soll das? Was soll das?«, fragte Falcus und sah den Professor panisch an.

»Es tut mir Leid, er ist tot.«

Falcus setzte sich auf das Sofa und dachte darüber nach, wie nah er an der Zerschlagung der Rebellion war. Da fiel ihm ein, dass die Drohne zumindest die Koordinaten des Stützpunktes hier in Estartu aufgenommen hatte.

Er stand auf und sagte dem Soldaten, dass er die Leiche wegschaffen solle, dann stellte er eine Verbindung mit Vesus und Carilla her.

Er erzählte, was geschehen war, wo sich die Rebellen versteckt hielten und dass sie ihre Flotten sofort in Bewegung setzen sollten. Er sagte ihnen, dass er nach Dorgon zurückkehren wollte, um Commanus von der Entführung seines Bruders zu berichten.

Vesus hatte die Verbindung getrennt und Carilla wollte ihm gerade folgen, als Falcus ihn anwies noch zu bleiben.

Sie entwarfen zusammen einen Plan, um die Flotte der Rebellen zu vernichten und Carilla stellte dafür einen Großteil seiner Flotte zur Verfügung. Während Falcus den Rebellen die Koordinaten eines angeblichen Konvois übermittelte.

Dann kehrte Falcus wieder nach Dorgon zurück, während Carilla sich zusammen mit Vesus auf den Weg nach Stromgarde machte.

Die Schiffe waren nach dem Überfall auf den Konvoi nach Stromgarde zurückgekehrt um Reparaturen durchzuführen und Verletzte zu behandeln. Kurze Zeit später wurde auch mit der Installation der Waffen und Schilde, welche sie den Dorgonen entwendet hatten, begonnen.

Stromgarde, die Hauptwelt des USO-Einsatzkommandos und der estartischen Widerständler in Siom-Som. Sie hatten natürlich noch andere Verstecke, doch hier war der Nabel ihrer Widerstandsbewegung. Auf Stromgarde befand sich eine alte Militärstation der estartischen Föderation, die vor mehr als sechshundert Jahren von Pterus, Somern und Elfahdern errichtet worden war.

Seit mehr als dreißig Jahren war dieser Militärplanet still gelegt. Er eignete sich hervorragend als Versteck, zumal die Festung Stromgarde ein Hindernis für Angreifer, sowohl aus der Luft als auch über Land darstellte. Die Anlagen der Festung reichten bis tief ins Innere des Planeten. Dort befanden sich auch die Reaktoren für den Schutzschirm der Station. Drei große Geschütze dienten als Raumabwehr.

Sie waren schon vier Tage hier, als die Nachricht von einem ihrer Spion einging. Der Nachricht zu Folge sollte in fünf Tagen ein Konvoi aus Dorgon kommen, der medizinische Güter nach Som transportieren sollte. Doch da es sich nur um eine kurze Botschaft handelte und niemand mit dem Informanten reden konnte, hielten die meisten es für eine Falle. Und so wurde zwei Tage vor dem Durchflug des Konvois eine Versammlung einberufen, um abzustimmen, ob sie eingreifen oder nicht.

Bei der Versammlung waren Jeamour und Nicki Hammer, der Kommandant der WHITE STAR, sowie jeweils ihre Führungsoffiziere sowie Saraah, Torrinos und einige Somer und Elfahder anwesend.

Den Oberbefehl über Stromgarde hatte zur Zeit der Dorgone Torrinos, wobei auch Saraahs und Jeamours Meinung gewichtig waren. Torrinos erreichte zuletzt den Besprechungsraum. Jeamour wusste, wieso der Dorgone so untypisch zu spät kam. Er hatte die beiden Goner Waldron Tragonar und Shenia Drenia sowie den Panisha Soradan Mog Aro und seine Schülerin verabschiedet. Sie brachen nach Erendyra auf, um Widerstandskämpfer auszubilden und das reguläre Militär Erendyras auf einen Angriff der Dorgonen vorzubereiten. Nach Ansicht von Torrinos, die auch Jeamour teilte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Dorgonen ihren Feldzug in Trovenoor beendet hatten und sich auf Erendyra stürzen würden.

Jeamour begrüßte die Anwesenden und erklärte noch einmal, wobei es in dieser Versammlung ging. Die Somer forderten die Vernichtung des Konvois und die Erbeutung des medizinischen Materials. Doch Jeamour brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Jenny Taylor meldete sich zu Wort und alle hörten aufmerksam zu.

»So groß das Risiko auch ist, wir brauchen unbedingt medizinische Güter, denn ein Großteil dessen, was wir aus der Milchstraße mitbrachten, ist für die Versorgung der Flüchtlinge draufgegangen. Ganz zu schweigen von den verletzten Soldaten, die wir nach dem Überfall versorgen mussten. Sie sehen also, wir haben schlicht und einfach keine andere Wahl, als uns diesen Konvoi vorzuknöpfen«, schloss sie ihre Rede und setzte sich wieder.

Xavier ließ ihre Worte ein wenig wirken dann fragte er: »Hat sonst noch jemand etwas vorzubringen?«

Als niemand antwortete, nickte er kurz allen zu und sagte dann: »Wir greifen an. Allerdings sehr vorsichtig. Noch etwas. Sollte das wirklich eine Falle sein und es zu einem Rückzug kommen, werden sich alle Schiffe zu unserem Stützpunkt in Endyra zurückziehen, um die Spur nach Stromgarde zu verwischen«, sagte Jeamour und schloss damit die Sitzung.

Die meisten standen auf und gingen hinaus, doch Hammer war noch geblieben.

»Was sagen Sie dazu?«, fragte er Hammer.

Dieser sah ihn kurz an und sagte dann: »Ich weiß nicht, irgendetwas an der Geschichte bereitet mir Bauchschmerzen.«

»Dann bin ich nicht der Einzige, dem das so geht«, erwiderte Jeamour. »Ich schlage vor, wir nehmen diesmal die ganze Flotte mit. Auch die Schiffe, die sonst die Festung bewachen. Ich habe vor der Versammlung mit Saraah gesprochen und sie sagte mir, dass die Waffen in wenigen Stunden einsatzbereit seien.«

»Dann sollten wir wohl zu unseren Schiffen gehen und sie auf Vordermann bringen«, sagte Hammer mit einem Augenzwinkern. Dann verließen sie den Raum und gingen zu ihren Schiffen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen.

Zwei Tage startete lief die Flotte und das schlechte Gefühl in Jeamour Magengegend hatte sich noch nicht verzogen.

Wieso fliegen sie durch offenen Raum und warum sind die Transporter so schlecht bewacht? Das muss doch eine Falle sein. Aber unsere Spione berichten, dass keine Schiffe von ihren Positionen abgerückt sind. Also was soll das?

»Wir sind in zehn Minuten da«, berichtete Tania Walerty.

»Danke, öffnen Sie bitte einen Kanal zu den anderen Schiffen«, befahl Jeamour.

»Der Kanal ist offen.«

»An alle Schiffe, eröffnen Sie das Feuer, sobald wir aus dem Hyperraum raus sind. Je länger wir uns dort aufhalten desto eher können sie Verstärkung rufen und bekommen. Viel Glück!«

Die Minuten vergingen und schon war es soweit. Sie fielen aus dem Hyperraum und vor ihnen flogen sie die Transporter.

Die Schiffe begannen zu feuern doch weder die Transporter noch die Begleitschiffe reagierten auf ihr Feuer.

»Was ist hier los«, fragte Mathew und drehte sich zu Lorif um.

Dieser tippte wild auf seinen Instrumenten herum und sagte dann: »Die Schiffe sind leer. Das sind Wracks!«

Jeamours Gedanken überschlugen sich, bis er zum einzig richtigen Schluss kommen musste.

»Das ist eine Falle – weg!«, rief er.

Doch es war schon zu spät! Um sie herum hatte sich eine dorgonische Flotte aus dem Semi-Transit-Feld enttarnt und eröffnete das Feuer. Viele kleine Schiffe verglühten schon nach der ersten Salve und die anderen flogen Ausweichmanöver.

Nach der ersten Panik fasste sich Jeamour schnell wieder und gab Tania Walerty den Befehl einen Kanal zur Flotte zu öffnen.

»An alle Schiffe: Schließen Sie sich zu Verbänden von drei bis vier Schiffen zusammen und locken Sie die Dorgonen so weit wie möglich auseinander. Nutzen Sie ihre Wendigkeit und versuchen Sie, so viele Schiffe wie möglich zu zerstören. Alle Schiffe, die die Gelegenheit haben, springen in den Hyperraum und fliehen nach Erendyra.«

Die Kommandanten der Flotteneinheiten reagierten sofort und rotteten sich in Gruppen mit drei oder vier Schiffen zusammen. Nach einigen Minuten hatten sie die dorgonische Flotte weit auseinander getrieben und sie in einen erbitterten Kampf verwickelt. Während die dorgonischen Schiffe beschäftigt waren, nutzten die Schiffe die Gunst der Stunde zur Flucht. Die IVANHOE hatte es in der Zwischenzeit mit drei richtig schweren Brocken zu tun bekommen. Die einzigen Schiffe der Dorgon Klasse waren nach dem Auseinandertreiben ihrer Flotte direkt auf die IVANHOE zugeflogen. Sie hatten die IVANHOE II gerufen und von ihnen verlangt sich zu ergeben, damit sie die IVANHOE II ihren Verbündeten dem Quaterium unversehrt wieder übergeben konnten. Jeamour hatte den Kanal schließen lassen und war zum Angriff übergegangen.

»Wallace, bring uns hier weg und zwar schnell!«, befahl Jeamour.

Die IVANHOE beschleunigte und flog genau auf die Adlerschiffe zu. Sie überflog den Verband und Irwan Dove feuerte noch eine volle Breitseite auf eines der Schiffe, dessen Schilde aufglühten, sich jedoch stabilisierten.

Die Dorgonen feuerten auf das fliehende Schiff und schwächten so dessen Schilde erheblich.

»Wenn uns nicht schnell was einfällt, sind die Schilde bald am Ende«, meinte Lorif besorgt.

Jeamour dachte gerade nach, als sein Blick auf den Hauptschirm fiel, der ein Trümmerfeld zeigte, als ihm eine Idee kam.

»Wallace, nehmen Sie direkten Kurs auf dieses Trümmerfeld«, befahl er und zeigte mit dem Zeigefinger auf den Hauptschirm. »Lorif, Sie aktivieren auf mein Kommando das Semi-Transit-Feld. Dove, zwei modifizierte Raketen vom Typ Arkon bitte feuerbereit machen.«

Die IVANHOE schoss auf das Trümmerfeld zu, verfolgt von den Dorgonen, die weiter auf sie feuerten.

»Dove, halten Sie sich bereit!«

Die IVANHOE war nun mitten im Trümmerfeld, als Jeamour Mathew Wallace befahl, die Triebwerke zu deaktivieren und Lorif zurief, dass er das Semi-Transit-Feld aktivieren solle.

Die IVANHOE verschwand und die Adlerschiffe flogen an ihnen vorbei.

»Sie sind vorbei«, sagte Tania und sah aus, als ob sie vor Aufregung gleich in Ohnmacht fallen würde.

»Lorif bringe uns wieder in den Normalraum. Dove, Feuer frei!«, befahl Xavier und setzte sich auf seinen Stuhl aufrecht hin.

Die IVANHOE tauchte wieder mitten im Trümmerfeld auf und schoss sofort die Bomben auf die Dorgonen. Diese flogen auf die Schiffe zu und explodierten genau, wie von Irwan Dove berechnet. Das Schiff im Zentrum der Explosion hatte offensichtlich das Meiste abbekommen, den es wankte und wies zahlreiche Hüllenbrüche auf. Die anderen beiden Schiffe waren offensichtlich ohne Energie.

Doch die Dorgonen waren nicht die Einzigen die Probleme hatten. In der Kommandozentrale der IVANHOE und überall auf dem Schiff stoben Funken aus Konsolen und auf einigen Decks loderten Feuer.

»Verdammt was ist passiert?«, fragte Jeamour und rappelte sich wieder hoch.

»Die Druckwellen der beiden Explosionen haben uns getroffen und unsere schon geschwächten Schilde vollkommen weggefegt«, erklärte Lorif.

»Was? Wie konnte, denn so etwas passieren?«, harkte Wallace aufgebracht nach.

»Wir hätten die Kraft der Druckwellen berechnen sollen, bevor wir mit Raketen Typ Arkon feuerten.«

»Das können wir jetzt auch nicht mehr ändern. Kurs nach Endyra. Miss Walerty, wie viele von unseren Schiffen sind noch hier?«, sagte Xavier.

Tania schien auf diese Frage gewartet zu haben, denn sie antwortete sofort: »Es ist außer uns nur noch ein Schiff hier.«

»Und welches?«, fragte Jeamour und sah sie fragend an.

»Die WHITE STAR«, antwortete sie prompt.

»Gut, unterrichten Sie die WHITE STAR davon, dass wir uns zurückziehen«, sagte er und sah wieder zum Bildschirm. Die WHITE STAR wurde plötzlich von drei Adlerschiffen angegriffen, die aus dem Trümmerfeld kamen. Sie schossen eine Salve nach der anderen auf das Raumschiff ab.

»Abfangkurs einleiten. Nehmen Sie Verbindung mit Hammer auf, sie sollen sich zurück …«

In dem Moment explodierte die WHITE STAR. Nicki Hammer und seine Besatzung waren nicht mehr am Leben.

»Rückzug nach Erendyra«, sagte Jeamour leise. Wallace hörte die schwachen, traurigen Worte und brachte die IVANHOE in den Hyperraum.

Die TERSAL war gerade auf dem Weg nach Stromgarde, als Sam Tyler plötzlich ein glucksendes Geräusch von sich gab.

»Was hast du denn?«, fragte Andrews, der mit ihm auf der Brücke war.

»Sieh dir mal das hier an«, antwortete dieser nur und zeigte auf die Sensorenanzeige.

Jonathan schaltete auf Autopilot und stand auf. Er sah sich an, was Sam entdeckt hatte und ihm stockte beim Anblick der Anzeige der Atem.

»Jan, ich glaube, du solltest mal hier hoch kommen und bring am besten die anderen mit«, sprach Andrews ins Interkom.

Jan bestätigte kurz und erschien kurz darauf mit Gal’Arn, Sam und Sandal Tolk auf der Brücke.

»Was gibt es?«

»Sieh dir das an, dann weißt du, was los ist«, antwortete Andrews und zeigte auf die Anzeige.

Scorbits Augen weiteten sich beim Anblick dessen, was er da sah.

»Was ist denn nun?«, brummte Tolk.

Scorbit fasste sich schnell wieder. Er drehte sich zu den anderen um und sagte: »Es nähern sich zwei feindliche Flotten Stromgarde.«

»Was wie ist das möglich«, fragte Sam und schien entsetzt.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Jan Scorbit.

»Jetzt stellt sich die Frage, ob wir weiter fliegen oder ob wir uns nach Endyra zurückziehen«, sagte Sam Tyler und sah in die Runde.

»Wir fliegen weiter«, sagte Sam entschlossen.

Alle sahen ihn an, als ob er verrückt geworden wäre, doch er achtete nicht auf sie. Nach einigen Minuten Stille sagte Jan: »Bist du dir sicher, dass du das willst?«

»Ja. Wir müssen unsere Freunde auf Stromgarde warnen. Vielleicht können wir die Welt noch rechtzeitig evakuieren. Falls nicht, werden wir kämpfen!«

»Na, dann wollen wir mal durchstarten. Bitte alle setzen und anschnallen - nächster Halt die Festung Stromgarde«, sagte Jonathan und sprang elegant auf seinen Sitz.

Die anderen setzten sich und schnallten sich an.

»Ach, bevor ich es vergesse. Was ist eigentlich mit unserem Gast?«, fragte Andrews noch, bevor er startete.

»Um den mach dir mal keine Sorgen«, sagte Tolk vergnügt. »Den hab ich gut verschnürt.«

»Na dann volle Kraft voraus, und los!«, rief Jonathan und beschleunigte.

Es dauerte bei Höchstgeschwindigkeit nicht einmal eine halbe Stunde, dann hatten sie die feindliche Flotte erreicht. Jonathan navigierte die TERSAL elegant durch die Schiffe. Nach ungefähr 15 Minuten Spießrutenlauf schoss die TERSAL aus der Flotte heraus und flog auf Stromgarde zu, während sich hinter ihr eine Flotte von viertausend Schiffen der Festung näherte.

Sie passierten den Schutzschild, der auf ihren Ruf extra deaktiviert und gleich wieder aktiviert worden war, und landeten in einer Plattform, die das Schiff mehrere Kilometer unter die Planetenoberfläche brachte. Sie wurden überschwänglich von Saraah und Torrinos begrüßt, auch wenn die Stimmung auf Grund der sich nahenden Flotten sehr gespannt war. Elgalar wurde in einen Raum gebracht, wo er später verhört werden sollte.

Die Besatzung der TERSAL versammelte sich im Kontrollraum der Festung und sah auf dem gigantischen Hauptschirm die Flotten, wie sie sich um den Planeten in Position brachten. Sie kreisten über ihnen wie Geier, die nur darauf warteten, dass sie tot umfallen, damit sie über sie herfallen konnten.

 

Kapitel 8 – Information & Desinformation

7. Juli 1305 NGZ

»Hier spricht Linda Lagas live für INSELNET. Wir können dank der großzügigen Informationspolitik des Kaiserreiches Dorgon und der Vermittlung durch unsere hoch geschätzte Informationsministerin Stephanie de la Siniestro direkt vom Brennpunkt der aktuellen Befriedungsaktion des dorgonischen Friedenskorps gegen die Terroristen aus Siom Som und die mit ihnen verbündeten Mörderbanden aus Dorgon berichten.«

Die Kamera schwenkte von der in Porträtaufnahme gezeigten Moderatorin auf die Darstellung eines Sonnensystems, um nach und nach einen Planeten in Großaufnahme zu zeigen.

