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Band 106

Rideryon-Zyklus

Krieg in Andromeda

Die Völker Andromedas kämpfen um ihre Freiheit

Jürgen Freier

Cover

1. Zwischen Vergangenheit und Zukunft

Tefrod, Ende September 1307 NGZ

Joak Cascal

Die fünfzig INVINCIBLE II-Kreuzer der 777. RED fielen im Tefa-System aus dem Hyperraum. Ich hatte die Kommandanten der uns begleitenden Fragmentraumer gebeten, sich General McHenry anzuschließen, um gemeinsam die Nachschublinien anzugreifen. Durch die 3000-Meter-BOXEN würde McHenry in der Lage sein, auch Geleitzugkonvois zu attackieren, die durch SUPREMO A-Schiffe geschützt wurden. Durch die Unterstützung der Posbis würde unsere Position schrittweise besser werden. Doch vorläufig war das Quarterium noch immer um den Faktor 5 überlegen, ein Vernichtungsschlag in Richtung Terra war möglich und wahrscheinlich.

Admiral Higgins hatte darum gebeten, dass die 777. auf Tefrod Stellung beziehen solle, da ihm keine Raumeingreiftruppen zur Verfügung standen. Dadurch würden wir zwar die taktische Beweglichkeit verlieren, aber die Verfügungsgewalt über eigene Kampftruppen war für ihn und Rhodan unverzichtbar. Mir wäre wesentlich wohler gewesen, wenn zumindest die BOXEN ebenfalls auf Tefrod stationiert worden wären, aber mir war klar, dass die Jagd auf die Geleitzüge im Moment wichtiger war.

Ich führte die kleine Flotte fast senkrecht zu der Ekliptik des Systems in Richtung des dritten Planeten. Die wolkenverhangene Kugel Tefrods wurde innerhalb des Holo-Gefechtsprojektionskubus sichtbar, der im Zentrum der Zentrale der DERINGHOUSE hing. Langsam wurde die Kugel größer und Details der Oberfläche zeichneten sich ab. Der Kreuzer stürzte auf den Hauptkontinent Virfedor zu, an dessen Westküste Vircho, die Hauptstadt des Planeten, lag.

Etwas außerhalb der Stadt, auf der Nazar-Ebene, befand sich der ausgedehnte Raumhafen. Um den Prallschirm des Schiffes bildete sich ein lodernder Feuerschweif, der den Eintritt in die Atmosphäre des erdähnlichen Planeten zeigte. Der Pilot verzögerte die Fahrt und schaltete auf den Antigrav-Antrieb um, wir wollten nicht durch unsere Landung alles in Schutt und Asche legen. Wenig später landete die Kugel sanft wie eine Feder auf dem riesigen Areal.

Wir waren im Zentrum des Exils der Ersten Menschheit angekommen.

*

Ein größerer Gleiter näherte sich von der Küste. Die in militärischen Tarnfarben gestrichene Maschine landete unweit der DERINGHOUSE. Seitlich öffnete sich ein Schott und ein hochgewachsener Mann in einem dunkelblau schimmernden Anzug schwebte zu Boden. Auf der rechten Brustseite trug er ein seltsames, silbernes Relief.

Ich musste das Holo nicht vergrößern, um unser Begrüßungskomitee zu erkennen: Der Terranische Resident hatte sich persönlich herbemüht, um uns auf Tefrod willkommen zu heißen. Endlich schien der Ernst der Situation bis zu ihm durchgedrungen zu sein, zumindest sollte man den angelegten Galornenanzug entsprechend interpretieren können.

Um meine Anspannung abzubauen, machte ich einige Atemübungen, die ich in grauer Vergangenheit von Atlan gelernt hatte. Ich musste sachlich bleiben, musste meine Vorbehalte gegen die Appeasementpolitik der Ligaführung unterdrücken. Dann begab ich mich auf den Weg nach draußen, um den Residenten zu begrüßen.

*

Rhodan musterte mich mit zusammengekniffenem Mund. Schließlich verzog sich sein Gesicht zur Andeutung eines Lächelns.

»Willkommen Joak! Es fällt mir zwar schwer, aber ich bin froh, deinen sturen Eisenschädel auf Tefrod zu sehen!«

Es dauerte einen Moment bis ich begriff, dass Rhodan eine zweideutige, durchaus zynische Bemerkung mit seiner Begrüßung verknüpft hatte. Ich ließ einige Momente verstreichen, bis ich antwortete.

»Naja, ich wäre eigentlich auch viel lieber woanders. Aber – eines sollte man doch bedenken: lieber einen Eisenschädel als ein zermatschtes Gehirn.«

Das war nicht besonders geistreich, aber in der Eile fiel mir nichts Besseres ein. Rhodans Mund verzog sich zu einem Grinsen, das keine doppelte Bedeutung mehr hatte. Jetzt endlich erinnerte er mich an den alten Risikopiloten, mit dem man durch Dick und Dünn gehen konnte. Ein Teil der Tünche aus Seriosität und Verantwortung, die ihn zentimeterdick bedeckte und blockierte, fiel von ihm ab. Vielleicht würde sich unsere Zusammenarbeit doch angenehmer gestalten, als ich gedacht hatte.

Wie um meine Gedanken zu bestätigen, machte Rhodan einige Schritte auf mich zu und umarmte mich. Der Risikopilot hatte endgültig das beengende Korsett des Residenten abgelegt.

»Komm steig ein, wir sind zu einer Besprechung mit dem Virth auf die Regierungsinsel geladen. Seine Exzellenz Tamrat Sha Otarin möchte mit uns die aktuelle Lage erörtern.«

Wenig später waren wir auf dem Weg. Der Gleiter fädelte sich in den nachmittäglichen Verkehr über der Hauptstadt ein. Er schien wohl über eine Art Überranglegitimation zu verfügen, die es ihm ermöglichte, ohne Staus die Regierungsinsel zu erreichen. Was mir dabei besonders auffiel, war der friedfertige Eindruck, den die Hauptstadt und das ganze Umfeld boten. Selbst im Terrania der LFT war mehr Militär sichtbar. Die Tefroder schienen, nach dem Ende der Meister der Insel, in einer überaus friedvollen Gesellschaft zu leben. Nicht, dass ich ihnen das nicht zugestand, aber für die bevorstehenden Auseinandersetzungen war ausgeprägter Pazifismus nicht gerade hilfreich.

Der Gleiter landete schließlich auf einem kleinen Flugfeld inmitten der Regierungsinsel. Perry und ich stiegen aus und wurden von einer kleinen Delegation begrüßt. Der Virth war an seiner konservativen Kleidung gut zu erkennen, er trug als Einziger eine hochgeschlossene, hemdähnliche Jacke und eine Kopfbedeckung, die mich an einen jener uralten terranischen Zylinder erinnerte.

Für mich als Verhandlungspartner wesentlich interessanter war der Maahk, der durch einen klobigen Schutzanzug vor der für ihn giftigen Atmosphäre geschützt wurde. Sein Name war nicht schwer zu raten: Es war der Vorteil der Methanatmer, dass Individuen, die berechtigt waren, für die Gesamtheit der Maahks zu sprechen, immer den Namen Grek-1 trugen.

Die Verhandlungen zogen sich hin, ohne dass wir wesentliche Fortschritte machten. Die Maahks misstrauten uns, was ich ihnen nicht verübeln konnte, und wollten den Kampf gegen Jenmuhs allein führen. Die Tefroder glaubten trotz des Ultimatums und der Kriegserklärung, dass sie in dem Konflikt weitgehend neutral bleiben könnten. Wir einigten uns schließlich darauf, dass wir nach einem geeigneten Stützpunkt suchen würden, um Jenmuhs im Auge zu behalten. Nachdem der offizielle Teil vorbei war, wurde uns noch die Tochter von Sha Otarin vorgestellt. Shara Otarin war eine typische Tefroderin, groß gewachsen, schlank, samtbraune Haut und blauschwarze Haare, die in der Sonne geheimnisvoll schimmerten. Mein Ego kam wieder zu Kräften. Sie war genau die Richtige, um meine durch Anya Guuze verletzte Seele zu heilen.

*

Perry, Shara, Remus und ich waren unterwegs. Unterwegs war gut – eigentlich waren wir stöbern. Wir durchsuchten alte Aufzeichnungen aus der Zeit der Meister der Insel. Der Virth hatte seine Tochter gebeten, uns mit ihrer Ortskenntnis bei der Suche nach einem Stützpunkt zu unterstützen. Für mich war es geradezu erschreckend, wie wenig sich die Tefroder mit der Epoche der Meister der Insel beschäftigten. Diese immerhin mehr als 25.000 Jahre ihrer Geschichte wurden fast vollständig ausgeblendet und verdrängt. Die alten Anlagen waren stillgelegt und dann vergessen worden. Ich mochte nicht daran denken, was da alles von den Hinterlassenschaften der Herrscher Andromedas noch auf seine Wiederentdeckung wartete. Es war unser Glück, dass Shara sich privat für diese Hinterlassenschaften interessierte und sie als die Tochter des Virths natürlich unbegrenzten Zugang hatte. Ohne sie wäre unsere Suche vergeblich geblieben.

Ich fand es faszinierend, die alten Dokumente, Aufzeichnungen und Datenbanken zu durchstöbern. Dabei stießen wir bereits ganz am Anfang auf eine Überraschung. Viele Aufzeichnungen waren nicht zugänglich, da sie in einem verschlüsselten Holo-Format abgespeichert waren. Nach unseren Kenntnissen war die Aufzeichnungstechnik als Hologramm aber erst ab den ersten Jahrhunderten der Neuen Galaktischen Zeitrechnung möglich. Dass die Meister der Insel über diese Technik verfügt hatten, war absolut unbekannt.

Doch so interessant diese Entdeckung auch war, im Moment konnten wir uns nicht darum kümmern. Ein kurzer Blick zu den anderen bestätigte meine Ansicht. Die verschlüsselten Speicherkristalle wurden beiseite gelegt und weiter ging es.

Schließlich ließ mich ein leiser Ruf des Erstaunens aufblicken. Shara, die Tochter des Virths, schien etwas entdeckt zu haben. Auch Perry und Remus wurden aufmerksam. Die Tefroderin legte einen Speicherkristall in einen Datenprojektor und auf einer Projektionsfläche wurde ein Planet sichtbar. Fragend blickte ich in ihre durch Mascara stark betonten Augen. Sie schenkte mir ein belustigtes Blinzeln.

»Dies ist der fünfte Planet unseres Systems, eine Welt, die für uns keinerlei Bedeutung hat. Der Planet entspricht von der Größe und Beschaffenheit in etwa dem ehemaligen Mars, nur ist er viel kälter. Nach diesen Aufzeichnungen muss sich auf dieser Welt ein kompletter Geheimstützpunkt der Meister der Insel befinden, mit unterirdischen Hangaranlagen für Hunderte von Schiffen.«

Es war Perry, der ihr antwortete:

»Diese Station ist genau das, was wir suchen. Der Planet verfügt über keinerlei sichtbare Anlagen und dürfte von einem eventuellen Angreifer als unbedeutend eingestuft werden. Können wir uns die Station ansehen?«

»Natürlich, ich denke, dass Joak«, dabei zwinkerte sie mir wieder verschwörerisch zu, »gern bereit ist, ein Schiff zur Verfügung zu stellen.«

Und ob ich das war. Wir verabredeten, dass wir mit der DERINGHOUSE am nächsten Morgen den Planeten erkunden wollten.

Doch in der Nacht hatte ich noch eine andere Erkundung vor. Shara hatte mich durch ihr Verhalten unmissverständlich in ihr Bett eingeladen. Und ich wäre ein Narr gewesen, wenn ich diese Einladung nicht angenommen hätte.

Doch irgendetwas lief falsch. Gut, wir verstanden uns blendend, unterhielten uns die ganze Nacht, alberten wie zwei Geschwister herum, doch dieses unmissverständliche Etwas, dieses eindeutige Gefühl, das Mann und Frau zueinander zog, kam zwischen uns nicht auf. Ich fragte Shara irgendwann danach und erhielt zur Antwort, dass es ihr ebenso gehe.

Hinterlassenschaften und Rätsel über Rätsel

Es war für die DERINGHOUSE nur ein Katzensprung und für mich eine willkommene Abwechslung. Nach einigen Umkreisungen setzten wir zur Landung an. Da wir inzwischen so etwas wie ein Bündnis mit den Tefrodern eingegangen waren, hatte ich nichts dagegen, dass Shara in der Zentrale des Kreuzers anwesend war.

Außerdem waren noch Aurec und Sha Otarin an Bord gekommen. Der Saggittone wollte persönlich die Überreste der Meister der Insel begutachten und den Virth interessierten natürlich die Hinterlassenschaften seiner Vorfahren. Die LEIF ERIKSSON war auf Tefrod zurückgeblieben.

Ich war gerade dabei, Shara die Technik der DERINGHOUSE zu erklären, was mir ein wissendes Grinsen von Perry einbrachte, als die Alarmsirenen durch das Schiff kreischten. Direkt vor uns in Flugrichtung entstanden plötzlich unbekannte hyperenergetische Stoßfronten in der Atmosphäre.

Bevor ich reagieren und entsprechende Befehle geben konnte, kam mir Perry zuvor. Der Terranische Resident zeigte mal wieder, warum man ihn früher als Sofortumschalter bezeichnet hatte. Ich nahm die Position des Feuerleitoffiziers ein, es lag nahe, dass irgendwelche Hinterlassenschaften aus der Zeit der Meister der Insel zu neuem Leben erwacht waren.

Die DERINGHOUSE fing an, wie ein junges Fohlen zu bocken, und ein nervenzerreißendes Kreischen erfüllte die Zentrale. Ich ließ die Zielerfassungen sämtlicher Waffensysteme nach einem Ziel suchen, doch nichts, absolut keinerlei energetische Aktivitäten wurden erkennbar. Das Kreischen wurde immer unerträglicher, um dann plötzlich abzubrechen. Ich hörte den Befehl Perry Rhodans, doch irgendetwas sagte mir, dass es längst zu spät war.

»Vorsicht Situationstransmitter, Gegenschub mit allem, was wir haben!«

Vor uns baute sich ein flammender Ring auf, der das Schiff in sich zog. Nachdem die DERINGHOUSE entmaterialisiert war, würde der Feuerring erlöschen. Nichts, überhaupt nichts würde darauf hinweisen, dass sich hier vor wenigen Sekunden ein Schiff befunden hatte. Das war mein letzter Gedanke vor dem Entzerrungsschmerz.

*

Ich blickte auf den Holo-Kubus, der unsere Umgebung zeigte. Perry und Aurec waren neben mich getreten, während sich Shara in meine Arme geflüchtet hatte. Was wir in der Holo-Darstellung zu sehen bekamen, verschlug uns die Sprache.

Wir befanden uns mitten in einem riesigen Felsendom und schwebten, wohl durch projizierte Prallfelder gehalten, etwa zwanzig Meter über dem Hallenboden des halbkugelförmigen Raumes. Ein Blick zu Perry zeigte mir, dass der Unsterbliche genauso verblüfft war wie ich. Da war eine Technik am Werk, die der unseren überlegen war. Und soweit ich es beurteilen konnte, stammte diese Technik unmöglich von den Meistern der Insel.

Ein Raumschiff durch einen Situationstransmitter zu entführen und dann in einem geschlossenen Raum in Sekundenbruchteilen faktisch auf null abzubremsen, ohne dass das Schiff an den Wänden zerschellte, ging weit über unsere technischen Möglichkeiten hinaus.

Wenig später meldete Leutnant di Ravola, die Ortungsoffizierin, dass unsere aktive Ortung blockiert wurde. Sowohl die Normalortung als auch die Überlichtsysteme versagten außerhalb eines Radius von dreißig Metern um das Schiff. Es war, als ob das Schiff vom Nichts umgeben wäre. Doch dem war nicht so, wie die passiven Ortungssysteme zeigten.

Perry und Aurec waren hinzugekommen und verfolgten interessiert die Ergebnisse der Ortungsversuche. Der Terraner schlug vor, einen Gegenstand mit einem Traktorstrahl vom Schiff wegzubewegen.

Die Idee war hervorragend, und nach wenigen Minuten schwebte ein MODULA-Kampfroboter aus einer Schleuse. Der Roboter verzichtete auf den Einsatz seiner Systeme, er wurde ausschließlich durch den Traktorstrahl gehalten. Langsam näherte er sich der ominösen Grenze. Gebannt beobachteten wir, was beim Überschreiten passieren würde.

»Vier, drei, zwei und eins!« Leutnant di Ravola zählte langsam herunter. Jetzt war es soweit. Der Robot überschritt die ominöse Linie und … stürzte aus einer Höhe von etwa sechzig Metern auf den Hangarboden. Er kam donnernd auf und blieb liegen. Ein komplexes Stück terranischer Technik war in Schrott verwandelt worden.

Es schien, als ob sämtliche Systeme des MODULA bei Überschreiten der Linie ausgefallen wären. Wir saßen fest. Ich würde meine Pension verwetten, wenn irgendwelche energetischen Systeme außerhalb der Zone um den Kreuzer funktionieren würden.

Da kam mir eine Idee, wie wir wenigstens nach draußen kommen konnten. Strickleitern, wir mussten Strickleitern bauen!

*

Meine Idee hatte funktioniert. Endlich hatten wir die ominöse Grenze hinter uns gelassen, und Perry war ebenfalls noch etwas eingefallen, so dass wir nicht ganz wehrlos waren. Wie vermutet, unterband irgendetwas sämtliche Energieübertragungen. Damit funktionierten auch keinerlei Strahlenwaffen. Ich blickte noch einmal zurück und stellte die Zieloptik meiner Thermorak scharf.

Innerlich musste ich grinsen. Gelobt sei die Bürokratie der LFT, vor der selbst die Posbis kapitulieren mussten. An Bord eines terranischen Schiffes musste ein Satz Projektilwaffen mitgeführt werden. Nach diversen Entwicklungsmustern wurde eine Waffe entwickelt, bei der Mini-Raketengeschosse als Munition verwendet wurden. Zusammen mit Shara und Aurec wollte ich zum Ende des Hangars vorstoßen, während Perry, Remus und Will uns den Rücken sichern würden. Doch es kam alles anders.

Gerade als wir das Hangarende mit einem klobigen Schott erreicht hatten und dieses öffnen wollten, rematerialisierten plötzlich etwa zwanzig Kampfroboter. Vom Aussehen erinnerten sie stark an terranische TARAS, jedoch waren sie etwas graziler. Und bei ihnen funktionierte die moderne Technik, wie das blaue Leuchten der Feldbegrenzungsschicht von individuellen Paratronschirmen zeigte. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff.

Verloren, wir hatten verloren. Hier hatten wir mit unseren Thermoraks keinerlei Chancen. Sollten die Meister der Insel letztendlich doch noch gesiegt haben? Eines war mir klar: Wenn wir hier starben, würde das Quarterium den Sieg davontragen. Siniestro als der neue Führer der Menschheit! Mir wurde übel.

Doch nichts geschah, und meine grauen Zellen begannen, wieder zu arbeiten. Hier stimmte nichts, einfach gar nichts. Roboter aus der Zeit der Meister der Insel mit Paratronschirmen! Was ging hier vor? Waren wir auf die Hinterlassenschaft eines Zeitexperimentes gestoßen? Es konnte nicht die Wirklichkeit sein. Wenn Mirona Thetin und ihre Verbrecherclique über diese Technologie verfügt hätten, wäre das Solare Imperium sang- und klanglos untergegangen.

Doch plötzlich erloschen die Paratrons. Die Roboter senkten die Waffenarme und traten zurück. Aus einem Kommunikationsgerät ertönte eine unmodulierte Stimme.

»Willkommen Maghan, bitte folgt den Robotern in die Zentrale.«

Ich blickte auf und bemerkte, dass Aurec, der inzwischen zu uns getreten war, von einer Art Aura umhüllt wurde, die im gleichen Moment erlosch.

Wir hatten wohl gerade einen Test durchlaufen und bestanden. Aurec hatte bestanden. Nur wurde die Lage immer verworrener. Was hatte Aurec mit den Meistern der Insel zu tun? Ich aktivierte versuchsweise mein Kommunikationsgerät. Tatsächlich, das Gerät funktionierte wieder. Die Energiesperre oder was immer uns da blockiert hatte war aufgehoben.

Ich nahm Verbindung mit Oberstleutnant Mezhal, dem Kommandanten der DERINGHOUSE auf und berichtete ihm von der Entwicklung. Der Epsaler erhielt die Order, nichts zu unternehmen und vor allem keine Maßnahmen zu ergreifen, die als feindlich interpretiert werden konnten.

Oberstleutnant Mezhal bestätigte meine Anweisungen und teilte mir noch mit, dass der Virth beabsichtigte, ebenfalls zu uns zu stoßen. Ich willigte ein, schließlich befanden wir uns im Kerngebiet des tefrodischen Reiches.

*

Wir waren um einige Antworten reicher, aber die Rätsel und Ungereimtheiten hatten sich eher noch vergrößert. Ich saß mit Aurec und Perry in der Messe der DERINGHOUSE zusammen und beobachte mit ihnen das Eindocken meiner fünfzig INVINCIBLE II-Kreuzer. Im Gegensatz zu unserer Ankunft wurden sie auf normalem Wege eingeschleust.

