19.
Der Silberne Ritter

Der Schmerz war immer noch da. Er signalisierte mir, dass ich noch lebte. Wo war ich? Ich öffnete die Augen, doch alles um mich herum war schwarz. Die Luft war ungewohnt stickig. Es fühlte sich so an, als würde etwas auf meinem Kopf lasten. Langsam bewegte ich die Finger. Ich spürte sie und sie gehorchten meinen Befehlen, doch etwas stimmte nicht. Sie waren größtenteils taub. So als wären sie eingeschlafen. Dieses unbequeme Gefühl umgab meinen gesamten Körper.

Was war nur geschehen?

Ich hörte ein Surren. Doch ich sah nichts. Es war finster. War ich blind? Oder verdeckte mir etwas die Sicht? Das Atmen fiel mir schwer. Es war nicht nur diese stickige, sonderbare Luft, es kam mir so vor, als läge ein Felsbrocken auf meiner Brust. Ich hob die Hände und versuchte, die Brust abzutasten. Da war nichts, auch wenn ich nur bedingt das Ergebnis spürte.

Etwas strich über meinen Arm. Ich zuckte. Wer oder was war das? Ich fühlte mich schwach und müde.

Langsam kehrten die Erinnerungen zurück. Die Bilder von Gazh Alas totem Körper. Die Feuerhölle. Die herabstürzenden Trümmer! Wieso hattest du das nur getan, Perry Rhodan?

Ich hätte Gazh Ala retten können, doch deine Kampfraumschiffe haben alles zerstört. Sie war tot und dann stürzte alles ein. Ich sah, wie der Beton auf mich fiel, spürte, wie meine Knochen brachen, ich begraben wurde, spürte das brennen. Nein!!

Ich schreckte hoch.

»Ruhig«, sagte eine Stimme.

»Wer … wer ist da?«

»Euer Lebensretter, Cauthon Despair. Ihr müsst tapfer sein. Der Angriff von Perry Rhodans Raumschiffen hat nicht nur das Leben vieler Mashraten gefordert, es hätte auch um ein Haar das Eure ausgelöscht. Eure Verletzungen waren sehr groß.«

Wieder erklang das mechanische Surren.

Jemand injizierte mir etwas mit einer Spritze. Ich fühlte keinen Schmerz, nur ein vages Pieken an meinem Arm.

»Die Müdigkeit und die Taubheit werden nun vergehen«, sagte ein metallisches Wesen. Ich vermutete, es war ein Medoroboter.

Es vergingen Minuten. Offenbar wartete mein unbekannter Gesprächspartner meine Reaktion oder Genesung ab. Ich atmete tief durch. Die Luft war immer noch dünn. Doch langsam kehrte Leben in meinen Körper zurück, der sich dennoch fremd anfühlte. Ich fühlte nun die Handschuhe an meinen Fingern, den schweren Anzug auf meiner Brust, ja mehr eine Art Rüstung.

Jemand drückte auf etwas an meiner Hüfte. Ich trug wohl einen Gürtel. Plötzlich wurde mit einem leisen Zischen und Summen Licht. Ich sah das grelle, gelbe Licht einer Deckenbeleuchtung. Doch im nächsten Moment wurde es dunkler, angenehmer. An der Seite meines Auges erschienen Daten, die ich nicht zuordnen konnte. Jetzt begriff ich erst. Ich trug offenbar einen Helm. Meine Hände tasteten meinen Kopf ab. Ja, es war eine Art Raumhelm mit einem großen Sichtfenster auf Augenhöhe.

Die Luft im Helm wurde klar und frisch.

Ich sah mir nun meine Hände an. Ich trug silberne Handschuhe. Obwohl die Betäubung nachließ, war mir mein Körper fremd.