»Dies ist der letzte Schlupfwinkel der Terroristen, wie sie sehen, beginnt die dorgonische Flotte einen Belagerungsring um den Planeten zu ziehen.«

Die Darstellung wechselte zu einer holographischen Projektion, auf der die dorgonische Flotte gezeigt wurde, wie sie sich um den Planeten gruppierte. Eine weitere Bildfolge wurde eingeblendet.

»Und hier sehen sie die Terroristenfestung Stromgarde, die hoffentlich bald der Vergangenheit angehören wird.«

Die Reporterin stand vor einer großen Leinwand, auf der man die Festung sehen konnte, die gerade von einer Salve Torpedos getroffen wurde.

Hinter der Moderatorin wechselte die Darstellung auf der Holowand und zeigte einen kurzen Film, der die bisherige Entwicklung in Siom-Som aus der Sicht Dorgons zeigte.

»Alles begann am 20. Februar 1305 NGZ. Das Kaiserreich Dorgon wurde durch die unterdrückten und hungernden Massen gebeten, in Siom-Som für Recht und Ordnung zu sorgen. Während die große Masse der Völker die dorgonischen Friedenstruppen als Befreier begrüßte, wiedersetzte sich eine gewissenlose Clique der alten Machthaber um den skrupellosen ehemaligen Generalsekretär des Paxusparlaments Sruel Allok Mok den Befreiern. Sie begannen eine beispiellose Serie von Terroranschlägen gegen die dorgonischen Helfer. Wir können hier nur hoffen, dass, genau wie in Cartwheel, dem Verbrecher Mok die Maske vom Gesicht gerissen wird und er seine verdiente Strafe erhält. Und nun schalten wir wieder zurück nach Paxus zu unserem nächsten Werbeblock. Bleiben sie bitte am Holoschirm, wir melden uns gleich wieder.«

Zur gleichen Zeit auf Stromgarde

»Helden? Befreier? Diese saublöde Kuh soll mal herkommen, der zeig ich, wer hier ein Held und Befreier ist«, meckerte Tolk und schlug mit der Faust auf den Tisch.

Sekunden später bebte die Erde und er sah sich verdutzt um.

»Das war ich nicht!«

»Das war wieder mal eine Thermosalve von unseren Helden und Befreiern«, erklärte Sam Tyler.

Tolk saß mit Sam Tyler, Jonathan Andrews, Sam, Gal’Arn und Jan Scorbit in einem Konferenzraum. Die Sechs verfolgten zusammen die aktuelle Reportage von INSELNET über die »Friedensmission« der Dorgonen.

»Wir sind also die Bösen und diese Schweine sind die Guten, was? Die Alte hat doch einen Dachschaden!«, regte sich Jonathan auf. »Oder was meinst du, Meister?«

»Ich finde, du solltest über eine solche Situation längst erhaben sein!«

»Regt es dich nicht auf, wie diese Frau die Wirklichkeit verdreht?«

»Es ärgert mich schon, aber ich habe mich so langsam an die Propagandalügen des Quarteriums gewöhnt. Und das solltest du auch tun, mein Schüler.«

Gal’Arn saß äußerlich ruhig da und musterte die anderen.

»Es geht weiter, meine Herren«, bemerkte Sam.

Er hatte bislang ohne eine Regung und ohne ein Wort zu sagen auf den Bildschirm gestarrt.

Alle wandten sich wieder dem Bildschirm zu. Auf ihm war nun wieder die Moderatorin von INSELNET zu sehen.

»Willkommen zurück aus der Werbung. Und hier nun die Fortsetzung unserer Reportage.«

Linda Lagas stand wieder vor der großen Holowand, welche nun das Bild der dorgonischen Schiffe um einen blauen Planeten zeigte.

»Die terroristischen Verbrecher versuchten durch Anschläge auf friedliche Bürger und Stützpunkte der dorgonischen Friedenstruppen, das Kaiserreich zu destabilisieren, um den Abbruch der Friedensmission zu erzwingen. Doch die heldenhaften dorgonischen Friedenskämpfer sind bereit, mit ihrem Leben für die Freiheit und den sozialen Fortschritt der Völker Siom Soms zu kämpfen. Es gelang ihnen den Verbrecher Mok festzusetzen, um ihn vor ein Gericht der unterdrückten Völker von Siom Som zu stellen. Doch einem Terrorkommando der verbrecherischen Clique der alten Machthaber, das noch durch eine Söldnertruppe der faschistischen USO unterstützt wurde, gelang es, den Verbrecher wieder zu befreien. Dabei richteten Sie auf der Welt Som ein Blutbad an. Hier sehen sie einige Aufnahmen von dem Gemetzel, das die verbrecherischen Terroristen auf Som anrichteten.«

Die Moderatorin wurde wieder ausgeblendet und zahlreiche unkommentierte Bilder von getöteten und verstümmelten Somern gezeigt. Die Kamera schwenkte wieder auf Linda.

»Das, meine Zuschauer, ist das Ergebnis der Terroristen. Tausende von unschuldigen Zivilisten, die durch das Verbrecherpack regelrecht hingeschlachtet wurden. Das ist die Freiheit, die Sruel Allok Mok und seine verbrecherische Clique aus Renegaten, Söldnern und sonstigem Terroristenpack der Galaxie Siom Som bringen will! Dieser Abschaum aller Galaxien hat sich nun auf dieser alten Festung aus der Zeit der ehemaligen Ewigen Krieger verkrochen und hofft so, der Gerechtigkeit zu entgehen. Aber die edlen Krieger Dorgons sind am Ende ihrer Geduld, die glorreiche dorgonische Raumflotte wird dieses Krebsgeschwür ein für alle Mal mit Feuer und Schwert ausbrennen, keine Gnade mehr für die Feinde des Friedens. Es lebe die ewige Waffenbrüderschaft zwischen dem Kaiserreich Dorgon und unserem glorreichen Quarterium unter der Führung unseres hoch geehrten Imperatore de la Siniestro.«

Die Moderatorin wurde wieder kurz ausgeblendet und ein Bild von Kaiser Commanus und Imperatore de la Siniestro gezeigt, die sich gegenseitig umarmten.

»Und nun, meine sehr verehrten Zuschauer gebe ich wieder ab zur Werbung. Wenn Sie mehr Informationen über den Führer der Terroristen Sruel Allok Mok erhalten wollen, dann bleiben Sie auf unserem Kanal. INSELNET bringt anschließend einen Hintergrundbericht über die verbrecherischen Machenschaften dieses Topterroristen, die zu seiner Entmachtung in Cartwheel geführt haben. Und nun wende ich mich speziell an meine weiblichen Zuschauerinnen. Im folgenden Werbeblock werde ich wieder in meiner beliebten Show Für die sinnliche Frau zeigen, wie sie mit einigen Accessoires ihre Partnerschaft interessanter und sinnlicher gestalten können.«

»Das ist wohl der Gipfel! Das darf doch nicht wahr sein!« Mit diesen Worten schaltete Sandal Tolk die Übertragung ab, während Sam Tyler schmunzelte.

»Aber Sandal, nicht doch. Genieße die Vorzüge unserer Moderatorin, du wirst gleich sehen, es lohnt sich.«

Er schaltete wieder den Holoprojektor ein. Auf diesem war gerade die nun spärlich bekleidete Moderatorin zu sehen, die sich mit lasziven Bewegungen auf einer mit schwarzem Latex bezogenen Liege räkelte.

»Glaub mir Sandal, davon versteht die Dame sehr viel. Wenn sich unsere Weiblichkeit an ihre Ratschläge halten würde, würden gewisse Damen im Quarterium unter Garantie sehr schnell arbeitslos werden!«

 

Kapitel 9 – Verhandlungen

8. Juli 1305 NGZ (morgens)

Wie lange hält dieser Schutzschirm eigentlich noch? Ich verliere so langsam die Geduld.

»Erhabener Carilla! Wir werden von Vesus gerufen«, meldete der Funkoffizier.

Will der mir wieder die Ohren voll heulen?

»Stell ihn durch!«

Auf dem Bildschirm, der eben noch eine Darstellung der taktischen Verteilung von Carillas Flotte um Stromgarde zeigte, erschien Vesus. Er sah angespannt und zornig aus.

»Carilla, was soll das?«

»Was soll was, Vesus?«

»Versuche nicht mich für dumm zu verkaufen! Ich meine natürlich die Beschießung der Rebellenfestung!«

Deshalb machst du hier einen solchen Aufstand?

»Was soll mit der Festung sein?«

»Ich habe klar und deutlich die Anweisung gegeben, im Augenblick noch keine Angriffe auf Stromgarde durchzuführen.«

»Na und? Ich habe nur deine Entscheidung vorweggenommen. Wenn wir die Festung knacken wollen, müssen wir sie wohl auch beschießen!«

»Wie kannst du es wagen, meine Befehle zu interpretieren! Du bringst meine gesamte Strategie durcheinander!«

»Was für eine Strategie?«

»Das wirst du schon noch sehen und jetzt stell die Bombardierung ein, sofort!«

Mit diesen Worten schloss Vesus den Kanal.

*

8. Juli 1305 NGZ (nachmittags)

»Die Angriffe haben aufgehört …«

»Das habe ich selbst festgestellt!«

»Ob sie auf Verstärkungen warten?«

»Ich weiß es nicht, Sandal. Aber ich frage mich schon, warum sie das Feuer eingestellt haben.«

Jan Scorbit stand auf und setzte sich vor den Tiefenraumscanner. Nach einigen Minuten piepte sein Interkom.

»Hier spricht Sam, Mister Scorbit, würden Sie und Mister Tolk bitte in die Kommandozentrale kommen?«

»Was gibt es, Sam?«

»Das werden Sie erfahren, wenn Sie uns mit ihrem Besuch in der Zentrale beehren.«

»Wir sind unterwegs.«

Scorbit und Tolk betraten wenige Minuten später den Kommandoraum.

»Ah, da sind Sie ja endlich«, begrüßte sie Sam.

»Wollen Sie uns nicht sagen, was los ist?«

Sam drehte sich zum großen Hauptschirm um und zeigte mit dem Arm auf das Panoramabild.

Auf dem Bildschirm sahen sie eine Person, die mit einer weißen Flagge vor dem Schutzschirm stand.

»Das kann doch wohl nicht wahr sein, oder?«, fragte Jan erstaunt.

»Offensichtlich ist es wahr. Der Dorgone landete kurz, nach dem Ende der Angriffe.«

»Und was will der Typ?«

»Wir werden diesen Herren danach fragen. Deshalb sind Sie her. Sie werden meine Eskorte bilden.«

Jan Scorbit sah kurz zu Tolk. Dieser nickte knapp und ging auf Sam zu.

»Der Vogelmann hat meine Axt!«

Sam schnatterte etwas Unverständliches.

»Wir gehen auf diplomatische Mission, da benötigen wir die Axt nur bei einem Scheitern der Verhandlungen, bitte verinnerlichen Sie dies, Mister Tolk!«

Tolk gab ein unwirsches Grunzen als Antwort.

Vor dem Hauptgebäude stand bereits ein Gleiter bereit, der sie zum Treffpunkt bringen sollte. Dieser landete nach kurzem Flug am Rande des Kombinationsfeld-Schutzschirmes, der die gesamte Station umschloss. Sam öffnete mit einem Kontrollgerät eine kleine Strukturlücke innerhalb des Schirms, durch den eine Kommunikation mit dem dorgonischen Parlamentär möglich war.

»Ich soll euch die persönlichen Grüße von Versus, dem dorgonischen Oberbefehlshaber überbringen. Mein Name ist Imagi und ich bin der persönliche Adjutant von Versus.«

»Sei gegrüßt Imagi. Darf ich fragen, was Sie zu uns führt?«

»Ich wurde von Vesus entsandt, um dir und deinen Begleitern ein Angebot zu unterbreiten.«

Sam runzelte die Stirn und sah den Dorgonen fragend an.

»Vesus schlägt dir und einer Delegation, die du selbst frei wählen kannst, ein Treffen vor. Dieses Treffen wird in zwei Tagen an einem neutralen Ort ausgetragen und soll diese Situation ohne weiteres Blutvergießen beenden.«

Sam ließ die Worte auf sich wirken, dann antwortete er: »Bitte richte Vesus aus, dass ich diesen Schritt seinerseits sehr schätze und, unter gewissen Umständen, an diesem Treffen teilnehmen werde.«

Sam ließ die Worte wirken und wartete auf die Antwort des Dorgonen. Dieser schien jedoch keineswegs überrascht.

»Vesus hatte erwartet, dass du nicht ohne weiteres dem Treffen zustimmen würdest. Bitte nenne mir deine Bedingungen und ich werde sie Vesus überbringen.«

»Erstens, eure Delegation darf nicht mehr als zehn Personen umfassen.«

Imagi nickte kurz.

»Wir hatten ohne hin vor, nur sieben Personen zu entsenden.«

»Schön, da wir das geklärt haben nun zu Punkt zwei. Solange das Treffen andauert, müssen eure Schiffe die Umlaufbahn um Stromgarde verlassen und sich bis zum Rand des Sonnensystems zurückziehen.«

»Das kann ich leider nicht allein entscheiden, aber ich werde euren Wunsch Versus vortragen. Gibt es noch weitere Bedingungen?«

»Ja, eine weitere haben wir noch. Die Verhandlungen werden weder aufgezeichnet noch von INSELNET in irgendeiner Form übertragen. Und noch etwas. Nur die direkt an den Verhandlungen beteiligten Personen dürfen auf eurer Seite auf Stromgarde landen. Also keine getarnten Einsatztruppen!«

»Gut, wie bereits gesagt, ich werde Vesus deine Vorschläge unterbreiten. Wir melden uns dann bei euch.«

Imagi drehte sich um und wollte gerade zu seinem Schiff gehen als Jan einwarf.

»Ähm, du hast uns noch nicht mitgeteilt, welchen Ort ihr für das Treffen vorgesehen habt?«

Imagi drehte sich wieder um und sah Jan peinlich berührt an.

»Entschuldigt bitte, das müsst ihr natürlich wissen. Der Austragungsort ist eine alte Ruine zirka einhundert Kilometer westlich von hier.«

»Du meinst doch wohl nicht die alten Ruinen von Ta Ri Nas, oder?«, fragte Sam überrascht.

»Mir war nicht bekannt, dass sie so heißen, aber ich denke, wir meinen die gleichen Ruinen.«

»Dann muss ich sagen, dass ihr keine bessere Wahl hättet treffen können. Diese Ruinen sind die Reste einer Festung, die vor tausenden von Jahren zerstört wurde, lange bevor dieser Stützpunkt hier errichtet wurde. Sie haben eine symbolische Bedeutung für unsere Kultur.«

Imagi nickte, lächelte kurz, drehte sich um und ging auf sein Schiff zu, als er plötzlich innehielt und sich noch einmal umdrehte.

»Die Waffenruhe bleibt selbstverständlich bis dahin in Kraft.«

Mit diesen Worten drehte er sich wieder um und stieg in sein Schiff, welches wenige Minuten später abhob und den Planeten verließ.

Sam und seine Begleiter stiegen ebenfalls wieder in den Gleiter und flogen zurück zur Festung. Unterwegs riefen sie eine Versammlung ein, die sofort nach ihrer Ankunft begann.

*

Auf der DOMOLUS

»Sruel Allok Mok hat sich mit unserem Treffen einverstanden erklärt. Allerdings hat er einige Bedingungen gestellt, die wir erfüllen sollen, damit das Treffen stattfinden kann.«

»Das soll doch wohl ein schlechter Scherz sein, oder was?«

Imagi trug die ersten beiden Bedingungen vor, die Vesus vorbehaltlos akzeptierte. Carilla schien nicht ganz die Meinung des Oberbefehlshabers zu teilen.

»Vesus, das kann doch wohl nicht dein Ernst sein? Du lässt dir von diesem Viehzeug Vorschriften machen?«, schrie er außer sich vor Wut.

Vesus blieb ganz ruhig und antwortete mit fester und klarer Stimme.

»Carilla, ich würde es vorziehen, wenn du unsere Konferenzpartner nicht als wilde Tiere bezeichnen würdest. Ach, und um deine Frage zu beantworten. Ich lasse mir von Sruel Allok Mok keine Befehle erteilen, doch ich will diese Angelegenheit ohne weiteres Blutvergießen beenden und deshalb gehe ich Kompromisse ein.«

»Kompromisse, als ob die uns weiter bringen würden. Gib endlich die Erlaubnis zum Einsatz einer Arkon-Bombe, und Stromgarde ist Geschichte!«

»Ich sage es jetzt zum letzten Mal, du wirst meine Befehle akzeptieren. Für meinen Geschmack ist hier bereits viel zu viel Blut geflossen. Wir wollten hier Verbündete gewinnen. Aber wie kann man Verbündete gewinnen, wenn man sie alle umbringt? Ich will diesen Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt hier und jetzt beenden.«

Versus hatte während dieser Worte die Stimme erhoben, und sein Gesicht nahm einen stahlharten Ausdruck an, den Carilla während der letzten Jahre nicht mehr gesehen hatte.

»Wir werden ja sehen, was am Ende dabei rauskommt.«

Mit diesen Worten verließ Carilla wütend den Raum.