Perry würde mit der LEIF ERIKSSON und den Resten der Terranischen 8. Flotte unter Admiral Higgins das Tefa-System wieder verlassen und versuchen, Jenmuhs weiter an der Nase herumzuführen. Die 777. würde jedoch auf dem Stützpunkt bleiben. Wir mussten nur die nächsten zwei bis drei Wochen überstehen, dann würden die Verstärkungen aus der Milchstraße eingetroffen sein, die es uns endlich ermöglichen würden, gegenüber Jenmuhs in die Offensive zu gehen.

Die Entwicklung innerhalb des alten Stützpunktes der Meister der Insel war interessant. Zusammen mit dem Virth waren wir den Robotern in die Zentrale der alten Station gefolgt. Es war tatsächlich so, dass Aurec uns gerettet hatte. Mehr noch, Aurec war als weisungsberechtigt anerkannt worden. Über die Gründe konnten wir nur mutmaßen.

Auf seine Frage nach einem Zusammenhang zwischen ihm und den Meistern der Insel verweigerte die zentrale Positronik der Station jede Auskunft. Nur so viel war dem Zentralrechner zu entlocken, dass irgendwann in der Vergangenheit eine Sicherheitsschaltung angesprochen hatte und den Renegaten die Kontrolle über wesentliche Bereiche der Technik entzogen hatte. Genauere Angaben wurden wiederum verweigert.

Der Begriff Renegaten wurde übrigens von der Positronik verwendet, sodass die Ziele der Meister der Insel ursprünglich andere gewesen sein mussten. Interessant war auch, dass neben Aurec auch Perry als weisungsberechtigt anerkannt wurde. Ich übrigens nicht, was mir schon etwas negativ aufstieß. Natürlich, die Gutmenschen waren etwas Besonderes!

Anschließend war noch ein Ereignis eingetreten, das vor allem den Virth betraf: Seine Tochter war verschwunden. Das Zentralgehirn der Station hatte erklärt, dass sie auf ihre Aufgabe vorbereitet werden müsse.

Darüber hinaus wieder die übliche Angabe: keine Berechtigung, was mich wiederum beunruhigte: selbst Aurec und Perry schienen hier nur bedingt als weisungsbefugt eingestuft werden. Was, wenn dieser alte Blechkasten plötzlich beschloss, dass uns überhaupt keine Berechtigung mehr zustand?

2. Zweifelhafte Bündnispartner

»Der Feind meines Feindes ist mein Freund!«

Anonymes altterranisches Sprichwort

Die Hexenmeisterin

Die kleine Flotte der eiförmigen Raumschiffe trat am Rande der Zentrumszone aus dem übergeordneten Kontinuum. Vor den Abgesandten der Entropischen Völkerallianz lag das Tefa-System, dessen dritter Planet Tefrod das Ziel der Abordnung war. Gleichzeitig war die 2. Expeditionsflotte in der Zentrumszone in Wartestellung gegangen. Der 25.000 Schiffe umfassende Verband war bereit, die Entropie gegen die Handlanger MODRORS zu verteidigen.

Der Sekundärentrope, der im Augenblick dafür zuständig war, die Gelüste seiner Herrin zu befriedigen, erinnerte an einen schlanken Galornen. Katryna Lyta Sharonaa versetzte ihm einen mentalen Schlag, der den Humanoiden sämtliche Ängste seines Unterbewusstseins erleben ließ und zu einem sabbernden Idioten machte. Viele seiner Rasse überstanden die Erinnerungen an das kollektive Trauma ihrer Rasse nicht ohne schwerwiegende psychische Folgen.

Constance, eine ihrer Adjutantinnen, versuchte immer wieder, diese Wracks zu heilen! Katrynas Laune wurde noch schlechter, als sie an Aynahs ehemaligen Schützling dachte. Sie musste auf die »Gefühlvolle«, wie Zabryna sie einmal spöttisch genannt hatte, ein Auge haben.

Constance schlug völlig aus der Art, sie war ihr absolut unverständlich. Aynah war eine machtbesessene, äußerst selbstbewusste Hexe mit ausgeprägten sexuellen Bedürfnissen gewesen, die einen wesentlichen Beitrag bei der Entmachtung der Konservativen leistete, die den längst überholten Lehren der Schwestern der Entropie anhingen.

Sie hatte Gerüchte gehört, dass Constances ehemalige Mentorin bei der bis heute ungeklärten Ermordung der Vorgängerin von Adelheid ihre Finger im Spiel hatte. Wie konnte es sein, dass das Ergebnis ihrer Erziehung die lebensuntüchtige, verlegene und völlig unselbstständige Persönlichkeit Constances war, die sich angesichts der kleinsten Schwierigkeit in ein zitterndes Nervenbündel verwandelte?

Unwillig schüttelte sie diese Gedanken ab. Es war nicht ihre Aufgabe, sich um den geistigen Zustand der »Gefühlvollen« zu kümmern, das sollte Adelheid gefälligst selbst erledigen. Sie hatte schließlich, nachdem sich diese Zicke Aynah plötzlich in Luft aufgelöst hatte, die Verantwortung für Constance übernommen. Aber irgendetwas stimmte mit der »Gefühlvollen« nicht, ihr Verhalten war einfach nicht normal.

Der Sekundärentrope hatte inzwischen sabbernd und klagend die Suite verlassen, was sie wieder an die ursprüngliche Ursache ihrer schlechten Laune erinnerte.

Es war einfach beschämend, ihrer als Hexenmeisterin unwürdig, dass sie auf Anweisung des Rates der Wächterinnen ihre menschliche Gestalt während der gesamten Mission beibehalten musste, selbst an Bord der entropischen Schiffe. In ihr konnte sie nicht durch diese Versager befriedigt werden, dazu brauchte sie die Kraft und Macht ihrer Hexengestalt.

Aber das war ihr verboten. Sie hatte sich zwar schon häufig über Verbote hinweggesetzt, aber hier an Bord waren einfach zu viele Augen, und die Primärentropen würden sie mit dem größten Vergnügen an den Rat melden, etwas, was sie überhaupt nicht brauchen konnte.

Es war an der Zeit, dass sich innerhalb der Machtstruktur Entropias etwas grundlegend änderte. Der Rat der Wächterinnen hatte ausgedient, war ein Überbleibsel der Vergangenheit. Ihr Ziel als Hexenkönigin bestand darin, die alleinige Macht zu ergreifen. Sie murmelte dieses verfemte Wort nochmals genüsslich vor sich hin: Hexenkönigin.

Dann würde sie die Macht haben, die alleinige Macht über die Hexen auszuüben. Es würde es keine unsinnigen Beschränkungen mehr geben. Die Hexen waren das beherrschende Volk Entropias, und die Volksgemeinschaft, wie sie von den Schwestern der Entropie nach den dunklen Jahrhunderten durchgesetzt wurde, war ein Irrweg.

Sie aktivierte das Interkom und bestellte Zabryna zum Rapport. Das Miststück wusste genau, dass ihr weiterer Aufstieg untrennbar mit dem ihren verbunden war. Würde die Hexenmeisterin fallen, dann war auch sie am Ende. Und das würde sie ausnutzen. Sie brauchte nach der Enttäuschung mit dem Sekundärentropen Entspannung, vor allem da ihr eine ungeliebte Aufgabe bevorstand. Ihre Wut auf den Rat der Wächterinnen wurde noch größer, als sie an die Anweisungen bezüglich dieses überbewerteten männlichen Irrtums der Schöpfung dachte: Unterstützung um jeden Preis, dem chauvinistischen Erben des Universums durfte nichts geschehen, als Befehlshaberin der entropischen Expeditionsflotte hatte sie dafür zu sorgen, dass die Sicherheit Perry Rhodans garantiert werden würde.

Einen Moment lang malte sie sich aus, wie sich dieser Resident unter ihr winden würde und wie sie sich in ihre Hexenform wandeln … Nein, das brachte nichts, sie konnte nicht … Wütend warf sie die Tasse mit dem Tee an die Wand. Die Tasse zerschellte über dem Türschott und der Rest des Gebräus lief nach unten, wo gerade Zabryna dabei war, die Tür zu öffnen. Es war natürlich nicht zu vermeiden, dass sie getroffen wurde. Wütend zischte sie dieses falsche Luder an, das sich beeilte, ihrer Herrin zu Diensten zu sein.

Katrynas Ankunft

Interessiert betrachtete die Liliam die entgegenkommenden Männer. Gönnerhaft wandte sie sich Zabryna zu, die neben ihr stand.

»Merke dir eines, Liebes: Auch Männer anderer Rassen haben zu dir zu kommen und nicht umgekehrt, auch wenn das in ihren primitiveren Kulturen anders läuft. Wir haben das Sagen, die haben zu kuschen. Sonst steht bald die Welt Kopf! Gehorsam ist die ihnen von Natur aus zustehende Rolle. Lasse sie noch ein wenig auf der Stelle treten, um sie daran zu erinnern, bevor du sie mit deiner Anwesenheit beglückst.«

Nach einigen Minuten öffnete sich die Bodenschleuse des eiförmigen Giganten und auf einer Antigravplattform schwebten sie auf den Raumhafen. Die Liliam wurden durch eine Siebenschaft Tertiärentropen und vier Sekundärentropen begleitet. Die haluterähnlichen Riesen sprangen von der Plattform und bauten sich gegenüber den wartenden Menschen auf. Ihr ganzes Gehabe wirkte martialisch und bedrohlich. Wieder warteten die Frauen. Sie genossen die Situation. Schließlich erbarmten sie sich und folgten ihren Untergebenen.

Zabryna baute sich vor den Tertiärentropen auf. Sie trug eine äußerst gewagte Kombination, die mehr zeigte, als sie verbarg. Mit wiegenden Hüften steuerte sie auf den Terranischen Residenten zu. Dieser wich einige Schritte zurück. Die körperliche Nähe der Hexe war ihm sichtlich unangenehm.

»Ich freue mich außerordentlich, Sie endlich kennenzulernen. Auf Entropia haben Sie einen geradezu legendären Ruf, Resident. Alle Liliam werden mich beneiden, dass ich Sie persönlich kennenlernen durfte.«

Dann wandte sie sich an den Virth, der neben Perry stand.

»Exzellenz, könnten Sie mich bitte über die weiteren Planungen aufklären! Ich bin sehr daran interessiert, unser Bündnis gegen die Expansionsgelüste«, bei diesem Wort grinste sie die Männer anzüglich an, »des Quarteriums so schnell wie möglich unter Dach und Fach zu bekommen.«

Der Regent des tefrodischen Reiches schien von Zabrynas plumper Anmache äußerst angetan zu sein, denn mit einem jovialen Lächeln legte er einen Arm um ihre Schulter und antwortete:

»Ich darf Sie als Vertreterin einer befreundeten Macht in den Palast der Morgenröte auf der Regierungsinsel einladen. Dort werden wir bei einem geselligen Beisammensein hoffentlich schnell zu einer Einigung und zu einer Abgrenzung der gegenseitigen Interessen kommen.«

Nach diesen Worten dirigierte er die ganze Gesellschaft zu einem bereitstehenden Gleiter, der sie auf die vor der Küste gelegene Regierungsinsel bringen sollte.

Der Eklat

Der Virth ließ an einer großen Tafel alles auftischen, was Tefrod an Köstlichkeiten zu bieten hatte. Nachdem sie gesättigt waren, erhob sich die Hexe, ein Glas voll perlenden Wein in der Hand. Mit diesem prostete sie zuerst Perry Rhodan und dann dem Virth zu.

»Auf das Bündnis der positiven Kräfte des Universums. Tefrod als Vertreter der alten Menschheit, Terra als Vertreter der neuen Menschheit und Entropia als die mächtige Schutzmacht, die gegen die Kräfte der Finsternis und des Untergangs steht. Schließen wir den Bund der Stärke, der unter der Führung der Hexen das Quarterium und alle anderen Kreaturen MODRORS vernichten wird.«

Sie machte eine kurze Pause, die von dem Terranischen Residenten genutzt wurde, um seine Vorbehalte geltend zu machen.

»Ich danke der Vertreterin Entropias für das Entgegenkommen und bin als Vertreter der Liga Freier Terraner gern bereit, sowohl dem Tefrodischen Reich als auch der Entropischen Volksgemeinschaft im Falle eines Angriffes beizustehen. Wir werden …«

Weiter kam er nicht. Zabryna fiel ihm grob ins Wort.

»So war mein Angebot nicht gemeint. Wenn ich von einem Bund spreche, dann meine ich, dass wir selbst aktiv werden müssen und nicht darauf warten dürfen, bis uns die Horden MODRORS Tod und Vernichtung bringen. Das Verhalten des Terranischen Residenten zeigt wieder einmal deutlich, dass ein Mann aufgrund seiner genetisch bedingten Unterlegenheit nicht dazu geeignet ist, das gemeinsame Bündnis zu führen. Wir müssen selbst zum Angriff übergehen. Die Entropische Volksgemeinschaft hat eine Biowaffe entwickelt, durch die der Bedrohung durch das Quarterium ein für alle Mal ein Ende gesetzt werden kann. Diese Waffe, ein spezielles Virus, aktiviert sich über die Änderung der ÜBSEF-Konstante eines Lebewesens, die durch die Übernahme des finsteren Denkens MODRORS verursacht wird. Beim Menschen zerstört das aktivierte Virus den Hypothalamus, der das vegetative System steuert. Bei anderen Rassen …«

Ehe die Liliam weiterreden konnte, unterbrach sie Perry Rhodan.

»Niemals wird die LFT, nie werde ich das Einverständnis für einen solchen Plan geben. Das würde einem Völkermord entsprechen! Wir wären mindestens genauso schlimm wie das Quarterium, das wir bekämpfen. Unter diesen Umständen kann es keinerlei Bündnis zwischen uns und Entropia geben. Ich bitte deshalb die entropische Vertreterin, diese Besprechung zu verlassen.«

Rhodan wandte sich mit fragendem Blick an Sha Otarin. Die Entschlossenheit in Rhodans wasserblauen Augen schien einschüchternd auf den Virth zu wirken. Es schien, als seien die Rollen zwischen Gast und Hausherr vertauscht.

»Ich möchte Sie bitten, Tefrod zu verlassen, bis sich Ihre Meinung geändert hat«, entschied Sha Otarin und signalisierte damit, auf Rhodans Seite zu stehen.

Die Hexe musterte Perry Rhodan verächtlich. Mit ihrem Gefolge im Schlepptau verließ sie den Palast. Der erste Kontakt zwischen Terranern und Entropen war gescheitert.

Sorgen

Aurec blieb mit Perry im Palast zurück. Joak Cascal war in den Archiven verschwunden und suchte nach weiteren Erkenntnissen aus der Zeit der Meister der Insel.

Beide wussten, dass sie sich unter Umständen für lange Zeit nicht wiedersehen würden. Aurec hatte sich entschlossen, zusammen mit Joak Cascal im Tefa-System zu bleiben, während Perry wieder mit der LEIF ERIKSSON zu der unter Admiral Higgins wartenden Flotte stoßen würde.

Aurec war deprimiert, er vermisste Kathy. Auch die Information, dass seine Geliebte in der Obhut der Entropen war, konnte seine Sorgen nicht mindern. Wenn diese Zabryna eine typische Vertreterin der Hexen war, konnte man von Sicherheit für sie wohl kaum reden. Doch er hatte von hier aus keine Möglichkeit, etwas für sie zu tun. Und Saggittor, was war mit seiner Heimatwelt, deren Regent er auf dem Papier nach wie vor war?

Perry Rhodan gelang es, ihn in einem langen Gespräch klarzumachen, dass ihr Kampf gegen MODROR einen Sinn habe, dass nur der Widerstand gegen das Quarterium auch eine persönliche Zukunft für Aurec und Kathy eröffnen würde.

*

Von Pearl ausgehend erreichte die Vorhut der quarterialen Raumflotte Andromeda. Nachdem der Virth nochmals ein Ultimatum von Jenmuhs unbeantwortet gelassen hatte, stießen Stoßkeile der quarterialen Invasionsverbände direkt nach Tefrod vor. Die tefrodische Regierung leistete in Absprache mit Perry Rhodan keinen offenen Widerstand, der hätte nur zu einem Gemetzel an der Zivilbevölkerung geführt.

Zuvor war jedoch Perry Rhodan in den Tiefen Andromedas verschwunden, während Aurec und Joak Cascal endgültig in dem alten Stützpunkt der Meister der Insel untertauchten.

Am 28. September 1307 NGZ erreichte Jenmuhs mit dem Großteil der Flotte Tefrod. Er annektierte das tefrodische Reich und erklärte es zum Protektorat des Quarteriums. Voller Stolz ging die Meldung »Andromeda ist quarterial« nach Paxus.

*

Nemesis

Ich rufe Dich, Nemesis! Höchste!

Göttlich waltende Königin! Allsehende!

Du überschaust der vielstämmigen Sterblichen Leben.

Ewige, Heilige, Deine Freude sind allein die Gerechten.

Aber Du hassest der Rede Glast, den bunt schillernden,

immer wankenden, den die Menschen scheuen,

die dem drückenden Joch ihren Nacken gebeugt haben.

Aller Menschen Meinung kennst Du,

und nimmer entzieht sich Dir die Seele hochmütig und stolz,

auf den verschwommenen Schwall der Worte.

In alles schaust Du hinein, allem lauschend, alles entscheidend.

Dein ist der Menschen Gericht.

62. Hymne des Orpheus

*

Die 8. Terranische Flotte hatte sich wieder in die Tiefen des intergalaktischen Raumes zwischen Andromeda und den nahe gelegenen Galaxien der Lokalen Gruppe zurückgezogen. Perry Rhodan und Admiral Higgins beabsichtigten, die Kampfgruppen von General McHenry zu verstärken und den Druck auf die Geleitzüge aus Cartwheel zu erhöhen. Bereits jetzt wirkte sich die Ankunft der Verstärkungen aus der Milchstraße positiv für die Verteidiger aus.

Durch die Fragmentraumer der 3000-Meter-Klasse waren die Alliierten plötzlich in der Lage, jeden Geleitzug anzugreifen, da auch die SUPREMO A-Trägerschlachtschiffe einer BOX dieser Klasse nicht gewachsen waren. Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges hatte das Quarterium seine Überlegenheit an Großkampfschiffen eingebüßt. Dazu kam noch, dass die INVINCIBLE II-Kreuzer der »Deep-Space«-Variante für den Geleitzugkrieg wie geschaffen waren. Die schwerfälligen Frachtschiffe konnten durch die SUPREMOS nicht wirkungsvoll vor den Schweren Kreuzern mit ihren Raumjägern geschützt werden.

Im intergalaktischen Leerraum um Andromeda begann das große Sterben. Jenmuhs hatte, in völliger Verkennung der militärischen Lage, die SUPREMO A- und SUPREMO B-Trägerschlachtschiffe aus dem Geleitzugschutz herausgezogen und als Verstärkung nach Andromeda verlegt und dadurch die Geleitzüge samt ihrer verbliebenen Schutzflotte zum Abschuss freigegeben. Wo die Jagdgruppen der Ligaflotte noch zögerten, Vernichtungsangriffe gegen unterlegene Gegner zu führen, kannten die Posbis keine Skrupel. Ohne Erbarmen setzten sie die Feuerkraft der BOXEN dazu ein, Geleitzug um Geleitzug aus dem Leerraum zu fegen. Das Quarterium bekam zum ersten Mal seine eigene Medizin zu spüren.

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Blut ist dicker als Wasser

Die Verlustquote des als »Geleitzugschlacht im Nirgendwo« in die Annalen eingegangenen Blutbades drohte die Stabilität des Quarteriums zu gefährden, denn auf Seiten der LFT stand mit den Posbis ein gnadenloser Gegner. Zum ersten Mal seit dem allem galaktischen Recht Hohn sprechenden Überfall auf die friedliebenden Völker Siom Soms bekam das Quarterium die Schrecken des Krieges mit gleicher Münze heimgezahlt. Selbst die auf Hochtouren laufende Propagandamaschinerie der Siniestros schaffte es nicht mehr, die Verluste an Menschenleben zu verschleiern: Die Namenslisten der in der Lokalen Gruppe gefallenen Männer und Frauen sprachen eine zu deutliche Sprache.

In dieser Situation brauchte der Emperador Erfolge, Erfolge und nochmals Erfolge, um die wachsende Kritik an der Expansionspolitik zum Schweigen zu bringen. Gleichzeitig begann die CIP, mit immer brutaleren Mitteln gegen jede Oppositionsäußerung vorzugehen. Die im Zuge der »Artenbestandsregulierung« (ABR) eingerichteten Entsorgungslager wurden zunehmend mit internierten Kritikern des Systems gefüllt. Vor allem das Entsorgungslager Koshan wurde ab Mitte 1307 NGZ fast ausschließlich zur geplanten Vernichtung der Opposition genutzt. In den Sümpfen der Dschungelwelt führte eine gnadenlose Negativauslese zu entsprechenden Ergebnissen im Sinne des Regimes: Überleben bedeutete Kapitulation, Anpassung, Spitzeldienste, Unterordnung unter das System.