Ich stieß einen Wehklang aus, als ich mich erhob. Langsam richtete ich mich auf und drehte die Beine zur Seite. Ich betrachtete meinen Körper. Der komplette Raumanzug oder Kampfanzug war silbern. Er war aus hartem Material, dennoch elastisch und für mich weich und angenehm. Die Beine schwangen zur Seite und stellten Kontakt mit dem Fußboden her. Auch meine Füße fühlten sich ungewohnt an. So wie meine Arme, Hände und Beine.

Behutsam drückte ich die Beine durch und stand auf. Die Knie wurden weich, mir war schwindelig, doch im nächsten Moment fing ich mich wieder.

»Ihr werdet eine Weile benötigen, um euch an die neuen Körperteile zu gewöhnen«, sagte der mir noch Unbekannte. Er siezte mich.

»Oberst Kerkum!«, lautete meine Schlussfolgerung.

»Nein«, kam die Antwort.

Vor mir baute sich eine lebensgroße Holografie auf. Sie war humanoid, doch das Gesicht war verzerrt, verwischt. Eine blaurote Aura umgab dieses Wesen.

»Wer bist du?«, wollte ich wissen.

»Wie ich schon sagte, euer Lebensretter, Despair! Ich bin der Anführer der Mordred und Sie werden sich uns anschließen.«

Was war die Mordred? Und wer verbarg sich hinter diesem verschleierten Hologramm. Gewiss keine Frau von Mashratan.

»Ihr müsst viele Fragen haben, Silberner Ritter.«

»Silberner Ritter?«, wiederholte ich.

»Korrekt. Der Junge namens Cauthon Despair, der schwache Cameloter, der Perry Rhodan und zweitklassige Mädchen anhimmelte, ist tot! Er wurde im Feuer der Raumschiffe der LFT und Camelots getötet. Nun lebt der Silberne Ritter Cauthon Despair. Ihr werdet mein wichtigster Verbündeter.«

Ich verstand nicht.

Die Tür öffnete sich mit einem leisen Zischen. Das Hologramm befahl mir, die Medostation zu verlassen. Vor mir lag ein spärlich beleuchteter Korridor. Ich ging dort entlang, gewöhnte mich an meine Bewegungen.

»Ihr wurdet verschüttet und habt Verbrennungen erlitten. Eure Knochen waren zerbrochen, die Gliedmaßen abgetrennt. Die Mediziner mussten euren Skelettaufbau komplett erneuern und Beine und Arme ersetzen. Leider ist euer Gesicht entstellt. Es wird lange Zeit dauern, bis Ihr Euch komplett erholt. Doch die neuen Körperteile haben Vorteile. Ihr seid stärker und widerstandsfähiger als je zuvor.«

Ich blieb mehrmals stehen, um diese Hiobsbotschaften zu verdauen. Teile von meinem Körper waren ersetzt worden? Mein Gesicht entstellt? Widerstandsfähiger? War ich nun gezwungen, diese silberne Rüstung auf ewig zu tragen?

Die Tür am Ende des Korridors öffnete sich. Ich betrat einen verspiegelten Raum. Nun sah ich mich in meiner neuen Erscheinung.

Mein neuer Körper hatte mehr Muskelmasse, war schlank und durchtrainiert. Die silberne Rüstung verstärkte den Eindruck. Mein Helm war verspiegelt. Ich sah beeindruckend aus. Wie ein Ritter aus dem Mittelalter Terras.

Und doch war ich offenbar ein Monster. Sollte ich immer in dieser Rüstung wandern? Was würde Zantra denken? Dass ich überhaupt noch an sie dachte. Sie hatte mich verraten und betrogen.

Ich wollte wissen, wie ich unter der Maske aussah. Ich tastete meinen Hals ab und fand den Verschluss des Helms. Ich nahm ihn ab. Das Hologramm des Anführers der geheimnisvollen Mordred hinderte mich nicht daran. Wie auch?

Ich hatte Angst und zögerte, dann nahm ich den Helm ab. Was ich im Spiegel sah, schockierte mich. Mein Gesicht war entstellt, die Nase gebogen, die Haut hing in tiefen Falten lappig herab, kahle Stellen auf meinem Kopf, Narben. Ein Anblick zum Schreien. Das war ich unter der Maske.