»Willst du ihn wirklich mit zu den Verhandlungen nehmen?«

»Von wollen kann gar keine Rede sein, doch er ist mein Stellvertreter und in dieser Position muss er mitkommen. Ach, und um auf das Treffen zurückzukommen was verlangt Mok noch?«

»Er wünscht, dass keine Aufzeichnungen gemacht werden und vor allem INSELNET keine Übertragungsmöglichkeiten bekommt. Außerdem erhalten nur die direkten Teilnehmer unsererseits eine Landungsgenehmigung.«

»Auch das wird kein Problem sein. Es ist mir sowieso lieber, wenn diese quateriale Tratschtante mir nicht auf Schritt und Tritt folgt.«

Imagi musste über diese kleine Bemerkung von Vesus schmunzeln, fing sich aber schnell wieder als Vesus das Gespräch fortsetzte.

»Würdest du dich dann bitte um die Vorbereitungen kümmern?«

»Aber natürlich, ich werde mein Möglichstes tun, um die Verhandlungen optimal vorzubereiten.«

Imagi erhob sich aus seinem Sessel und wollte gerade den Raum verlassen, als Vesus ihn noch einmal rief.

»Ach Imagi?«

»Ja?«

»Bitte behalte Carilla und seine Leute im Auge. Man weiß nie so genau, was ihm so einfällt.«

Imagi schien dies recht gut zu gefallen, denn er antwortete mit einem zufriedenen Lächeln.

»Das werde ich, verlass dich drauf.«

»Das tue ich mein Freund, das tue ich.«

Sam, Gal’Arn, Sandal und zwei Dutzend USO-Spezialisten standen vor dem Zentralbunker und warteten auf die Transportpanzer, die sie zum Verhandlungsort bringen sollten.

»Meinen Sie wirklich, dass wir so viele Soldaten mitnehmen sollten?«, fragte Sam Gal’Arn.

»Glauben Sie mir, wenn es nach Mister Tolk gegangen wäre, hätten wir die halbe Besatzung der Festung mitgenommen.«

»Man kann eben nicht vorsichtig genug sein«, verteidigte sich Tolk.

Wenige Minuten später hörten sie ein leichtes Brummen.

»Ah da kommen ja unsere Transporter«, stellte einer der Soldaten fest und ging zu einem der Panzer hinüber.

Es dauerte nicht lange, bis alle eingestiegen waren und sie sich auf den Weg nach Ta Ri Nas machen konnten.

Die Fahrt zu den Ruinen verging ohne besondere Ereignisse und war nach nur zwanzig Minuten vorbei. Die USO-Spezialisten stiegen zuerst aus und sicherten gekonnt die Umgebung. Erst als alles abgesichert war, gab der USO-Kommandant das Zeichen zum Ausstieg.

Vor einer Treppenruine, die ins Nirgendwo zu führen schien, warteten bereits Vesus, Imagi und Carilla. Während Vesus und Imagi den Dreien ein freundliches Lächeln schenkten, war Carillas Miene wie versteinert.

Mit Sandal an der Spitze gingen die Drei ebenfalls zur Treppe, gefolgt von einigen USO-Spezialisten.

»Ich grüße dich, Sruel Allok Mok. Und natürlich auch deine Begleiter. Darf ich ihnen meine Begleiter vorstellen?«

»Nicht nötig wir kennen uns«, sagte Sam und besah Carilla mit einem vernichtenden Blick. Dieser sah nicht minder einschüchternd zurück. Sam ließ sich jedoch nicht provozieren, sondern begrüßte die beiden anderen freundlich.

»Auch ich grüße Sie und ihre Begleiter und gestatte mir, Ihnen meine Begleiter vorzustellen. Dies ist Gal’Arn, ein Ritter der Tiefe«, erklärte Sam mit einer ausladenden Handbewegung.

Gal’Arn verbeugte sich leicht zur Begrüßung. Vesus und Imagi taten es ihm gleich. Carilla blieb jedoch steif wie ein Brett und würdigte Gal’Arn keines Blickes.

»Und links neben mir befindet sich Sandal Tolk, einer unser militärischer Oberbefehlshaber.«

Wieder verbeugten sich Vesus und Imagi, doch diesmal war Carilla nicht der Einzige, der sich nicht bewegte.

Eine unangenehme Stille breitete sich aus und hielt einige Minuten an, bis Imagi sie durchbrach.

»Wollen wir nicht hineingehen? Wir haben den Verhandlungsraum bereits vorbereitet.«

Sam drehte sich zu den anderen um und beide nickten zustimmend.

»Gerne.«

Die Sechs betraten den Raum und sogleich verteilten sich die Spezialisten um das Gebäude und sicherten es von allen Seiten. Dabei achteten sie jedoch genau darauf, dass sie den vier dorgonischen Soldaten nicht in die Quere kamen.

Der Versammlungsraum war ein weißer runder Raum, in dessen Mitte zwei halbrunde Tische standen. Diese standen zirka einen Meter voneinander entfernt und gaben den Parteien einen gewissen Abstand voneinander. Jeder von ihnen bot genug Platz für fünf Personen. Ihre weißen, polierten Marmorplatten hatten die Jahrhunderte vollkommen unbeschadet überstanden.

Und so fragte sich Sam, ob diese Tische von den Dorgonen stammten, da sie in einem so guten Zustand waren.

»Die Tische sind schon hier gewesen, als wir hier ankamen. Wir haben lediglich die Stühle mitgebracht. Ich vermute die Erbauer dieser Hallen standen lieber, denn wir haben keinerlei Stuhle oder Sitzgelegenheiten gefunden«, erklärte Imagi und beantwortete damit Sams Frage.

»Wenn du dann mit deinem Vortrag über alte Geschichten fertig bist, könnten wir anfangen. Aber nur, wenn du nicht noch mehr sinnloses Gebabbel von dir geben möchtest«, meinte Carilla genervt und ließ sich in einen der gepolsterten Sessel fallen.

»Aber natürlich, mein lieber Carilla, und entschuldige, wenn ich dich gelangweilt haben sollte«, erwiderte Imagi sarkastisch.

Alle setzten sich und Sam eröffnete die Verhandlungen.

»Zuallererst möchte ich Ihnen für die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung danken, Vesus.«

»Bitte, ich versuche lediglich diesen Konflikt ohne weiteres Blutvergießen zu beenden. Ich will jedoch nicht verhehlen, dass dieses Treffen kein Freundschaftsbesuch ist. Und deshalb werde ich euch nun ohne weitere Umschweife, unsere Bedingungen für die Beendigung dieses Krieges nennen. Zuerst verlange ich, dass die Rebellen sich auflösen und ihren Widerstand aufgeben. Den USO-Agenten biete ich freien Abzug aus dieser Galaxie. Ebenso den anderen Anhängern der Rebellen und natürlich auch ihnen, Sruel Allok Mok. Ich muss jedoch darauf bestehen, dass die Terroristen der ULEMAN-Organisation, Saraah und Torrinos, unverzüglich an uns ausgeliefert werden. Das wären meine Bedingungen.«

Sam sah Vesus in die Augen, als versuchte er, eine Antwort darin zu finden.

»Vesus?«

»Ja, Imagi?«

»Ich glaube du hast da noch eine Kleinigkeit vergessen.«

»Ah, natürlich. Es gibt da noch eine Bedingung. Elgalar muss freigelassen werden. Und noch etwas. Dieser Punkt ist absolut nicht diskutabel.«

Sam ließ die Worte ein wenig auf sich wirken und antwortete dann.

»Diese Bedingungen sind für uns nicht akzeptabel. Sie verlangen eine bedingungslose Kapitulation. Für uns würde sich nichts ändern.«

Vesus und Imagi schienen so etwas bereits erwartet zu habe. Doch Carilla geriet bei Sams ablehnenden Worten vollkommen aus der Fassung.

»Du elendes Drecksvieh behältst dein Leben. Das ist mehr als du verdienst. Wenn es nach mir ginge ...«

Carilla brach ab, als Sandal Tolk sich erhob. Sam reagierte sofort und erhob sich ebenfalls. Er legte ihm die Hand auf den Arm und flüsterte ihm etwas zu, das ihn zu beruhigen schien. Vesus schien das Gleiche getan zu haben, denn als Sam sich wieder gesetzt hatte, sah er, dass Carilla Anstalten machte, sich ebenfalls wieder zu setzen.

Es wunderte ihn, dass Carilla sich so schnell wieder beruhigt hatte.

»Entschuldigt bitte diesen Zwischenfall. Ich versichere euch, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen wird«, sagte sich Imagi mit einem verächtlichen Seitenblick auf Carilla.

»Das hoffe ich im Interesse der Verhandlungen«, entgegnete Gal’Arn.

Vesus räusperte sich und sah zu Sam hinüber.

»Sruel Allok Mok, sie hatten das Wort«, meinte er freundlich.

»Wie ich bereits sagte, als ich so rüpelhaft unterbrochen wurde, können wir den Bedingungen, die Sie uns unterbreitet haben, nicht zustimmen. Es gibt jedoch einem Weg, wie wir uns einigen könnten. Mein Stab und ich haben einige Vorschläge ausgearbeitet, die, wie wir finden, für beide Parteien akzeptabel sind.«

»Das hört sich interessant an, bitte fahren Sie fort.«

»Gut, der erste Punkt betrifft den Status der estartischen Völker. Wir verlangen, dass wir uns selbst und ohne die Einmischung durch das Kaiserreich Dorgon regieren dürfen. Im Gegenzug bieten wir an, Abgaben zu leisten. Wir würden diese Abgaben ›Kaisertaler‹ nennen. So bekommt Dorgon eine zusätzliche Steuerquelle und wir können in Frieden leben.«

»Das hört sich recht durchdacht an, was meinst du Imagi?«

»Ja, das denke ich auch. Ich glaube, darüber könnten wir reden.«

»Gut, ich werde diesen Vorschlag weiterleiten. Bitte sprich weiter.«

»Punkt zwei betrifft die estartischen Gefangenen, die durch das dorgonischer Kaiserreich während der Invasion inhaftiert wurden. Wir verlangen, dass sie alle freigelassen werden. Ganz gleich, weshalb sie verhaftet wurden. Und die dritte Bedingung, die wir stellen, betrifft die Anhänger der ULEMAN. Wenn wir uns selbst regieren dürfen, verlangen wir, dass wir allen, die es wünschen, Asyl gewähren können. Im Gegenzug garantieren wir, dass die Asylanten keine Aktionen gegen das Kaiserreich mehr unternehmen werden.«

»Ich befürchte, mein Lieber, dass dieser Vorschlag auf wenig Zustimmung treffen wird. Ich werde jedoch sehen, was ich tun kann.«

Carilla schien seine Unsicherheit wieder ein wenig überwunden zu haben, denn er begann lauthals zu protestieren.

»Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein, Vesus? Diese Vorschläge kommen fast einer Kapitulation Dorgons gleich! Und dass der Uleman-Abschaum auch noch Asyl bekommen soll, ist doch wohl das Letzte! Das kann doch einfach nicht wahr sein.«

»Bitte beherrsche dich Carilla. Dies sind bis jetzt nur Vorschläge. Ob sie angenommen werden, wird sich zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Behalte also die Ruhe. In Ordnung?«

Carilla nickt knapp, verschränkte die Arme und ließ sich mit beleidigter Miene in seinen Sessel sinken.

»Sruel Allok Mok, bitte fahre fort.«

»Der letzte Punkt auf meiner Liste betrifft das Militär. Wir lehnen es strikt ab, dass estartische Lebewesen in der Armee des dorgonischen Kaiserreichs Militärdienst leisten müssen. Die Streitkräfte der estartischen Völker werden sich auch nicht an dorgonischen Militäreinsätzen beteiligen. Wir befürchten einfach, dass unsere Soldaten als Kanonenfutter oder Lockvögel missbraucht werden. Und so etwas ist für uns inakzeptabel.«

Nachdem Sam geendet hatte, sagte niemand etwas. Alle ließen die Worte auf sich wirken. Nach einigen Minuten konnte Carilla sich nicht mehr zurückhalten. Er lehnte sich vor und schrie Sam an:

»Ihr seid Teil des dorgonischen Kaiserreiches und deshalb werdet ihr Soldaten stellen, ob ihr nun wollt oder nicht.«

»Carilla, bitte!«

»Nein Vesus! Diesmal werde ich nicht den Mund halten. Diese ganze Verhandlungsgeschichte ist doch ausgemachter Blödsinn. Das ganze estartische Gesocks gehört zu uns, und die haben zu machen, was wir wollen. Und wenn sie für uns krepieren, dann sollen sie froh sein, dass ihre jämmerliche Existenz wenigstens einen vernünftigen Grund gehabt hat!«

»Wir werden auf keinen Fall Soldaten stellen! Ist das klar?«, zischte Sam Carilla an.

»Ach nein?«, Carilla war außer sich vor Wut. Er stand auf und ehe ihn jemand stoppen konnte, zog er eine Waffe und richtete sie auf Sam.

»Dann sollte ich dich vielleicht gleich hier ausschalten. Dein Nachfolger ist vielleicht etwas kooperativer als du.«

Sam war geschockt, doch bevor er reagieren konnte, war neben ihm schon Sandal Tolk aufgesprungen und hatte ihn an der Schulter gepackt und hinter sich in Sicherheit gebracht. Gal’Arn, der rechts von Sam saß, sprang ebenfalls auf.

»Willst du Bestie, dich etwa für diesen Mistvogel opfern? Das kannst du gerne haben«, brüllte Carilla.

»Wage es noch einmal Sruel Allok Mok als Mistvogel zu bezeichnen und ich werde dich eigenhändig töten, du Ausgeburt der Hölle.«

»Wie hast du mich genannt?«

»Carilla, die Waffe runter!«, sagte Gal’Arn in seinem üblich ruhigen Ton.

»Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen, du seniler alter Narr!«

»Oh, ich wollte dir überhaupt nichts befehlen. Ich wollte dich lediglich darauf aufmerksam machen, dass deine Aktion keinen Sinn ergibt. Du kannst niemanden von uns töten.«

»Ach seid ihr seit neuestem unverwundbar?«

»Was?«

Gal’Arn hob seine rechte Hand und zog den Ärmel seines Gewandes herauf. Zum Vorschein kam ein kleines Gerät.

»Ein Individualschutzschirmprojektor?«

»Ja, und mit den besten Grüßen von euch!«, brüllte Sandal.

Carilla war von seinem Zorn vollkommen verblendet und nun demütigten ihn diese Wesen auch noch. Es war ihm egal, ob er etwas erreichte. Ein Schuss würde diesen verdammten Mistkerl schon erledigen, dachte er und drückte ab.

Ein Energiestrahl löste sich aus der Waffe und traf Sandal. Dieser blieb vollkommen ruhig stehen und sah Carilla in die Augen. Der Strahl traf den Schutzschirm und ließ ihn kurz rot aufblitzen, bevor der Waffenstrahl in den Hyperraum abgeleitet wurde.

Carilla wollte gerade wieder feuern, als sich Imagi erhob.

»Halt, das reicht jetzt!«

»Wachen«, rief Vesus ohne Carilla anzusehen.

Die USO-Spezialisten und dorgonische Soldaten der Prettosgarde stürmten in den Raum. Sie standen sich mit entsicherten Waffen gegenüber.

»Genug!«, rief Vesus und stellte sich zwischen den Parteien. Er nahm den Strahler eines Centrus und schoss auf Carilla, der zusammenbrach.

»Jetzt gibt er wenigstens für ein paar Stunden Ruhe. Bringt den Paralysierten zurück zu seinem Schiff. Carilla benötigt Schlaf. Imagi, trage Sorge, dass er die Verhandlungen nicht weiter stören wird.«

Imagi verneigte sich vor Vesus. Die Soldaten packten den bewusstlosen Carilla und trugen ihn hinaus.

Vesus sah ihnen kurz nach, drehte sich dann aber wieder zu Sam und den anderen um.

»Da wir alles soweit geklärt haben, können wir diese Verhandlungsrunde wohl für beendet erklären. Nicht wahr?«

»Ich stimme Ihnen zu und hoffe, dass Commanus unsere Vorschläge annimmt.«

»Ich werde mich wieder bei euch melden, sobald ich mit ihm gesprochen habe. Und verzeiht bitte das unwürdige Verhalten meines Stellvertreters.«

Vesus verbeugte sich.

Sam und die anderen verabschiedeten sich von Vesus und verließen ebenfalls den Raum.

Sie kehrten zur Festung zurück und hielten sofort eine Versammlung ab, in der sie die gesamte Besatzung über das Verhandlungsergebnis informierten.

*

10. Juli 1305 NGZ (abends)

»Hier spricht Linda Lagas, mit den täglichen Ereignissen vom Tag. Wie wir soeben erfahren haben, fanden heute Nachmittag Friedensgespräche zwischen den Rebellen und dem Oberbefehlshaber der Befreiungsflotte Vesus statt. Wir konnten leider noch nicht in Erfahrung bringen, wie weit diese Gespräche gediegen sind, doch wir werden Sie auf dem Laufenden halten. Was wir jedoch mit Sicherheit sagen können ist, dass bis auf weiteres ein Waffenstillstand herrscht.«

Die junge Moderatorin stand vor einer Bildschirmwand, die die Festung zeigte. Sie sah auf den Monitor vor ihr und plötzlich wurden ihre Augen größer.

»Meine Damen und Herren! Ich habe gerade eine aktuelle Meldung erhalten. Der direkte Abgesandte des dorgonischen Kaiser Commanus, seine Exzellenz Falcus ist auf dem Weg nach Stromgarde. Wir werden natürlich versuchen, ein Exklusivinterview mit ihm zu bekommen, um ihnen die Pläne des Kaisers näher zu erläutern. Bis dahin wünsche ich Ihnen einen schönen Abend und viel Vergnügen mit dem nachfolgenden Programm.«

 

Kapitel 10 – Katz und Maus

11. Juli 1305 NGZ (mittags)

Jonathan und Jan standen vor der Arrestzelle, in der Elgalar auf sein Verhör wartete. Kurz bevor sie diese betreten wollten, meldete sich Jonathans Interkom.