Der allmächtige Herrscher Cartwheels samt seiner blutigen rechten Hand, dem Silbernen Ritter, hatte natürlich von diesen Gräueln keine Ahnung; schuld war, wie könnte es auch anders sein, nur das Ungeheuer Niesewitz, das natürlich völlig selbstständig gegen die Anweisungen des Emperadors gehandelt hatte …

Robert Mohlburry

Ende September 1307 NGZ

3. Zu neuen Höhen

Paxus, Oberkommando Quarterium (OKQ)

Emperador Don Philippe Alfonso Jaime de la Siniestro war nervös. Der uralte Spanier war ein politischer Fuchs, der genau registrierte, dass die aktuellen Ereignisse das Ende seiner Herrschaft bedeuten konnten. Doch Don Philippe war nicht bereit, jetzt abzutreten. Im Gegenteil, er würde um die Macht und die Zukunft seiner Kinder kämpfen. Das verlebte Gesicht verzog sich zu einem zynischen Grinsen. Vor seinem inneren Auge erschien der Inbegriff der Schönheit und Jugend, der selbst in seinen alten Lenden noch für entsprechende Aktivitäten sorgte.

Rosan Orbanashol-Nordment oder besser: Rosan Orbanashol-Siniestro!

Innerlich gratulierte er sich zu seinem genialen Plan. Die Heirat mit der Halbarkonidin war die Chance, gegebenenfalls aus dem ganzen Schlamassel irgendwie heil herauszukommen. Doch, und da machte er sich nichts vor, es war nicht zu übersehen gewesen, dass außer Brettany keines seiner Kinder mit seiner Wahl einverstanden war. Besonders Stephanie, sein ganzer Stolz, begann ihm Sorgen zu bereiten. Warum konnten seine ältesten Kinder nicht Bretts Beispiel folgen und ihm einfach vertrauen? Bei dem Unfall, der zum Tod von Yasmin Weydner geführt hatte, waren nach seinem Geschmack einfach zu viele Ungereimtheiten im Spiel. Sein Instinkt, seine ganze Erfahrung, die er sich im jahrzehntelangen Intrigenspiel an den Höfen des spanischen Adels erworben hatte, sagte ihm, dass hier noch irgendjemand die Finger im Spiel hatte. Martyn Hubba war einfach nicht der Typ, eine solche Aktion ohne entsprechende Rückendeckung durchzuführen.

Ein Signal riss ihn aus seinen Gedanken. Der Schnelldrucker des Kommunikationsgerätes begann zu arbeiten und spuckte einen dicken Stapel dünn bedruckter Papierfolien aus. Mit einem Ächzen, das seine körperliche Unzulänglichkeit vorspielen sollte, erhob er sich aus dem bequemen Sessel. Wieder das zynische Grinsen. Bisher hatte er es wohl geschafft, allen außer Despair den alten, trotteligen Narren vorzuspielen, selbst seine Kinder fielen darauf herein. In Wirklichkeit, und er gedachte dies so schnell wie möglich seiner frisch angetrauten Ehefrau zu zeigen, war er voll auf der Höhe seiner körperlichen Leistungsfähigkeit. Doch es konnte nichts schaden, wenn jeder ihn unterschätzte.

Mit einem unbestimmten Gefühl des Grauens nahm er die Folien zur Hand. In diesem Punkt war er altmodisch und glich, es war geradezu suspekt, dem von ihm verachteten Niesewitz. Auch dieser stand auf gedrucktem Papier in jeder Form. Inzwischen hatte er wieder hinter dem pompösen Tafeltisch Platz genommen. Endlich, genau die Information, auf die er gewartet hatte. Die Operation »Weiße Wäsche« konnte beginnen.

Doch zuvor die Hiobsbotschaften. Der Krieg forderte seinen Preis, an der Front in der Lokalen Gruppe hatte das große Sterben begonnen. Mit einer kurzen Befehlsfolge aktivierte er die Interkom-Verbindung zu seinem wichtigsten Vertrauten. Wer hätte gedacht, dass durch MODROR sein Verhältnis zu dem Silbernen Ritter immer enger wurde. Cauthon Despair erschien ihm unter allen Söhnen des Chaos als Einziger noch einigermaßen normal zu sein, sofern man bei den Jüngern MODRORS überhaupt von normal reden konnte. Die Katastrophe, die sich in der Lokalen Gruppe anbahnte, erforderte die Anwesenheit des Quarteriumsmarschalls.

*

Der Emperador beobachtete sein Gegenüber. Wieder drängte sich eine Erinnerung auf. Der König und sein Erster Ritter. Beide, er und Despair hätten ohne Weiteres im Spanien des 15. Jahrhunderts alter Zeitrechnung leben können. Alles passte genau!

»Noch ein Glas Wein, Marschall?«

Despair nickte. Er hatte, seit sie zusammen die Lage erörterten, sogar seinen Helm abgenommen. Nichts war mehr von seinen Deformierungen zu sehen. Der Emperador wusste, auch das war ein Geschenk MODRORS. Der Kosmotarch konnte sehr großzügig sein, wenn es in seine Pläne passte.

Despair blickte ihn zweifelnd an. Es war ihm wohl bisher nicht gelungen, ihn zu überzeugen. Sein Blick fiel auf die Weinflasche. Ein wirklich guter Tropfen aus seinen privaten Lagen auf Siniestro. Seine Gedanken drohten abzuschweifen. Wie gern würde er dieses trostlose Monster aus Thermoplast, Terkonit und diversen Metalllegierungen durch sein Schloss Madrid ersetzen. Diese militärischen Zweckbauten besaßen einfach keine Kultur.

»Marschall, wir können die Invasion in die Lokale Gruppe jetzt nicht abbrechen. Glauben Sie mir, auch ich würde am liebsten unsere gesamten Streitkräfte nach Cartwheel zurückziehen. Aber das können wir nicht mehr tun. Wenn wir uns jetzt zurückziehen, würde das als Schwäche ausgelegt werden. Im gesamten Reich erhebt die Hydra der Opposition ihre Giftmäuler. Noch sind wir in der Lage, diese Mäuler abzuschlagen. Wenn allerdings bekannt würde, dass wir in der Lokalen Gruppe gescheitert wären, dann hätten wir eine Massenerhebung gegen uns. Deshalb müssen wir Jenmuhs in seinem Wahn unterstützen, Andromeda zu erobern. Wir brauchen Erfolge und nochmals Erfolge, dann kann ich jede Kritik an unserer Politik als Verrat an der Menschheit brandmarken.«

Der Silberne Ritter hatte das Weinglas abgesetzt und sich zurückgelehnt. Nachdenklich musterte er den Herrscher Cartwheels.

»Gut, setzen wir alles auf eine Karte. Ich kann in ein bis zwei Tagen nochmals etwa 20.000 Schiffe zusammenziehen und sie in die Lokale Gruppe verlegen. Dann sind wir allerdings am Ende unserer Möglichkeiten. Ich werde mit der EL CID folgen und persönlich den Oberbefehl übernehmen.«

Despair wollte sich erheben, doch eine Handbewegung des Emperadors hielt ihn zurück.

»Ich halte das für eine schlechte Idee, Marschall. Lassen wir Jenmuhs völlig freie Hand. Wenn er wider Erwarten Erfolg hat, gut, wir vergrößern dann unseren Einflussbereich. Wenn es aber, womit ich letztendlich rechne, zur Katastrophe kommen würde, halten wir uns aus dem ganzen Schlamassel heraus. Wie ich unseren geschätzten Gos’Shekur kenne, wird seine Herrschaft weder für die Tefroder noch vor allem für die Maahks sehr angenehm. Ich rechne damit, dass es zu systematischen Kriegsverbrechen kommen wird.«

Der Silberne Ritter hatte sich inzwischen doch erhoben und ging nervös auf und ab.

»An unseren Händen klebt immer mehr Blut. Unsere Politik entspricht immer weniger dem Reich, das ich einmal schaffen wollte. Dieses sollte zwar ein Reich der Stärke, aber auch der Gerechtigkeit sein. Für dieses Ziel habe ich getötet. Aber alles, was davon übriggeblieben ist, ist Macht und Terror. Wir müssen …«

»Nein, Despair mein alter Freund, wir müssen jetzt gar nichts. Nur abwarten und dafür sorgen, dass uns nichts nachgewiesen werden kann, das müssen wir. Sehen Sie, Marschall, Macht und Herrschaft musste immer mit Blut bezahlt werden. Das ist die Lehre, die ich aus meinem langen Leben gezogen habe. So war es schon zu den Zeiten meiner Jugend und so wird es auch in Zukunft sein. Die ganze Staatskunst besteht darin, in diesem Sumpf eine weiße Weste zu behalten. Lassen wir Jenmuhs und Konsorten in ihrem Wahn in ihr Verderben laufen. Wir, Marschall, wir waschen unsere Hände in Unschuld. Überlassen Sie alles mir, Sie haben nur dafür zu sorgen, dass wir hier in Cartwheel die Kontrolle behalten. Überlassen wir Niesewitz die Drecksarbeit, offiziell wissen wir von nichts und distanzieren uns gegebenenfalls von allen bekannt gewordenen Verstößen gegen die Wesensrechte. Ich hoffe, dass sich meine Heirat mit Rosan Orbanashol dann auszahlt, wenn wir in Schwierigkeiten geraten.«

Despair, der bisher dem Monolog des Emperadors schweigend zugehört hatte, verzog schmerzhaft sein Gesicht. Es war ohne weiteres erkennbar, dass ihn die letzten Worte des Emperadors tief getroffen hatten.

»Don Philippe, ich … warum kann ich … warum …«

Doch der Emperador unterbrach seinen engsten Vertrauten.

»Mein Freund, ich weiß genau, was Ihnen auf dem Herzen liegt. Ihr fragt Euch, warum ich dagegen war, dass meine Tochter Eure Gemahlin würde. Auch Brettany spielt in meinen Plänen eine gewichtige Rolle. Meine Ablehnung einer Verbindung mit Ihnen, Marschall, war nicht gegen Sie persönlich gerichtet. Im Gegenteil! Sie wissen, dass ich Sie als Mensch und als Freund schätze. Aber meine Tochter hat eine andere Aufgabe. Genau wie ich hat sie notfalls ihr persönliches Glück dem Reich zu opfern. Eine Verbindung mit Ihnen würde dem Quarterium keinen Vorteil bringen. Vielleicht gelingt es mir noch, die Liaison mit Rhodans Sohn wieder in Ordnung zu bringen. Eine Verbindung mit einem führenden Vertreter der Liga würde meine Pläne wesentlich erleichtern.«

Despair erhob sich nun und antwortete: »Emperador, manchmal bekomme ich richtig Angst vor Ihnen!«

Dann wandte er sich ab und verließ das Arbeitszimmer Siniestros. Das Geständnis Siniestros hatte ihn mehr als geschockt, er war regelrecht paralysiert und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er hatte geglaubt, dass der Herrscher Cartwheels seine Kinder über alles liebe und er alles für sie tun würde. Dass diese auch nichts weiter als Schachfiguren für ihn waren, schockierte ihn zutiefst. So bekam er auch nicht mehr mit, wie der Emperador vor sich hinmurmelte: »Ich auch, glauben Sie mir Despair, ich auch!«

*

Danach verfasste er einige persönliche Depeschen, die die Zerschlagung jeder Opposition in Cartwheel anordneten. Die Häscherkommandos der CIP durchkämmten jeden Planeten, unzählige wirkliche oder auch nur vermeintliche Gegner traten den Weg nach Koshan an, wo sie, wenn sie das Entsorgungslager überhaupt lebend erreichten, körperlich und seelisch gebrochen wurden. Doch dies ist eine Geschichte, die an anderer Stelle erzählt werden muss.

Spinne im Netz oder Wer betrügt wen?

Zur gleichen Zeit saß der Chef der gefürchteten Geheimpolizei im Zentrum seines Spinnennetzes und organisierte den Terror. Soeben hatte ihn die Depesche des Emperadors erreicht, mit der dieser ihm völlige Freiheit bei der Zerschlagung jeder Opposition gegeben hatte. Siniestro hatte alle Rücksichten fallen gelassen. Doch der kleine, oft unterschätzte alte Mann wäre nicht durch die Schule einer ideologischen Terrororganisation ohne Gleichen gegangen, wenn er sich nicht rückversichert hätte. Das war in seiner Jugend die Garantie gewesen, nicht zwischen die Mühlsteine der persönlichen Intrigen jedweder Gesinnungsgenossen zu geraten, und genau nach dieser Prämisse verhielt er sich auch jetzt. Für ihn bedeutete das, dass von jedem kompromittierenden Schriftstück, von jedem Befehl eine Kopie auf hauchdünner, hitze- und säureresistenter Papierfolie existierte.

Einige Stunden später

Niesewitz überlegte, ob er nicht auf Tombstone, seinem persönlichen Refugium, untertauchen sollte. Der angekündigte Besuch der Tochter des Emperadors war ihm zutiefst zuwider. Doch er wusste, dass das einem persönlichen Eklat gegen die offizielle Außenministerin des Quarteriums gleichkommen würde, der im Moment nicht seinen Interessen entsprach. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als die Giftschlange zu empfangen.

Ein Blick auf den virtuellen Grundriss der CIP-Operationszentrale innerhalb des Holoquaders kündigte seinen ungebetenen Besuch an. Stephanie de la Siniestro schritt mit der Selbstverständlichkeit einer geborenen Aristokratin durch das Empfangsbüro. Die in der Zentrale arbeitenden Agentinnen und Agenten schienen keinerlei Bedeutung für sie zu haben. Wenig später erreichte sie den Schleusengang, der in sein Allerheiligstes führte. Niesewitz kochte innerlich. Rasch nahm er einige Schaltungen vor. Die virtuelle Gestalt Stephanies verlor plötzlich sämtliche Kleidungsstücke. Mit einem üblen Grinsen speicherte Niesewitz die erhaltenen Rohdaten als Avatar. Durch eine weitere Schaltung verschwand das kompromittierende Abbild der Tochter des Emperadors wieder aus dem Quader und wurde durch die normale Gestalt ersetzt. Wenig später betrat die Prinzessin sein Refugium.

Ohne ein Wort setzte sie sich Niesewitz gegenüber in einen Sessel.

»Das war wohl Dilettantismus in höchster Vollendung. Ich mache Sie und Ihre unfähigen Agentinnen für das Scheitern meiner Pläne persönlich verantwortlich. Und der Gipfel des ganzen Fiaskos ist, dass dieser Martyn Hubba, dieses Musterbeispiel eines sabbernden Idioten, auch noch versucht, mich zu erpressen. Ich …«

Bevor die Tochter Siniestros weiterreden konnte, unterbrach Niesewitz sie.

»Das ist zwar äußerst betrüblich, Prinzessin, aber wie genau könnte ich Ihnen helfen?«

Bei diesem Einwurf verzerrte sich ihr hübsches Gesicht zu einer Grimasse des Hasses. Wütend erhob sie sich und stach mit ihrem Zeigefinger mehrmals in Richtung des alten Terraners.

»Hör zu, Niesewitz! Du wirst mir diesen Idioten, diesen impertinenten Hohlkopf vom Hals schaffen, für immer, auf Nimmerwiedersehen, haben wir uns verstanden? Und seine minderbemittelten Söhne verschwinden bei dieser Gelegenheit gleich mit.«

Niesewitz hatte sich bei den Worten genüsslich zurückgelehnt. Doch sein überlegenes Grinsen verschwand sehr schnell, als sie sich nach vorn beugte und fortfuhr:

»Lass das blöde Grinsen. Wenn irgendetwas zu Ohren meines Vaters gelangt, bist du genauso dran wie ich. Im Gegenteil: Ich werde ihm gegenüber dich als den eigentlich Schuldigen bezeichnen, der mich, aus Sorge um das Wohl Cartwheels natürlich, faktisch verführt hat. Und glaube mir, ich kann da sehr überzeugend sein. Ich verlange, dass die Beseitigung dieser arkonidischen Schlampe samt ihrer terranischen Freundin von der CIP geplant und durchgeführt wird. Danach müssen noch Hubba und seine Kretins beseitigt werden.«

Niesewitz war bei diesen Worten ganz bleich geworden. Ihm war klar, dass es für Stephanie kein Problem sein dürfte, aus der Beteiligung der beiden Zubarov-Schwestern eine Querverbindung zu ihm zu ziehen. Dieses aristokratische Miststück fiel immer wieder auf ihre in hochhackigen Pumps steckenden Füße und er, er saß mal wieder in der Scheiße und musste nach ihrer Pfeife tanzen.

»Ist gut, ich habe genau verstanden! Aber ich brauche Zeit, um einen vernünftigen Plan auszuarbeiten.«

Stephanie lächelte überheblich.

»Gut, dann hat der Plan hoffentlich Hand und Fuß. Ich gebe dir genau drei Wochen, um alles auszuarbeiten und – darauf bestehe ich – nicht vergessen, auch Hubba und seine Brut beißen ins Gras.«

Niesewitz nickte geflissentlich, obwohl er ihr am liebsten den Hals umgedreht hätte. Sie erhob sich und verließ die private Operationszentrale. Vor dem Türschott drehte sie sich noch einmal um:

»Ist übrigens unser frischgebackener Generalkommandeur auch auf Paxus?«

Niesewitz war über den Themenwechsel so überrascht, dass er geistesabwesend nickte, was von Stephanie mit einem triumphierenden Lächeln quittiert wurde.

»Das trifft sich ja gut. Ich erwarte Generalkommandeur Trybwater dann in genau«, bei diesen Worten schaute sie auf ihr luxuriöses Armband-Minikom, »fünfundzwanzig Minuten in meiner Suite zu einer eingehenden Dienstbesprechung. Und glaube mir, Niesewitz, es wäre besser für ihn und für dich, wenn er diesen Termin einhält.«

Mit diesen Worten schloss sie das Schott endgültig. Fluchend stellte Niesewitz eine Verbindung zu Trybwater her.

*

Der Herrscher Cartwheels schaute der Gestalt, die sich verstohlen aus seinem Arbeitszimmer schlich, befriedigt nach. Endlich war es ihm gelungen, die Tür zu den Geheimnissen der CIP weit aufzustoßen. Seine jahrelangen Bemühungen waren erfolgreich gewesen: Er hatte einen Spion in der obersten Führungsebene des Geheimdienstes anwerben können. Auch Niesewitz war nicht frei von Fehlern, er hätte wissen müssen, dass es mit der Loyalität eines degradierten Offiziers nicht gerade zum Besten gestellt war. Zu seiner Zeit hatte man solche Probleme meistens mit einem entsprechenden Auftrag an einen Meuchelmörder erledigt. Niesewitz hatte wohl geglaubt, dass es Generalkommandeur Toffting Rudloff, sofern er seinen Rang behielte, hinnehmen würde, dass ihm in Person Trybwaters ein Vorgesetzter vor die Nase gesetzt wurde. Für ihn war es ein Glücksfall gewesen, dass dieser sofort nach seiner Degradierung zu ihm gekommen war und seine Dienste angeboten hatte. Ein Ansinnen, auf das er gern einging, da es ihn außer einigen vagen Versprechungen nichts gekostet hatte. Für die Zusicherung, ihn nach der Zerschlagung der CIP mit dem Neuaufbau des Geheimdienstes zu beauftragen, hatte Rudloff ihm die Zugangscodes zu den Datenbanken geliefert. Mehr noch, Rudloff hatte sich bereit erklärt, einige ihn schwer belastende Dokumente nachträglich umzuschreiben bzw. zu löschen und so die weiße Weste des Emperadors zu bewahren.

Sollten irgendwelche Spezialisten der LFT oder anderer galaktischen Organisation jemals die Datenbanken der CIP auswerten, so würden ihnen immer wieder Niesewitz und Jenmuhs als die wahren Schuldigen der Artenbestandsregulierung präsentiert werden. Er und seine Kinder konnten ihre Hände in Unschuld waschen, alles geschah ohne ihr Wissen oder sogar gegen seine ausdrücklichen Anordnungen.

Mit einem zufriedenen Lächeln schaltete er die Sicherheitssysteme seiner persönlichen Räume in den Privat-Modus. Nur wer in Besitz spezieller Zugangscodes war, konnte ihn jetzt noch stören.

»Bist du mit den speziellen Programmfragmenten fertig geworden, Diabolo?«, fragte er den humanoiden Posbi, der längst zu etwas Ähnlichem wie seinem persönlichen Vertrauten geworden war.

Der Angesprochene überreichte dem Emperador einen Speicherkristall und antwortete:

»Alles fertig. Diese kleinen Programme, man könnte sie auch als Viren bezeichnen, warten nur darauf, von Ihnen aktiviert zu werden, mein Emperador. Niemand kann dann anzweifeln, dass Sie immer nur das Beste für die Menschheit gewollt haben!«

*

Werner Niesewitz schreckte aus dem leichten Schlaf hoch und bemerkte, dass der Kleintransmitter, der einen geheimen Zugang des Inneren Kreises der CIP zu seinen Räumen bildete, aktiviert worden war. Zwischen den Abstrahlpolen hatte sich ein Energiekäfig gebildet, der jedoch für jeden unbefugten Eindringling zu einer tödlichen Falle werden konnte. Mit einem raschen Blick auf die Konsolensteuerung erkannte er den Zugangscode von Trybwater, was angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit auch stimmen konnte. Die Tochter des Emperadors verbrachte nie eine ganze Nacht mit ihren jeweiligen Bettgespielen, sondern warf diese irgendwann vor Morgengrauen aus ihrer Suite. Doch für Niesewitz war Vorsicht zu seiner zweiten Natur geworden, er traute nichts und niemandem. Durch einen weiteren Befehl löste er einen Abtastvorgang aus, der einen winzigen biosynthetischen Chip identifizierte, der jedem Mitglied des Inneren Kreises ohne dessen Wissen implantiert worden war. Auch diese Identifikation war positiv. Trybwater war Trybwater!