»Es wird viele Operationen benötigen«, erklärte das Hologramm. »Ihr müsst Geduld aufbringen.«

Ich setzte den Helm wieder auf. Ich konnte meine Fratze nicht mehr ertragen und der Anführer der Mordred sollte meine Tränen nicht sehen.

»Ihr wünscht sicher mehr über die Gründe eures Schicksals und die Mordred zu erfahren. Die Antworten befinden sich im nächsten Raum.«

Das Hologramm deutete auf die Tür mir gegenüber. Ich ging hindurch und fand dort die Holografie wieder. Ich befand mich in einer Art Kommandozentrale. Zahlreiche Monitore und Projektionen von Sektoren des Mashritun-Systems waren zu sehen. Einige Techniker in einer mir unbekannten Uniform saßen an den Kontrollen.

Der Mann, der auf dem breiten Kontursessel saß und von vier uniformierten Gardistinnen bewacht war, war mir bestens bekannt.

Oberst Kerkum.

*

»Despair, Sie sind wohlauf. Welche Freude, mein Bruder«, begrüßte mich Kerkum, stand auf und ging mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Ich hob abwehrend die Hand und der Oberst verstand.

»Wie ich sehe, habt Ihr den Angriff überlebt«, stellte ich fest. »Was ist geschehen?«

Kerkum lachte seltsam.

Er zeigte auf einen Monitor. Ich sah die Verbände Camelots und der LFT. Ein Pulk von camelotischen Kugelraumern eröffnete das Feuer auf die Raumforts. Die LFT-Kreuzer beteiligten sich an dem Angriff. Aus einer anderen Perspektive wurde der Beschuss von camelotischen Raumschiffen auf das Regierungsviertel gezeigt.

Perry Rhodan!

Wieso nur? Warum hatte er das getan? Er wusste doch, dass ich mich auf Mashratan befand, um Gazh Ala zu befreien.

»Wir alle wurden von Perry Rhodan enttäuscht«, stellte Kerkum fest. »Ich hätte ihm die Milchstraße zu Füßen gelegt, doch er hat Mashratan geopfert. Er hat dich geopfert und Gazh Ala. Die LFT hat uns verraten. Doch Rhodan …«

Kerkum stockte und schüttelte den Kopf.

»Der Schmerz, den uns Rhodan zugefügt hat, ist sehr groß.«

Ich konnte und wollte Kerkum nicht widersprechen. Perry Rhodan hatte meinen Tod in Kauf genommen, um Mashratan zu schwächen. Ich war mir nicht sicher, ob ich seinen Militärschlag an sich verurteilte. Ich hätte ähnlich gehandelt, doch Rhodan wusste doch, dass ich da war! Warum hatte er den Befehl erteilt, Mashratan zu bombardieren? Wollte er mich loswerden?

Vermutlich! Ja, er wollte, dass ich sterbe. Möglicherweise, weil ich ihn infrage gestellt hatte. Das war also das wahre Gesicht von Perry Rhodan.

Hatte Bekket Glyn am Ende doch recht und Rhodan war nicht mehr derselbe Mann wie früher?

Rhodan ging offenbar über Leichen.

»Perry Rhodan hat nicht nur dich geopfert, sondern auch deine Eltern«, erklärte das Hologramm des Anführers der Mordred.

Ja, das war mir inzwischen bekannt. Er hätte jederzeit Entsatz nach Neles schicken können, doch er hatte sie allein und ihrem Schicksal überlassen. Gleich, ob es nun mutwillig oder fahrlässig war, doch das Resultat war dasselbe: Meine Eltern waren tot! Perry Rhodan hätte es verhindern können.