»Ja bitte?«

»Hier ist Gal’Arn. Jonathan würdest du bitte nach draußen auf den Hof kommen, ich muss dringend mit dir etwas besprechen.«

»Meister, kann das nicht warten? Jan und ich wollten gerade Elgalar verhören.«

»Nein, ich fürchte das kann nicht warten.«

»Gut ich bin schon unterwegs.«

Jonathan beendete die Verbindung.

»Verdammt Jan, ich soll dringend zu Gal’Arn kommen. Schaffst du den allein?«

»Ja geh nur, der dürfte für mich kein Problem sein. Vergiss nicht, ich bin ausgebildeter USO Spezialist.«

»Gut, dann viel Glück.«

Jonathan drehte sich um, und verließ den Arrestblock.

Jan atmete noch einmal tief durch, bevor er die Tür öffnete und hineinging.

Er betrat einen kleinen Raum, der äußerst karg eingerichtet war. Die Wände waren grau und das einzige Licht kam von einer Lampe an der Decke.

»Ah, kommt endlich mal jemand, um mit mir zu sprechen? Also bei uns lässt man so wichtige Persönlichkeiten wie mich, nicht so lange warten. Frag mal deinen Freund Sam«, begrüßte Elgalar Jan.

»Für Sie immer noch Sruel Allok Mok und im Verlauf des Gesprächs möchte ich Herr Scorbit oder Sie genannt werden. Haben Sie das verstanden? Ach und überhaupt habe ich hier keine wichtige Person gesehen, die es wert gewesen wäre, dass man sich früher um sie kümmert.«

»Also ich verbitte mir diese Frechheit. Ich bin …«

»Elgalar, Schwester, ähm Bruder des dorgonischen Kaisers Commanus. Habe ich was vergessen? Ach ja, und Gefangener der USO.«

Elgalar verschränkte die Arme und schmollte.

»Also je eher Sie mir meine Fragen beantworten, desto schneller sind wir beiden miteinander fertig.«

Elgalar beugte sich vor und musterte Jan eindringlich.

»Sag mal, oh Verzeihung, sagen Sie mal Herr Scorbit, haben Sie heute Abend schon was vor? Ich hätte da für einen so schnuckeligen Mann wie Sie, noch Platz auf meiner Pritsche. Also wie wäre es, wenn wir unser Gespräch noch in privater Hinsicht vertiefen würden?«

Jan hob die Augenbraue und sah ihn angewidert an.

»Nein danke, ich habe ein eigenes Bett, das auf mich wartet, aber ich kann Ihnen ja eine Gummipuppe in die Zelle liefern lassen. Vielleicht können sie mit der Ihren Triebstau abbauen. Na, wie wäre es mit ihnen beiden?«

Bei den letzten Worten beugte sich Jan zu Elgalar vor, und imitierte ihn.

Elgalar schnaubte laut und ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen.

»Also kommen wir zu meinen Fragen. Erstens, wie viele Schiffe stehen Ihren Truppen hier in Siom Som zur Verfügung?«

Elgalar sah zur Decke und tat so, als ob er nachdenken würde. Dann sah er Jan in die Augen.

»Sagen Sie mal, tragen sie gelegentlich Reizwäsche?«

»Was …?«

»Ich fragte, ob Sie gelegentlich Reizwäsche tragen?«

»Was hat das mit meiner Frage zu tun?«

»Gar nichts, aber es interessiert mich, wie ein starker und gut aussehender Mann wie Sie, in Lack und Leder aussieht.«

Jan atmete tief durch und sagte dann: »Beantworten Sie meine Frage!«

»Wie war die Frage noch gleich? Ich kann mich einfach nicht konzentrieren, wenn so ein Bild von einem Mann vor mir steht.«

Jan schluckte und zwang sich ruhig zu bleiben.

»Die Frage lautete: Wie viele Schiffe stehen den Dorgonen hier in Siom Som zur Verfügung?«

Elgalar sah wieder zur Decke und Jan schwante schon Schreckliches. Dann antwortete Elgalar.

»Das weiß ich nicht«, trällerte er und trieb Jan damit fast zur Weißglut.

»Was soll das heißen, Sie wissen das nicht? Sie sind Statthalter Dorgons in Siom Som.«

»So etwas hat immer Zigan für mich erledigt. Ich hätte dafür auch keine Zeit gehabt, wie sollte ich denn die Soldaten beim Duschen und Trainieren beobachten und nebenbei auch noch so etwas im Kopf haben? Außerdem interessiert mich so etwas überhaupt nicht.«

Ich fall vom Glauben an die Intelligenz ab!

»Gibt es eigentlich irgendetwas, was Sie mir sagen können?«

Elgalar wollte gerade den Mund öffnen, als Jan ihn genervt anfuhr.

»Etwas das militärische Bedeutung hat!«

Elgalar dachte kurz nach und antwortete dann.

»Also, wenn ich so recht darüber nachdenke, nein! Aber ich weiß, was Vesus gerne isst, wenn das weiter hilft«, sagte er mit einem süffisanten Lächeln.

»Danke, aber ich denke, zum Essen werden wir ihn in naher Zukunft nicht einladen. Wenn das alles war, was Sie mir sagen können, werde ich jetzt gehen.«

Jan stand auf und wollte gerade gehen als Elgalar sich noch einmal zu Wort meldete.

»Ähm warten Sie.«

»Ja?«

»Wollen Sie es sich nicht noch einmal überlegen? Mein Angebot steht noch.«

Jan antwortete nicht und als er sich genervt umdrehte und hinausging, fing Elgalar wie ein Verrückter schallend an zu lachen.

Jan traf sich eine halbe Stunde später mit Sam, Saraah, Sandal, Jonathan und Gal’Arn. Er erzählte ihnen von seinem nervigen Gespräch und Jonathan bot an, Elgalar ein wenig gesprächiger zu machen. Jan lehnte jedoch ab und meinte, dass es sich nicht lohnen würde, sich die Hände an ihm schmutzig zu machen.

*

11. Juli 1305 NGZ (abends)

Falcus Fähre landete im Hangar und wenige Minuten später stand er auf der Brücke. Vesus wartete schon, um ihn zu begrüßen.

»Ich grüße euch Exzellenz. Wir haben im Konferenzraum eine Kleinigkeit vorbereitet.«

»Danke Vesus, doch ich bin nicht hier, um zu essen. Ich bin hier, um neue Befehle des Kaisers zu überbringen.«

»Gut, aber ich schlage vor, dass wir uns trotzdem in den Konferenzraum begeben.«

»Einverstanden.«

Vesus und Falcus gingen zu Carilla und Imagi, die schon im Konferenzraum warteten. Carilla stand vor einem Holoschirm, der den Weltraum zeigte, während Imagi auf einem Stuhl saß und an die Wand anstarrte. Er erhob sich jedoch, als Vesus und Falcus den Raum betraten und ging auf sie zu. Imagi begrüßte Falcus und nun kam auch Carilla dazu und begrüßte den Gast.

»Also, ohne große Umschweife möchte ich dir mitteilen, dass der Kaiser von der Entwicklung der Dinge um das Problem Stromgarde, nicht sonderlich begeistert ist. Er hat mir befohlen, dir einem neuen Auftrag zu erteilen. Du sollst die Zwillingsgalaxien Absantha-Tschad und Absantha-Gom erobern.«

»Was? Wieso?«

»Kurz gesagt, der Kaiser ist nicht an einer diplomatischen Lösung des Rebellenproblems interessiert. Er möchte sie lieber vernichtet sehen.«

»Aber ich bin kurz davor, einem Friedensvertrag mit ihnen auszuhandeln.«

»Der Kaiser hat deine Nachricht bekommen und findet die Vorschläge anmaßend und hat abgelehnt.«

»Und wer soll dann das Kommando über die Truppen übernehmen?«

»Carilla und ich werden das Unternehmen von jetzt an leiten. Während du dich auf den Weg machst, um das glorreiche Kaiserreich zu vergrößern.«

»Das kann ich nicht glauben, das hier ist meine Mission. Ich werde selbst mit Commanus sprechen.«

»Das kannst du dir sparen. Ich habe deine Befehle und weitere Instruktionen schriftlich hier.«

Vesus war vollkommen verstört und wusste nicht, was er sagen sollte. Falcus überreichte ihm noch eine kleine Kassette, die das Siegel des Kaisers trug.

»In der Kassette befindet sich ein Speicherkristall mit den genauen Anweisungen für dich. Ich ermahne dich dringend, diese genau zu verfolgen. Vor allem wünscht der Kaiser keine eigenmächtige Vorgehensweise deinerseits. Alles was über die rein militärische Operationsführung hinausgeht, muss durch den Kaiser oder mich genehmigt werden. Da du nun deine Befehle hast, ernenne ich hiermit Carilla zum Oberbefehlshaber der Operation Stromgarde.«

Falcus wandte sich nun Carilla zu und ignorierte Vesus, der verstört vor ihm stand.

»Gratuliere, Carilla.«

»Danke, Exzellenz. Nun dann wollen wir mal keine Zeit verlieren. Darf ich sie auf mein Schiff einladen?«

»Gerne, ich habe sowieso noch etwas mit dir zu besprechen.«

Carilla und Falcus verließen den Raum und ließen einem vollkommen verstörten Vesus zurück. Dieser hatte sich frustriert in seine Privatkabine zurückgezogen und war nicht mehr ansprechbar.

*

12. Juli 1305 NGZ (morgens)

Falcus und Carilla hatten sofort damit begonnen, die Eroberung der Festung vorzubereiten. Eine Gruppe von zehn Adlerschiffen des Dorgon-Typs war in einen stationären Orbit über der Festung gegangen. Die ganze Nacht hindurch hatten sie die Außenforts der Festung beschossen, um die überschweren Geschützstellungen auszuschalten. Schon nach kurzer Zeit war es Sandal Tolk klar, dass diese auf Dauer dem Beschuss nicht standhalten konnten. Er befahl die Evakuierung der Außenforts. Dann war es soweit. Die Schutzschirme der Forts brachen zusammen, der Weg für dorgonische Landungskommandos war frei. Doch der Preis, den die dorgonische Flotte für diesen Erfolg zahlen musste, war hoch. Vier der Adlerschiffe wurden vernichtet, zwei weitere schwer beschädigt.

Imagi stand auf der Brücke und verfolgte die Bildübertragung der Invasion Stromgardes. Carilla war es mittlerweile gelungen, in der Nähe der Festung einen gut gesicherten Brückenkopf aufzubauen. Er schreckte aus seinen Überlegungen auf, als der Dienst habende Funkoffizier ihn ansprach.

»Verzeih bitte, Kommandant Imagi.«

»Ja, Rotus?«

»Wir werden von Carillas Schiff gerufen.«

»Lege ihn bitte auf den Schirm.«

Das Bild der Truppen verschwand und wich dem arroganten Gesicht von Falcus.

»Guten Morgen, Exzellenz. Was kann ich für dich tun?«

»Du kannst gar nichts für mich tun. Doch dein Vorgesetzter kann es.«

»Vesus ist noch nicht im Dienst, kann ich vielleicht nicht doch helfen?«

»Wie gesagt, das kannst du nicht. Hole also Vesus auf die Brücke.«

»Einen Moment bitte.«

Imagi beendete das Gespräch und versuchte umgehend Vesus zu erreichen. Dieser meldete sich jedoch auch nach mehrmaligen Rufen nicht und Imagi blieb nichts anderes übrig, als Falcus erneut zu rufen. Die Verbindung wurde wieder hergestellt und Falcus Gesicht erschien erneut auf dem Schirm.

»Ich bitte um Entschuldigung, aber ich kann Vesus nicht erreichen.«

Falcus antwortete nicht und schien nachzudenken. Dann nach einigen Minuten antwortete er endlich.

»Ich hatte es eigentlich nicht vor, aber mach alles für meine und Carillas Ankunft bereit. Wir werden in etwa zwanzig Minuten eintreffen. Und dann will ich mit Vesus sprechen. Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt.«

»Ja, das hast du«, meinte Imagi etwas niedergeschlagen.

»Gut!«

Falcus schloss den Kanal.

Imagi betätigte sein Interkom und rief Vesus erneut, doch auch diesmal antwortete er nicht. Er versucht es noch einige Male, gab aber schließlich auf.

Ich frage mich, warum er nicht antwortet. Es muss etwas Bestimmtes dahinter stecken.

Er aktivierte das Sprach-Terminal zur Zentralpositronik.

»Identifikation Imagi 2386. Ich brauche sofort den Aufenthaltsort von Admiral Vesus.«

Die Antwort der Positronik erfolgte umgehend: »Admiral Vesus befindet sich in seinem Quartier.«

In seinem Quartier also. Na dann muss ich mich wohl persönlich um ihn kümmern.

Imagi stieg in den Antigrav und schwebte auf die Deckebene zehn. Dann ging er durch den Gang in Richtung von Vesus Quartier. Auf dem Weg dorthin begegnete der Dorgone einigen Besatzungsmitgliedern, die ihn freundlich grüßten.

Schließlich erreichte Imagi das Privatquartier von Versus. Als kommandierendem Admiral stand ihm eine Suite von drei Räumen zu, die abseits der übrigen Mannschaftsquartiere lag. Imagi aktivierte das Interkom, um sich persönlich anzumelden. Jedoch der Bildschirm blieb dunkel, Versus reagierte nicht.

Nun blieb ihm nur noch die Notfallschaltung. Er aktivierte das tragbare Terminal, das ihn mit der Zentralpositronik verband.

»Identifikation Imagi 2386, Sondercode Delta Epsilon Zero.«

»Sicherheitsidentifikation Delta Epsilon Zero für Kommandant Imagi anerkannt. Erwarte weitere Anweisungen.«

»Zugangsblockierung zum Quartier von Admiral Versus aufheben.«

»Anweisung ausgeführt.«

Die Tür glitt auf und ich trat ein.

Wonach stinkt’s denn hier?

»Vesus? Vesus, bist du hier irgendwo?«

Wieso sind die Möbel alle umgeworfen? Was ist hier nur passiert?

»Vesus?«

»Uhh …«

Was war das denn?

Imagi bahnte sich einen Weg durch die umgeworfenen oder zerstörten Möbel in Vesus Wohnraum. Doch der Admiral war nirgends zu entdecken. Schließlich blieb als letzte Möglichkeit der Schlafraum. Als er diesen betrat, bot sich ihm ein Bild des Grauens. Vesus lag mit seiner kompletten Uniform bekleidet, schräg in seinem Bett. Rings um ihn waren diverse Flaschen malerisch verteilt. Fast wäre Imagi über eine leere Flasche gestolpert. Er stieß die Flasche weg und beugte mich über Vesus Bett.

»Vesus. Vesus, kannst du mich hören?«

Er schlug ihm dreimal leicht gegen die Wangen, um ihn wach zu bekommen, doch Vesus stöhnte nur leise und schlief weiter.

Was mach ich nur?

Imagi entschloss sich zur Radikalkur. In der Nasszelle füllte er einen Becher mit kaltem Wasser und kippte diesen über Versus Gesicht. Diesmal reagierte er und öffnete die Augen und starrte Imagi an. Er richtete sich auf und hielt mit beiden Händen den Kopf. Blutunterlaufende Augen starrten mich anklagend an.

»Was? Wie? Wo bin ich?«, lallte er.

»Du bist in deinem Quartier. Was hast du hier angestellt?«

»Ah, Imagi. Was machst du denn hier?«

»Falcus und Carilla sind auf dem Weg hierher und ich wollte dich abholen. Doch leider musste ich feststellen, dass du hier vollkommen versumpft bist.«

»Versumpft? Was meinst du?«

»Darüber müssen wir uns später unterhalten. Jetzt muss ich dich erst mal wieder fit bekommen. Falcus und Carilla werden in weniger als einer viertel Stunde hier sein, also beeile dich und steh auf.«

»Carilla und Falcus? Sollen sie doch kommen, denen zeig ich’s«, lallte er weiter.

Dabei fuchtelte er wild mit den Armen und schlug die Luft.

»Wir haben jetzt keine Zeit für so etwas. Also mach schon!«

»Ich will diese seelenlosen Mörder nicht mehr sehen. Hiermit melde ich mich krank und übergebe die Befehlsgewalt an dich.«

Jetzt riss Imagis Geduldsfaden. Er packte ihn am Arm und zog ihn aus dem Bett. Vesus fiel zu Boden und blieb auf allen Vieren liegen.

»Was soll das? Vergiss nicht, wenn du hier vor dir hast!«

»Wenn du dich nicht so kindisch benehmen würdest, müsste ich nicht zu solchen Maßnahmen greifen! Also steh schon auf und zieh dich um.«

Vesus versuchte sich zu erheben fiel aber gleich wieder hin.

»Ich bin viel zu betrunken, um jetzt jemanden zu treffen. Selbst wenn ich wollte.«

»Da mach dir mal keine Sorgen. Doktor Baldios wird dich schon wieder fit bekommen. Also beeil dich, wir haben nicht viel Zeit.«

Imagi holte Vesus eine frische Uniform und ließ ihn dann im Schlafzimmer allein. Während er sich umzog, rief er Doktor Baldios.