»Guten Morgen, Reynar, hast du eine angenehme Nacht gehabt?«

Der Angesprochene ließ sich in einen Sessel fallen und antwortete:

»Diese Schlampe ist für einen Mann zu viel, irgendwann drehe ich ihr den Hals um!«

Niesewitz lachte und meinte: »Gemach, Reynar, gemach. Bald kommt unsere Zeit und dann …«

4. Ein Volk erwacht

Es ist lange her, dass sich die menschliche Phantasie die Hölle ausgemalt hat, aber erst durch ihre jüngst erworbenen Fertigkeiten ist sie in die Lage versetzt worden, ihre einstigen Vorstellungen zu verwirklichen.

Bertrand Russell

Die Arroganz der Sieger

Uwahn Jenmuhs hatte den Palast der Morgenröte auf der Regierungsinsel vor Vircho kurzerhand zu seinem vorläufigen Amtssitz erklärt und auch die umliegenden tefrodischen Regierungsgebäude im Namen des Quarteriums beschlagnahmt. Die mächtigen SUPREMO A- und B-Schlachtschiffe, die auf dem Raumhafen von Vircho gelandet waren, unterbanden allein durch ihre Anwesenheit jeden Gedanken an Widerstand.

Unmittelbar nach der Ankunft des Quarteriumsfürsten begannen Spezialeinheiten, die Verwaltung des Planeten zu übernehmen. Jenmuhs war vor allem an den umfangreichen Werftanlagen interessiert, die sich auf den Kontinenten Contal und Yaratil befanden. Der neu ernannte Quarteriumsprotektor hatte für den nächsten Tag einen Empfang für die tefrodische Elite im Palast der Morgenröte und eine Ansprache über das planetare Trivid-System angekündigt, die auf alle Planeten des Neuen Tamaniums übertragen werden sollte.

Innenillustration: Tefrod: Kontinent Yaratil von Stefan Wepil
Tefrod: Kontinent Yaratil © Stefan Wepil

Auf Vircho und in den größeren Städten Tefrods war das öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand gekommen, denn die neue quarteriale Führung hatte eine Ausgangssperre über den Planeten verhängt. Nur wer in den Raumschiffswerften beschäftigt war, durfte seiner bisherigen Tätigkeit weiter nachgehen. Die neu eingesetzte quarteriale Verwaltung plante, zuerst Tefrod und dann die wichtigsten Welten des Tamaniums in einem Gewaltakt auf Kriegswirtschaft umzustellen und zu Zuliefer- und Werftplaneten für die quarteriale Invasionsflotte der Lokalen Gruppe zu machen. Von Pearl ausgehend sollten die von den Nachkommen der Lemurer bewohnten Planeten Andromedas systematisch ausgeplündert werden, um die immensen Nachschubprobleme zu lösen. Ziel sollte sein, den gesamten Nachschub aus Cartwheel über das Sternentor überflüssig zu machen.

Vircho, 30. September 1307 NGZ, früher Abend

Der Palast der Morgenröte war weiträumig abgeriegelt. Jenmuhs hatte eine der Eliteeinheiten des arkonidischen Heeres aufgeboten, um das Terrain um den Regierungssitz des Virths zu sichern. Die 20. Shift-Landedivision der II. Quarterialen Armee, die sich selbst in Gedenken an die Eroberung des Kreit-Systems den Ehrennamen »Tooargh’Taion« gegeben hatte, bestand ausschließlich aus Arkoniden. Diese Division stellte Jenmuhs’ ganzen Stolz dar und war selbst innerhalb der quarterialen Armee wegen ihrer Brutalität berüchtigt. Die Angehörigen waren ursprünglich aus den Slums der Welten des Huhany’Tussan rekrutiert und entsprechend konditioniert worden. Sie waren dem Gos’Shekur treu ergeben und hatten geschworen, für die Ehre des Kristallkönigs in den Tod zu gehen.

Uwahn Jenmuhs erwartete die Führung der quarterialen Flotte zu einem Arbeitsessen im »Vohrata-Saal« des Palastes, um die weitere Politik in Andromeda und der Lokalen Gruppe festzulegen. Außerdem hatte er den Virth als Vertreter des Neuen Tamaniums offiziell vorgeladen. Am Nachmittag wurde die Ankunft von Orlando de la Siniestro, Alcanar Benington, Red Sizemore und Mandor da Rohn gemeldet.

Innenillustration: Tefrod: Kontinent Colcam von Stefan Wepil
Tefrod: Kontinent Colcam © Stefan Wepil

Im Laufe der Besprechungen machte Jenmuhs das Oberkommando »Lokale Gruppe« mit seiner Absicht bekannt, ganz Andromeda als Protektorat in das Quarterium einzugliedern und als Ausgangsbasis gegen die Milchstraße zu nutzen. Die Tefroder sollten zunächst durch Zwangsarbeit als billige Arbeitskräfte benutzt werden. Nach einer Konsolidierungsphase war geplant, besonders ausgewählte und konditionierte Angehörige der Menschheit Andromedas auch als Kampftruppen einzusetzen.

Sizemore und vor allem Orlando de la Siniestro widersprachen den Plänen des Quarteriumsfürsten aufs Schärfste, insbesondere, als Jenmuhs seine Absicht bekanntgab, die Maahks als raumfahrendes Volk für immer auszuschalten. Doch der Arkonide war uneinsichtig und bekräftigte seine Absicht, die Artenbestandsregulierung in Andromeda gegenüber den Methanatmern zu forcieren. Gegen Abend, nach Eintreffen des Virths, kam es zum Eklat, als er von diesem forderte, am morgigen Tag offiziell zu erklären, dass das Neue Tamanium sich unter den Schutz des Quarteriums stellen würde. Der Virth lehnte dieses Ultimatum empört ab und wurde von Angehörigen der 20. Shift-Landedivision verhaftet.

Orlando und Sizemore verließen daraufhin unter Protest das Arbeitsessen, während sich Benington wieder in Lobeshymnen auf die Genialität des fetten Arkoniden ergab.

Vircho, 1. Oktober 1307 NGZ, gegen Mittag

Pünktlich zu der am Mittag üblichen Nachrichtensendezeit erschien Uwahn Jenmuhs in seiner Eigenschaft als Quarteriumsprotektor auf allen Kanälen Tefrods. Zuvor wurde in einer Propagandasendung der psychologischen Abteilung der CIP die Person des Quarteriumsfürsten als genialer Führer der neuen Menschheit gefeiert. Die Ansprache wurde über Relaisstationen auf allen Welten des Tamaniums zeitgleich ausgestrahlt.

Die Ansprache des Potentaten wurde wieder aus dem »Vohrata-Saal« übertragen, der zu diesem Zweck in ein komplettes Trividstudio verwandelt wurde. Jenmuhs hatte in einer Fantasieuniform hinter einem pompösen Arbeitstisch Platz genommen und begann seine Ansprache an die neuen Untertanen.

*

»Meine lieben tefrodischen Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Ich stehe hier vor Ihnen gleichzeitig als ein Erbe des 87. Tamaniums und als ein Führer des Reiches der Vier der fernen Galaxie Cartwheel. Dort haben wir alles Trennende überwunden, dort wird aus den menschlichen Teilreichen die Wiedergeburt des lemurischen Großreiches eingeleitet. Leider sehen nicht alle Herrscher der menschlichen Teilreiche die Notwendigkeit der Einigung. Aus egoistischen Gründen sind sie nicht bereit, ihre selbstsüchtigen Ziele dem Wohle des Ganzen unterzuordnen. Deshalb hat die LFT unter ihrem Herrscher Rhodan dem Reich der Vier, das wir Quarterium nennen, den Krieg erklärt. Deshalb greifen diese Terroristen friedliche Transportschiffe an.

Wir brauchen die Hilfe jedes Menschen, der den Traum einer geeinten Menschheit, eines Reiches aller lemurischen Menschen mit uns gemeinsam träumt. Deshalb bitte ich die Bevölkerung der tefrodischen Welten: Helfen Sie uns, ein einiges Reich der Menschheit aufzubauen, ein Reich, das an Größe und Macht selbst das alte Tamanium der Ersten Menschheit in den Schatten stellen wird. Ich biete Ihnen hier und heute an: Werden Sie Teil der großen Einigungsbewegung, unterstellen Sie sich der Herrschaft des neuen Reiches der geeinten Menschheit. Wir werden jeden in unseren Reihen willkommen heißen, der bereit ist, sich und seine Zukunft in das große Werk einzubringen.

Aber – und auch das sage ich Ihnen ohne jede Beschönigung – jeden, der meint, seine egoistischen Interessen weiter verfolgen zu müssen, der sich nicht dem großen Ziel einer geeinten Menschheit unterordnen will, werden wir ohne Erbarmen zerschmettern. Für die Feinde der Menschheit ist kein Platz mehr unter dem Schirm der Menschheit.

Wir werden die Menschheit wieder zu alter Größe und Macht führen, auf fremde, nichtmenschliche Interessen werden wir jedoch keinerlei Rücksicht nehmen. Die gegenwärtige Führung des Neuen Tamaniums hat sich geweigert, mit uns zusammenzuarbeiten. Deshalb musste ich schweren Herzens den Befehl erteilen, den Virth in Schutzhaft zu nehmen, um einem Verrat an den Interessen der Menschheit vorzubeugen. Für Sie, als die neuen Untertanen des Quarteriums, besteht keine Gefahr, bleiben Sie im Moment zu Hause und befolgen Sie die Anweisungen der neu gebildeten quarterialen Verwaltungsbehörden.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein letztes Wort an die nichtmenschlichen Mächte, die in maßlosem Größenwahn noch immer meinen, dass sie die elementaren menschlichen Interessen mit Füßen, oder was sie sonst an Gliedmaßen besitzen, treten können: Eure Stunde hat geschlagen. Wie vor Jahrzehntausenden unsere Vorfahren so werden wir über euch, eure Planeten und Reiche kommen. Wir werden eure Sternenreiche zerschmettern und eure Planeten ausräuchern. Wo der Mensch lebt, habt ihr keine Existenzberechtigung.

Ich biete den wesensfremden Kreaturen der Nichtsauerstoffatmer die einmalige Chance, ihre der Natur widersprechende Existenz zu retten, indem sie ihre Stützpunktwelten der Flotte des Quarteriums übergeben. Innerhalb eines Monats von heute an müssen diese Kreaturen die Lokale Gruppe verlassen haben, andernfalls werden wir sie mit Stumpf und Stiel ausrotten. Alle Sauerstoff atmenden Kreaturen haben sich auf ihre Welten zurückzuziehen und jede Raumfahrt einzustellen. Quarteriale Inspektoren werden über die Eignung dieser Kreaturen urteilen, dem zukünftigen Reich der Menschheit dienlich zu sein. Jeder Widerstand gegen diese Anordnungen wird durch die Streitkräfte des Quarteriums erbarmungslos gebrochen und der entsprechende Planet vernichtet werden.

Hiermit möchte ich meine Ansprache an Sie, meine lieben tefrodischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, schließen. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir, das Quarterium, sind der Garant für eine glorreiche Zukunft der Menschheit. Werden Sie Teil der lemurischen Volksgemeinschaft in Cartwheel und der Lokalen Gruppe! Helfen Sie, unser aller Heimat, den Ursprung der Menschheit von den Volksverrätern und bezahlten Söldnern der nichtmenschlichen Kreaturen zu säubern!

Für ein Reich der Menschheit, für ein geeintes lemurisches Volk!«

*

Orlando de la Siniestro, Red Sizemore und Mandor da Rohn verfolgten die Rede des Quarteriumsfürsten in einem Nebenraum per Trivid. Benington war im »Vohrata-Saal« geblieben, wohl um seinem Idol Jenmuhs zuzujubeln. Während der Rede reichten die Reaktionen der hohen Militärführer von Unverständnis bis zu Besorgnis. Es war vor allem der Sohn des Emperadors, der mit einer immer stärker werdenden Empörung auf die Ausfälle Jenmuhs gegen die nichtmenschlichen Wesen reagierte. Sizemore und da Rohn hatten alle Mühe, ihn einigermaßen zu beruhigen.

Geister der Vergangenheit

I. Der Traum

Es war Alcanar Benington, der den neuen Quarteriumsprotektor schließlich auf das Erbe der Meister der Insel hinwies. Jenmuhs war sofort fasziniert und erteilte den Auftrag, dass seine Truppen Informationen über die früheren Herrscher Andromedas sammeln sollten. Seine besondere Aufmerksamkeit galt dabei den Multiduplikatoren, denn er erkannte sofort die Möglichkeiten, die die Duplizierung von Material und Mannschaften bot. Aus den CIP-Einsatztruppen wurden kleine Spürkommandos gebildet, deren Aufgabe es war, alle Überbleibsel aus der Zeit der Meister der Insel zu ermitteln und gegebenenfalls zu beschlagnahmen.

Diese Einsatztruppen gingen mit äußerster Brutalität und ohne jede Rücksicht auf lokale Tabus vor. Dabei kam es immer wieder zu Übergriffen auf die tefrodische Bevölkerung. Jenmuhs selbst versuchte, von der tefrodischen Führung, vor allem dem Virth, Informationen zu erhalten. Vergebens! Tamrat Otarin weigerte sich, irgendwelche Informationen über die Meister der Insel weiterzugeben. Die übrigen Mitglieder der tefrodischen Regierung verhielten sich ähnlich. Jenmuhs kochte innerlich, wollte jedoch in der gegenwärtigen Situation noch keine Zwangsmittel gegenüber der tefrodischen Führung einsetzen.

II. Die Volksseele

Jenmuhs Rede bewirkte das genaue Gegenteil dessen, was der Arkonide beabsichtigt hatte. Überall auf der Hauptwelt der Tefroder entstanden spontane Kundgebungen der Bevölkerung, die die Unabhängigkeit des Tamaniums und Friede mit den Maahks und anderen nichtmenschlichen Rassen Andromedas forderten.

Die Protestbewegung griff innerhalb weniger Stunden auf andere Welten des Tamaniums über. Die planetaren Verwaltungen und Provinzregierungen weigerten sich, mit den Besatzungsorganen des Quarteriums zusammenzuarbeiten. Lokale Polizeieinheiten stellten sich den planetaren Regierungen zur Verfügung und bildeten die Keimzellen von Volksarmeen. Überall wurden alte Waffenbestände an Freiwillige verteilt: Ein Volk machte sich bereit, seine Freiheit und Unabhängigkeit zu verteidigen.

Jenmuhs und die quarteriale Flottenführung wurden von dieser Entwicklung völlig überrascht. Der Quarteriumsfürst hatte gehofft, alte Ängste und Vorurteile gegen die Maahks benutzen zu können, um die Tefroder im Sinne des Quarteriums zu manipulieren. Doch genau das Gegenteil schien nun einzutreten. Die Arroganz, mit der der Gos’Shekur die Tefroder in das Quarterium eingegliedert hatte, und die Ausschreitungen der CIP-Einsatzgruppen schmiedeten innerhalb kürzester Zeit aus den niedergeschlagenen und hoffnungslosen ehemaligen Zentrumswächtern der Meister der Insel wieder ein geeintes Volk, das zum Widerstand entschlossen war.

III. Die Auseinandersetzung

Der 2. Oktober 1307 NGZ sollte zu einem Wendepunkt in den Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern der quarterialen Führung werden. Uwahn Jenmuhs, Oberkommandierender der gesamten Operation, hatte für elf Uhr die Befehlshaber der einzelnen Flotten und die Stabsoffiziere in den »Vohrata-Saal« des Palastes der Morgenröte geladen. Wie gewohnt verband der Quarteriumsfürst die Gelegenheit der Sitzung mit einem ausgiebigen Gelage. Anwesend waren der Oberbefehlshaber der terranischen Flotte Orlando de la Siniestro mit seinen kommandierenden Generälen Red Sizemore und Alcanar Benington, die arkonidische Flotte wurde durch die Admiräle Jasor da Isaak und Terz da Eskor sowie Generalmarschall Toran Ebur vertreten, während das Oberkommando Cartwheel durch General Mandor da Rohn vertreten wurde. Es war also fast alles anwesend, was Rang und Namen hatte.

»Ich begrüße Sie als die Vertreter der glorreichen Waffengattungen unserer Heimat. Besonders freue ich mich, dass die Generalmarschälle Toran Ebur und Morlan Tonkvar endlich aus M 87 zurückgekehrt sind und ihr Kommando über unsere vereinigten Bodentruppen antreten können.«

Jenmuhs machte eine kurze Pause, die er dazu nutzte, in eine Geflügelkeule zu beißen. Nachdem er mit einem kräftigen Schluck Rotwein nachgespült hatte, fuhr er fort:

»In der jetzigen Situation haben wir eine schwerwiegende Entscheidung für Cartwheel zu treffen. Ursprünglich sahen unsere Planungen vor, Andromeda nur als Zwischenstation auf dem Weg zur Milchstraße zu betrachten und vorübergehend als Versorgungsbasis zu nutzen. Diese Planung ist leider hinfällig geworden. Auf der einen Seite wird uns das Huhany’Tussan nicht aktiv unterstützen und auf der anderen Seite sind die Posbis an der Seite der LFT in den Krieg eingetreten.«

Jenmuhs machte wieder eine Pause, um in die Keule zu beißen. Hastig spülte er mit dem Rotwein nach, wobei er sich jedoch verschluckte. Durch den dadurch ausgelösten Hustenanfall verteilte er die Keule samt Rotwein quer über den Besprechungsraum. Mit einem Grunzen wischte er sich über das verschmutzte Gesicht.

»Zarakh Lakhros, dafür wird mir dieser terranische Barbar bezahlen.«

Ein Bediensteter hatte inzwischen, blumige Komplimente murmelnd, ein großes Becken vor den Gos’Shekur gestellt und begann, ihn umständlich zu säubern. Nach einigen Minuten schien er zufrieden zu sein und mit tiefen Verbeugungen zog er sich samt Becken wieder zurück.

Nachdem sich die Runde wieder beruhigt hatte, fragte Orlando:

»Gos’Shekur, was bedeutet das nun für unsere Kriegsziele?«

»Um auf meine vorhergehenden Ausführungen zurückzukommen, haben wir nun zwei Optionen«, antwortete Jenmuhs.

»Entweder setzen wir alles auf eine Karte, ich meine damit, dass wir mit allen Schiffen, die uns zur Verfügung stehen, direkt Terra angreifen, oder wir stellen uns auf eine längere Auseinandersetzung ein. Dann brauchen wir eine Basis, von der aus wir operieren können und die unsere Nachschubprobleme löst. In Anbetracht der geänderten Lage schließe ich einen direkten Angriff auf Terra aus, das Risiko durch den Kriegseintritt der Posbis ist einfach zu groß.«

Jenmuhs machte wieder eine Pause, diesmal jedoch nahm er nur einen Schluck Rotwein.

Diese Gelegenheit nutzte Alcanar Benington, um sich in den Vordergrund zu spielen.

»Mein Fürst, darf ich vorschlagen, dass wir zunächst Andromeda erobern und dem Quarterium als Provinz eingliedern. Mit den Ressourcen, die uns dann zur Verfügung stehen werden, dürften wir keine Probleme haben, die LFT endgültig niederzuwerfen. Die Verräter an der lemurischen Rasse, die auf Terra die Macht an sich gerissen haben, werden unter Ihrer Führung, erhabener Gos’Shekur, endgültig geschlagen werden.«

Jenmuhs nickte bei den Worten Beningtons wohlwollend. Es war ihm anzusehen, dass er sich geschmeichelt fühlte. Doch bevor er sich äußern konnte, widersprach Orlando mit hochrotem Kopf.

»Ich halte das für reine Hirngespinste. Unsere Flotten stehen in den Estartischen Galaxien im Dauereinsatz. Wir haben keinerlei Reserven mehr. In dieser Situation sollen wir noch eine weitere Galaxie erobern? Ich glaube, General Benington hat den Sinn für die militärischen Realitäten verloren. Ich bin …«

Weiter kam er jedoch nicht. Jenmuhs war aufgesprungen und schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. In diesem Moment trat Toran Ebur zu seinem Oberbefehlshaber und deutete kommentarlos auf die Projektionswand des Trividsystems. Unwillig folgte Jenmuhs Blick der ausgestreckten Hand seines Generals und erbleichte.

»Das … das ist un… ungeh… ungeheuerlich. Ein… eine Beleidigung jedes aufrechten Cartwheelers«, stotterte er.

Bei diesen Worten wandten sich alle der Trivid-Projektionswand zu. Auf dem Holoschirm war ein Bericht über eine größere Demonstration im Zentrum Virchos zu sehen. Einige schwarz vermummte Gestalten verbrannten gerade die Fahne Cartwheels. Gleichzeitig zog eine andere Gruppe eine Puppe, die problemlos als Jenmuhs identifiziert werden konnte, an einem improvisierten Galgen nach oben. Dazu skandierte die Menge Parolen wie Nieder mit Cartwheel!, Freiheit für Andromeda! oder Kein Krieg mit den Maahks!