»Was ist nun die Mordred? Wieso sollte ich euch dienen?«

»Wir haben euer Leben gerettet. Die Mordred ist eine wahre Widerstandsbewegung. Wir haben die Vision eines neuen Imperiums der Menschheit. Terraner, Arkoniden, Akonen, Tefroder – alle vereint zum Wohl der Milchstraße und des Universums.«

Die Mordred war also eine Widerstandsgruppe. Offenbar hatte sie ihren Sitz auf Mashratan. Oder wo befand ich mich? Ich wusste es nicht, doch anhand der ganzen Sternenkarten vom Mashritun-System konnte ich nicht weit entfernt sein.

»Hör zu, Junge! Wir haben ein Netzwerk zu Gleichgesinnten aller möglichen menschlichen Völker aufgebaut. Wir haben mächtige Verbündete«, erklärte Kerkum.

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Es klang seltsam aus dem metallischen Helm mit seinen Akustikverstärkern.

»Mashratan ist am Ende. Die LFT und Camelot werden euch sanktionieren und kontrollieren. Operationen sind aus diesem Sonnensystem heraus kaum mehr möglich.«

»Abwarten, Despair! Bevor wir Ihnen mehr über die Mordred und unsere Verbündeten berichten, möchten wir von Ihnen eine Zu- oder Absage«, forderte das Hologramm des Mordred-Anführers.

Ich dachte nach. Wieso sollte ich mich diesen Leuten anschließen? Doch wo sollte ich hin? Nach Camelot wohl kaum. Ich würde aus lauter Wut vermutlich Perry Rhodan umbringen wollen.

»Ich brauche Bedenkzeit«, bat ich.

»Eine Stunde. Wandert auf dem Planeten umher. Es ist zwar kein Paradies hier, doch Ihr Anzug ist der modernste Serun in der Milchstraße«, erklärte Kerkum und deutete auf den Ausgang.

Wortlos verließ ich den Raum. Ich war ratlos. Mein Leben hatte abrupt aufgehört. Alles, wofür ich gelebt hatte, war umsonst gewesen. Mein Heldenmut hatte Gazh Ala nicht retten können. Zantra hatte mich zur Hölle geschickt und mein Weltbild war zerbrochen, nachdem ich von Perry Rhodan verraten worden war.

Nachdem ich die Station durch eine Schleuse verließ, war mir klar, dass ich mich nicht auf Mashratan befand. Der Sternenhimmel lag über mir. Ich befand mich auf einer öden, dunklen Welt inmitten einer Wüste aus schwarzem Geröll.

So wie es hier aussah, so sah es auch in meinem Inneren aus. Trostlos und leer.

Mein neuer Anzug zeigte eine weitere Funktion. Er war in der Tat ein tadelloser Raumanzug. Eine Atmosphäre herrschte hier nicht vor. Die Schritte fielen leicht, da hier weniger Schwerkraft herrschte als auf Mashratan.

Ich entfernte mich von der kuppelförmigen Raumstation. Anhand der Konstellation der größeren Gestirne wusste ich, dass ich mich noch immer im Mashritun-System befand.

Vermutlich in der Nähe des Braunen Zwerges. Vielleicht auf einem Asteroiden zwischen Mashratan und dem Zwerg. Oder auf einem seiner Monde, dessen Seite ihm gerade abgewandt war.

Ich hatte nicht einmal die einfachsten Fragen an Kerkum oder diesen Mordred-Anführer gerichtet. Wie lange war ich eigentlich schon hier? Ich betrachtete meine Rüstung und spannte meine offenbar neuen, künstlichen Muskeln. Das hatten die doch nicht innerhalb eines Tages erschaffen.

Die Sonnen Mashritun A und B strahlten weit entfernt und waren dennoch die größten Objekte am Himmel.

Ich war allein. Einsam im Herzen. Verlassen von allen. Entstellt und zu einem Kunstwesen zusammengesetzt. Ich war ein moderner Frankenstein.

Von weitem erkannte ich ein sich bewegendes Objekt. Es kam näher. Es war kein Asteroid, sondern ein Raumschiff. Die Sterne wurden auf der Außenhülle reflektiert.