»Doktor Baldios? Hier ist Kommandant Imagi.«

»Hallo Kommandant. Was kann ich für dich tun? Ich hoffe es geht dir gut.«

»Es geht nicht um mich, sondern um den Admiral.«

»Um Vesus? Was ist passiert?«

»Na ja, wie soll ich es erklären?«

»Wenn es das ist, was ich vermute, brauchst du mir nichts mehr zu sagen. Aber warum behelligst du mich damit? Einen Tag Schlaf und danach einige Tabletten und er ist wieder der Alte.«

»Tut mir leid, aber genau diese Zeit haben wir nicht. Er muss schnellst möglichst wieder nüchtern werden, denn Falcus und Carilla wollen ihn in zehn Minuten treffen. Kannst du in sein Quartier kommen und ihn behandeln?«

»Ich fürchte nein. Ich bin allein auf der Krankenstation und meine Ablösung kommt erst in vierzig Minuten. Du musst ihn unauffällig auf die Krankenstation bringen, wenn du nicht willst, dass morgen die ganze Flotte über ihn Bescheid weiß.«

»Ich denke, dass ich das gerade noch schaffen werde.«

»Gut ich bereite alles vor.«

Baldios beendete das Gespräch.

»Vesus? Bist du fertig?«

»Ja, ich denke schon. Ich bin nur ziemlich wackelig auf den Beinen.«

Imagi betrat den Schlafraum und stützte ihn, da er allein nicht stehen konnte. Danach verließen sie das Quartier. Da niemand zu sehen war, gingen wir langsam Richtung Antigravschacht. Nach einigen Schritten stolperte Versus und wäre gestürzt, wenn Imagi ihn nicht aufgefangen hätte.

Plötzlich hörte Imagi zwei Stimmen, die sich schnell näherten. Er sah sich um und suchte nach einem Versteck. Es wäre sehr schlecht für die Autorität, wenn ihn die Besatzung ihren Oberbefehlshaber volltrunken durch die Gänge taumeln sehen würde.

»Habt ihr schon gehört? Wir werden abkommandiert und sollen weitere Galaxien für das Reich erobern.«

»Ja und ich hab gehört, dass Carilla jetzt das Oberkommando in Siom Som erhalten hat.«

»Na, dann kommt da unten keiner lebend raus, soviel ist sicher.«

»Ja, leider. Vesus hat ja noch versucht …«

Der Soldat brach ab, denn als er und seine Kameraden um die Ecke bogen, sahen sie Imagi und Vesus. Vesus lehnte an einer Wand und Imagi beugte sich zu ihm. Es sah für die Soldaten so aus, als ob die beiden etwas Geheimes besprachen. Und so beeilten sie sich und gingen zügig vorbei. Bald waren sie im nahen Antigrav verschwunden.

»Puh, das war knapp. So und jetzt nichts weg.«

Imagi stützte Vesus wieder und zusammen taumelten sie zum Schacht. Gerade wollte er mit Versus das Antigravfeld betreten, als sein Interkom einen Anruf meldete.

»Ja, was gibt es?«

»Hier spricht Rotus. Falcus und Carilla sind soeben eingetroffen und verlangen Vesus sofort zu sprechen.«

Verdammt!

»Kannst du sie noch etwas hinhalten?«

»Wie bitte?«

Warte mal …!

»Vergiss, was ich eben gesagt habe. Sag den beiden bitte, dass Vesus sich auf der Krankenstation befindet.«

»Gut, richte ich aus. Rotus, Ende.«

So, und jetzt so schnell wie möglich zur Krankenstation.

Diese befand sich zwei Decks tiefer. Auf dem Gang sah sie niemand, so dass keine weiteren Verzögerungen auftraten. Doktor Baldios erwartete sie schon.

»Lass mich dir helfen, Imagi.«

»Greif seinen linken Arm und stütze ihn.«

»Ich habe schon alles vorbereitet, es wird nur wenige Minuten dauern ihn wieder auf die Beine zu bekommen. Ist er eigentlich schon die ganze Zeit so ruhig?«

»Ja und das macht mir ein wenig Sorgen.«

»Dann beeilen wir uns besser.«

Wir betraten die Krankenstation und brachten Vesus in den Behandlungsbereich. Baldios legte ihn auf eine Behandlungsliege und injizierte ihm ein Mittel. Danach befestigte er einige Elektroden am Kopf des Patienten. Durch diese wurde ein Feld aufgebaut, das die Regeneration der durch den Alkohol beeinträchtigten Nerven förderte.

»So jetzt können wir nur Abwarten und Tee trinken, wie die Terraner zu sagen pflegen«, meinte Baldios

»Ja, ich hoffe nur, dass er rechtzeitig wieder fit ist.«

Plötzlich summte wieder Imagis Interkom.

»Ja?«

»Hier ist noch mal Rotus. Falcus und Carilla fragen, wie lange es noch dauern wird, bis Vesus sie empfängt?«

Verdammt, die gehen mir gewaltig auf die Nerven. Als ob ich nicht schon genug um die Ohren hätte.

»Es wird noch eine Weile dauern. Die Behandlung dauert länger, als vermutet.«

»Ich werde … hey, was soll das? Bitte …«

»Imagi? Hier spricht Falcus! Ich verlange sofort, Vesus zu sprechen!«

»Ich grüße Sie, Exzellenz Falcus. Wie ich bereits Rotus mitteilte, dauert die Behandlung von Admiral Vesus länger, als Doktor Baldios ursprünglich gedacht hatte. Ich werde ihm aber sagen, dass Admiral Versus dich sofort anrufen soll, sobald er aufwacht.«

»Das ist doch nur ein Trick! Ich verlange sofort, mit Vesus zu sprechen! Ein weiteres Mal werde ich mich nicht wiederholen.«

»Das ist kein Trick. Wenn du mir nicht glaubst, komm zur Krankenstation und vergewissere dich selbst.«

»Keine Sorge, das werde ich. Hier das Interkom!«

»Ähm hier ist wieder Rotus, Carilla und Falcus sind unterwegs.«

»Danke das weiß ich auch so!« schrie Imagi zurück.

Er beendete das Gespräch und schon tat es ihm wieder Leid, dass er Rotus angeschrien hatte. Doch leider konnte er sich darüber keine Sorgen machen, denn in wenigen Minuten sollten Falcus und Carilla eintreffen.

»Wie lange wird es noch dauern, bis er wieder fit ist?«

»Ich weiß es nicht genau. Doch ich vermute mal, dass es noch mindestens fünf bis zehn Minuten dauern wird.«

Verdammt! Mir muss etwas einfallen, um uns Zeit zu verschaffen. Da fällt mir etwas ein …

»Identifikation Imagi 2386, Sondercode Delta Epsilon Zero.«

»Sicherheitsidentifikation Delta Epsilon Zero für Kommandant Imagi anerkannt. Erwarte weitere Anweisungen.«

»Ich brauche den genauen Standort von Falcus und Carilla.«

»Falcus und Carilla befinden sich in Antigravschacht vier auf dem Weg nach Deck acht.«

Gut dann haben wir noch eine Chance.

»Wo ist ihre genaue Position?«

»Zwischen Deck fünf und Deck sechs.«

»Verschlusszustand für Antigravschacht vier herstellen. Sämtliche Zugänge blockieren. Dauer fünf Minuten. Befehl nach Ausführung löschen.«

Es dauerte einige Sekunden, bis der Computer den Befehl bestätigte.

»Befehl ausgeführt, Memoryfunktion deaktiviert, Aufzeichnung gelöscht!«

»Gut das verschafft uns etwas Zeit. Wie sieht es aus?«

Baldios kam hinter einer Konsole hervor, an der er anscheinend Vesus Zustand kontrolliert hatte.

»Sein Körper ist zu dreiundsiebzig Prozent entgiftet.«

»Das muss schneller gehen, wenn die hier sind und ihn so sehen, drehen die erst recht durch.«

»Ich denke ich habe da eine Idee. Mediosyntronik, aktiviere das Quarantänefeld um Behandlungsliege drei.«

»Befehl bedarf einer Kommandoautorisierung.«

»Medizinischer Code Alpha sieben drei, Autorisation Chefarzt Baldios.«

»Befehl wird ausgeführt.«

Mit einem leisen Summen baute sich ein undurchsichtiges Energiefeld auf und verbarg Vesus.

»Ich werde mir einen Schutzanzug anziehen, um unsere Scharade etwas authentischer zu gestalten.«

»Gut, aber beeile dich, die werden bald hier sein.«

Baldios zog sich um und betrat das Feld. Und wie sich zeigte keine Sekunde zu früh, denn nur drei Minuten später stürmten Falcus und Carilla wutschnaubend in die Krankenstation.

»Wo ist er?«

»Wie ich dir bereits mehrfach sagte, befindet sich Vesus in Behandlung bei Doktor Baldios.«

»Wieso ist er in Behandlung?«, fragte Carilla in seinem üblichen herablassenden Tonfall. »Gestern ging es ihm noch hervorragend.«

»Doktor Baldios untersucht ihn gerade, wenn er das Feld wieder verlassen hat, wird er dir deine Fragen bestimmt gerne beantworten. Ich verstehe leider nicht so viel von Medizin.«

»Gut wir warten!«, sagte Falcus und setzte sich in Baldios Büro auf dessen Stuhl.

Nach einigen Minuten des Schweigens kam Baldios aus dem Feld und sah recht mitgenommen aus.

»Er ist über den Berg. Ich habe eine Blutwäsche vorgenommen, er wird in einigen Minuten aufwachen und dann wird er mit euch sprechen können. Ich hoffe, dass dich das zufrieden stellt Falcus«, endete Baldios.

»Na endlich. Was hatte er denn?«

»Ich habe ein Retrovirus, das nur bestimmte Personen befällt, gefunden und um deine nächste Frage vorweg zu beantworten, ich habe es vernichtet. Es geht also keine Gefahr mehr davon aus. Ich werde mich dann umziehen.«

Baldios verließ den Raum und verschwand in einer Umkleidekabine. Er ließ sich sehr viel Zeit und Imagi vermutete, dass er Vesus noch ein wenig mehr Zeit zum Erholen geben wollte. Nach zehn Minuten kam er wieder zurück und wie zu erwarten war, drängte ihn Falcus sofort das Feld zu deaktivieren, damit er endlich mit Vesus sprechen konnte. Baldios befolgte den Befehl und nach wenigen Sekunden kam Vesus zum Vorschein. Er lag auf dem Bett und schlief. Baldios weckte ihn und Vesus erwachte langsam. Er sah sich um. Als er Falcus wutverzerrtes Gesicht sah, erhob er sich und setzte sich aufrecht hin.

»Guten Tag Falcus. Wie Doktor Baldios mir vorhin kurz mitgeteilt hat, bist du hier, um mich zu besuchen.«

»Ich bin keineswegs hier, um dich zu besuchen und das weiß er auch«, zischte Falcus gehässig und sah dabei kurz zu Doktor Baldios hinüber. Dieser lächelte verlegen und zuckte mit den Schultern.

»Oh, und wieso bist du dann hier?«

»Ich hatte dir gestern einen Befehl überbracht und hatte erwartet, dass du sofort aufbrichst. Doch stell dir meine Überraschung vor, als ich heute Morgen feststellen musste, dass dein Schiff immer noch im Orbit um Stromgarde ist.«

»Ich denke, das kann ich erklären«, mischte sich Baldios ein.

Falcus sah genervt zur Decke und drehte sich dann zu Baldios um.

»Und was hast du jetzt damit zu tun?«

Baldios zuckte kurz zusammen und räusperte sich.

»Als verantwortlicher medizinischer Offizier dieses Schiffes habe ich die Befugnis, einen Einsatz des Schiffes zu verhindern, wenn ich aus medizinischer Sicht die Einsatzbereitschaft der Besatzung für gefährdet halte.«

»Und warum, verdammt noch mal, sollte deiner Ansicht nach, die Kampfbereitschaft gefährdet sein?«

»Vesus kam gestern Abend zu mir und klagte über Schmerzen. Bei der Untersuchung stelle ich eine Infektion mit einem unbekannten Viren-Typ fest. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, ob es mir gelingen würde, den Virus zu isolieren und eine Therapie zu entwickeln. Außerdem war es absolut unklar, ob es sich um einen Einzelfall oder eine Epidemie handelt. Solange das nicht …« Baldios brach ab, als Falcus die Hand hob.

»Ich hab’s begriffen, Doktor.«

Bei DORGON, wer lässt solche Leute nur ins Militär?, dachte Falcus.

»Das freut mich.«

Falcus drehte sich wieder zu Vesus um.

»Nun, da du anscheinend wieder genesen bist, dürfte es wohl kein Problem mehr sein, deine Befehle endlich auszuführen und die Invasion zu beginnen, oder?«

Vesus rutschte vom Bett und richtete sich auf. Seine ganze Gestalt straffte sich und wieder zeigte er diesen stählernen Ausdruck, den Imagi so lange bei ihm vermisst hatte. Langsam ging er zwei Schritte auf Falcus zu und entgegnete mit angehobener Stimme:

»Pass auf, was du sagst, Falcus. Vergiss nicht, wer hier vor dir steht. Der Kaiser mag dir zwar einige Vollmachten und Befugnisse verliehen haben, aber ich hatte und habe noch immer hier und im gesamten Kaiserreich, das Oberkommando über die Raumflotte.«

Falcus ließ sich jedoch von Vesus Worten nicht einschüchtern, antwortete mit einem geringschätzigen Grinsen.

»Ich glaube du vergisst, wer hier das Sagen hat. Ich wurde von Commanus ermächtigt, um deine unfähige Politik zu beenden. Er hat mich persönlich hierher entsandt.«

»Das ist wohl wahr, doch leider hast du nicht so viel Macht, wie du denkst und scheinbar einige wesentliche Tatsachen vergessen.«

»Was willst du damit sagen?«

»Ich meine, dass ich gestern, nach deinem grandiosen Auftritt, noch mit dem Kaiser gesprochen habe. Und er teilte mir mit, dass du mir neue Befehle überbringen und die Situation für ihn einschätzen sollst. Auf meine Frage, wie du in der Befehlskette zu behandeln seiest, teilte er mir folgendes mit. Falcus hat lediglich Beobachterstatus, er ist ein zusätzliches Auge für mich. Die militärische Führung der gesamten Aktion liegt nach wie vor bei dir. Nur du bist der alleinige Oberbefehlshaber. Mache dir also keine Sorgen, mein Admiral. Du siehst also, dass du hier absolut nichts zu melden hast. Und nun nimm deinen Schoßhund und kehre auf euer Schiff zurück und beobachte die Lage. Das war ein Befehl, Herr Beobachter!«

»Ach noch etwas, Herr Beobachter. Wenn diese Aktion abgeschlossen ist, wünsche ich von dir einen detaillierten Bericht über unsere Verluste an Material und Mannschaften. Und bei jedem Einsatz, der zu einem Verlust an Menschenleben führt, wünsche ich die genaue Angabe, wer diesen Einsatz angeordnet hat.«

Falcus stand da, wie von Blitz getroffen und brachte kein Wort heraus. Vesus ignorierte ihn und wandte sich stattdessen Baldios zu.

»Ich danke dir für die schnelle Hilfe, Baldi.«

»Das ist nicht nötig, ich tat nur meine Pflicht Admiral!«

»Dennoch danke ich dir. Imagi, wir gehen auf die Brücke.«

»Jawohl, mein Oberbefehlshaber.«

Vesus und Imagi setzten sich in Bewegung und ließen Falcus und Carilla in der Krankenstation zurück. Als sich die Tür hinter uns geschlossen hatte, ließ Vesus sich plötzlich anmerken, wie fertig er eigentlich war.

Imagi musste ihn stützen und in sein Quartier bringen, wo er sich ausschlafen und erholen konnte. Danach kehrte Imagi auf die Brücke zurück und nahm Verbindung mit den zugehörigen Flottenteilen auf. Auf seine Order hin, setzte sich die Flotte in Bewegung. Die Invasion Absantha-Goms hatte begonnen. Imagi begann zu grübeln. Was würde die Zukunft bringen. Welchen Zweck sollte es eigentlich haben, immer neue Galaxien mit Tod und Zerstörung zu überziehen, nur um angeblich das glorreiche dorgonische Kaiserreich immer weiter auszudehnen. Am liebsten hätte er sich genau wie Versus volllaufen lassen, nur um das ganze Greul zu vergessen. Aber er durfte es nicht. Wenigstens er musste bei klarem Verstand bleiben.

Carilla und Falcus hatten das Schiff währenddessen schon verlassen, und setzten die Angriffe auf Stromgarde fort.

»Hier ist wieder Linda Lagas für Inselnet. Wie wir vor kurzem erfahren haben, ist Admiral Versus, der Oberkommandierende der dorgonischen Flotte, aufgebrochen, um die Galaxie Absantha-Gom zu befreien. Er wird dort humanitäre Hilfe leisten und den hungernden Wesen neue Hoffnung bringen. Das Kommando über die Operation Stromgarde hat nun sein bisheriger Stellvertreter Carilla. Er wird unterstützt von Falcus, dem Botschafter des Kaisers Commanus. Da die Verhandlungen mit den Rebellen keinen Erfolg hatten, wird Carilla, wie uns mitgeteilt wurde, eine andere Politik als sein Vorgesetzter verfolgen. Er ist mehr für den direkten Weg und greift die Rebellen offen an. Die Schutzschirme der Festung halten zwar noch, doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich ergeben, oder die Dorgonen die Festung stürmen werden. So viel für den Augenblick. Und hier noch ein kleiner Programmhinweis. Wenn sie mehr über Admiral Carilla und die Galaxien Absantha-Gom sowie Absantha-Tschad erfahren möchten, bleiben sie auf unserem Programm. Im Anschluss an diese Sendung senden wir zwei Reportagen, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und verabschiede mich. Und denken Sie immer daran, das Quarterium mit unserem glorreichen Imperatore de la Siniestro, wacht über unser Wohlergehen und verhindert, dass das Terroristenpack unsere geliebte Heimat Cartwheel in das gleiche Chaos verwandelt, wie die Galaxie Siom Som.«

 

Kapitel 11 – SIEG?