»General Tonkvar, ist die XX. Shifteingreifdivision einsatzbereit?«

»Das ist sie, Gos’Shekur! Wir warten auf Ihre Befehle.«

»Bringen Sie diesem Pack die Furcht vor dem Herrn bei. Sie haben völlig freie Hand. Sorgen Sie dafür, dass dieses Gesindel für immer verschwindet.«

Orlando hatte die Anweisungen von Jenmuhs mitwachsendem Entsetzen verfolgt. Ihm war klar, was der Einsatzbefehl an Tonkvar für die Tefroder bedeutete.

»Exzellenz, ich halte diese Reaktion auf solche Kindereien für weit überzogen.«

»Überzogen, Admiral Siniestro? Sie nennen meine Reaktion auf die Beleidigung der Ehre Cartwheels und die Verhöhnung meiner Person überzogen? Sie bewegen sich auf einem schmalen Grat, Admiral. Man könnte an Ihrer Loyalität zum Quarterium und zu Ihrem Vater zweifeln, und das wäre Hochverrat! Seien Sie vorsichtig, Admiral Siniestro, sehr vorsichtig!«

Anschließend erteilte Jenmuhs die Anweisung, dass die Flotte geteilt werden soll. Orlando sollte sich bewähren und mit 70.000 Schiffen Andromeda erobern und vor allem die Raumflotten der Maahks vernichten. Mit den restlichen 50.000 Schiffen wollte Jenmuhs persönlich Rhodan und die Reste der Terranischen 8. Flotte jagen und stellen.

Auf Tefrod blieb ein relativ kleines Kommando mit der XX. Shifteingreifdivision unter Generalmarschall Tonkvar zurück, der den aufkeimenden tefrodischen Widerstand niederschlagen sollte.

Hilfe aus der Vergangenheit

Die Entwicklung auf Tefrod war nicht unbeobachtet geblieben. Auf dem fünften Planeten des Systems verfolgten Aurec und Cascal die Ereignisse. Die unbekannte Supertechnik, deren Herkunft nach wie vor ungeklärt war, machte es möglich. Inzwischen hatte der Zentralrechner die Station aktiviert. Aurec und Cascal hatten in den vergangenen Tagen versucht, die Station zu erforschen und vor allem Näheres über deren Ursprung herauszubekommen. Doch genau an diesem Punkt endete die Bereitschaft des Zentralrechners zur Zusammenarbeit. Obwohl Aurec nach wie vor als weisungsberechtigt anerkannt war, wurden alle Fragen nach den unbekannten Erbauern und dem Verhältnis zu den Meistern der Insel ignoriert. Selbst der Typ des Stationsrechners stellte ein Rätsel dar. Dr. Marky Laangmuuk, der wissenschaftliche Offizier der DERINGHOUSE, bezeichnete ihn als Impotronik, konnte aber über die genaue Funktionsweise keine Angaben machen. Nur eines war klar: dass der Rechner im Leistungsvermögen einer Syntronik entsprach. Ebenfalls ein weiterer eklatanter Widerspruch zu allem, was bisher über die Meister der Insel bekannt war.

Schweren Herzens waren Aurec und Cascal daraufhin übereingekommen, der unbekannten Technik einfach zu vertrauen. Sie hatten auch keine andere Wahl. Cascal hatte noch einen schwerwiegenden Zwischenfall inszeniert, als er verlangte, mit Shara Otarin, der verschwundenen Tochter des Virths, zu sprechen. Der Zentralrechner hatte ihn daraufhin durch zwei Roboter aus der Zentrale werfen lassen. Als Aurec ebenfalls Aufklärung forderte, gab er schließlich an, dass es Shara gut gehe und sie auf das Erbe vorbereitet werden müsse. Alle weitergehenden Fragen wurden jedoch wieder nicht beantwortet.

*

Aurec ging unruhig in der Zentrale der alten Station der Meister der Insel auf und ab. Joak Cascal beobachtete missmutig die Holoprojektion, die die Lage auf Vircho zeigte. Auch nach Jahrtausenden funktionierte die Technik noch einwandfrei. Der Zentralrechner war in der Lage, Informationen aus ganz Andromeda zu liefern. Es war unglaublich, über welche Möglichkeiten die alte Station verfügte.

»Wir müssen etwas unternehmen, Joak. Wenn wir nur hier herumsitzen, wird die Lage nicht besser.«

In diesem Moment meldete sich wieder die Impotronik über eine Konsole.

Es besteht die Möglichkeit, jederzeit durch den Situationstransmitter nach Tefrod und zurück zu gelangen.

Aurec schaute auf.

»Habe ich das richtig verstanden: Über den Situationstransmitter können wir jederzeit nach Vircho wechseln?«

Natürlich, die Leistungsfähigkeit des Transmittersystems reicht aus, um selbst mehrere Kreuzer zu versetzen.

Jetzt mischte sich Joak Cascal ein.

»Dann stellen wir zuerst ein Einsatzkommando zusammen und befreien den Virth.«

Die Lageberichte von der Hauptwelt der Tefroder zeigten, dass im Moment der richtige Augenblick gekommen war, um zuzuschlagen. Jenmuhs schien sich seiner Sache sicher zu sein und hatte anscheinend nur eine kleine Besatzungsmacht zurückgelassen.

*

Aurec und Joak Cascal waren mit einem kleinen Einsatzkommando der Freyt-Kompanie durch den Situationstransmitter auf Tefrod abgesetzt worden. Remus Scorbit und Will Dean waren auf dem fünften Planeten zurückgeblieben und sollten später mit dem Rest der Truppe folgen. Aurec wollte zuerst den Virth befreien und dann Verbindung mit dem tefrodischen Widerstand aufnehmen. Dank der Technik der alten Station der Meister der Insel waren sie über die Örtlichkeiten genau informiert.

»Leise! Es soll noch niemand bemerken, dass wir hier sind.«

Joak Cascal hob die Hand und ließ den 3. Zug sich verteilen. Die Frauen und Männer der Einsatztruppe verschwanden im Gelände und wurden durch die eingeschalteten Deflektorschirme der schweren Kampf-SERUNS unsichtbar. Auch die fünfzehn MODULA-Roboter tarnten sich. Wenig später ließ sich Aurec neben dem Terraner nieder.

Vor ihnen lag ein ehemaliges Hochsicherheitsgefängnis, in dem die Meister der Insel ihre Gefangenen verhört und wohl auch umgebracht hatten. Aurec war durch den Zentralrechner mit einem programmierten Codegeber ausgerüstet worden, der ihnen den problemlosen Zugang ermöglichen würde.

»Also dann los, befreien wir den Virth. Ich hoffe, dass dieser komische Zentralrechner tatsächlich in der Lage ist, uns mit dem Transmitter zum geplanten Treffpunkt zu befördern.«

Aurec und Cascal öffneten mit dem Codegeber das Sicherheitsportal und verschwanden in dem Gebäude. Wenig später hörte man ein helles Sirren, das vom Einsatz der Paralysatoren zeugte. Plötzlich erfolgten mehrere Explosionen. Irgendetwas schien schiefzugehen. Aus dem Himmel fielen quarteriale Soldaten in Kampfanzügen, die sofort das Feuer eröffneten. Dieses wurde von den Mitgliedern der Freyt-Kompanie erwidert, was an scheinbar aus dem Nichts kommenden Impulsstrahlen der schweren Kombistrahler ersichtlich wurde. Wenig später öffnete sich die Hölle für die Angreifer. Die MODULA-Roboter waren entsprechend ihrer Programmierung zum kompromisslosen Angriff übergegangen, da sie das Leben der Einsatzgruppe bedroht sahen.

Es vergingen einige Minuten, dann kamen Aurec und Cascal wieder zurück. Zwischen sich trugen sie eine kraftlose Gestalt. Cascal hob kurz den Arm und wenig später wurden die Mitglieder des Einsatzkommandos wieder sichtbar.

»Sammeln und verschanzen! Hoffentlich bekommen die da oben mit, dass wir hier in der Scheiße stecken.«

Die Gruppe lag inzwischen unter immer stärkerem Beschuss, die quarteriale Besatzungsarmee schien bemerkt zu haben, um was es ging. Die Männer und Frauen des Einsatzkommandos mussten sich eng aneinander kauern, um die Feldbegrenzungsschichten der Individualschirme durch Überlappung zusammenzuschließen. Durch die Überlagerung der Paratronfelder der Individualschirme wurde die Ableitwirkung der Paratronkonverter verstärkt und potenziert. Die MODULAS blieben außerhalb des Feldes und griffen die immer zahlreicher werdenden quarterialen Angreifer weiter ohne Rücksichtnahme an. Dadurch war im Moment so etwas wie ein Patt entstanden. Es war aber abzusehen, dass es spätestens, wenn die Roboter ausgeschaltet waren, zur Katastrophe kommen musste. Dieser Moment rückte immer näher, der quarteriale Kommandeur setzte inzwischen Shiftpanzer gegen die MODULAS ein.

»Es wird Zeit. Wenn die auf dem fünften Planeten nicht bald reagieren, kann man uns ein Heldenbegräbnis bereiten.«

Aurec schaute kurz auf und nickte Joak Cascal zu, der anscheinend bereits mit dem Leben abgeschlossen hatte.

»Joak, glaube mir, es ist nicht unsere Bestimmung, hier und heute in die unbegreiflichen Gefilde einzugehen. Es wird nicht mehr lange …«

Aurec brauchte nicht weiterzusprechen, denn in diesem Augenblick war es soweit. In etwa zehn Kilometer Höhe entstand ein rot leuchtender Ring, aus dessen violettem Transmitterfeld eine Kugel mit hoher Geschwindigkeit austrat. Die Kugel zog einen ionisierten Gasschweif nach sich, als sie in tiefere Atmosphärenschichten eintrat. Aurec beobachtete die Kugel durch das Feldokular seiner Gefechtsfeldoptik. Wenig später lösten sich mehrere kleinere Objekte von der Kugel, die Kurs auf das Schlachtfeld nahmen.

»Du scheinst tatsächlich recht zu haben, Aurec. Das ist die DERINGHOUSE.«

In diesem Augenblick rauschte ein SHOGUN-Jagdshift mit knapp Überschall im Tiefflug über die Gruppe und löste einen Vierfachfächer der DOLOM-Marschflugkörper aus. Diese fanden kurze Zeit später ihr Ziel und zerstörten vier angreifende Shiftpanzer des Quarteriums. Durch die Gefechtsfeldoptik war zu erkennen, dass an der Seite ein springender schwarzer Panther als Emblem zu sehen war.

»Das ist Carry-Ann! Die Kavallerie ist endlich da!«

David gegen Goliath

Major Nathaniel Mezhal überwand die leichte Desorientierung nach dem Austritt aus dem Transmitterfeld am schnellsten. Der umweltangepasste Epsaler hatte auch nichts anderes erwartet. Der Zentralrechner der alten Station der Meister der Insel hatte sie über diesen Effekt vorgewarnt. Alles war bereits im Hangar des fünften Planeten vorbereitet worden. Unmittelbar nach dem Austritt aus dem Situationstransmitter würden die NIMRODS ausgeschleust und versuchen, mit einem Überraschungsschlag die auf Virchos Raumhafen stationierten SUPREMOS zu vernichten. In Anbetracht der Überlegenheit der SUPREMOS hatte er den Befehl gegeben, ohne jede Warnung anzugreifen. Gleichzeitig würde Leutnant Carry-Ann Despon mit den zwanzig SHOGUN-Jagdshifts versuchen, Aurec, Cascal und ihr Team herauszuhauen.

*

Captain Aluf Onagen spürte, wie ihn der Feldbeschleuniger aus der Hangartube katapultierte. Fast im gleichen Augenblick registrierte er, dass der Vortex des Metagravantriebs den Jäger vorwärts riss. Die Piloten der NIMRODS setzten alles auf eine Karte und den Metagrav auch innerhalb der Atmosphäre ein. Normalerweise wurde in der Nähe eines Planeten ein konventionelles Antriebssystem verwendet, da die Gravitationsfelder den Vortex stören konnten. Im Moment war jedoch Schnelligkeit ihre stärkste Waffe. Die SUPREMOS mussten am Boden überrascht werden, damit sie überhaupt eine Chance haben würden.

Bereits nach wenigen Augenblicken tauchte der Raumhafen Virchos in der Zielerfassung auf. Ein SUPREMO D-Schlachtschiff wurde von der Syntronik erfasst. Der Oxtorner löste einen kombinierten Salventaktangriff sämtlicher Waffensysteme aus. Die NIMROD verwandelte sich in ein todbringendes Monster.

Der SUPREMO hatte wohl das Verhängnis bemerkt, das sich auf ihn stürzte. Doch seine Schutzschirmstaffeln bauten sich gerade noch auf, als es bei ihm einschlug. Genau das war die Chance, die sie sich bei der Einsatzbesprechung ausgerechnet hatten. Normalerweise waren die Raumjäger für ein achthundert Meter durchmessendes Schlachtschiff so gefährlich wie eine Stechmücke für einen Elefanten.

Nur wenn sie es am Boden erwischten, ohne bereits aufgebaute Schutzschirme, dann hatten sie eine Chance. Und wie es aussah, waren sie schnell genug gewesen. Die Salven seiner Rotten schlugen durch die nur teilweise aufgebauten Schutzschirmstaffeln und brachten für das Schlachtschiff das Verderben.

Der gesamte Raumhafen hatte sich inzwischen in ein Inferno verwandelt. Mehrere Korvetten und kleine Kreuzer vergingen in der Glut, die durch das kombinierte Transformbomben- und Impulsfeuer entfacht wurde. Und doch waren sie nicht schnell genug gewesen. Ein SUPREMO E-Schlachtkreuzer hatte seine Schirmstaffeln schnell genug aufgebaut und startete gerade.

»Sperber Eins an Sperberrotte. Jagd frei, holt den SUPREMO aus dem All!«

*

An Bord der VON RICHTHOFEN schrillte der Gefechtsalarm und riss die Besatzung aus dem Alltagstrott. Captain Elbrecht stürzte mit halb geschlossener Uniform in die Zentrale. Mit einem Blick auf die Ortungsergebnisse erkannte er den Ernst der Lage.

»Sofort Schutzschirme aufbauen und Alarmstart vorbereiten.«

Die in der Zentrale anwesenden Offiziere blickten ihren Kommandanten überrascht an. Fliehen? Das Quarterium hatte auf der ganzen Linie gesiegt, Vircho war in ihrer Hand. Weshalb sollten sie fliehen müssen? Doch die an Bord der quarterialen Flotte herrschende Disziplin verhinderte irgendwelche Diskussionen. Das Wort des Kommandanten war Gesetz.

In diesem Moment schlug es auf der TYNOON ein. Die Besatzung war nicht schnell genug gewesen, denn wenig später explodierte das SUPREMO D-Schlachtschiff. An Bord der VON RICHTHOFEN überschlugen sich die Ereignisse. Die angreifenden Jäger hatten abgedreht und flogen einen neuen Angriff.

»Schirmstaffeln eins und zwei stehen«, meldete der Feuerleitoffizier.

»Wie sieht es mit der Startbereitschaft aus?«

»Wir brauchen noch etwa zwanzig Sekunden, Captain, dann haben wir die Gravitraf-Speicherringe auf das Mindestlevel aufgeladen.«

»Sobald es erreicht ist, Alarmstart. Kurs Maahkon.«

Wenig später startete die VON RICHTHOFEN mit einem Gewaltstart ins All. Captain Elbrecht schickte jedes verfügbare Quant Energie in den Metagrav. Doch die Jäger hatten inzwischen bemerkt, dass das Schiff entkommen wollte. Etwa zehn NIMRODS jagten mit Höchstgeschwindigkeit hinter dem fliehenden SUPREMO her. Auch die DERINGHOUSE hatte die Verfolgung aufgenommen und eine weitere Rotte Jäger ausgeschleust. Doch es war zu spät, durch die rasche Reaktion konnte der SUPREMO entkommen.

*

Aurec

Wir hatten gesiegt, die quarterialen Besatzungstruppen waren entweder tot, gefangen oder in den Raum geflohen. Der Kampf um Vircho war gegen Ende noch äußerst blutig geworden, da die XX. Shifteingreifdivision, alles Arkoniden, bis zum letzten Mann gekämpft hatte. Es hatte, dank der MODULAS, fast keine eigenen Verluste gegeben, doch die Explosion des SUPREMOS auf dem Raumhafen Virchos hatte vielen tefrodischen Zivilisten das Leben gekostet.

Ein weiteres SUPREMO-Schiff war in den Raum entkommen, sodass Jenmuhs wohl in Kürze über die Niederlage informiert sein würde. An Bord des explodierten Schiffes war der quarteriale Befehlshaber Generalmarschall Tonkvar ums Leben gekommen.

Jetzt mussten wir Vircho und Tefrod auf den kommenden Angriff vorbereiten.

5. Vernichtung ohne Gnade

Die Lage in Andromeda führt uns klar vor Augen, dass jeder Kompromiss, jedes Entgegenkommen gegenüber dem minderwertigen, nichtmenschlichen Leben nur dazu führen kann, dass die lemurische Herrschaftsrasse in ihrer Expansion und der Sicherung ihrer materiellen Basis empfindlich eingeschränkt wird.

Wozu Verbrüderung mit dem Rassenfeind führen kann, wird uns anschaulich am Beispiel der tefrodischen Blutsverräter gezeigt. Der Verlust jedes Rassenstolzes führte dazu, dass sich diese unwürdigen Nachkommen der glorreichen Urväter des Großen Tamaniums ängstlich unter das Joch des methanatmenden Falschlebens ducken. Deshalb ist es unsere Pflicht als Nachkommen des glorreichen lemurischen Reiches, diesem fehlgeleiteten menschlichen Abschaum die Türe zu einer menschenwürdigen Zukunft zu öffnen. Ich sage es vor Ihnen, meine Herren:

Das Erbe Lemurs und das Erbe des Tai Ark’Tussan verlangt von uns, dass wir das, was unsere Vorfahren begannen, nun zu Ende führen.

Gos’Shekur Uwahn Jenmuhs

vor hohen quarterialen Offizieren

am 10. Oktober 1307 NGZ

Die Schlacht um Maahkon

Die PAXUS schüttelte sich unter dem direkten Wirkungsfeuer zweier Superschlachtschiffe der Maahks. Die zweieinhalbtausend Meter langen Giganten der Methanatmer erwiesen sich allen kleineren SUPREMO-Typen als überlegen. Nur die Ultra-Schlachtschiffe des A-Typs, zu dem die PAXUS zählte, konnte gegen sie bestehen.

Dabei zeigte es sich, dass die Maahks auf ihren größeren Einheiten eine neue Technik einsetzten, durch die die Superschlachtschiffe selbst gegen die SUPREMO A-Typen Erfolge erzielen konnten. Wenn die Schutzschirme der Maahks vor dem Zusammenbruch standen, wurde eine Kurztransition ausgelöst, die das Schlachtschiff um wenige Lichtminuten versetzte. Dadurch verloren die Zielerfassungssysteme den Kontakt, das gegnerische Schiff konnte sich in Sicherheit bringen oder auch neu angreifen.

Im Raum um die Zentralwelt der alten Feinde der Menschheit stießen zwei gewaltige Flotten aufeinander. Dem Quarterium standen dabei etwa 90.000 SUPREMO-Raumer zur Verfügung, die in zwei Angriffsgruppen aufgeteilt waren.

Die erste Gruppe unter dem Oberbefehl von Generaloberst Alcanar Benington und Generalmarschall Toran Ebur sollte die planetaren Verteidigungsanlagen niederkämpfen und Maahkon durch eine Arkonbombe vernichten. Der Rest der Flotte unter dem Kommando von Admiral Siniestro und General Sizemore war dazu bestimmt, die maahkschen Flotten zu vernichten.

Doch bereits hier zeigte sich, wie ungenau die Daten der Aufklärer waren. Weder war bekannt, dass Maahkon über einen planetaren Schutzschirm verfügte, noch hatten sie irgendwelche Informationen über die überschweren Raumforts, die den Planeten wie eine Igelstellung umgaben.

Darüber hinaus wurden die maahkschen Walzenschiffe sträflich unterschätzt, was nun zur Katastrophe führte. Benington führte seinen Flottenverband genau in die vorbereitete Falle. Zwischen dem planetaren Abwehrgürtel und der angreifenden Maahkflotte wurde er regelrecht zerrieben. Als der Sohn des Emperadors die Lage erkannte, übernahm er sofort den Oberbefehl und schaltete sich auf die Kommandoführungskommunikation auf.

»Admiral Siniestro, Code Lo Septimo Aurora, Vorrangkennung Dioses, Absetzbewegung nach Plan Imperal, Ausführung sofort!«

Dieser Befehl im Überrangcode bewirkte, dass auf allen Schiffen die Syntroniken einen geordneten Rückzug einleiteten. Die zweieinhalbtausend Meter Giganten der SUPREMO A-Klasse schoben sich zwischen das Gros der Flotte und die angreifenden Schlachtschiffe der Maahks. Orlando hatte die Ruheperiode nach der Kapitulation Tefrods zu entsprechenden Manövern genutzt, da er eine ähnliche Situation voraussah.

Anschließend aktivierte Orlando die Internkommunikation.

»Admiral Siniestro, ich habe hiermit gemäß der Direktive Imperal den Oberbefehl über die gesamte Flotte übernommen. Der Gegner ist zu stark für uns, wir müssen uns zurückziehen und …«

Orland konnte seinen Befehl nicht beenden, denn Generaloberst Benington schaltete sich ein.

