Adams beobachtete den hellen Punkt, der im Orbit über Port Arthur erschienen war. Die SOL? Er drehte sich halb um und sprach seinen Syntron an.
»Ein Objekt mit einer Länge von 8.000 Metern ist in einen stationären Orbit über Camelot gegangen. Es handelt sich um ein Raumschiff. Die Kennung lautet THOREGON SECHS.«
Ein Lächeln stahl sich auf die Lippen des Unsterblichen. Rhodan war endlich wieder da. Ein großer Teil der Verantwortung würde von ihm genommen werden. Er ließ sich die Anzeigen der Orter auf die Scheibe vor seinen Augen projizieren und verfolgte, wie sich die SOL aus ihrer Umlaufbahn löste und in einen Sinkflug überging. Ein Mythos war in die Galaxis zurückgekehrt und hatte einen anderen Mythos aus den Weiten des Alls zurückgebracht. Homer G. Adams fragte sich für einen Moment, wie lange Perry diesmal in seiner Heimat sein würde, bevor ihn das Fernweh und sein Verantwortungsgefühl wieder ins Universum hinausziehen würden.
Die Bahn des Schiffs näherte sich immer mehr dem Planeten. Schließlich verriet die Ortung, dass es auf dem Raumhafen niedergegangen war. Es war ein gewaltiger Anblick. Das goldene Hantelraumschiff schwebte langsam auf den fast zu klein wirkenden Landeplatz hinab und stützte sich mit den Antigravfeldern ab. Die SOL schimmerte in einem glorreichen Antlitz voller Pracht und zeigte den Stolz der Menschheit. Kein Schiff war wie die SOL. Sie war einzigartig. Sie gehörte zur Menschheit, nur sie war würdig das Flaggschiff des Erben des Universums zu sein.
Perry Rhodan war heimgekehrt und der Unsterbliche erwartete das Erscheinen des Freundes in seinem Büro. Versonnen blickte er auf die Lichter der Stadt, die jetzt, trotz der späten Stunde, mehr geworden waren. Viele Menschen hatten von der Heimkehr des Terraners gehört und waren von dieser Nachricht um ihren Schlaf gebracht worden. Trotzdem blieben sie in ihren Häusern, keiner der Menschen, die alle nur wegen der Organisation der Unsterblichen auf diesen Planeten gekommen waren, ging zum Raumhafen um den Freund und sechsten Boten zu begrüßen.
Auf den Straßen der Stadt blieb es sehr ruhig.
Die Zeit verging und Adams ließ sich einen Drink bringen. Langsam leerte er das Glas, immer noch durch das Fenster nach draußen schauend. Vor dem Gebäude landete jetzt ein Gleiter. Nicht mehr lange und er würde die Hand des Freundes schütteln können.
Ein Geräusch an der Tür ließ ihn innehalten. Langsam stellte er das Glas auf das schwebende Tablett neben sich, dann drehte er sich um.
Hochgewachsen, in einen blauen Raumanzug gehüllt, stand der Freund aus drei Jahrtausenden in der Tür des Raumes. Seine Augen hatten immer noch den gleichen Glanz, die Narbe an seiner Nase trat in diesem Moment deutlich hervor. Der Freund lächelte nicht als er Adams vor sich sah.
Mit bedächtigen Schritten näherte sich Adams seinem Schreibtisch, Rhodan kam ihm langsam entgegen. Nur noch ein Schritt trennte die beiden Männer. Wenige Augenblicke vergingen in Schweigen, dann streckte Perry die Hand aus. Adams ergriff sie und drückte sie fest.
Immer noch schweigend wies Adams auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. Er selbst ließ sich schwer in seinen eigenen Stuhl fallen und lehnte sich für einen Moment zurück.
»Willkommen zu Hause«, sprach Adams die ersten Worte.
Rhodan nickte ernst, dann war die Begrüßung auch schon wieder zu Ende. Ein unspektakulärer Moment, bedachte man, wie lange der Freund unterwegs gewesen war und welche Abenteuer er in den Tiefen des Universums erlebt hatte.
Ohne auf Rhodans Schilderung seiner Erlebnisse zu warten, drückte Adams auf einen Knopf und ließ eine Grafik als Hologramm über seinem Schreibtisch entstehen. Dargestellt wurden die Verluste, die sie durch die Mordred erlitten hatten. Er kommentierte die Grafik nicht.
Dann ließ er sie wieder verschwinden. Das Bild wurde durch ein Neues ersetzt, das das Symbol der Mordred zeigte. Dann wurde ein kurzer Bericht über die Organisation abgespielt.
Gespannt beobachtete Adams das Gesicht seines Freundes, dem nicht die geringste Regung abzulesen war. Für einen Augenblick verschleierte Trauer den Blick des Terraners, als er das Ausmaß der Gefahr erkannte und die Zahl der Toten realisierte, dann wurde der Gesichtsausdruck des Freundes undurchdringlich.
