Die Begrüßung mit Cistolo Khan und seiner Assistentin Sanna Breen fiel kurz und sehr förmlich aus. Landry wurde von Khan sogleich weggeschickt, um einen Patrouillengang zu machen.
Khan war mir natürlich bekannt. Seine Assistentin sah ich zum ersten Mal. Sie hatte schulterlanges, braunes Haar und große grüne Augen. Khan stellte sie als eine Profilerin vor, die Informationen über die MORDRED sammelte. Der LFT-Kommissar wahrte einzig gegenüber Aurec eine gewisse Höflichkeit. Das erforderte auch die Diplomatie gegenüber dem Staatsoberhaupt einer fremden Großmacht.
»Ich verstehe jedoch nicht, wieso wir uns nicht im Hauptquartier Hanse treffen, Kanzler. Die Erste Terranerin würde sich über ein Treffen freuen«, begann Khan.
»Nun, das Problem durch die MORDRED erscheint mir wichtiger, als diplomatische Besuche abzuhalten. Wir vertagen dies, bis wir die MORDRED erledigt haben«, antwortete der Saggittone bestimmt.
Khan räusperte sich und nahm schließlich Platz.
»Ich würde mir ein vertrauteres Umfeld wünschen«, meinte er und blickte Wirsal Cell und mich an.
»Das sind meine Vertrauten«, stellte Homer G. Adams in freundlichen, ruhigen Tonfall klar.
Aurec seufzte.
»Wir haben diesen Platz ausgewählt, weil Jaaron Jargon ein respektierter Galaktiker ist. Von beiden Seiten angesehen. Ihr solltet eure politische Kleinkariertheit ablegen. Die MORDRED tötet Menschen und Galaktiker, unabhängig ob sie mit der LFT oder Camelot sympathisieren. Das hat Priorität!«
Sanna Breen blickte Aurec offensichtlich beeindruckt an, während Cistolo Khan mit versteinerter Miene auf den Marmortisch stierte. Die Gespräche liefen nur schleppend an. Homer G. Adams lockerte die Atmosphäre ein wenig und verwickelte Sanna Breen in ein Gespräch.
Sie erzähle über ihren Werdegang. Die 26 Jahre alte Terranerin hatte aufgrund ihres Aussehens eine Modelkarriere begonnen, die sie jedoch schnell als öde empfunden hatte. Stattdessen hatte Breen fünf Jahre lang an den Universitäten von Terrania City Wirtschafts- und Militärwissenschaften studiert. Ich fragte mich, was man da wohl lernte, aber es gab heutzutage so viele Studienrichtungen und Wissenschaften. Kaum war sie fertig gewesen, so war sie 1289 NGZ als Profilerin und Analytikerin in den Stab von Khan aufgenommen worden. Ihre erste Aufgabe war sogleich die Beobachtung der MORDRED.
Aurec hob den Finger und wirkte fast wie ein verlegener Schuljunge, als er fragte: »Bedeutet das, dass die LFT die MORDRED schon vor den ersten Anschlägen beobachtet hat?«
Breen öffnete den Mund, doch sie sagte nichts. Irritiert blickte sie zu Cistolo Khan.
»Natürlich«, antwortete dieser. »Doch wir hatten keinerlei Informationen, durch die wir die Anschläge hätten verhindern können.«
Nun war es Sanna Breen, die verstohlen auf den Tisch blickte und mit einer Nuance an Nervosität mit dem Löffel ihren Tee umrührte.
»Nun, wenn Camelot bereit ist, uns sämtliche Standpunkte der Niederlassungen mit allen Namen der Beschäftigten zu nennen, helfen wir natürlich bei der Sicherung.«
Adams winkte ab.
»Das hättest du wohl gerne. Wir haben doch bereits Informationen an euch gegeben, die das Hoheitsgebiet der LFT betreffen. Mir ist die Linie der LFT noch nicht ganz klar …«
»Wir stehen für Frieden, Freiheit und Demokratie«, betonte Khan. »Paranoia ist fehl am Platz«, ergänzte er kühl.
Aurec bat Sanna, ihm mitzuteilen, was sie über die MORDRED wüsste, doch Khan stellte sich quer und unterband jeden Informationsaustausch mit einem strikten »Nein«.
»Dieses Verhalten ist für mich absolut unverständlich. Ich als Saggittone setze mich mehr für das Leben deiner eigenen Artgenossen ein, als du selbst. Das sehe ich als unehrenhaft und beschämend an.«
*
Aurecs Wut war für mich nachvollziehbar. Cistolo Khan betrieb die Politik der LFT konsequent fort. Die Ereignisse mit den Tolkandern und den Dscherro hatten zwar Camelot und die LFT zur Zusammenarbeit gezwungen, doch Freunde waren sie deshalb sicherlich noch lange nicht geworden. Für die Regierung war die gegenwärtige Situation auch nicht gerade förderlich. Sie musste die Einmischung Perry Rhodans mehr als alles andere fürchten, denn würden Rhodan und die anderen Zellaktivatorträger wieder in der terranischen Öffentlichkeit auftreten, würde die Bevölkerung ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv gegenüberstehen. Ja, würde sich Rhodan entschließen, zur Wahl als Erster Terraner anzutreten, – wer hätte Chancen gegen die lebende Legende? All das mochte aus Sicht von Cistolo Khan und Paola Daschmagan viel wichtiger sein, als das Leben einiger camelotischer Agenten. Dazu kam, dass sie wohl die Gefährlichkeit der MORDRED unterschätzten. Ich entschloss mich zu versuchen, Khan von der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit gegen die Terrororganisation zu überzeugen.