In der Mitte lag eine Kugel zwischen den Flügeln, die offenbar die Geschütze und Antriebe darstellten. Es war groß. Nicht so groß wie ein Kugelraumer der NOVA-Klasse, aber vielleicht 400 oder 500 Meter insgesamt.

Das Raumschiff landete unweit von mir. Staub und Geröll wurden aufgewirbelt. Ich ging neugierig darauf zu. Der Schiffstyp war mir unbekannt.

Eine Luke öffnete sich. Der bläuliche Strahl eines Antigrav-Transportfeldes fuhr von dem Schiffsrumpf bis zum Erdboden hinunter. Ein Wesen befand sich darin. Ich blieb stehen und ließ den Fremden den nächsten Schritt machen. Er trat aus dem Strahl heraus und ging langsam, als hätte er alle Zeit des Universums, auf mich zu.

Das Wesen trug einen schwarzen Raumanzug. Erst als es nur wenige Meter von mir entfernt war, erkannte ich den rothäutigen Kopf mit der markanten Tätowierung von drei in sich gewundenen Sechsen auf der Stirn hinter der transparenten Scheibe des Raumhelms.

Cau Thon!

*

Er tauchte immer dann auf, wenn ich Beistand am Nötigsten hatte, wenn ich mich verloren fühlte.

Etwa zwei Meter vor mir, blieb Cau Thon stehen.

»Ich fühle deinen Schmerz und deinen Zorn, Cauthon Despair«, sagte Cau Thon. Ich hörte ihn gut. Mein Helm verfügte über ein Interkom. Offenbar kannte Cau Thon die Frequenz. Doch es überraschte mich nicht. Cau Thon wusste immer sehr viel.

»Verzage nicht, es ist dein Schicksal. Du wirst in einigen Jahren mehr über deine kosmische Bestimmung erfahren.«

»Wieso erst in ein paar Jahren? Ich habe die Geheimnisse und Rätsel satt.«

Cau Thon lachte freundlich.

»So ist das Spiel der Hohen Mächte. Auch ich bin nur ein Bote. Doch soviel sei dir verraten, dir steht eine glorreiche Zukunft bevor. Der Silberne Ritter Cauthon Despair ist von kosmischer Bedeutung. Du bist ein Auserwählter.«

Mir fiel es schwer, daran in diesem Moment zu glauben.

»Wer bist du wirklich? Wer steht hinter dir?«

»Ich bin der Diener einer Macht, die das Universum in seinen Grundfesten verändern wird!«

Ich hatte so viele Fragen, doch es war sinnlos. Cau Thon würde nur weiter orakeln. Was sollte ich also nun tun? Vielleicht wäre es das Beste, den Raumhelm zu öffnen und zu sterben. Welchen Sinn hatte mein Leben noch?

»Ich spüre deine Zweifel. Doch gib dich nicht auf. Dann hat Perry Rhodan gewonnen. Du wolltest doch Geschichte schreiben und ein Leben führen, in dem du respektierst wirst, in dem du an etwas Bedeutsamen teilhaben kannst. Die Zeit dazu ist gekommen.«

»Wie?«, krächzte ich verzweifelt.

»Nimm dein Schicksal an. Du bist kein Gefolgsmann von Perry Rhodan, du bist sein Widersacher. Schwäche Camelot, die LFT, Arkon – die gesamte Milchstraße, um selbst die Kontrolle zu erlangen.«

Ich? Ich sollte die Milchstraße beherrschen? Ein verlockender Gedanke. Ich würde so vieles ändern, wenn ich nur die Macht dazu hätte. Doch die besaß ich nicht.

»Und wie soll ich das bewerkstelligen? Mit diesen verrückten Mashraten vielleicht?«

Ich konnte mir den Spott nicht verkneifen. Wieder lachte Cau Thon.

»Nein, die sind Mittel zum Zweck. Genauso wie die Mordred. Die Mächte, die dahinter stehen, sind entscheidend.«

Doch die wollte er mir ja nicht nennen! Wir drehten uns im Kreis. Ich wurde ungeduldig. Cau Thon schein dies zu bemerken.