»Was soll das? Wer gibt Ihnen das Recht, den Rückzug zu befehlen? Wir müssen die Methanbestien angreifen und ausrotten! Verstehen Sie? Angreifen und ausrotten!«

In diesem Moment gellte der Raumalarm durch die PAXUS. Orlando war einen Moment wie gelähmt. Doch er riss sich zusammen und fragte seinen Ortungsoffizier.

»Oberleutnant, was gibt es?«

»Admiral, die Methans bekommen anscheinend Verstärkung. Das war tatsächlich eine gottverdammte, beschissene Falle!«

Mit einem Griff schaltete Orlando das Gefechtsumfeldholosystem ein. Über dem großen Lagetisch bildete sich eine Darstellung des umgebenden Raumsektors mit Maahkon im Zentrum.

Die beiden Flottenkeile des Quarteriums wurden durch winzige rote SUPREMO-Symbole dargestellt, während die Raumforts und die Walzenraumer der Maahks durch entsprechende blaue Symbole gekennzeichnet wurden. Gegenüber den blauen Symbolen wurden nun weitere Symbole eingeblendet.

»Terraner und Tefroder!«, bemerkte die monotone Stimme des Ortungsoffiziers. »Jetzt haben die uns in der Zange!«

Und genau so war es. Der 16. Oktober 1307 NGZ sollte in die Geschichte als der Tag der Schlacht von Maahkon eingehen, der Tag der ersten vernichtenden Niederlage der quarterialen Flotte.

Tefrod, auch von dieser Welt war eine Katastrophe gemeldet worden. Die zurückgelassene quarteriale Besatzungsarmee war von den Tefrodern und irgendwelchen, angeblich technologisch überlegenen Fremden vollständig aufgerieben worden. Einem Schiff, das beschädigt auf Tefrod zurückbleiben musste, war die Flucht in den Raum gelungen, der von Jenmuhs eingesetzte Befehlshaber Generalmarschall Tonkvar war gefallen.

Aber der Kommandant der VON RICHTHOFEN, der den Angriff von Vircho meldete, war zwar den Tefrodern entkommen, aber nicht dem Wahn des Gos’Shekurs: Jenmuhs hatte Captain Elbrecht wegen Feigheit vor dem Feind standrechtlich erschießen lassen.

Mohlburry News – Unabhängiger Nachrichtenblog

Götterdämmerung?

Der quarteriale Vielfraß scheint sich zum ersten Mal an einer Beute verschluckt zu haben. Vor wenigen Tagen wurde in unserer Nachbargalaxie Andromeda eine entscheidende Schlacht um die Zukunft der Menschheit und der weiteren Entwicklung in der Lokalen Gruppe geschlagen. Das Ergebnis erfüllt mich Hoffnung und Trauer zugleich. Ich habe in einem meiner vorhergehenden Blogs meiner Befürchtung Ausdruck gegeben, dass das Quarterium in seiner Verblendung den Völkermord der Maahks anstrebt.

Man hat mir in den Nachrichtenagenturen der Milchstraße, aber auch in großen Teilen der Presse der LFT Verleumdung des Emperadors vorgeworfen. Ich selbst wäre froh und glücklich, wenn ich mich getäuscht hätte. Aber dem ist nicht so. Wie mir aus zuverlässigen Quellen aus Andromeda zugetragen wurde, beabsichtigte das Quarterium, unter dem Oberbefehl des sogenannten Kristallkönigs Uwahn Jenmuhs, den Völkermord an den wasserstoffatmenden Maahks einzuleiten.

Jawohl, Sie lesen richtig! Das Quarterium wollte die Welten der Wasserstoffatmer durch Arkonbomben und ähnliches Teufelswerk vernichten. Nur dadurch, dass die Maahks, wohl gewarnt durch die bitteren Erfahrungen der Vergangenheit, sich auf einen solchen Fall vorbereitet haben, konnte dieses Verbrechen an den Wesensrechten verhindert werden. Und es erfüllt mich mit Stolz und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft, dass Teile der Menschheit an der Seite der Unterdrückten und Verfolgten gekämpft haben.

Die Terranische Flotte unter dem Oberbefehl von General McHenry hat Seite an Seite mit Einheiten der Tefrodischen Flotte gegen die Vertreter der Unmenschlichkeit und des Terrors ihr Leben für das »Falschleben«, wie der Schlächter Jenmuhs die Maahks bezeichnet, in die Waagschale geworfen und den quarterialen Kriegsverbrechern eine entscheidende Niederlage beigebracht.

Auf der anderen Seite bin ich aber, wie bereits gesagt, voller Trauer um die Gefallenen. In der Schlacht von Maahkon verlor der Emperador 20.000 Schiffe. Das bedeutet nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 15 bis 20 Millionen Leben, die auf der Schlachtbank des Krieges geopfert wurden. Und ich frage hier und jetzt den Emperador: Wofür?

Robert Mohlburry

im Oktober 1307 NGZ

Schuld und Schuldigkeit

Orlando de la Siniestro

Ich blickte hinaus in die Trümmerlandschaft einer Stadt, die bestimmt einmal voller Schönheit gewesen war. Doch davon war nichts mehr sichtbar. Die Quarteriale Flotte hatte sie dem Erdboden gleichgemacht und diesen Planeten, wie es mein Oberbefehlshaber so treffend ausgedrückt hatte, in die Steinzeit zurückgebombt. Musgur war neben Tefrod eines der Zentren des Neuen Tamaniums gewesen.

Der Gos’Shekur hatte nach der Niederlage von Maahkon an den Tefrodern ein Exempel statuieren lassen. Auf Musgur sollte, nach dem Willen des Arkoniden, kein Stein auf dem anderen bleiben. Und seit diesem Befehl konnte ich nicht mehr richtig schlafen. Der Angriff auf das Handelszentrum der Tefroder konnte nur als Terrorangriff gewertet werden.

Militärisch war der vierte Planet der Sonne Atrun völlig ohne Bedeutung. Nach meinen Schätzungen hatte die »Befriedungsaktion« des Quarteriumsfürsten Milliarden Tefrodern das Leben gekostet. Generalmarschall Toran Ebur hatte den Befehl seines Herrn wortwörtlich genommen. Die Städte Musgurs vergingen in den Gravitationsschocks taktischer Gravitationsbomben.

»Es lebe seine Erhabenheit, der Gos’Shekur Uwahn Jenmuhs, Quarteriumsfürst des Arkonidischen Blocks und stellvertretender Emperador Cartwheels!«

Eine martialisch gekleidete Gruppe Naats begann eigenartig aussehende Musikinstrumente zu malträtieren und erzeugte, zumindest in meinen Ohren, einen unbeschreiblichen Lärm. Was suchte ich eigentlich hier? Mir stand bestimmt nicht der Sinn danach, den Massenmord an Milliarden Menschen als großen militärischen Sieg zu feiern.

Und natürlich die Genialität des Arkoniden zu feiern, ergänzte eine innere Stimme zynisch. Ja, hier war er an vorderster »Front«, höchstpersönlich, und riskierte, dass sein wertvolles Leben an einem Knochen der obligatorischen Geflügelkeule hing. Doch vor Maahkon war von dem genialen Strategen nichts zu sehen gewesen. Im Gegenteil: Die zu seinem persönlichen Schutz abgezogen fünfunddreißig SUPREMO A-Ultraschlachtschiffe fehlten an allen Ecken und Enden. Hätte ich diese zur Verfügung gehabt, wäre es mir vielleicht gelungen, die Katastrophe zu vermeiden. Wieder nahm ich einen Schluck Brandy.

Hätte, könnte, vielleicht …

Es gab keine Entschuldigung, kein Ausweichen. Ich hatte den Oberbefehl übernommen, ich hatte die Flotte geführt und ich trug die Verantwortung am Tod von Millionen Bürgerinnen und Bürgern Cartwheels. Nur ich! Doch trug ich auch die Verantwortung für die Milliarden von Toten hier auf Musgur? Mein logischer Verstand sagte Nein, ich hatte mit diesem Angriff nichts zu tun. Aber ganz im Hintergrund meines Denkens blitzte immer wieder ein Gedanke wie ein Stilettstich auf: Wer, wenn nicht du? Und nachts kamen immer wieder diese Träume:

Er schritt durch ein Leichenfeld, das sich bis zum trüben Horizont erstreckte. Bei jedem Schritt zermalmte er die Knochen durcheinanderliegender Skelette. Den Blick zu Boden vermied er, waren da doch die Augen, die ihn aus nackten Augenhöhlen vorwurfsvoll anschauten. Knochige Hände reckten sich ihm entgegen und wollten ihn festhalten, ihn nach unten ziehen.

Was hätte ich tun sollen, was konnte ich überhaupt tun?

*

»Admiral Siniestro?«

Unwillig blickte ich bei dieser Anrede auf. Benington, Jenmuhs Speichellecker persönlich. Der hatte mir gerade noch gefehlt. Unwillig antwortete ich:

»Was gibt es, Generaloberst?«

»Meinen Sie nicht auch, Admiral, dass nach diesem glorreichen Sieg, wie er nur unter der genialen Führung des Gos’Shekur errungen werden konnte, der tefrodische Widerstand endlich in sich zusammenbricht? Wir hätten uns von Anfang an den nötigen Respekt verschaffen sollen – es diesem Gesindel zeigen, dass mit uns nicht zu spaßen ist!«

Ich war platt. So viel Dummheit und gleichzeitig grenzenlose Überheblichkeit auf einem Punkt konzentriert, das war selbst für mich zu viel. Es fehlte nicht viel und ich hätte diesem Musterexemplar eines Arschkriechers dahin getreten … aber meine väterliche Erziehung verhinderte im letzten Augenblick meinen Gefühlsausbruch. Beherrschung, Contenance in allen Lebenslagen, das waren die Lehren, die er uns mitgegeben hatte. Ich richtete meinen Blick wieder auf Benington. Es war höchste Zeit, dass ich antwortete, denn sein Gesichtsausdruck wurde zunehmend misstrauischer.

»Aber sicher«, antwortete ich allgemein und fuhr fort, »aber ich glaube nicht, dass die Tefroder nach diesem Ereignis uns gegenüber positiv eingestellt sind.«

Ich wollte zwar etwas ganz anderes sagen, aber irgendein Sektor meines Gehirns, von dem ich bisher gar nicht wusste, dass er vorhanden war, hatte plötzlich die Kontrolle übernommen.

Benington schien jedoch mit meiner Antwort nicht zufrieden zu sein.

»Ich glaube, Sie missverstehen da etwas, Admiral! Unser Ziel darf nicht sein, dass uns die minderwertigen Völker achten, nein Admiral, fürchten sollen sie uns!«

Da hatte ich es. Ich wurde von diesem Widerling auch noch belehrt. Doch wieder übernahm eine innere Stimme die Antwort:

»Wenn Sie es so sehen wollen, haben Sie natürlich recht!«

Das genügte anscheinend. Zufrieden nickend wandte sich Benington ab, wohl um die Nähe seines Herrn und Meisters zu suchen. Und ich, was hatte ich getan? Ich hatte gerade planmäßigen Völkermord als Mittel der Politik anerkannt.

*

Inzwischen waren Red Sizemore und Mandor da Rohn zu mir getreten. In der Gesellschaft der beiden Offiziere fühlte ich mich wesentlich wohler. Benington hatte sich, wie ich vermutet hatte, in das Gefolge der Speichellecker des Arkoniden eingereiht.

Die martialische Musik der Naats war inzwischen beendet und der Regent des Arkonidischen Sektors war auf eine provisorische Rednertribüne getreten. Der gesamte Auftritt wurde von Technikern von INSELNET in Szene gesetzt und Intendant Guy Pallance persönlich schien die Organisation übernommen zu haben.

Die gesamte Admiralität einschließlich der Flottenoffiziere vom Obersten aufwärts waren in ihren Paradeuniformen erschienen. Weibliche Ordonanzen in äußerst freizügigen Phantasieuniformen aus den von den Arkoniden besetzten Teilen Cartwheels, also Akoninnen und Saggittoninnen, hatten die Aufgabe, die Gäste zu bedienen.

Ich betrachtete dieses Verhalten der Arkoniden als eines Offiziers und Gentlemans unwürdig. Aber, und darauf hatte mich mein Vater mit allem Nachdruck hingewiesen, es war nicht unsere Aufgabe, das Verhalten des Arkonidischen Sektors als Besatzungsmacht zu beurteilen. Nichteinmischung, auf dieser Prämisse beruhte der Frieden zwischen unseren beiden Reichen. Nur war es für mich fast unerträglich, der offensichtlichen Sklaverei, wie sie hier durch die Arkoniden praktiziert wurde, zusehen zu müssen.

Inzwischen schien die Übertragung begonnen zu haben, denn Guy Pallance war an die Feldmikrofone getreten und eröffnete die Übertragung.

»Guten Abend, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer in Cartwheel. Ich grüße Sie hier von einer Welt der Galaxie Andromeda. Meine Grüße gelten weiter besonders unseren tapferen Frauen und Männern, die als Mitglieder unserer glorreichen Flotte in den Estartischen Galaxien oder in M 87 Dienst für unsere Heimat tun. Lassen Sie mich kurz zum Anlass unserer heutigen Sendung kommen. Unsere Flotte hat unter der genialen Führung des Quarteriumsfürsten Uwahn Jenmuhs einen großartigen Sieg errungen. Doch lassen wir jetzt den Sieger selbst zu Wort kommen. Meine Damen und Herren, es spricht zu Ihnen der Quarteriumsfürst und stellvertretende Regent des Quarteriums, Gos’Shekur Uwahn Jenmuhs.«

Pallance war zurückgetreten und übergab mit einer tiefen Verbeugung das Rednerpult an den Arkoniden. Dieser stützte seinen massigen Körper mit beiden Händen ab und begann seine Ansprache.

»Kämpferinnen und Kämpfer der glorreichen Quarterialen Flotte: Ich grüße euch!«

Jenmuhs machte eine rhetorische Pause, die er dazu nutzte, nochmals einen Schluck aus dem vor ihm stehenden Glas zu nehmen. Danach richtete er seinen Blick in die Feldoptiken der Übertragungstechnik von INSELNET.

»Mein Gruß gilt aber auch genauso allen Bürgerinnen und Bürgern, die an der Heimatfront in Cartwheel ihre Pflicht erfüllen. Hier, fern der Heimat, unter den fremden Sonnen Andromedas, haben wir eine bittere Lektion lernen müssen. Wir sind voller guter Vorsätze und Wünsche für unsere lemurischen Brüder nach Andromeda gekommen, wir wollten ihnen sogar helfen, sich vom Joch des Fremdlebens zu befreien. Voller Vertrauen in die Brüderschaft unter den lemurischen Völkern waren wir bereit, unser Leben für unsere Brüder in die Schlacht zu werfen. Wir wurden verraten und an das Fremdleben verkauft. Millionen unserer Schwestern und Brüder hat dieser Verrat das Leben gekostet. Ich bitte alle, sich zu einer Schweigeminute zu erheben. Gedenken wir unserer vom Fremdleben und von den menschlichen Verrätern ermordeten Schwestern und Brüder!«

Jenmuhs war hinter dem Rednerpult hervorgetreten und straffte seine feiste Gestalt. Ich schüttelte mich innerlich vor der Falschheit dieser pathetischen Rede. Eine in Galauniformen gekleidete Abordnung sämtlicher Flotteneinheiten war inzwischen nach vorn getreten. Zwischen sich hielten sie einen in die quarteriale Fahne gehüllten Sarg, den sie unter dumpfem Trommelwirbel auf einem Podest vor Jenmuhs niederstellten.

Der Quarteriumsfürst machte einige Schritte nach vorn und verneigte sich. In dieser Stellung blieb er eine Minute, bis er sich wieder aufrichtete und theatralisch die Arme hochnahm. Die Bildregie von INSELNET reagierte augenblicklich, mehrere Feldkameras schwebte auf kleinen Antigravplattformen auf Jenmuhs zu, um ja keinen scheinheiligen Gesichtsausdruck seiner Wohlbeleibtheit zu versäumen. Ich schreckte aus meinen Gedanken.

Ein Blick in die mich umgebende Menge lehrte mich, dass ich wohl das allgemeine Zeichen für das Ende der Trauer verpasst hatte. Unwillkürlich schaute ich mich um, ob mein Verhalten Missfallen bewirkt hatte. Nur nicht auffallen, nicht ins Rampenlicht treten. Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf. Es war an der Zeit, dass ich diese Komplexe ablegte. Ich war der Sohn des Emperadors, der Befehlshaber der gesamten Flotte des terranischen Blocks. Hier in diesem Saal stand nur ein Einziger rangmäßig über mir. Nicht ich wurde beobachtet, im Gegenteil, ich war der, auf den die anderen schauten, um sich nach mir zu richten.

»Gemordete Heldinnen und Helden können nicht in ihren Gräbern ruhen, solange ihre Mörder am Leben sind! So lautet eine uralte Sage meines Volkes. Hier, im Gedenken an unsere toten Schwestern und Brüder, gelobe ich feierlich, dass ihr Tod gerächt wird. Keiner der Verräter, die sich des schlimmsten Verbrechens des Universums schuldig gemacht haben, wird unserer Rache entgehen.

Ich schließe hiermit die tefrodischen Völker und die sogenannte Liga Freier Terraner aus der lemurischen Volksgemeinschaft aus. Ihr Verräter am eigenen Blut seid nicht länger würdig, der Gemeinschaft unserer Urväter anzugehören. Wir werden euch jagen, von Planet zu Planet, von Galaxie zu Galaxie und nicht eher ruhen, bis wir die gemeinsame Heimat aller lemurischen Völker, bis wir Lemur, den die Verräter heute Terra nennen, von euch befreit haben.

Hier auf dieser Welt, die den Namen Musgur trägt, haben wir den Anfang gemacht. Ich habe meiner Flotte den Befehl gegeben, dass dieser Planet vernichtet werden soll. Unsere Flotte wird überall im tefrodischen Siedlungsgebiet viele neue Musgurs schaffen, wir werden dieses Verrätervolk ausradieren. Für Verräter am eigenen Blute ist künftig kein Platz mehr innerhalb der lemurischen Volksgemeinschaft. Ich schließe meine Rede mit einem Aufruf an unsere Schwestern und Brüder im fernen Cartwheel:

Ihr könnt noch ruhig schlafen, wir sorgen dafür, dass das Fremdleben nicht unsere Ressourcen bedroht und in unseren Lebensraum eindringt. Die lemurische Volksgemeinschaft steht vor der Wiedererrichtung ihrer Herrschaft, ein vereintes Reich in Cartwheel, Andromeda und unserer Urheimat Apsuhol, die mein Volk Debara Hamtar nennt! Ein einiges Reich der Menschheit!

Dafür kämpfen wir, dafür siegen wir!«

Ich war wie vor den Kopf gestoßen. War das ein Albtraum? Nein, es war Wirklichkeit, wie mir der aufbrausende Jubel um mich herum bewies. War ich tatsächlich der Einzige, der hinter das hohle Pathos dieser Rede schauen konnte? Jenmuhs hatte es wieder geschafft. Er hatte eine Niederlage in einen Sieg umgewandelt und noch dazu zum Vorwand für weitere Terrormaßnahmen genommen. Und wieder die Frage: Was konnte ich dagegen tun? Und ich gab mir auch gleich die Antwort: Nichts, absolut nichts!

»Trinken Sie Admiral, das beruhigt die Nerven!«

Ich blickte auf und sah in die kalten Augen von Sizemore. Der terranische General schien meinen inneren Zwiespalt mitbekommen zu haben. Mandor da Rohn reichte mir ein volles Glas, das ich mit einem Zug leerte.

*

Der öffentliche Teil der Veranstaltung war vorbei, Jenmuhs hatte sich in seine palastähnliche »Behelfsunterkunft« zurückgezogen. Er hatte die militärische Führung des Feldzuges »Lokale Gruppe« zu einem Arbeitsessen geladen. Ich verbrachte die Zeit bis zum abendlichen Treffen zusammen mit Sizemore und da Rohn. Es war eine der wenigen Gelegenheiten zu einem privaten Gespräch.

Sizemore zeigte sich dabei von einer unerwarteten Seite. Natürlich galt sein Hauptinteresse militärtheoretischen Fragen, aber für mich völlig überraschend machte er sich auch über die Rolle der Hohen Mächte seine Gedanken. Dass sich der Arkonide Mandor da Rohn die Freiheit einer eigenen Meinung leistete, war mir bereits von früheren Unterredungen bekannt. Beide Generäle äußerten die Befürchtung, dass wir, egal auf welcher Seite wir auch standen, nichts weiter als Bauern in einem kosmischen Schachspiel seien, dessen Regeln wir nicht verstanden. Eine Ansicht, der ich nur zustimmen konnte.

Die Zeit verging schneller, als uns lieb war. Es war einfach so, dass es in angenehmer Gesellschaft viel kurzweiliger war – auch eine Art Zeitdilatation.