13. Juli 1305 NGZ (morgens)

»Nein, Carilla, der Einsatz einer Arkon-Bombe darf nur unser letzter Ausweg sein. Die politischen Auswirkungen dürften verheerend sein, wenn bekannt wird, dass wir nur wegen einiger Terroristen einen ganzen Planeten in eine Sonne verwandeln. Außerdem wäre dem Kaiser daran gelegen, zumindest diesen selbst ernannten somerischen Freiheitshelden Mok einschließlich einiger USO-Verbrecher lebend in die Hände zu bekommen. Dann könnten wir ein wunderbares Tribunal veranstalten, um die Rechtmäßigkeit unseres Vorgehens vor der gesamten Öffentlichkeit ein für alle Mal klarzustellen.«

»Ich muss dich darauf hinweisen, Exzellenz, dass, wenn wir nur konventionelle Waffen einsetzen, tausende von dorgonischen Soldaten das Leben verlieren würden. Die Verteidigungsanlagen der Festung sind einfach zu stark, dass man sie einfach ausschalten kann.«

»Na, und? Was ist mit dir los, Carilla? Ich hatte angenommen, dass du aus anderem Holz geschnitzt bist, als dieser Weichling Vesus. Ich hatte sogar in Betracht gezogen, dich dem Kaiser als Nachfolger vorzuschlagen. Aber scheinbar habe ich mich geirrt. Wenn es ernst wird, dann ziehst du den Schwanz ein.«

»Ich, ich … Ich werde mich persönlich mit meiner Leibgarde um die Sache kümmern. Sie werden sehen Exzellenz, dass sie sich in mir nicht getäuscht haben. Der Kaiser kann sicher sein, dass ich nötigenfalls mein Leben für die Ehre Dorgons einsetzen werde.«

»So gefällst du mir schon besser, Carilla. Ich erwarte alsbald die Meldung, dass das Problem Stromgarde im Sinne des Kaiserreiches erledigt ist. Und Carilla, ein Versagen kann durch den Kaiser nicht toleriert werden. Entweder bringst du mir diesen somerischen Vogel samt seinen USO-Verbündeten, oder du kannst dir gleich die Mündung deines Strahlers an den Kopf halten.«

Falcus kehrte zu seinem Schiff zurück während Carilla mit seiner Leibgarde auf dem Planeten landete. Gleichzeitig aktivierte er die letzten Reserven. Doch nun zeigte sich, dass seine ursprüngliche Einschätzung richtig war. Die Verteidigungsanlagen der Festung richteten unter den landenden Dorgonen ein Blutbad an. Carilla verlor über ein Drittel seiner Landungstruppen. Schließlich errichtete er einen stark gesicherten Brückenkopf, und stellte aus seiner Leibgarde und einigen Elitesoldaten eine Spezialeinheit zusammen. Anschließend rief er die Kommandeure zusammen, um eine Einsatzbesprechung abzuhalten.

»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. So geht es nicht weiter. Die Rebellen schießen uns ab wie Tontauben. Wir müssen den Schirm der Festung knacken, koste es, was es wolle. Wie mir der persönliche Gesandte des Kaisers, Legat Falcus mitteilte, erwartet der Kaiser, dass wir dieses Rebellennest schnellst möglichst ausheben. Der Kaiser legt äußersten Wert darauf, einige Rebellen lebend in die Hände zu bekommen, um ein Exempel zu statuieren. Darum verbietet er den Einsatz von Arkonbomben. Deshalb müssen wir den Schutzschirm mit konventionellen Mitteln ausschalten, und das ist eure Aufgabe. Ihr seid die Elite der glorreichen dorgonischen Armee. Ich persönlich werde euch zum Sieg führen. Für den Kaiser und die Ehre des Kaiserreiches. Sieg oder Tod.«

Einzelne Hochrufe wurden hörbar, aber die meisten Kommandeure reagierten nicht. Ihnen war klar, dass Carilla sie auf ein Himmelfahrtskommando schickte.

Carilla zog nun sämtliche schweren Panzer und mobile Geschützstellungen zu einem Belagerungsring um die Festung zusammen. Die Panzer igelten sich ein, und verstärkten durch Strukturüberlappung ihre Schutzschirme. Dadurch konnten sie zwar direkte Treffer überstehen, hatten jedoch ihre Beweglichkeit eingebüßt. Carilla übernahm von einem rückwärtigen Gefechtsstand, der sich außerhalb des direkten Wirkungskreises der Festungsgeschütze befand, die Koordination des Angriffes. Die Positronik des Kommandopanzers hatte drei Punkte errechnet, die in den Wirkungsvektoren der Panzer und mobilen Geschützstellungen lagen. Nachdem die Zielkoordinaten übertragen wurden, begann um Punkt 11:00 Uhr planetare Ortszeit der Weltuntergang. Aus tausenden von Strahlengeschützen aller Kaliber zuckten Strahlenbündel auf den Schutzschirm der Festung zu und trafen sich in drei berechneten Punkten. Dort brachten sie den Schirm zum Aufglühen. Überschlagsentladungen, die in allen Farben des Regenbogens schimmerten, wurden in die Atmosphäre abgestrahlt. Doch der Schutzschirm hielt. Die Verbindung aus dorgonischer Beutetechnik und alter Technologie der Ewigen Krieger hielt auch dieser Belastung stand.

In seinem Kommandostand tobte Carilla. Er drohte, alle Kommandeure wegen Unfähigkeit und Subordination vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen. Doch es nütze nichts. Die Feldstärke des kombinierten Schutzschirmes war der Feuerkraft von Carillas Einsatztruppen gewachsen.

Ein junger Ordonnanzoffizier meldete sich schließlich und versuchte die Aufmerksamkeit des tobenden Kommandeurs zu erhalten.

»Admiral Carilla, ich habe da eine Idee …«

Carilla fuhr herum und stierte den jungen Offizier böse an.

»Wenn du nicht gleich die Klappe hältst, versetze ich dich an die vorderste Frontlinie.«

»Aber Admiral, ich habe tatsächlich eine Idee. Bitte höre mich an.«

Carilla beruhigte sich etwas.

»Gut, lass mal deine Idee hören, vielleicht ist sie tatsächlich brauchbar.«

»Ich habe die uns durch die Panzer und Geschützstellungen zur Verfügung stehende Leistung unserer Strahlengeschütze mit der Belastungsgrenze des Schutzschirmes der Festung …«

»Wenn du nicht gleich mir in einfachen Worten deine Idee erklärst, dann …«

»Admiral, kurz gesagt, die Feuerkraft aller Geschütze und Panzer reicht nicht aus, um den Schirm zu überlasten. Leider können wir die Schiffsgeschütze nicht einsetzen, da uns die Überschlagsentladungen selbst gefährden würden. Wenn wir statt dessen jedoch einige Raumtorpedos mit Fusionsladungen einsetzen würden und den Einschlagzeitpunkt mit dem Beschuss unserer Thermostrahlgeschütze koordinieren würden, könnte der Schirm an einer Stelle überlastet werden.«

»Das ist tatsächlich eine vorzügliche Idee.« Carilla verzog sein Gesicht zu einem hässlichen Grinsen. »Und um dir meine Anerkennung auszudrücken, wird du den Befehl über die Kommandoeinheit Alpha erhalten und die Ehre haben, den Vorstoß zu führen. Abtreten!«

Der völlig verdutzte Offizier verließ den Kommandostand, während Carilla sich mit seinem Stellvertreter auf seinem Flaggschiff verbinden ließ und ihm »seinen« genialen neuen Plan erklärte. Kurz darauf gingen einige Adlerschiffe in ein stationäres Orbit, und machten zwanzig Raumtorpedos mit Fusionssprengköpfen startklar. Carilla hatte kurzerhand die errechnete Zahl an Sprengköpfen verdoppelt. Der Countdown zum Untergang Stromgardes hatte begonnen.

Carilla ließ die Koordination des kombinierten Feuerschlages von der Zentralpositronik seines Flaggschaffes übernehmen. Gleichzeitig wurden speziell ausgewählte Einsatzteams in vorgezogenen Stellungen positioniert, um eine eventuelle Strukturlücke des Schutzschirmes ausnutzen zu können. Und um 11:45 Uhr begann der Feuerschlag.

Zwanzig Raumtorpedos und unzählige Wirkungstreffer der Thermogeschütze bündelten ihre Energie in einem Punkt. Und über Stromgarde öffnete sich der Höllenschlund. Aber er verschlang nicht die Festung, sondern den größten Teil von Carillas Einsatzteams. Über der Festung riss der Hyperraum auf. Gewaltige Entladungstrichter rissen Felsen, Erde und Menschen ins Nichts. Doch Carilla hatte sein Ziel erreicht. Auf einer Breite von etwa hundert Metern riss der Schutzschirm auf. Zwar funktionierte die alte estardische Supertechnik der Energieableitung in den Hyperraum, aber den thermischen Gewalten, die im unmittelbaren Einschlagsektor der Fusionsbomben lagen, war die dorgonische Technik nicht gewachsen. Doch von den ursprünglich für den Einsatz vorgesehenen Truppen, war nur noch etwa ein Viertel einsatzfähig. Der größte Teil war durch die Überschlagsentladungen getötet oder in den Hyperraum gerissen worden.

Zur gleichen Zeit in der Festung

»Was ist los, Mister Scorbit?«, fragte Sam.

»Den Dorgonen ist es gelungen, eine stabile Strukturlücke zu erschaffen. Sie haben ein Einsatzkommando durch den Schild geschickt.«

»Was? Und wie weit konnten sie eindringen?«

»Nicht weit, unser Außenkommando aus USO-Spezialisten und Elfahdern hat sie gestellt und versucht gerade, sie zurückzudrängen. Sind die Einsatzkommandos alarmiert?«

»Ja, sie bilden gerade eine zweite Verteidigungslinie, falls es den Dorgonen gelingen sollte, noch mehr Truppen durch den Schutzschirm zu schicken.«

»Mister Scorbit, wir erhalten gerade eine Nachricht von unserem Gruppenführer. Die Dorgonen sind alle tot.«

Jubel und Beifall brachen im Kommandoraum aus. Jan gebot jedoch sofort Ruhe.

»Richten Sie bitte der Truppe meine Glückwünsche aus.«

»Fürs Erste scheinen wir gewonnen zu haben.«

»Ja, doch da Carilla jetzt das Kommando hat, wissen wir nicht, was als Nächstes passiert. Bei Vesus konnte man sich wenigstens sicher sein, dass er sich an den soldatischen Ehrenkodex hält. Aber Carilla ist nur ein brutaler Schlächter.«

»Ja da haben Sie leider Recht, Sam. Da haben Sie recht …«

Zur gleichen Zeit in Carillas Kommandostand

»Was soll das heißen, sie sind alle tot?«

Der junge Funkoffizier sah Carilla verängstigt an und zuckte mit den Schultern.

»Ich weiß nicht. Ich erhalte keine Signale mehr.«

»Ich dreh hier noch durch! Kann, denn hier nicht einmal etwas so funktionieren, wie ich es geplant habe?«

Niemand antwortete. Alle starrten Carilla nur verängstigt an.

Carilla überlegte. Nun gut, sein Versuch die Festung durch Bodentruppen zu erobern, war gescheitert. Aber die Aktion hatte gezeigt, dass das Schirmfeld der Festung nicht unüberwindlich war. Er wies die Reste seiner Landungstruppen an, sich aus dem unmittelbaren Umfeld des gegnerischen Stützpunktes zurückzuziehen.

Er stellte eine Verbindung mit seinem Flaggschiff her.

»Ich komme in wenigen Zeiteinheiten an Bord. Bereitet eine Konferenzschaltung mit den Kommandanten der Schlachtschiffe der Dorgon-Klasse vor. Ich will sie, sobald ich an Bord bin, auf dem Schirm haben.«

Carilla erreichte wenig später an Bord seiner Fähre das Flaggschiff.

In der Kommunikationszentrale war die gewünschte Verbindung zu den Kommandanten bereits hergestellt.

Carilla erklärte, dass er nun den Schutzschirm durch den kombinierten Einsatz von Torpedos und Bordwaffen zerstören wollte. Wenn man Glück hatte, würde es vielleicht einige Überlebende geben, die man dann dem Kaiser vorführen konnte.

Eine Stunde später begann das Finale. Die Adlerschiffe der Dorgonklasse schickten Torpedosalve um Torpedosalve in den Schutzschirm, während gleichzeitig mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Strahlengeschützen gefeuert wurde. Aber noch hielt der Schirm.

Zentrale der Rebellen auf Stromgard

»Wie sieht es aus, Mister Scorbit?«

»Sam, so langsam bekommen wir Probleme. Dieser Schlächter scheint Ernst zu machen. Der letzte Angriff hat unsere Schirmgeneratoren überlastet. Wenn die Dorgonen es schaffen ihre gesamte Feuerkraft auf einen Punkt zu konzentrieren, sind wir am Ende. Die dorgonische Komponente des Schirmsystems wird durch die thermischen und hyperphysikalischen Effekte überlastet, die Synchronisation mit der alten Technik der Pterus ist anfällig. Wir hatten zu wenig Zeit, die beiden Systeme anzupassen. Wenn man jedoch beachtet, was Carilla alles gegen uns einsetzt, ist diese Schutzschirmkombination jeder bekannten Technik überlegen.«

Plötzlich war ein fernes Grollen hörbar. Die Wände begannen wie bei einem Erdbeben zu schwingen. Ein schrilles Kreischen am Rande des Ultraschallbereiches peinigte das Gehör. Vor allem die Elfahder waren davon betroffen.

»Was ist denn das? Was ist los?«, fragte Sam aufgeregt.

»Das ist der nächste Angriff.«

Scorbit studierte die Telematik.

»Sam, sie haben sich komplett aus dem Umkreis der Festung zurückgezogen. Der Angriff wird allein durch die Adler der Dorgon-Klasse durchgeführt. Die beschießen uns mit allem, was sie haben.«

Tyler meldete sich.

»Noch ein oder zwei solcher Feuerschläge und die Schirmstaffel gibt den Geist auf. Unser Glück war bisher, dass die Dorgonen einfach zu blöd sind. Carilla lässt seine Schiffe völlig unkoordiniert feuern. Wenn er die Taktik des letzten Angriffes wiederholt und die gesamte Feuerkraft auf einen Punkt konzentriert hätte, wären wir jetzt schon Geschichte.«

Gal’Arn meldete sich zu Wort: »Jaktar, mach die TERSAL stattklar. Jonathan, mach ein Backup unserer Forschungsergebnisse bezüglich der Schutzschirmkombination. Diese Technik müssen wir unbedingt sichern. Sie könnte später kriegsentscheidend werden, wenn es uns gelingt, den Energieverbrauch zu reduzieren.« Dann wandte er sich an Sam.

»Wir sollten die Flucht versuchen.«

»Also gut, Gal’Arn, alle Führungstruppen sollen an Bord der TERSAL gehen. Die Truppen sollen in die Transporter. Wir werden die ganze Festung sprengen und versuchen, mit der TERSAL und den restlichen Schiffen den Belagerungsring zu durchbrechen. Hier kann uns nur noch ein Wunder retten, und ich glaube nicht an Wunder. Vielleicht können wir jedoch das Überraschungsmoment nutzen.«

Jan Scorbit gab die Evakuierungsbefehle an die Einsatzgruppen weiter. Plötzlich meldete sich der Funkoffizier.

»Irgendjemand ruft uns. Und es ist nicht Carilla!«

»Exzellenz Falcus, unsere Fernorter registrieren diverse Hyperraumereignisse.«

»Was? Was soll das heißen, wir erwarten doch keine weiteren Schiffe.«

»Die Ortung zeigt an, dass soeben eine riesige Flotte aus dem Hyperraum ausgetreten ist. Und es handelt sich nicht um unsere.«

»Von wem ist sie dann?«

»Die Energiemuster weisen auf saggittonische, terranische und einige nicht identifizierbare Typen hin.«

»Was? Und wie viele?«

»Etwa zehntausend.«

Falcus stand wie von Donner gerührt auf der Brücke und starrte das Bild auf dem Hauptbildschirm an, das gerade die angekommene Flotte zeigte.

»Zehntausend Schiffe? Stelle sofort eine Verbindung mit Carilla her.«

»Ja, sofort. Ähm, Falcus?«

»Ja, was ist, steht die Verbindung mit Carilla schon?«

»Ähm, nein, aber der Kommandant der Flotte ruft uns.«

»Was? Ähm … Gespräch auf meinen Schirm.«

Das Bild auf den Monitor wechselte und zeigte nun einen jungen Mann in einer weißen Uniform.

»Mein Name ist Aurec, ich bin der Regent des saggittonischen Reiches und verlange, dass sich Ihre Flotte und die Einheiten auf dem Planeten sofort zurückziehen.«

Falcus war vollkommen perplex über diese Begrüßung des Neuankömmlings.

»Ähm, ich bin Falcus, oberster Botschafter des dorgonischen Kaiserreichs …« Falcus brach ab, als Aurec ihm ins Wort fiel.

»Sie sind nicht der kommandierende Offizier dieser Operation! Ich verlange sofort, mit Carilla zu sprechen.«

»Woher …? Na, egal. Carilla ist gerade beschäftigt. Ich fürchte Sie müssen mit mir vorlieb nehmen.«

Falcus drehte den Kopf zur Seite und sah zu seinem Funkoffizier hinüber, der mit Handbewegungen seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Dann wandte er sich wieder Aurec zu.

»Warten Sie einen Moment.«

Aurec stimmte zu. Dann wurde der Kanal geschlossen und Falcus konnte nun mit seinem Funkoffizier sprechen.

