9.
Waffenausbildung

Nachdem wir weitere zwei Monate theoretische Ausbildung und Hypnoschulung hinter uns gebracht hatten, begann nun die Ausbildung an der Waffe.

Ich hatte ein wenig Angst davor. Die Theorie war doch wesentlich einfacher. Wir hatten die Struktur der Organisation Camelot kennengelernt, viel über die Arbeit in den Büros auf den verschiedenen Welten gelernt. Sogar Reginald Bull, Gucky und Atlan referierten als Gastdozenten. Leider war mir nicht entgangen, dass Zantra dem smarten Arkoniden schöne Augen gemacht hatte.

Den theoretischen Teil hatte ich als Bester abgeschlossen. Das war auch nicht anders zu erwarten gewesen. Ich war nun einmal den anderen geistig überlegen, doch ich war viel zu schüchtern und bescheiden, um ihnen das auf die Nase zu binden.

Sogar Gazh Ala hatte sich wieder bei mir gemeldet. Ich fand heute Morgen eine verschlüsselte Hyperkomnachricht von ihr in meinem Postfach.

*

Lieber Cauthi, auf Terra ist heute ein schöner Herbsttag. Ich hoffe, du hast deinen 18. Geburtstag gut verbracht. Ein Geschenk von mir ist unterwegs, aber es wird wohl eine Weile dauern, bis es durch die ganzen Kontrollen ist. Doch es sollte schneller gehen, da ich das Geschenk einfach zusammen mit den Nachrichten von Jaaron Jargon an Perry Rhodan gepackt habe.

Ich freue mich darauf, dich endlich bald wieder persönlich zu treffen. Wir arbeiten derzeit an einem Plan, Jaaron Jargon Rhodan persönlich vorzustellen. Noch sträubt sich der alte Mann ein wenig. Er hat Angst vor Seren, die ihn die Koordinaten vergessen lassen. Wir müssen wohl ein paar Umwege für ihn nehmen. Ich werde ihn begleiten und dann treffen wir uns endlich. Du bist jetzt bestimmt ein junger, stattlicher Mann.

Mein Ritter, der mich vor Mashratan gerettet hat. Die Nachrichten über meine Heimat lese ich mit Sorge. Je mächtiger Kerkum wird, desto weniger Chancen auf Freiheit und Reformen bestehen auf Mashratan. Es ist tragisch, dass die LFT den Oberst auch noch unterstützt.

So, genug für heute. Ich wünsche dir viel Spaß bei deiner praktischen Ausbildung. Ich habe gehört, dass Arlo Rutan ein ganz schöner Menschenschinder ist. Aber er macht das nur, damit ihr was lernt. Du packst das schon. Lass dich nicht entmutigen.

 

Deine Gazh Ala Nagoti el Finya

Terrania, 08. Oktober 1282 NGZ

*

Ja, ich hatte ein wenig Angst vor dem ersten Tag der Ausbildung. Gazh Alas Worte ließen mich jedoch Mut schöpfen. Vier Jahre war es her, dass ich sie zuletzt gesehen hatte. Damals hatte sie mich überraschend besucht, weil sie dienstlich auf Camelot zu tun gehabt hatte. Lange war es her. Hoffentlich besuchte sie mich wirklich bald.

Von Rosan hatte ich leider nie wieder etwas gehört. Sie hieß nun Rosan Orbanashol und verkehrte mit dem arkonidischen Adel. Sie hatte mich bestimmt längst vergessen.

Ich atmete tief durch und zog den Kampfanzug zurecht. Jetzt noch den Helm aufsetzen und ich war bereit für das erste Training.

Und doch: Ich hatte Bammel vor Arlo Rutan!

*

»Ihr seid wie Mooffs. Schwabbelig, schleimig und schwach. Man muss euch erst einmal zu echten, harten Soldaten formen«, brüllte Arlo Rutan mit hochrotem Kopf.

»Sir, aber die Mooffs sind anerkannte Intelligenzwesen der Milchstraße. Es ist diskriminierend sich beleidigend über das Volk zu äußern«, wandte Antee Vamsar ein.

Rutan schnellte zu ihm. Vamsar schwankte und senkte den Kopf.

»Du jämmerliche, ausgetrocknete Kratzdistel hast wohl einen Zerecchie im Hirn? Wie wagst du es, mit mir zu reden? Ich bin dein Vorgesetzter, dein Gott. Mein Wort ist Gesetz! Wenn es dir nicht passt, dann strulle dir in deine Hosen und hau ab!«

Vamsar nahm zitternd Haltung an.