»Wenn Camelot besiegt ist, wird die Liga das nächste Ziel der MORDRED sein«, argumentierte ich eindringlich gegenüber Khan. Damit lieferte ich Adams sein Stichwort.
»Es ist Camelot, das von einem unbarmherzigen Gegner ausgelöscht werden soll. Es sind Perry Rhodan, Reginald Bull und Atlan, die ihr Leben für die Zukunft der Galaktiker und somit auch die Zukunft der LFT gerade jetzt in fernen Regionen des Universums verteidigen«, beschwor Adams den LFT-Kommissar, »Khan, jetzt zeige doch endlich einmal Vernunft und Verantwortung!«
Der LFT-Kommissar erhob sich. Er blickte über das Tal und schien mit sich zu ringen. Nach einer Weile drehte er sich um und nickte mir zu.
Endlich, dachte ich und begann meinen Bericht.
»Wir haben Verbindungen der MORDRED zu den Galactic Guardians, der Kerkum-Regierung auf Mashratan und in das Kristallimperiums entdeckt. Offenbar wird die MORDRED von einflussreichen Gönnern unterstützt. Bisher haben wir drei Verdächtige. Den arkonidischen Adligen Eron da Quartermagin, den Springerpatriarchen Horach und …«, Breen stockte und suchte Augenkontakt zu Khan. Dieser schwieg. Sie seufzte leise. »Und Dennis Harder.«
»Der Finanzsenator von Terrania City?«, fragte Homer G. Adams verblüfft.
»Genau der«, bestätigte Sanna. »Da Kerkum und die MORDRED im Verborgenen agieren, sind diese drei Leute für die Beschaffung von Ressourcen und finanziellen Mitteln notwendig.«
»Was für Ressourcen?«, wollte Aurec wissen.
»Baumaterial für Raumschiffe, Waffen, Kampfroboter. Sie haben sich ein Netzwerk aufgebaut und Scheinfirmen gegründet. Es gibt genügend autarke Planeten, auf denen Waffen hergestellt werden können. Allerdings wissen wir nicht, in welchem System sich die Hauptstützpunkte befinden. Wir vermuten dort auch eine Raumwerft.«
Der Bau von großen Kampfschiffen wurde auf jeden Fall nicht auf bekannten Werften durchgeführt. So ein großes Projekt über Jahre hinweg könnte nicht verschwiegen werden. Adams erklärte, dass sie so weit auch schon waren, jedoch fehlten ihnen Namen und Bezugspunkte.
»Ich bin verwundert, dass die LFT einen hochrangigen, kriminellen Politiker unbehelligt lässt«, sagte Adams verärgert.
»Wir haben ihn beobachtet, damit er uns zur Zentrale der MORDRED führt. Gleiches gilt für Mashratan. Dort befindet sich bestimmt ein Stützpunkt der MORDRED, aber nicht das Zentrum«, verteidigte sich Khan.
Aurec schlug vor, umgehend die IVANHOE darüber zu informieren. Wirsal Cell erklärte sich bereit, das sofort zu übernehmen. Er stand auf und verließ die Terrasse.
»Wie lange ist der TLD in Besitz dieser Informationen?«, wollte Adams wissen.
»Das unterliegt der Geheimhaltung«, entgegnete Khan barsch.
Aurec stand ruckartig auf. Somit hatte er schnell die Aufmerksamkeit aller Beteiligten.
»Was auch immer. Wir haben drei Kontakte zur MORDRED. Wir sollten sie nutzen. Die MORDRED wird ihre Taktik ändern, da der Überraschungseffekt vorbei ist. Es wird nicht mehr so einfach sein, die Camelot Niederlassungen zu stürmen. Wir müssen also aus den Informationen über diese drei herausfinden, was die MORDRED als Nächstes plant.«
Er wandte sich an Sanna Breen und setzte sich neben die hübsche Terranerin.
»Was kannst du uns über die drei sagen? Wo waren sie? Wo sind die Verbindungen?«
Sanna Breen zuckte mit den Achseln.
»Keine heiße Spur. Alle drei unternehmen viele Geschäftsreisen, angeblich sind sie aber nie gemeinsam am selben Ort. Vielmehr verliert sich oftmals die Spur.«
Ein lautes Husten lenkte sowohl den Saggittonen als die Terranerin ab. Wirsal Cell stand an der Türschwelle.
»Für Analysen haben wir keine Zeit. Ich habe einen Plan.«