»Was gibt es denn so Dringendes, dass du mich während des Gesprächs unterbrechen musst?«

»Carilla ruft uns vom Planeten.«

»Ah gut, stell ihn durch.«

Carilla erschien auf dem Bildschirm und sah nicht besonders glücklich aus.

»Falcus was geht da vor? Meine Ortung zeigt mir, dass eine fremde Flotte aus dem Hyperraum getreten ist.«

»Ja das ist korrekt und ich habe auch bereits Verhandlungen mit ihnen aufgenommen.«

»Du hast was? Wenn hier einer Verhandlungen führt, dann bin ich das. Verstanden?«

»Ich bin genauso befugt Verhandlungen zu führen wie du, also spiele dich nicht so auf. Aber da du so erpicht darauf bist, die Verhandlungen zu führen übergebe ich dir gerne die Verantwortung. Ach fast hätte ich es vergessen. Auf der anderen Leitung befindet sich der Kommandant der feindlichen Flotte. Sein Name ist Aurec.«

»Aurec? Der saggittonische Kanzler?«

»Ich denke es wird genau der sein, den du meinst.«

»Gut, verbinde mich mit ihm.«

»Wie du willst. Und viel Spaß!«

Falcus schloss den Kanal und ließ Carilla mit Aurec verbinden. Der Schirm teilte sich, auf der linken Seite erschien Carilla und auf der rechte erschien Aurec. So konnte Falcus das Gespräch mitverfolgen, ohne selbst daran teilzunehmen.

»Höre genau zu, Carilla. Wie ich deinem Beamten schon mitgeteilt habe, verlangen wir, dass sich eure Flotte aus dem Orbit des Planeten zurückzieht.«

»Welchen Grund sollte ich haben, dass ich auf deine Forderung eingehe?«

»Ich kann dir zirka zehntausend Gründe im Orbit des Planeten nennen. Das sollte wohl auch dir genügen.«

»Du glaubst, du könntest hier mit ein paar Schiffen auftauchen und von mir verlangen, dass wir uns zurückziehen?«

»Ja, genau das glaube ich. Und es gibt auch etwas das ich sogar ganz sicher weiß, mein lieber Carilla.«

»Und was wäre das?«

»Ich weiß, dass wir euch im Verhältnis zwei zu eins überlegen sind und dass eure Verstärkung mindestens zwei Tage braucht, bis sie hier ist.«

Carillas Miene versteinerte sich und er kämpfte mit seiner Fassung.

»Wieso? Wieso mischt Ihr Euch, hier ein, Aurec? Das geht Euch nichts an!«

Aurec lächelte.

»Es geht um die Freiheit von mehreren Galaxien, um das Leben tapferer Wesen, die für Freiheit und Frieden kämpfen. Die estartischen Völker haben uns schon einmal geholfen, nun helfen wir ihnen. Euer gnadenloser Feldzug wird sich nicht mehr so fortsetzen lassen, Carilla!«

»Wir werden uns zurückziehen. Aber nur unter einer Bedingung. Ich verlange die sofortige Auslieferung Elgalars.«

Aurec ließ die Worte ein wenig auf sich wirken und antwortete dann.

»Ich werde mich zuerst mit meinen Alliierten auf dem Planeten beraten. Vorher muss ich aber darauf bestehen, dass sich eure Bodentruppen sofort zurückziehen.«

Carilla sah ihn verärgert an, stimmte aber zähneknirschend zu.

Es dauerte gut fünf Stunden, bis der letzte dorgonische Soldat den Planeten verlassen hatte. Als die letzten Transporter an den Schiffen angedockt hatten, ließ Aurec einen Großteil seiner Flotte zwischen dem Planeten und der dorgonischen Flotte positionieren. Danach rief er die Festung.

»Sir, es ist Aurec!«

»Was? Wie …? Stell ihn durch …«

Sekunden später erschien Aurec auf dem Hauptschirm.

»Hallo Jan, ich hoffe wir kommen noch rechtzeitig.«

Jan fiel ein Gebirge vom Herzen, als er den alten Freund sah.

»Ja, das seid ihr. Wie kommst du hier her?«

»Ich bin mit einer Flotte hier.«

»Aurec, sag mir jetzt bitte nicht, dass du wegen uns einem Krieg mit den Dorgonen angefangen hast!«

»Ich fürchte, dass ich genau das getan habe.«

»Hast du vergessen, dass die Dorgonen mit dem Quarterium und den Arkoniden einen Kaiserpakt haben. Somit hast du …«

Jan stoppte, als Aurec die Hand hob und ihm so zeigte, dass es genug war.

»Ich habe es nicht vergessen.« Er deutete auf eine Frau. »Das ist Elyn. Sie ist vom Volk der Alysker. Die Alysker sind wohl ein Hilfsvolk von DORGON. Sie hat mir auch zu dieser Aktion geraten. Es scheint also so, als ob das Gelingen Eurer Mission von kosmischer Bedeutung ist. Ich habe Carilla zu einem Waffenstillstand zwingen können, bezweifle jedoch, dass wir sehr viel Zeit haben. So wie ich ihn einschätze, hat er schon Verstärkung angefordert.«

»Hat er sich aus dem System zurückgezogen?«

»Ja, es ist ihm nichts anderes übrig geblieben. Sobald die Landungstruppen vollständig abgezogen sind, werden ich und ein Team auf den Planeten kommen. Dann können wir uns ausführlich unterhalten. Ach und noch etwas. Er verlangt, dass wir ihm Elgalar ausliefern.«

»Diesen Transvestiten kann er gerne haben, der hat uns sowieso nur Ärger gemacht.«

Aurec musste über diese Bemerkung kurz lachen und verabschiedete sich dann. Er sagte noch einmal, dass er sich auf den Planeten begeben würde, sobald die Dorgonen sich zurückgezogen hatten.

Dann beendete Aurec das Gespräch.

Kurz danach traf sich Jan mit den anderen und beriet die Situation. »Nach der Evakuierung sprengen wir die Festung. Danach würden sie mit Aurec nach Erendyra fliehen, um den Widerstand neu zu organisieren.«

Wenige Stunden später landete Aurec mit einem Beiboot seines Flagschiffes auf dem Planeten. Er stieg aus und wurde schon sehnlichst erwartet. Mit ihm kamen der Kommandant der SAGRITON, Rendera und die Alyske Elyn.

»Ich freue mich dich zu sehen, Aurec«, begrüßte Sam seinen alten Freund.

»Auch ich grüße dich, mein alter Freund. Wir haben leider nicht viel Zeit. Unsere Fernortung hat festgestellt, dass sich eine Flotte von 7000 Schiffen unserer Position nähert. Noch sind wir den Dorgonen überlegen. Doch sollte diese Flotte hier eintreffen, während wir noch hier sind, na ja, dann war es das für uns.«

Während sich Aurec und Sam unterhielten, verließ eine weitere Person das Schiff. Es war Xavier Jeamour dicht gefolgt von Mathew Wallace. Jeamour ging sofort zu Sam und Aurec. Doch Mathew blieb wie angewurzelt auf der Rampe stehen und sah sich um. Dann fiel sein Blick auf die Person, die er gesucht hatte und ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus.

*

Saraah

Ich stand neben Torrinos und sah zu, wie das Beiboot mit Aurec an Bord landete. Aurec selbst, der saggittonische Kommandant der SAGRITON Rendera und eine unbekannte Frau stiegen aus der Fähre aus. Sie war hochgewachsen, trug violett schwarzes Haar und eine Art Uniform, die aber eindeutig nicht saggittonisch war.

Sruel Allok Mok und Jan Scorbit hatten sich auf dem Landeplatz eingefunden, um Aurec zu begrüßen. Nach einigen Minuten öffnete sich die Bodenschleuse und eine Rampe wurde ausgefahren. Sekunden später verließ Aurec das Schiff und ging auf Sam und Jan zu. Sie begrüßten sich herzlich und unterhielten sich miteinander. Aurec stellte die Unbekannte vor. Sie hieß Elyn und war vom Volke der Alysker, offenbar einem Hilfsvolk von DORGON.

Ich wollte eigentlich wieder in Gebäude zurückgehen, als Torrinos mich an der Schulter festhielt. Als ich ihn ansah, lächelte er und zeigte mit der Hand in Richtung Beiboot. Ich drehte mich wieder um und sah zur Rampe. Dann schien mein Herz stehen zu bleiben. Oh, ich hatte diesen Moment so herbeigesehnt. Wie lange hatte ich mir diesen Moment in meinen Träumen ausgemalt. Und jetzt stand ich nur da, und konnte mich nicht rühren. Torrinos ließ mich los und ich lief zum Landeplatz. Und nun schien Mathew mich ebenfalls gesehen zu haben. Auf seinen Lippen breitete sich ein Lächeln aus, dann setzte er sich in Bewegung und kam auf mich zugelaufen.

Er blieb kurz vor mir stehen und sah zu mir hinunter und sein Lächeln wurde immer breiter. Dann packte er mich an den Hüften und hob mich hoch. Er drehte sich einige Male um sich selbst und setzte mich wieder ab.

Ich sah ihm in die Augen und merkte, wie mir Tränen über die Wangen liefen.

»Du brauchst doch nicht weinen. Ich bin doch wieder hier.«

Mathew wischte mir mit seiner Hand die Tränen aus den Augen und lächelte mich weiter an.

»Ich bin so froh, dass du wieder hier bist. Nach eurer letzten Schlacht wussten wir nicht, was mit euch geschehen war. Und nun bin einfach wieder so froh, dass du hier bist.«

»Und deshalb weinst du? Das finde ich ja süß.«

Mathew beugte sich zu mir hinunter und küsste mich. Plötzlich hörte ich ein Jubel rufe und Applaus um uns herum. Und als Mathew und ich uns wieder trennten, sah ich, dass alle um uns herumstanden und uns zujubelten.

Aus der Menge löste sich plötzlich eine Person und kam auf uns zu. Es war Jeamour. Er legte Mathew die Hand auf die Schulter und sagte dann an mich gewandt: »Endlich ist er wieder zu gebrauchen. Die letzten Tage hindurch war er unausstehlich, denn er machte sich große Sorgen um Sie.«

»Ähm Kommandant, es wäre nett, wenn Sie so etwas nicht unbedingt vor versammelter Mannschaft erzählen würden.«

Alle fingen an, laut zu lachen und Mathew ließ wie ein begossener Pudel den Kopf hängen.

Ich nahm ihn in die Arme und drücke ihn an mich. Er hob den Kopf und grinste mir zu.

Ein Soldat verließ das Beiboot und kam auf Jeamour zugelaufen. Vollkommen außer Atem erstattet er Bericht und erklärte, dass Carilla mit dem Austausch beginnen wollte.

Jeamour entschuldigte sich und ging zum Schiff, um mit Carilla die näheren Einzelheiten zu besprechen.

Eine Stunde später landete ein kleines Transportschiff der Dorgonen. An Bord waren Carilla, Falcus und einige Soldaten. Sie landeten unmittelbar neben Aurecs Beiboot und verließen ihre Fähre. Wir scannten die Umgebung, konnten jedoch keine Ungereimtheiten erkennen. Zusammen mit zehn USO-Spezialisten brachten wir Elgalar zu den wartenden Dorgonen.

»Wie besprochen bringen wir dir Elgalar«, rief Aurec Carilla und seiner Begleitung entgegen.

»Gut, er soll zu uns herüberkommen.«

Torrinos ließ ihn los und löste das Fesselfeld, das Elgalars Bewegungsfreiheit einschränkte. Dann stieß ihn Torrinos an, um ihm zu zeigen, dass er jetzt gehen sollte. Elgalar ging langsam los und sah sich selbstzufrieden um. Erst als Carilla ihm zurief, dass er sich beeilen sollte, beschleunigte er seine Schritte. Etwa drei Minuten später war Elgalar bei Carilla und Falcus eingetroffen.

»Übrigens Carilla, nur damit du dir keine falschen Hoffnungen machst. Sobald wir den Planeten verlassen haben, werden zwei Fusionsladungen gezündet, die unsere gesamten Bunkeranlagen zerstören.«

Mit einem Fluch drehte sich Carilla um und betrat die Fähre, die kurz darauf wieder startete.

Wenige Minuten später landeten hunderte Beiboote, um die Besatzung der Festung zu evakuieren. Nach vier Stunden war die Evakuierung beendet. Und eine weitere Stunde später machte sich die gewaltige Flotte auf den Weg nach Erendyra.

 

Kapitel 12 – Schuldzuweisungen

Carilla brachte Elgalar zurück nach Som. Als er seinen Plast betrat, erlitt er einen Schock, denn auf der Treppe zu seinem Privatpalast stand Commanus und sah gehässig auf ihm hinunter.

»Hallo Elgalar. Wie ich sehe, geht es dir gut.«

»Ha … Hallo, Brüderchen. Was machst du denn hier?«

»Ich glaube, das besprechen wir drinnen.«

Elgalar ging langsam die Treppe hoch und folgte seinem Bruder in seine Prunkhalle. Commanus setzte sich an den Tisch. Elgalar folgte ihm unschlüssig und nahm schließlich gegenüber Platz.

»Soso, Elgalar! Du bist also wieder frei.«

»Ja und ich bin froh, dass du hier bist …« Elgalar brach ab, als er Commanus wutverzerrtes Gesicht sah.

»Du solltest nicht froh sein, dass ich hier bin. Denn du bist schuld, dass diese verdammten Rebellen entkommen sind.«

»Aber Bruder, warum denn ich? Soviel ich weiß, hatte Carilla das Kommando und der hat, das darfst du mir ruhig glauben, keinerlei Rücksicht auf mein Leben genommen. Ich saß dort in einem unwürdigen Loch und hörte stundenlang die Einschläge seiner Bomben. Was glaubst du, wie ich mich gefühlt habe? Und dann musste ich auch noch damit rechnen, dass mich diese unkultivierten Barbaren als Geisel erschießen wollten. Und außerdem, und das scheinst du zu vergessen, waren deine unfähigen Soldaten daran schuld, dass ich entführt wurde. Es war doch wohl das Mindeste, das ich erwarten konnte, dass du mein Leben rettest, oder?«

Commanus sprang auf und war fassungslos von so viel Unverschämtheit. Mit überschlagender Stimme schrie er seinen Bruder an:

»Wir hätten dich den Rebellen zum Fraß vorwerfen sollen. Aber nein, ich musste ja aus sentimentalem Familiengefühl dein Leben retten und sie schonen.«

Mit hochrotem Kopf rannte Commanus aus dem Raum und ließ einen grinsenden Elgalar zurück. Dieser murmelte vor sich hin:

»Glaub mir, Brüderchen, sollte ich jemals in deine Lage kommen, geht die Geschichte etwas anders aus. Kaiser Elgalar der Große, ja das hört sich wirklich gut an …«

 

Kapitel 13 – Gewissensbisse

Der Kampf war vorüber. Aurec hatte es tatsächlich geschafft. Die Rebellen und USO-Agenten waren vorerst gerettet. Die dorgonische Streitmacht hielt Wort. Offensichtlich scheute Carilla einen offenen Konflikt mit Saggittor. Anders erklärte sich Aurec das plötzliche Einlenken nicht. Zahlenmäßig war die saggittorische Flotte den Dorgonen zwar überlegen, aber wenn Carilla sie in eine Raumschlacht verwickelt hätte, wäre der Ausgang sehr ungewiss gewesen.

Zufrieden lehnte er sich im Sessel zurück und starrte an die Decke. Nur fünf Minuten wollte er sich ausruhen. Fünf Minuten der Stille. Die Tür glitt mit einem leisen Zischen auf. Er seufzte. Das war wohl nichts mit den fünf Minuten, dachte sich der Saggittone und blickte zum Besucher. Zu seiner Verwunderung war es die Alyskerin Elyn. Ihr Anblick war eine Wohltat. Ihr engelsgleiches Gesicht hätte sich Aurec stundenlang anschauen können. In ihren großen violett blauen Augen spiegelte sich die Beleuchtung.

»Was kann ich für dich tun, Elyn?«

Sie lächelte und nahm im Sessel neben ihm Platz.

»Du hast heute Großes vollbracht. Du hast die Freiheitskämpfer vor ihrem Ende bewahrt.«

»Danke«, sagte Aurec geschmeichelt. »Aber damit ist der Krieg nicht gewonnen. Ich fürchte, es wird jetzt richtig losgehen.«

Sie sah ihn fragend an. Ihre Augen funkelten. Aurec verlor sich in ihrem Blick. Elyn war von einer natürlichen Schönheit, die ihres gleichen suchte im Universum. Aurec bemerkte, dass sie ihn jetzt verdutzt ansah. Er räusperte sich, lachte verlegen und wurde wieder schlagartig ernst, als er an das Thema dachte.

»Wir stehen kurz davor den Dorgonen den Krieg zu erklären. Tausende saggittonischer Schiffe werden dann bald in den estartischen Galaxien kämpfen. Das allein ist schlimm, denn viele meiner Landsleute werden sterben.«

»Jeglicher Tod ist bitter«, bestätigte Elyn. »Doch für eine gute Sache sein Leben zu lassen, ist besser, als für eine schlechte Sache sein Leben zu behalten.«

Aurec dachte darüber nach. Die Worte waren einfach und logisch, doch es war alles viel komplizierter. Mit diesen schönen Worten tröstete man nicht die Hinterbliebenen der Gefallenden. Aber es gab in der Tat keine andere Wahl. Aurec – nein, das Volk der Saggittonen, wollte nicht hinweg schauen über die Tyrannei durch die Dorgonen. Er musste die estartischen Völker befreien. Es war die Pflicht jedes in Freiheit lebenden Wesens, dafür Sorge zu tragen, dass Unterdrückte auch in Freiheit leben würden. Jemand, der eine Unterdrückung tolerierte oder aus Angst vor eigenen Nachteilen diese duldete, war kaum besser, als der Unterdrücker selbst.