»Du kommst damit alleine zurecht«, äußerte der Terraner.
»Wie?« Für einen Moment kennzeichnete Unverständnis das Gesicht von Adams, dann verstand er. »Wohin geht es diesmal?«
Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit, die Perry sehr wohl erkannte. Er ignorierte die Gefühle des Freundes. Jahrhunderte lang hatte Adams Erfahrungen sammeln können, er konnte mit der Situation leben. Er würde nicht lange brauchen, um seine deutlich sichtbare Enttäuschung zu überwinden und sich wieder seiner Verantwortung zu stellen.
Rhodan verzichtete darauf, ihn durch zusätzlich Worte zu ermutigen. Ein Adams brauchte das nicht.
»Ich vertraue dir vollkommen in dieser Angelegenheit.«
»Lass mich raten. Du gehst mal wieder das Universum retten, oder?«
»Dieser Zynismus steht dir nicht sehr gut, Homer. Ich habe meine Verantwortung, du hast die deine. Beide müssen wir damit leben. Ich werde auf die SOL zurückkehren, um nach MATERIA zu suchen. Tiff wird derweil mit Imperator Bostich verhandeln. Ich muss vor dem Galaktikum sprechen. MATERIA geht alle etwas an.«
Perry verstummte. Adams erkannte die Last, die auf den Schultern des Unsterblichen ruhte. Verständnis bahnte sich seinen Weg an die Oberfläche seines Bewusstseins, dennoch machte es sich Rhodan zu leicht.
»Ich werde versuchen, gegen die Mordred vorzugehen. Doch eines solltest du verstehen! MATERIA mag von kosmischer Gefährlichkeit sein, doch wenn die Mordred so weitermacht, wird MATERIA zu spät Unheil anrichten, weil dann bereits die Galaxis im Chaos steckt.«
Rhodan sah ihn vorwurfsvoll an.
»Es gibt noch etwas, was ich dir zeigen wollte, Perry«, meckerte Adams fast seinen Freund an.
Mit Wucht schlug er auf die Startleiste des Trivid. Die Gestalt des Silbernen Ritters wurde sichtbar. Seine Ansprache nach dem Angriff auf Olymps Camelotbüro wurde gezeigt, unterlegt mit Bildern aus Sverigor.
Rhodan stand auf und blickte dem Hologramm starr entgegen, als er den Namen Cauthon Despair hörte. Rhodan begriff schnell, dass Cauthon nicht gestorben war, doch irgendetwas war mit ihm passiert.
»Bleibt ihr noch eine Weile auf Camelot, oder werdet ihr sofort wieder verschwinden?« fragte Adams provozierend.
»Wir fliegen in ein paar Stunden. Doch vorher muss eine Konferenz einberufen werden. Folge mir in das Schiff und rufe die wichtigsten Leute zusammen, dann besprechen wir alles. Komm schon, einige Freunde erwarten dich schon.«
Zum ersten Mal seit Adams den Freund gesehen hatte, erschien ein Lächeln auf seinen Lippen. Die Augen lachten allerdings nicht mit. Diesmal war es anscheinend wirklich schlimm.
»Dich auch, dich auch!«, grinste Adams trotzdem.
Sie durften den Mut nicht verlieren.
*
Langsam erhoben sich beide Männer und verließen den Raum. Das Licht erlosch hinter den Männern. Die Dunkelheit dieser Nacht erfüllte den Raum. Wenige Minuten später erschien auf dem Orterbild, das immer noch auf dem Fenster lag, eine neue Bahn. Ein Schiff näherte sich dem Raumhafen von Port Arthur.
Perry Rhodan und Homer G. Adams waren unterwegs zur SOL. Nach langen Jahren würde Adams wieder seinen Fuß in das Schiff setzen, sich wieder mit SENECA unterhalten können. Dann würde wieder die Last seiner Aufgabe auf ihn warten.
Die SOL kam Adams viel gewaltiger vor als vor knapp 1.000 Jahren. Rhodan klärte seinen Freund darüber auf, dass Shabazza die SOL vergrößern ließ. Ebenso wurde das ehemals vorhandene Triebwerk durch ein Hypertakttriebwerk ersetzt und die Außenhaut mit einer Legierung bedeckt, die den ultimativen Stoff beinhaltete. Daher die goldene Farbe, die die SOL wahrlich wie eine Perle des Universums aussehen ließ.
Rhodan rief einen seiner Adjutanten auf Camelot an und bat ihn darum, einige persönliche Gegenstände in die Kabine auf die SOL kommen zu lassen. Er wollte sich heimisch auf dem Legendenschiff fühlen – wie damals, als er damit knapp 40 Jahre durch das Universum streifte.