»Du wirst vorerst den Anweisungen der Nummer Eins der Mordred Folge leisten. Er ist fähig und reich an Erfahrung, um Rhodan zu trotzen. Fällt Rhodan, fällt die Milchstraße. Die Zellaktivatorträger sind wie immer der Schlüssel«, fuhr Cau Thon fort.

Ein Lichtblitz erhellte für einen kurzen Moment das Firmament. Ich blickte nach oben und sah ein weiteres Raumschiff auf den Asteroiden oder Mond zusteuern.

»Das sind eure Verbündeten. Ein mächtiges Volk aus einer fernen Galaxis.«

Das Raumschiff war in der Tat gewaltig. Es glich einem stählernen Adler. Die Spannweite musste über tausend Meter betragen, ebenso die Länge des fremden Raumschiffes.

Ja, es wirkte wahrlich mächtig.

»Die Dorgonen werden euch im Aufbau unterstützen, bevor euer Krieg mit Camelot ausbricht«, erläuterte Cau Thon.

»Und was ist mit dir?«

»Nun, ich werde die Milchstraße verlassen. Doch ich habe ein Abschiedsgeschenk für dich.«

Cau Thon zückte ein langes, goldenes Schwert und überreichte es mir. Welche Ironie. Zu einem Ritter gehörte natürlich auch ein Schwert. Ob mir die antiquierte Waffe jedoch nützlich sein würde, bezweifelte ich.

»Trage dieses Schwert mit Stolz und Würde. Es ist aus Carit, einer Legierung des Ultimaten Stoffes. Dieses Schwert wird dich stets im Kampf unterstützen.«

Ich nahm es. Es war trotz der Größe und Länge federleicht. Es hieß, Ultimater Stoff würde von Kosmokraten benutzt. Dieses Schwert war ein Zeichen von Cau Thons Macht. Ich vertraute ihm nun. Er hatte mir mit dem Auftauchen des dorgonischen Adlerraumschiffes und der Übergabe des Schwertes eindrucksvoll demonstriert, dass nicht nur leere Worte hinter seinen Aussagen standen.

Cau Thon packte mich an den Schultern.

»Bruder! Wir sehen uns wieder. Ich zähle auf dich. Bekämpfe Rhodan und verändere das Schicksal deiner Heimatgalaxis zum Besseren. Wenn deine Mission beendet ist, kreuzen sich unsere Wege erneut.«

Ich wollte noch etwas erwidern, doch Cau Thon verschwand von einer Sekunde zur anderen. Der blaue Strahl erlosch und das H-förmige Raumschiff verließ den Asteroiden.

Ich betrachtete das Caritschwert und wiegte es in der Hand, während das imposante Adlerraumschiff der Dorgonen nun direkt über der Raumstation schwebte.

Meine Entscheidung war gefallen. Ich würde fortan der Mordred dienen und Rache an Perry Rhodan und seinen Vasallen üben.

Das war also nun mein Schicksal. Der Cameloter Cauthon Despair war tot. Vergangen im Feuer, welches durch die eigenen Leute verursacht wurde. Alle die mir einst etwas bedeuteten waren tot oder hatten mich verraten.

Doch ich lebte. Der neue Cauthon Despair lebte.

Der Silberne Ritter.

 

ENDE

 

 

Das Schicksal von Cauthon Despair hat eine tragische Wende genommen. Aus dem jungen, deprimierten Jungen ist der Silberne Ritter geworden. Damit hat er endgültig seinen Weg zum Sohn des Chaos eingeschlagen.

Im nächsten Roman wird die Handlung im Jahre 1285 NGZ fortgeführt. Es geht um den Jungfernflug des neuesten Luxusraumschiffes der Kosmischen Hanse.

DER FLUG DER LONDON

ist der Titel von Dorgon 4, welcher ebenfalls von Nils Hirseland geschrieben wurde.