»Nun, der Krieg wird ungeahnte Ausmaße annehmen«, sagte Aurec schließlich. »Das Quarterium hat einen Beistandspakt mit Dorgon. Wenn wir den Dorgonen den Krieg erklären und einen Angriffskrieg führen, wird das Quarterium ihnen beistehen.«

»Dann wird es zu einem großen, intergalaktischen Krieg kommen. Mein Vater hat das vorausgesehen, DORGON wahrscheinlich auch. Aber er wird alles versucht haben, um es zu verhindern …«

Aurec zweifelte langsam an der Kompetenz von DORGON.

»Nun, und warum hilft uns DORGON nicht in dieser schweren Stunde? Oder bist du unsere Superwaffe?«

Aurec rügte sich für diese spöttische Aussage. Er wollte Elyn nicht verletzen. Ihr Gesicht wurde ernst.

»Ich bevorzuge es, keine Waffe zu sein.« Sie seufzte. »Um ehrlich zu sein, haben wir seit Jahren nichts mehr von DORGON gehört. Es war vielmehr meine Initiative, euch aufzusuchen.«

Aurec war etwas überrascht. Das machte die Sache noch finsterer, wenn sie keine Unterstützung von DORGON erwarten konnten.

»Mein Volk dient DORGON zwar seit Äonen, doch auch wir wissen nicht genau, was mit ihm ist. Was wir wissen ist, dass du von ihm auserkoren wurdest, seinen Plan von einer kosmischen Festung Cartwheel umzusetzen. Dafür musst du wieder Gerechtigkeit und Freiheit nach Cartwheel bringen.«

Aurec hielt inne und dachte über die Worte der Schönheit nach. Aus ihrem Mund klangen sie doppelt so bedeutungsvoll. Sie legte ihm eine schwere Bürde auf, auf der anderen Seite gab sie ihm Hoffnung, denn sie setzte Vertrauen in ihn.

»Du verlangst, dass ich einen Krieg führe, den wir vielleicht nicht gewinnen können«, sagte er immer noch etwas skeptisch. Elyn schenkte ihm ein Lächeln und nahm seine Hand. Aurec wurde ganz anders bei der Berührung. Er rief sich Kathy in seine Gedanken. Es war noch nicht lange her, seitdem sie wieder zusammen war. Ihr sollte eigentlich seine Liebe gelten. Das tat es auch, doch Elyn war von solch einer Reinheit, einer natürlichen Schönheit, dass es wohl jedem menschlichen Mann im Universum schwer fallen würde, sich nicht in sie zu verlieben.

»Du hast die Kraft, dies zu schaffen. Deine Freunde und Gefährten haben es auch. Natürlich wird dieser Kampf hart und düster werden, doch gemeinsam werden wir für die Freiheit obsiegen.«

»Wirst du an unserer Seite stehen?«

»Ja, das werde ich. Bis zum Sieg oder Ende.« Sie hielt kurz inne und sah scheinbar bedrückt auf den Boden. »Mein Vater sieht es nicht gerne. Er denkt, dass ihr Sterblichen nicht das bewirken könnt, wozu wir auch nicht in der Lage waren …«

»MODROR zu bezwingen? Darum geht es doch. Dorgon und das Quarterium sind doch bloß Hindernisse.« Aurec seufzte. »Die eigene Ignoranz der Menschen arbeitet MODROR in die Tasche. Nur zu gut, dass er nach der Niederlage im HELL-Sektor wohl von uns abgelassen hat.«

Elyn schüttelte den Kopf.

Aurec begriff, dass sie mehr darüber wusste, als er. Offenbar war MODROR nicht so untätig, wie er es gehofft hatte.

»Was weißt du?«

»Ich könnte jetzt orakeln, aber im Grunde genommen weiß ich auch nicht viel. MODROR ist nicht untätig. Seine Söhne des Chaos sind aktiv. Nur weiß ich nicht, was sie genau im Moment tun. Vielleicht sind sie an der Entwicklung Dorgons und Cartwheels auch nicht ganz unbeteiligt.«

Aurec lehnte sich zurück. Dieser Gedanke war ihm noch nicht gekommen. Die Tatsache, dass Dorgon einen Invasionskrieg führt und sich das Quarterium als neue große Macht fühlt, spielt tatsächlich MODROR in die Hände, denn es schwächt die Koalition der DORGON-Anhänger.

Aurec bezweifelte jedoch, dass er Commanus und de la Siniestro mit diesen logischen Argumenten kommen konnte. Und selbst wenn de la Siniestro ihm zustimmte, Leticron und Jenmuhs würden es niemals tun. Aurec fiel etwas anderes ein. Elyn hatte von »Sterblichen« gesprochen.

»Bist du denn unsterblich?«

Sie sah ihn mit ihren großen, violett blauen Augen an. Aurec hätte diesem Blick bis in alle Ewigkeiten standhalten können, allerdings nicht, ohne sich in sie zu verlieben. Der Saggitton dachte wieder an Kathy, rügte sich für sein Verhalten.

»Ja, ich bin jetzt mehr als zweitausend Jahre alt. Ich trage einen Zellaktivator, wie alle Alysker.«

»Du hast dich gut gehalten«, scherzte Aurec.

Elyn lachte. Sie war für eine Unsterbliche recht lebensfroh. Aurec dachte an einige griesgrämige Unsterbliche, wie einige Kemeten oder gar Kosmokraten. Elyn hatte ihre Menschlichkeit nicht verloren – ebenso wenig wie die Gefährten Rhodans. Das gefiel ihm sehr. Elyn gefiel ihm zu gut. Aurec versuchte seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Immer wieder dachte er an Kathy. Sie war die Frau, die er liebte.

»Erzähle mir mehr über dich und dein Volk. Alles ist noch sehr geheimnisvoll.«

»Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich dir alles über die Alysker berichten. Doch noch ist es nicht soweit. Konzentrieren wir uns jetzt auf die wesentlichen Dinge. Was wirst du jetzt tun?«

Aurec ließ Elyns Ausflüchte gewähren. Sie würde ihm schon alles erzählen, wenn sie bereit war. Trotzdem verstand er die Geheimnistuerei nicht ganz. In einem hatte sie jedoch recht: Er musste sich jetzt entscheiden, wie es weiterging.

»Nachdem die Rebellen Stromgarde verlassen haben und nach Erendyra fliegen, werden wir nach Cartwheel zurückkehren. Ich werde eine Flotte zusammenstellen und den Dorgonen den Krieg erklären …«

Elyn sah mich verständnisvoll an. Offensichtlich spürte sie, was in mir vorging. Der Schritt einen Krieg zu wagen, war verdammt schwer. Aber ich wusste, dass ich das Richtige tat. Die Tyrannei durfte nicht obsiegen. Die estartischen Völker mussten befreit werden. Es gab keinen anderen weg!

 

Kapitel 14 – Verhandlungen

Commanus erhielt währenddessen Besuch von Stephanie de la Siniestro, der quarterialen Außenministerin. Sie wurde von Commanus mit allen Ehren empfangen.

»Ich fühle mich äußerst geehrt, dass sie das Kaiserreich Dorgon mit ihrem Besuch beehren, Marquise de la Siniestro. Was führt sie hierher?«

»Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite Majestät. Ich wurde von meinem Vater beauftragt, dem Kaiserreich Dorgon und seinem glorreichen Herrscher die besten Wünsche des Quarteriums zu überbringen.«

»Vielen Dank, bitte richten sie dem Marquese ebenfalls meine besten Wünsche aus.«

»Das werde ich gerne tun Majestät.«

Commanus und Stephanie verließen nun den Empfangssaal der Residenz von Elgalar und zogen sich in die private Suite des Kaisers zurück. Dort eröffnete Stephanie das eigentliche Gespräch.

»Lass uns nun über den Grund meines Staatsbesuches reden.«

»Ja selbstverständlich. Wie du sicher weißt, hat sich Saggittor sich in den Krieg in Estartu eingemischt und uns damit offiziell den Krieg erklärt. Da das dorgonische Reich einen Pakt mit dem Quarterium hat, verlange ich, dass ihr uns unterstützt.«

»Eine so weitgehende Entscheidung kann ich leider nicht allein treffen. Ich muss mich zuerst mit meinem Vater beraten.«

»Aber meine Liebe. Ich verlange doch nicht, dass sich die gesamte Flotte des Quarteriums in den Krieg einmischt. Ich erbitte lediglich ein wenig Unterstützung durch meine Alliierten.«

»Wie bereits gesagt. Ich kann nicht in einen Krieg einwilligen, ohne meinen Vater davon zu unterrichten. Ich werde mich jedoch bestimmt dafür einsetzen, dass er einer Unterstützung zustimmt.«

»Dann muss ich mich fürs Erste wohl damit zufrieden geben.«

»Ja mein Kaiser, so scheint es. Und jetzt …« Stephanie machte eine Kunstpause, »Kaiserchen, ich habe da einiges über eure Feste gehört. Wie wäre es …«

Stephanie wurde durch das brüllende Gelächter von Commanus unterbrochen.

»Ich habe ja bereits einiges über dich gehör …« wieder wurde er von einem Lachanfall geschüttelt »ich schlage vor, dass du dich etwa eine Stunde geduldest, und dann, und das verspreche ich dir, wirst du unvergessliche Stunden erleben.«

Commanus fasste Stephanie besitzergreifend um die Hüften und verließ mit ihr seine Privatsuite.

 

ENDE

Aurec ist in letzter Sekunde zur Rettung der Rebellen gekommen. Im nächsten Roman eröffnen wir eine komplett neue Handlungsebene mit Alaska Saedelaere und Denise Joorn. Sie stranden im »Grünen Universum«. So auch der Titel von Band 74, geschrieben von Björn Habben und Jens Hirseland.

 

 

 

 

Kommentar

Der vorliegende Roman führt die Handlung in den Galaxien der ehemaligen (?) Mächtigkeitsballung ESTARTUs fort, in der die Dorgonen von Sieg zu Sieg schreiten. Hierbei erhebt sich natürlich auch die Frage: »Wo ist ESTARTU?«

Da der Konflikt sich auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen den Superintelligenzen DORGON und MODROR abspielt, müsste eigentlich ESTARTU daran interessiert sein, ihre eigene Mächtigkeitsballung zu schützen und dies nicht mal wieder der »Multigalaktischen Einsatzreserve« aus Terranern überlassen. Oder erleben wir hier ein weiteres Beispiel wie eine SI buchstäblich über Leichen geht, um ihre Interessen zu wahren?

Wie dem auch sei, das zur Unterstützung der estartischen Rebellen und des dorgonischen Widerstandes gebildete USO-Korps, erzielt erste Erfolge. Nur scheint mir, dass der USO-Einsatzplanung ein gewaltiger Fehler unterlaufen ist. Wie sonst ist es erklärbar, dass unsere neue alte IVANHOE die kampfstärkste Einheit des USO-Verbandes darstellt. Soweit ich weiß verfügt die USO über weit kampfstärkere Schiffe, als sie die Schlachtkreuzer der ODIN-Klasse darstellen. Zumindest zum Schutz dieser Einheiten hätten noch einige kampfstarke Trägerschiffe der ENTDECKER-Klasse eingesetzt werden müssen. Oder hat man bei der Einsatzplanung die Kampfstärke der Dorgon-Flotten sträflich unterschätzt?

Nun ich denke, dass Monkey noch einige Überraschungen für die dorgonischen Invasoren in der Hinterhand hat und das in Siom Som operierende USO-Korps nur die Vorhut der eigentlichen USO-Eingreiftruppe darstellt.

Nun, das dorgonische Kaiserreich scheint auf der ganzen Linie zu siegen und unsere Freunde können froh sein, dass sie ihr nacktes Leben retten können.

Nur gibt uns der Handlungsverlauf (ihr kennt mich inzwischen ja), Anlass zu einigen interessanten Spekulationen.

Vesus

Es wird immer klarer, dass sich des »Kaisers Admiral« innerlich immer mehr von der aggressiven Expansionspolitik seines Kaisers entfremdet. Das in Unmengen von Alkohol ertränke Gewissen ist hierfür ein gutes Beispiel.

Die Frage ist nur, reichen die Gewissenbisse aus, um ihn zum aktiven Handeln zu bewegen? Oder wird er seine Skrupel weiter in Alkohol ertränken?

Elgalar/Commanus

Auch hier scheint sich ein Konflikt anzubahnen. Elgalar scheint nicht mehr mit seiner Rolle als »Statthalter« seines Bruders zufrieden zu sein, es scheint, als fühle er sich zu Höherem berufen. Steht dem dorgonischen Kaiserhaus etwa eine Palastrevolution ins Haus?

Elyn/Aurec

Hier können wir gleich auf zwei Ebenen spekulieren. Auf der einen Seite ist das persönliche Verhältnis des saggittorischen Kanzlers zur »wunderschönen« Alyskerin. Haben wir hier das kommende »Liebespaar« der Serie vor uns? Und was wird dann aus Aurecs »alter Liebe« Kathy?

Und dann natürlich die geheimnisvollen Andeutungen der »schönen Fremden«. Wer sind die Alysker wirklich? Welche Rolle spielen sie im ewigen Kampf zwischen MODROR und DORGON? Es scheint, dass die Alysker in der Mächtigkeitsballung DORGONs (hat der überhaupt so etwas?) eine ähnliche Rolle spielen oder spielten, wie die Terraner in der Mächtigkeitsballung von ES.

Und hier sind wir zum wiederholten Male bei meiner Kernfrage bezüglich der »SIs«:

WAS TREIBT EIGENTLICH ES; WO BLEIBT ESTARTU?

Sollte es sich es tatsächlich erweisen, dass Milliarden von Intelligenzwesen wieder nur als Kanonenfutter geopfert werden, nur um den fragwürdigen Zielen irgendwelcher »Hohen Mächte« zu dienen?

JF

 

 

 

GLOSSAR

Imagi

Geboren 1254 NGZ auf Dorgon in einem noblen Vorort Doms. Von durchschnittlicher Erscheinung und Größe, schwarze, gekrauste Haare, braune Augen. Imagi ist mit dem ehemaligen Berater von Elgalar, Zigan, verwandt, der jedoch den Tod gefunden hat. Imagi gehört zu den engsten Beratern von Vesus und ist sein persönlicher Freund und Adjutant.

Baldius

Geboren 1241 NGZ auf Mesoph. 1,69 Meter, gedrungen, Halbglatze, braune Augen. Baldius ist Schiffsarzt an Bord der DOMULUS. Er gehört zu Vesus Stab seit 1289 NGZ und gehört zu den besten Mediziniern der Galaxie Aufgrund seiner Tätigkeit als Arzt ist er auch ein Vertrauter Vesus und sich sehr wohl dem Alkoholproblem des Oberbefehlshabers der dorgonischen Streitkräfte bewusst.

Linda Lagas

Geboren 1265 NGZ auf Terra, blond, blaue Augen, schlank. Linda Lagas gehört zu den Star-Reporterinnen von INSELNET. Sie ist für ihren Sensationsjournalismus gleichermaßen bekannt und berüchtigt. Linda Lagas ist eine treue Anhängerin des Quarterium, was ihr besondere Pluspunkte beim INSELNET-Intendanten Guy Pallance einbringt.

Falcus

Legat des Kaisers Commanus, geboren 1251 NGZ auf Mesoph. Von durchschnittlicher Erscheinung, schlank, dunkles Haar und dunkle Augen, markantes Kinn. Falcus ist einst Angestellter einer Bank gewesen und unter seinem Befürworter Festatus in die Politik gegangen. Er ist zum zweitwichtigsten Mann im Protektorat Harrisch geworden.

Falcus ist unter der Uleman-Regentschaft Senator von Mesoph geworden. Nach Commanus Machtaufstieg im Jahre 1298 NGZ beginnt auch der verschlagene Politiker seinen rasanten Aufstieg. Es gelingt ihm, das Vertrauen von Commanus zu erringen. Fortan klettert Falcus die Karriereleiter als oberster Berater des Kaisers hoch.

Falcus ist im Jahre 1305 NGZ Legat des Kaisers, also Sprecher des Regenten. Er gehört neben Carilla, Vesus, Elgalar und Commanus selbst zu den mächtigsten Männern des dorgonischen Reiches.

Stromgarde

12103 Kilometer durchmessende Wüstenwelt mit nur wenig Vegetationen und Ozeanen in Siom Som. Stromgarde ist 17209 Lichtjahre von Som entfernt und hat früher als Militärbasis für die estartischen Völker gedient. Die Militärstation ist vor mehr als 600 Jahren errichtet worden. Nach der Stilllegung Stromgardes vor 30 Jahren haben sich die estartischen Rebellen und die USO seit Mitte 1305 NGZ dort eingesiedelt. Der Militärplanet eignet sich hervorragend als Versteck, zumal die Festung Stromgarde ein Hindernis für Angreifer, sowohl aus der Luft als auch über Land darstellt. Die Anlagen der Festung reichen bis tief ins Innere des Planeten. Dort befinden sich auch die Reaktoren für den Schutzschirm der Station. Drei große Geschütze dienen als Raumabwehr.


Die DORGON-Serie ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V.  —  Copyright © 1999-2016

Internet: www.proc.org & www.dorgon.net • E-Mail: proc@proc.org

Postanschrift: PROC e. V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf

— Special-Edition Band 73, veröffentlicht am 19.09.2016 —

Titelillustration: Lothar Bauer

Lektorat: Jürgen Freier • Digitale Formate: Christina Hacker