*

Die Ordonanz, eine äußerst freizügig gekleidete Akonin, führte mich an den Tisch des Gos’Shekur. Sie trug wie alle zwangsverpflichteten Arbeitskräfte aus den von den Arkoniden besetzten Gebieten eine Art kunstvolles Halsband, das inzwischen Gegenstand wildester Spekulationen innerhalb der Flotte war. Am Tisch des Arkoniden saß, neben Toran Ebur, zu meiner nicht geringen Überraschung Alcanar Benington höchstpersönlich. Die Lobhudelei schien sich für ihn gelohnt zu haben. Die Ordonanz führte mich an einen Platz, der etwas abseits des glorreichen Führungstrios gelegen war. Einen Moment war ich perplex und fragte mich, was das zu bedeuten hatte. Die Antwort kam schneller, als ich erwartet hatte. Jenmuhs hatte sich unmittelbar nach meiner Ankunft erhoben und begann zu sprechen:

»Wir sind heute in diesem Kreis zusammengekommen, um Mut und Ehre, aber auch Feigheit«, bei diesem Wort machte er eine Pause und warf mir einen eindeutigen Blick zu, »gebührend zu werten.«

Im ersten Moment wollte ich eine entsprechende Entgegnung machen, aber ein Blick in sein verzerrtes Gesicht ließ mich davon Abstand nehmen. Gelobt sei deine Erziehung, Vater!

»Mut und Ehre«, fuhr Jenmuhs fort, »gab es bei der Schlacht von Maahkon zur Genüge und ich bin stolz darauf, einen ruhmvollen Krieger, der die Tugenden des alten Lemurias verkörpert wie kein zweiter, hier an meinem Tisch begrüßen zu können.«

Mit diesen Worten war er auf Benington zugetreten, der sich mit hochrotem Kopf erhoben hatte.

»Generalmarschall Benington, ich ernenne Sie hiermit zum Oberbefehlshaber der Flottengruppe Tefrod. Es wird Ihre Aufgabe sein, diese Verräter an unserem lemurischen Volkserbe zu bestrafen.«

Mit diesen Worten tauschte er die Kragenspiegel der blankgeputzten Uniform gegen die Insignien eines Generalmarschalls aus. Benington salutierte und warf mir einen triumphierenden Blick zu, bevor er antwortete:

»Gos’Shekur, ich bin mir der Ehre und des Vertrauens bewusst, die meine Beförderung bedeutet. Ich gelobe hiermit feierlich, dass ich den feigen Verrat an unserem gemeinsamen lemurischen Erbe rächen werde. Wenn wir mit ihnen fertig sind, wird kein Tefroder mehr wagen, einen Menschen auch nur schräg anzusehen. Es lebe die glorreiche Flotte des Quarteriums unter der genialen Führung des Gos’Shekur!«

Jenmuhs nickte nur und klopfte Benington jovial auf die Schulter. Die Situation war surreal, einfach nur Irrsinn. Wie konnte ein Mensch so viel Schwachsinn von sich geben? Ich brauchte meine ganze Beherrschung, um nicht laut herauslachen.

Jenmuhs hatte inzwischen wieder Platz genommen und ließ sich von der Ordonanz bedienen. Als diese sich abwandte, griff er ihr ungeniert in den Schritt, was von den anwesenden Offizieren mit lautem Gejohle begleitet wurde.

Ich wandte mich angeekelt ab. Was war nur aus unseren Idealen geworden? Wo war der neue Geist geblieben, mit dem wir die LFT und die Milchstraße reformieren wollten? Hatte mein Vater recht, dass dies alles nur belanglose Nebenerscheinungen waren, unbedeutend, ohne Belang vor der Größe des gemeinsamen Zieles? Ich musste aufhören, Vater wusste es bestimmt besser. Das gesamte Volk liebte und ehrte ihn. Wer war ich, dass ich an ihm zweifeln durfte? Aber das Gesicht des Mädchens stand wie ein Menetekel vor mir. Was, wenn jemand Uthe in dieser Weise schändete? Uthe …

Wieder riss mich Jenmuhs aus meinen Grübeleien. Er hatte sich anscheinend inzwischen gestärkt, denn das Fett tropfte ihm aus den Mundwinkeln auf seine wertvolle Phantasieuniform. Nachdem er sich mit dem Ärmel den Mund abgewischt hatte, fuhr er fort:

»Nach zuverlässigen Meldungen, die von der CIP bestätigt werden, hat sich der Blutsverräter Rhodan mitsamt seiner Clique in die Arme des methanatmenden Fremdlebens nach Andro-Alpha geflüchtet, um vor unserer Rache sicher zu sein. Nach dem Verrat von Maahkon stehen uns noch etwa 100.000 Schiffe zur Verfügung. Unsere Gegner meinen vielleicht, dass wir geschlagen wären. Aber meine Herren, wir fangen erst jetzt richtig an. Wir teilen die uns zur Verfügung stehenden Schiffe in drei Flottengruppen auf.«

Jenmuhs machte erneut eine Pause und fuhr dann fort:

»Die Gruppe Lemur mit 30.000 Schiffen wird unter meinem Kommando den Blutsverräter Rhodan jagen. Eine zweite Gruppe mit 50.000 Schiffen wird unter dem Kommando von Generalmarschall Ebur den Welten des Fremdlebens und der tefrodischen Verräter den Untergang bringen. Die wichtigste Aufgabe jedoch erhält unser neu ernannter Generalmarschall Benington: Er wird mit den restlichen 20.000 Schiffen die Vernichtung Tefrods bewirken.«

Jetzt war alles klar: Ich war abgeschrieben. Gut, dann hatte ich wohl auch mit dem zu erwartenden Massenmord nichts zu tun. Sollte ich zurück nach Cartwheel gehen? Nein, das konnte ich auch nicht, ich war nach wie vor für die Besatzungen aus dem Terrablock verantwortlich. Was nun?

6. Zwischenspiele

Das Wesentliche des Menschseins besteht darin, nicht Vollkommenheit anzustreben, sondern bereit zu sein, um Treue zu einem Menschen willen auch Sünde zu begehen, und sich darauf gefasst zu machen, am Ende mit leeren Händen dazustehen, als unvermeidbarer Preis dafür, seine Liebe auf ein anderes Menschenwesen fixiert zu haben.

Georg Orwell

Liebesfreud und Liebesleid …

Die Sonne ging hinter den Bergen von Mulhacen auf und spiegelte sich im tiefblauen Wasser des Lago de Sanabria, an dessen Ufer Schloss Madrid majestätisch seine Zinnen in den frühen Morgen erhob. Die Zerstörungen während der Lingus-Krise, als angeblich irgendwelche Terroristen die Ermordung des Emperadors versucht hatten, waren nicht mehr zu sehen.

Die einsame Joggerin lief am Ufer des Sees entlang und genoss die Ruhe und Abgeschiedenheit. Ihr schien es, als ob sie in ein anderes Leben eingetaucht war. Siniestro, der Privatbesitz des Emperadors, schien fernab aller Konflikte und Probleme zu liegen. Hier gab es keine Hinweise auf Krieg, auf Leid oder Tod, hier gab es nur Ruhe, Schönheit und das Glück des Augenblicks.

Seit sie auf Vorschlag des Emperadors zusammen mit seiner frisch angetrauten Frau Rosan von Paxus nach Siniestro gegangen war, genoss sie zunehmend die neue Freiheit, die diese paradiesische Welt ihr bot. Zu ihrem Glück fehlte ihr eigentlich nur noch Orlando und der Frieden zwischen dem Quarterium und der LFT. Doch beides war im Moment unerreichbar. Orlando war irgendwo in der Lokalen Gruppe unterwegs und der Frieden war wohl genauso fern wie Terra.

Die Joggerin verlangsamte ihren Lauf und blieb schließlich schwer atmend stehen. Sie hatte es wieder geschafft, die Strecke zu verlängern. Seit ihrer Ankunft hatte sie sich ein persönliches Fitnessprogramm aufgestellt und der morgendliche Lauf vor dem Frühstück gehörte dazu. Zwar hatte man ihr versichert, bei ihrem schlanken Körper hätte sie es nicht nötig, doch sie fand, dass sie ein paar Pfunde zu viel hatte und wollte vor allem etwas tun. Sport war immer ein gutes Mittel. Ihr Atem hatte sich inzwischen beruhigt und sie nahm einen kleinen Schluck aus der Wasserflasche. Dann verfiel Uthe in einen langsamen Trab, der sie wieder zum Schloss zurückbrachte.

Nachdem sie ausgiebig geduscht und sich angezogen hatte, ging sie in die riesige Halle, in der das Personal für die beiden Bewohnerinnen auftischte. Personal, das war auch so eine Geschichte gewesen. Rosan war fast ausgeflippt, als sie hörte, dass sogenannte Alienrassen in den Dienst der Siniestros gepresst worden waren. Als die neue Emperatriz war sie jetzt natürlich die Herrin gegenüber den Blues, Kartanin und Gurrads, die auf dem Schloss beschäftigt wurden.

In einem langen Gespräch hatte sie Rosan überzeugen können, dass es für die Aliens besser wäre, wenn sie die Anweisungen an das Personal gäbe, als wenn wieder ein sadistischer Widerling wie der frühere Hausmeister Hubba für das Personal verantwortlich wäre. Der Hinweis auf Hubba hatte genügt, um Rosan zu überzeugen.

Uthe persönlich hatte nichts dagegen, sich von einer Blues oder Kartanin bedienen zu lassen, sofern man diese anständig behandelte. Natürlich hatte Orlandos Liebe viel zu ihrem Sinneswandel beigetragen. Aber er hatte ja recht! Sie hatte in den vergangenen Wochen gelernt, die Vorteile des quarterialen Systems zu genießen.

Nur die Auswüchse, für die Widerlinge wie Hubba verantwortlich waren oder dieser grässliche Niesewitz, der sie mit seinen stechenden Augen geradezu ausgezogen hatte, machten ihr Sorgen. Doch sie vertraute Orlandos Wort, dass sein Vater und er schon dafür sorgen würden, dass diese Unpersonen, wenn man sie nicht mehr brauchte, aus dem öffentlichen Leben entfernt würden. Es konnte gar nicht anders sein, dachte Uthe. Wie konnten so empfindsame Menschen anders denken!

Inzwischen hatte sie die große Halle erreicht. Sie liebte es, den langen Weg durch endlose Korridore zu gehen und noch ein wenig vor sich hin zu träumen. Wenn doch wenigsten eine Nachricht von Orlando kommen würde. Noch ganz im Gedanken betrat sie die Halle. Ein mürrisches »Guten Morgen, Uthe« empfing sie. Rosan war schon aufgestanden und erging sich in ihrer neuen Lieblingsbeschäftigung: Trübsal blasen und Langeweile verbreiten!

Uthe fühlte Gereiztheit aufsteigen. Warum konnte diese dumme Kuh das Schicksal nicht nehmen, wie es ist? Die Frau des mächtigsten Mannes der Menschheit war doch auch etwas, oder nicht? Aber nein, Frau Orbanashol-Siniestro gefiel sich in Selbstmitleid.

»Dir auch einen wunderschönen, sonnigen Morgen, herzallerliebste Rosan«, antwortete sie. Wenn die zickig wurde, dann konnte sie das schon lange. Aber warum reagierte Rosan nicht? Normalerweise wäre sie jetzt auf Hundertachtzig gewesen. Aber nichts, nur ein müdes Lächeln. Also doch nicht zickig, sondern am Weltschmerz verzweifelt. Änderung der Taktik.

»Was hast du, Rosan? Ist etwas Schlimmes gesch…?« Bevor sie weitersprechen konnte, kam ihr ein furchtbarer Gedanke: Orlando! »Ist etwas mit Orlando, los sag schon, ist ihm etwas geschehen?«

Rosan blickte auf. »Nein, Uthe, nichts!«

Sie war wieder etwas beruhigt.

»Was ist dann los? Es vermiest mir den ganzen Tag, wenn du so traurig bist.«

»Ach Uthe, du weißt schon. Wie kannst du dich mit diesem Unrechtssystem arrangieren, wie kannst du überhaupt einen seiner führenden Vertreter lieben? Und ich, ich bin jetzt zwangsweise Teil dieses Systems geworden, als Frau des Emperadors bin ich auch für die Taten verantwortlich, ich …«

Rosan war immer leiser geworden, schließlich brach ihre Stimme. Es war wie jeden Tag, immer wieder das Gleiche. Für Rosan gab es nur Schwarz oder Weiß, für irgendwelche Zwischentöne war bei ihr kein Platz.

»Rosan, du musst auch das Gute im Menschen sehen. Der Emperador beispielsweise ist ein großer Mann, der für Cartwheel schon viel Gutes bewirkt hat. Wenn dieser Krieg endlich vorbei ist, kommen bessere Zeiten, du wirst schon sehen, da haben die primitiven Schlägertypen vom Range eines Niesewitz’ ausgedient.«

Doch Rosan schüttelte nur den Kopf: »Du verstehst mich nicht, Uthe! Du redest dir etwas ein. Das ist Wunschdenken, das nichts an der Wirklichkeit ändert!« Deprimiert sank sie an ihrem Platz zusammen.

Wenig später erschien eine der Dienerinnen und brachte auf einem silbernen Tablett einen Datenkristall.

»Diese Botschaft für die Herrin Uthe ist gerade von der Welt des Großen Herrschers übermittelt worden. Möchte die Herrin Uthe ein Lesegerät?«

»Ja, danke Geeli! Der ist bestimmt von Orlando!«

Doch Uthe bekam auch in diesem besonderen Moment keine Ruhe. Rosan musste aus ihrem Weltschmerz aufwachen und ihr wieder die Stimmung vermiesen. Uthes konnte ihren Zorn kaum mehr verbergen. Immer hackte Rosan auf ihrem Geliebten und ihrem eigenen Ehemann herum, der ihr die Welt zu Füßen legte. Wenn Uthe da an ihren früheren Mann dachte, der ihnen ständig alles ruiniert hatte mit seiner blinden Abenteuerlust. Sie hatte das jahrelang durchleiden müssen, sie wusste Orlando und seinen Vater zu schätzen!

»Geeli!«, wandte sich Rosan an die junge Kartanin. »Ich habe dir doch genau erklärt, dass es auf Paxus keinen Großen Herrscher gibt, sondern nur einen Tyrannen, der dein Volk versklavt und fast ausgelöscht hat.«

Sorgen, nichts als Sorgen …

Don Philippe de la Siniestro

Der Bericht, um den ich meinen Sohn gebeten hatte, war endlich angekommen. Er unterschied sich in wesentlichen Punkten von der offiziellen Darstellung durch das Quarteriale Oberkommando unter Uwahn Jenmuhs. 20.000 Schiffe verloren, mehr noch, der Nimbus von der Unbesiegbarkeit des Quarteriums war dahin. Ab jetzt, sagte mir meine Erfahrung, wurde es ernst.

Mein Blick fiel auf das altertümliche Standchronometer, das neben dem schweren eichenen Bücherschrank stand. Schon so spät! Wo nur Despair blieb?

Kurz darauf klopfte es an der altertümlichen Tür meines Arbeitszimmers. Endlich, der Quarteriumsmarschall war eingetroffen.

»Entschuldigen Sie, Emperador, ich musste zuerst die EL CID startklar machen und unsere Reserven mobilisieren.«

Ich musterte den Silbernen Ritter und erhob mich. Jovial klopfte ich meinem Recken auf die Schulter.

»Aber nein, Marschall, nicht doch. Sie wollen doch nicht nach Andromeda aufbrechen?«

»Doch, genau das. Ich muss das Kommando übernehmen und dort retten, was noch zu retten ist, Emperador!«

Innerlich schüttelte ich den Kopf über so viel Naivität. Krieger waren so einfach gestrickt und sie waren verloren, wenn sie nicht unter der Führung eines genialen Staatsmannes standen. Ich würde dafür sorgen, dass wir nicht verlieren konnten, so oder so!

»Marschall …«, ich machte eine rhetorische Pause, »Cauthon, denken Sie bitte an das, was wir bereits besprochen haben.« Meine persönliche Ansprache bewirkte, dass ich Despairs volle Aufmerksamkeit hatte.

»Marschall Despair, welche Alternativen haben wir?«

Ich spürte förmlich, wie seine Gedanken unter dem silbernen Helm rasten, bevor er antwortete.

»Wir müssen die LFT erobern …«, antwortete er zögernd.

»Können wir das?«, stellte ich die Gegenfrage.

Dieses Mal dauerte es länger, bis er antwortete. Aber seine Antwort fiel genauso aus, wie ich es erwartet hatte. Despair gehörte nicht zu der Art von Leuten, die sich selbst in die Tasche logen.

»Nein, wohl nicht mehr«, antwortete er.

»Was in Teufels Namen wollen Sie dann in Andromeda? Wollen Sie dort den Helden spielen und, wie man früher so schön sagte, kämpfend untergehen?«

»Nein, das nicht«, antwortete er, »aber ist es nicht meine Pflicht, an der Spitze unserer Sol…«

Er brach plötzlich ab. Anscheinend war bei ihm noch nicht Hopfen und Malz verloren, er begann tatsächlich, eigenständig zu denken. Ich beschloss nun, dem Spiel, obwohl ich es genoss, ein Ende zu bereiten. Zeit war kostbar, auch für Unsterbliche!

»Wir müssen an die Zukunft denken, die Übernehme der LFT ist gescheitert, Marschall. Jetzt müssen wir an uns selbst denken und das bedeutet, dass ich den besten Strategen, den besten Feldherrn Cartwheels hier an meiner Seite brauche. Zusammen, Cauthon«, wieder wechselte ich in die persönliche Ansprache, »zusammen werden wir auch diese Krise überstehen. Cartwheel wird unser Herrschaftsgebiet bleiben.«

Endlich schien er verstanden zu haben. Doch dann kam die Frage, auf die ich schon seit Wochen und Monaten wartete.

»Emperador … Don Philippe, warum seid Ihr dann aber gegen eine Verbindung zwischen mir und Eurer Tochter Brettany?«

»Habt Ihr es immer noch nicht verstanden, Despair? Ich brauche Euch, so wie Ihr seid. Wenn ich hier nur als Vater stehen würde, könnte ich mir für Brettany keinen besseren Ehemann vorstellen. Aber ich bin nicht nur ihr Vater, ich bin auch der Emperador und ich muss unser aller Interesse wahren. Als Brettanys Ehemann würdet Ihr Eure grandiosen Fähigkeiten verlieren, Despair. Brettany würde Euch mit ihrer Moral und ihrer Güte zum Zweifeln bringen. Ihr würdet zögern, wo rasche und schmerzhafte Entscheidungen gefragt sind. Deshalb, und nur deshalb, bin ich gegen diese Verbindung.«

Es folgten einige Minuten der Stille. Der Silberne Ritter dachte nach. Dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben.

»Ihr habt recht, Don Philippe. Danke, dass Sie so offen mit mir gesprochen haben. Ich bin nicht für die reine Liebe geschaffen – auch MODROR hat in diesem Sinne zu mir gesprochen!«

Ich blickte meinen Ritter nachdenklich an. In diesem Moment bedauerte ich es, dass sein Helm, den er immer trug, seine Gesichtszüge verbarg. Warum diese Fixierung auf die Wahnidee einer reinen Liebe? Hier war der Punkt, in dem mein Eiserner Ritter verwundbar war. Und ich beschloss, genau darauf zu achten. Es war Zeit, diese Unterredung zu beenden und ihm eine konkrete Aufgabe zu übertragen.

»Im Augenblick, Marschall, müssen wir in erster Linie unsere Verluste ersetzen. Das wird Ihre Aufgabe sein. Sorgen Sie dafür, dass unsere Werften in Cartwheel und Seshonaar ausgebaut werden. Diese Reserven sind dann allein für Cartwheel bestimmt.«

Da kam mir noch eine Idee. Ich musste ihn auf andere Gedanken bringen.

»Da fällt mir gerade ein, dass ich heute Abend einen kleinen Empfang mit etwas Belustigung in der Residenz auf Paxus gebe. Sie sind hierzu ganz herzlich eingeladen. Und bringen Sie doch diese kleine Sekretärin mit, ich glaube, Mattaponi heißt sie!«

7. Der Andromeda-Feldzug

Hier ist Linda Lagas über INSELNET.

Ich melde mich hier mit einer Sondersendung für unsere Heimat Cartwheel von Bord des Flaggschiffes ZALIT. Die Frauen und Männer, … äh … Entschuldigung, die Männer an Bord der ZALIT erfüllen hier, fernab der Heimat, ihre Pflicht für den Emperador, Volk und Vaterland. Mein Dank gilt dabei dem Gos’Shekur, seiner Erhabenheit Uwahn Jenmuhs, der extra für mich eine Ausnahmegenehmigung erteilte.

Genauso gilt mein Dank seiner Exzellenz Thek’Athor Toran Ebur, der sich bereit erklärte, mich an Bord seines Schiffes aufzunehmen. Ich werde die nächsten Tage und Wochen zusammen mit den Männern der ZALIT verbringen, um Ihnen an den Trividschirmen einen Eindruck vom entbehrungsreichen Dienst in der Flotte zu vermitteln.

Zu Beginn unserer Übertragungsreihe werde ich ein Interview mit dem Thek’Athor führen.