»Gut!«

Der Ertruser verschränkte die Arme hinter dem Rücken und musterte die Gruppe.

»Aus euch Weichlingen mache ich echte Dlas-Uhus! Das sind Raubvögel, die in einen Blutrausch verfallen. So will ich euch auch sehen. Und nun geht es los!«

Ein Dutzend Roboter verteilte die Thermo-strahler. Wir gingen zu einem Gleiter, der uns in einem unwegsamen Sumpf absetzte.

Unter meinen Stiefeln platschte es. Jeder Schritt musste mit Bedacht ausgeführt werden. Der Gleiter zischte ab. Von Rutan keine Spur. Wir waren auf uns allein gestellt.

»In Ordnung. Was passiert jetzt?«, fragte Zantra.

»Keine Ahnung. Wir warten auf Rutan«, sagte Vamsar.

Da tauchten plötzlich von allen Seiten TARA-UH-Kampfroboter auf. Sie eröffneten das Feuer. Ich duckte mich und wollte zurückschießen, doch die Waffe war noch gesichert.

Benyameen Pluzz fiel rücklings in den Sumpf. Vamsar ließ die Waffe fallen. Ein Strahl traf ihn. Er stürzte in den Matsch. Auch die anderen Kadetten purzelten einer nach dem anderen zu Boden. Ich legte mich flach hin. Zantra wurde getroffen. Sie brach zusammen und lag direkt vor mir.

Plötzlich zogen die Roboter ab. Ich hörte das Rauschen eines Gleiters. Langsam erhob ich mich. Arlo Rutan saß auf der vorderen Haube, die Zigarre im Mund und hielt einen Lautsprecher in der Hand.

»Neunzehn Verluste, ein Mann überlebt. Glückwunsch, Despair. Das nächste Mal die Waffe entsichern. Schön, die meisten wären jetzt tot. Das ist ein Vorgeschmack auf die kommenden Tage.«

Rutan sprang vom Gleiter. Ich hörte Hilfeschreie von links. Rutan ging darauf zu, beugte sich hinab und griff in den Matsch. Er zog Pluzz aus dem Morast.

»Danke, Sir«, flüsterte der Kadett.

Rutan kaute schweigend auf seiner Zigarre herum und blickte sich um. Nacheinander standen die Rekruten wieder auf. Endlich konnte ich mich bei Zantra auszeichnen und half ihr hoch.

»Das waren Schockstrahler. Hat mich glatt für ein paar Momente umgehauen«, sagte sie stockend.

Rutan klatschte in die Hände.

»Somit steht also das Programm. Umgang mit einem Thermostrahler, Hierarchie im Kampfeinsatz, Deckung suchen und mehr Beweglichkeit.« Er lachte. »Das wird ein Spaß!«

*

Es war ein Albtraum! Ich lag auf meiner Pritsche und alles tat weh. Wie sollte ich das die nächsten Wochen überstehen?

Arlo Rutan quälte uns nun schon seit drei Wochen. Die Schießübungen waren noch das Einfachste dabei. Heute mussten wir in einem defekten Serun trainieren. Nichts mit Muskelverstärkern, Antigravs und all der technischen Unterstützung eines Soldaten. Rutan scheuchte uns durch das Sumpfgebiet und erklärte, ein guter Soldat müsse sich zuallererst auf seinen Körper und nicht die Technik verlassen. Rutan berichtete, es gäbe viele Mittel und Wege Seruns außer Funktion zu setzen. Je moderner die Technik, desto ausgefeilter auch die Methoden, um diese zu sabotieren. Ein Soldat, der sich nur auf den Schutzschirm, das automatische Zieldisplay und die angenehme Klimaanlage im Serun verließe, sei des Todes.

Das leuchtete mir ein, auch wenn das Training auf die anderen Kadetten antiquiert wirkte. Allan Coohn hatte sich mit der Frage, ob man denn überhaupt persönlich in einen Kampfeinsatz gehen bräuchte, wenn man auch bequem vom Raumschiffsessel aus Drohnen und Kampfroboter steuern könnte, nicht beliebt bei Rutan gemacht.

Zur Strafe hatte Rutan meinen Kameraden selbst gejagt. Der Ertruser hatte sich an das Steuerungsmodul eines Kampfroboters gesetzt und Coohn quer durch den Sumpf gescheut.

Wahrscheinlich hatte Allan die Lektion verstanden. Ich war nur müde und fiel in einen tiefen Schlaf.