»Exzellenz, darf ich meine Freude zum Ausdruck bringen, dass Sie sich bereit erklärt haben, mir, als der Vertreterin von INSELNET, alle Fragen bezüglich der gegenwärtigen Aktionen gegen das Fremdleben und die Blutsverräter zu erklären.«

»Miss Lagas, die Freude ist ganz meinerseits. Ich habe nicht oft die Gelegenheit, so charmanten Besuch an Bord meines Schiffes beherbergen zu dürfen.«

»Exzellenz, könnten Sie unsere Zuschauerinnen und Zuschauer über das Ziel der gegenwärtigen Mission informieren?«

»Die unter meinem Oberbefehl stehende Flottengruppe Retaliation hat die Aufgabe, die von den Blutsverrätern bewohnten Welten für den Verrat an der lemurischen Volksgemeinschaft zu bestrafen. Entsprechend unseres Auftrags, den mir der Gos’Shekur persönlich erteilt hat, werden wir ihre Welten in Wüsten verwandeln.«

Multika – das erste Menetekel

Die Flottengruppe Retaliation fiel am Rande des Doppelsystems Multikas Stern aus dem Hyperraum. Ziel war der dritte Planet des Systems, eine erdähnliche Welt – Multika III – und einst das Zentrum der Multiduplikatoren. Doch diese Zeit war längst vorbei. Nachdem die CREST III einen Teil des Komplexes zerstört hatte, zerstörten die Maahks weite Teile der Oberfläche.

Doch das war nicht das Ende des Planeten. Als die »Söhne des Lichts« um Tengri Lethos, Baar Lun und Omar Hawk zwischen den Maahks und Tefrodern ein Friedensabkommen vermittelten, wurde Multikas Stern zum Symbol des Friedens zwischen Menschen und Maahks ausgewählt. Gemeinsam wurde das System zu einem Handels- und Industriezentrum wiederaufgebaut, wo Sauerstoff- und Methanatmer gemeinsam Grundlagenforschung betrieben und neue Produkte zur Marktreife brachten. Multika II und Multika III, der zweite und dritte Planet des Systems, waren in ganz Andromeda das Symbol für die friedliche Koexistenz von Maahks und Menschen, und dass diese für beide Rassen durchaus profitabel sein konnte.

Toran Ebur konnte sich also kein treffenderes Symbol aussuchen, wenn er die gegenseitige Zusammenarbeit zwischen Maahks und Tefrodern bis ins Mark treffen wollte.

*

Nach allem, was der quarteriale Nachrichtendienst, eine Unterabteilung der CIP, ermittelt hatte, waren die beiden Industriewelten des Multika-Systems militärisch ungeschützt. Die Flottengruppe Retaliation würde leichtes Spiel haben und beide Planeten ein für alle Mal unbewohnbar machen, sowohl für Maahks als auch für Tefroder.

Der Generalmarschall begrüßte die Starreporterin von INSELNET in seiner privaten Kommandeurssuite, auf die er an Bord seines Flaggschiffes Anspruch hatte.

»Ich freue mich, dass ich vor unserem glorreichen Angriff auf das minderwertige Pack die Gelegenheit habe, Sie privat und ganz persönlich sprechen zu können, Exzellenz!«

Der athletisch gebaute Zaliter musterte die Reporterin ungeniert. Was er sah, schien ihm zu gefallen. Linda Lagas hatte sich in ein geradezu atemberaubendes Outfit geworfen, das sein Blut zum Kochen brachte.

»Nennen Sie mich doch Toran, wenn wir so ganz unter uns sind. Marschall oder Exzellenz, das ist doch so förmlich.«

»Dann müssen Sie mich aber auch Linda nennen und … warum gehen wir nicht gleich zum Du über?«

Der Zaliter lachte auf und meinte: »Na Linda, du scheinst ja nichts anbrennen zu lassen! Aber bevor wir uns etwas näher kennenlernen, habe ich eine kleine Aufgabe für dich.«

Mit diesen Worten zog er zwei Plastiktrinkhalme hervor, die unterschiedlich lang waren.

»Nun sagen wir mal der Kurze steht für Nummer drei, also die Tefroder, und der Längere für die Nummer zwei. Du ziehst jetzt einfach und je nachdem …«

»Ich darf tatsächlich entscheiden, welches Gesocks wir zuerst ausrotten?«

Ebur hielt ihr nur wortlos die beiden Halme hin. Und Linda Lagas zog einen Halm. Ihr Gesichtsausdruck dabei war eine einzige Maske der Gier und der Faszination am Bösen.

»Lang … geil …!«

*

Der Tod kam über den zweiten Planeten, der Tod von den Sternen. Toran Eburs Flottengruppe zerschlug die schwache Systemverteidigung und ging über Multika II, einem typischen Vertreter der »heißen jupiterähnlichen« Planeten, in einen tiefgestapelten Orbit. Eine zweite Gruppe nahm Kurs auf Multika III, die Industriewelt der Tefroder. Ihre Aufgabe bestand darin, jede Flucht von dem Planeten zu verhindern. Toran Ebur hatte bei der Ausgabe der Einsatzbefehle zynisch gemeint, dass er Wert darauf lege, eine vollständige Ernte einzufahren.

Genau um zehn Uhr Cartwheel-Systemzeit eröffnete der innere Ring der SUPREMO-Schlachtschiffe das Feuer. Der Zaliter wollte keinen schnellen Tod für die Welt der Maahks, nein, er wollte ein Exempel statuieren. Die Methans sollten bluten, bluten für die Demütigung des Gos’Shekur und zahlen für jedes quarteriale Leben mit ungezählten Leben ihrer verabscheuungswürdigen Spezies.

Nachdem er einige Zeit der Bombardierung des Planeten zugesehen hatte, zog er sich wieder in seine private Suite zurück. Die unpersönlichen Explosionen der Fusionsbomben befriedigten nicht seinen Durst nach Rache – nein, er wollte dem Falschleben persönlich gegenüberstehen, er wollte es selbst auslöschen. Mit geübten Griffen öffnete er die Borduniform und griff nach dem Kampfanzug. In diesem Augenblick ertönte das Kommunikationssignal, jemand stand vor seiner Tür. Halb nackt betätigte er den Öffnungssensor. Nicht dass es ihn wirklich überrascht hätte: Vor ihm stand Linda, die sich mit der Zunge lüstern die Lippen leckte.

»Willst du mich nicht mitnehmen, großer Krieger? Ich möchte es persönlich sehen, wenn diese stinkenden, Methan atmenden Bestien durch dich zerrissen werden.«

Toran Ebur verbesserte sie automatisch: »Nicht Methanatmer. Dieses Dreckspack atmet Wasserstoff, reinen Wasserstoff, und ja, ich bin einverstanden!«

Gewaltsam löste er sich aus der engen Umklammerung, dafür war später noch genügend Zeit. Er aktivierte das Interkom und gab die Anweisung, einen Kampfanzug in seine Suite zu bringen. Die Ordonnanz nickte und er beendete das Gespräch.

Inzwischen hatte er die Magnetsäume seines Kampfanzugs geschlossen. Mit geübtem Griff holte er den schwarz polierten Kasten aus dem besonders gesicherten Safe. Es war wieder soweit, sein liebstes Spielzeug würde Arbeit bekommen. Da brachte die Ordonnanz bereits den angeforderten Kampfanzug mit dem Kombistrahler. Er nahm beides entgegen und wandte sich Linda zu. Diese stand an seinem Arbeitstisch und starrte ihn aus großen Augen an.

»Da… das i… ist … du du … hast … eine Strega! Darf ich die mal anfassen?«

Amüsiert grinsend nahm er die Waffe und nickte. Dann fuhr er mit dem Lauf ihre atemberaubenden Kurven nach. Mit geübtem Blick überzeugte er sich, dass sie gesichert war, bevor er sie ihr überließ. Fast ehrfürchtig nahm sie sie entgegen und streichelte über das schwarz glänzende Metall mit einer geradezu obszönen Geste.

»Wie kommt es …«

»Ich bin Zaliter. Trerok war meiner Familie noch einen Gefallen schuldig.«

*

Die dichte Atmosphäre aus Ammoniak, Wasserstoff und Methan war für menschliche Augen nahezu undurchdringlich. Doch die brillenartigen Sichtgeräte, die er und seine Begleiterin trugen, durchdrangen die graubrauen Schlieren mühelos. Der Zaliter und die Terranerin standen aufrecht in einem offenen Spezialgleiter, nur durch einen Prallschirm mit -Komponente von der giftigen Atmosphäre getrennt. Ein Antigrav-Konturfeld umhüllte den Gleiter samt seiner Insassen und reduzierte die planetare Schwerkraft von über zwei Gravos auf erträgliche Terra-Norm.

Toran Ebur nahm die Strega ans Auge und visierte die kleine Siedlung der Maahks an. Dann setzte er die Waffe wieder ab und wandte sich an seine Begleiterin.

»Willst du sie mal ausprobieren?«

Die zierliche Reporterin strahlte ihn aus blauen Augen an und fragte:

»Ich darf wirklich …?«

Die Maahkfamilien vergingen im Inferno des Konstantriss-Nadelpunkt-Thermostrahls. Wie ihnen erging es tausenden anderen Familien. Armageddon hatte für Multika II begonnen.

*

Der Raumalarm gellte durch die ZALIT. Toran Ebur fuhr herum und herrschte seinen Ortungsoffizier an.

»Was gibt es, warum der Alarm?«

»Maahks, Zhdopanda! Unzählige Maahks und Tefroder. Die haben anscheinend alles aufgeboten, was sie haben.«

Ein hässliches Grinsen glitt über Toran Eburs Gesicht.

So nicht, nicht nach euren Regeln, ihr gottverdammtes Rattenpack.

»Alarmstart für die gesamte Flotte, Sammeln im Punkt Zarak Vritra. Aber zuvor werden wir noch zwei Geschenke hierlassen. Schießt zwei Arkonbomben ab, Multika soll brennen!«

Es wurde zwar knapp, aber es reichte. Der Flotte gelang die Flucht, bevor die angreifenden Maahks und Tefroder sie stellen konnten. Jedoch, der perfide Plan, beide Planeten in Sonnen zu verwandeln, schlug zumindest teilweise fehl. Ein Raumjäger der Maahks ortete die für Multika III bestimmte Bombe und schoss sie ab. So rettete ein Maahk Millionen Tefrodern das Leben.

Toran Ebur dagegen wähnte sich sicher. Doch ein neues Band einte die Völker der Maahks und Tefroder: Rache für Multika!

Tefrod – das zweite Menetekel

Die beiden Männer saßen in einem kleinen Strandcafé, das zu den regierungseigenen Versorgungsbetrieben gehörte, und genossen das belebende Getränk. Beide hatten die Energiespritze bitter nötig, denn sowohl Aurec als auch Cascal hatten seit mehreren Tagen nicht mehr geschlafen. Die Kaffeepause war nur kurz, danach stand ein Treffen mit dem Virth an. Der Terraner und der Saggittone hatten es übernommen, Tefrod auf die zu erwartende Invasion des Quarteriums vorzubereiten.

Alle Hoffnungen ruhten dabei in den Hinterlassenschaften einer Macht, die überall als die Verkörperung des Bösen galt. Laut der Angabe der zentralen Positronik des alten Stützpunktes auf dem fünften Planeten mussten auf Tefrod entsprechende Anlagen für einen planetaren Schutzschirm vorhanden sein.

Doch bisher war die Suche vergebens. Die Suchkommandos blieben ohne Erfolg. Der Virth hatte die beiden Vertreter der Liga gegen zehn Uhr in seinen wieder notdürftig instant gesetzten Regierungssitz eingeladen. Kurz vor dem vereinbarten Termin brachen die beiden auf. Sie waren sehr gespannt, warum der Virth sie zusammen eingeladen hatte.

*

Aurec

Der Virth erwartete uns vor der provisorischen Verwaltungszentrale. Zuerst begrüßte er mich als Kanzler Saggittors und dann Joak. Er teilte uns mit, dass in uralten Archiven Hinweise auf die »Hallen der Macht« gefunden worden wären, die sich irgendwo unterhalb des Palastes der Morgenröte befinden sollten. Bei der Nennung des Namens horchte ich auf. Diese Bezeichnung klang vielversprechend, auf jeden Fall sehr alt.

Der Weg führte uns zuerst in die unterste Ebene des Palastes, die wir über den Antigravschacht erreichten. Danach folgten wir einem alten, lange nicht mehr benutzten Gang, der uns immer tiefer in den Untergrund der Regierungsinsel führte. Die mit Plastron ausgekleideten Gänge waren längst dem bloßen Felsen gewichen, was als Hinweis auf das Alter der unterirdischen Anlage gewertet werden konnte.

Schließlich schien der Gang im Fels zu enden. Doch der Virth trat vor eine Felsplatte und legte seine Hand auf eine glatt geschliffene Fläche. Dies schien irgendeinen Mechanismus auszulösen, denn vor uns verschwand der Fels und es wurde eine Treppe in die Tiefe sichtbar. Joak leuchtete mit seinem Leuchtstab in die Tiefe. Im scharfen Lichtkegel wurden jedoch keine weiteren Details sichtbar. Nur die Treppe.

Etwa eine halbe Stunde später und Hunderte von Treppenstufen tiefer schienen wir endlich am Ziel zu sein. Wie zuvor endete plötzlich alles im Fels. Doch die Hand des Virths bewirkte erneut Wunder, vor uns öffnete sich die kleine Kaverne zu einem riesigen Saal. Die Illusion, sofern es eine gewesen war, schien perfekt gewesen zu sein. Nichts hatte vorher darauf hingedeutet, dass der massive Fels in Wirklichkeit ein sich in der Unendlichkeit verlierender Hohlraum war. Irgendwie glaubte ich nicht mehr an Illusionsfelder, doch der Virth schüttelte nur bedauernd den Kopf, als ich ihn darauf ansprach und bemerkte, dass er keinerlei Informationen über die hier verwendete Technik habe.

Joak hatte sich inzwischen umgeschaut und pfiff leise durch die Zähne. Die Station reagierte auf uns, ein diffuses Leuchten erhellte die unmittelbare Umgebung und holte die trügerischen Silhouetten undefinierbarer Geräteblöcke, wenigstens hielt ich sie für solche, aus der Dunkelheit. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und fokussierte den Lichtstrahl meines Leuchtstabes. Doch es war keine Begrenzung des umgebenden Raumes festzustellen. Der ganze Ort machte auf mich den Eindruck einer alten, unbegreiflichen Technik.

Plötzlich verdichtete sich das diffuse Leuchten zu grellem Licht. Ich schrie und presste mir die Hände vor die geblendeten Augen, neben mir schrien Joak und der Virth, denen es anscheinend genauso erging. Doch genauso schnell, wie es begonnen hatte, war es auch wieder vorbei. Als sich die gepeinigten Augen beruhigt hatten, hatte sich die gesamte Umgebung verändert. Wir standen in einem normalen Kontrollraum, nichts erinnerte mehr an die unwirkliche Halle, die sich in der Unendlichkeit verlor.

Der Virth war der Erste, der unser andächtiges Schweigen brach.

»Die alten Legenden sind Wirklichkeit geworden. Wir haben die ›Hallen der Macht‹ gefunden.«

Und tief unter uns ertönte ein dumpfes Grollen, uralte, längst vergessene Maschinen erwachten zum Leben, aus dem Schlaf der Jahrtausende gerissen.

Jetzt wurde es höchste Zeit, die Anlagen zu untersuchen. Jenmuhs Flotte konnte jeden Moment im System auftauchen. Dr. Marky Laangmuuk und sein Team arbeiteten fieberhaft und schafften es tatsächlich, den planetenumfassenden Schutzschirm in Betrieb zu nehmen.

*

Cascal und ich waren mit der DERINGHOUSE in eine orbitale Parkbahn um Tefrod gegangen, denn wir wollten uns das zu erwartende Schauspiel nicht entgehen lassen. Und so wurden wir Zeugen, wie sich der Planet in einen durchsichtigen, blauen Schleier hüllte. Der Abstand zwischen der Schirmhülle und dem Planeten entsprach in etwa der Entfernung zwischen der guten alten Erde und dem Mond. Wieder fragten wir uns, woher die unbekannte Technik die benötigte Energie bezog.

*

Wir waren nach Tefrod umgezogen, Cascals fünfzig Kreuzer waren nun auf dem Raumhafen von Vircho stationiert. Die Tür in die Vergangenheit war wieder verschlossen, der fünfte Planet genauso unbedeutend, wie er immer eingeschätzt wurde. Nachdem es gelungen war, den planetaren Schutzschirm um Tefrod wieder zu aktivieren, hatte uns der Zentralrechner der alten Station auf dem fünften Planeten faktisch hinausgeworfen.

Selbst ich hatte nichts ändern können, aber wenigstens eine Erklärung erhalten. Laut der Positronik würde die Gefahr bestehen, dass übergeordnete Mächte auf die Existenz des Stützpunktes aufmerksam würden. Als Cascal nach Shara fragte, bekamen wir die Aussage, dass die Tochter des Virths weiterhin auf ihre Aufgabe vorbereitet werden müsse. Und den mysteriösen Hinweis, dass die Zukunft in der Vergangenheit liegt. Danach wurden wir mittels Situationstransmitter nach Vircho versetzt und die gesamte Station war verschwunden.

*

Es war soweit. Die Flotte des Quarteriums hatte Tefrod eingeschlossen. Etwa 20.000 SUPREMOS umschlossen die Hauptwelt des Tamaniums und versuchten, den planetaren Schutzschirm zu durchbrechen. Bisher ohne jeden nennenswerten Erfolg. Salve um Salve schlug in den blau leuchtenden Schirm ein. Die Frauen und Männer der 777. waren mit dem gesamten schweren Gerät ausgeschleust worden und verstärkten die Bodentruppen der Tefroder.

Ich befand mich nach wie vor mit Cascal in der Zentrale der DERINGHOUSE und wartete darauf, dass dem quarterialen Befehlshaber etwas anderes einfiel als das wirkungslose Dauerbombardement. Aber gut, je länger das ging, umso mehr stiegen unsere Chancen. Ich vertraute darauf, dass Perry Rhodan mit der Terranischen 8. Flotte rechtzeitig zurückkommen und uns heraushauen würde. Aber im Moment waren wir noch sicher, der Schirm hielt.

*

Admiral Orlando de la Siniestro beobachtete die Vorgehensweise seines Nachfolgers mit gemischten Gefühlen. Benington selbst ignorierte ihn. Sizemore hatte die PAXUS vor einigen Minuten verlassen, dem direkten Befehl seines neuen Vorgesetzten konnte er sich nicht widersetzen. Wahrscheinlich war dieser mit seinem Latein am Ende, da der Dauerbeschuss wirkungslos blieb.

Die PAXUS stand außerhalb des Belagerungsringes und hatte dadurch einen guten Überblick. Im Moment schien sich etwas zu tun, wahrscheinlich hatte Sizemore eine Strategie entwickelt, um den Schirm zu knacken. Gespannt beobachtete Orlando die Entwicklung. Ein SUPREMO D-Schlachtschiff schien im Mittelpunkt der Planungen zu stehen und wurde gerade von den anderen Schiffen beladen. Gleichzeitig sammelten sich hinter dem SUPREMO Staffel um Staffel der ZECKE-Jagdbomber.

Jetzt wurde mir Sizemores Taktik klar: Der SUPREMO wurde anscheinend mit Bomben aller Art vollgestopft und dann am Schirm zur Explosion gebracht. Dabei hoffte man, dass eine Strukturlücke auftreten würde, in die die Raumzecken stoßen würden. Ein brillanter, aber für die Piloten der Zecken lebensgefährlicher Plan.

*

Aurec

Ich stapfte unruhig in der Zentrale der DERINGHOUSE auf und ab. Major Mezhal, der Kommandant, schaute unwillig zu mir herüber.

Ja, schon gut, ich weiß, dass ich euch auf die Nerven gehe, aber irgendetwas passiert, das spüre ich.

Meine Vorahnung wurde immer drängender. Ich musste etwas unternehmen. Auch Joak wirkte angespannt. Bevor er etwas zu mir sagte, schrillte der Alarm durch die Zentrale. Leutnant di Ravola, der Ortungsoffizier, schrie: »Strukturriss im Schirm, Sir!«

Cascal überlegte keinen Moment und aktivierte die Führungskommunikation.

»Alarmstart für die NIMRODS. Alle geraden Staffeln raus, Jagd frei auf alles, was durch den Riss kommt.«

Einige Sekunden später zeigten die Flugkontrollen, dass die fünfzig Jäger der DERINGHOUSE im Raum waren. Gleichzeitig starteten die übrigen INVINCIBLES von Vircho und schleusten bereits während des Starts die Jäger aus, ein Manöver, das Cascal mit seinen Leuten auf Overdark bis zur Perfektion geübt hatte. Ein tiefes Dröhnen, das trotz der Andruckneutralisatoren die Zelle des Kreuzers vibrieren ließ, zeigte mir, dass Major Mezhal das Schiff unter Volllast auf die inzwischen in tiefem Violett zerfasernde Strukturlücke beschleunigte. Im kosmischen Maßstab war die Entfernung zum Schirmfeld nur ein Wimpernschlag, aber eine Masse musste auch im Zeitalter der Überlichtfaktoren zuerst beschleunigt werden.

*

Die zwölf Staffeln des 3. Jabo-Geschwaders der MANKIND, dem Flaggschiff Generalmarschalls Benington, hatten ganz vorn Position bezogen. Sergeant Dean Flannagan war froh, dass der Geschwaderkommodore, Major Tibor Hasmusson, Wert darauflegte, dass sein Geschwader immer ganz vorn dabei war. Wenn der Plan gelingen sollte, durch die Explosion des SUPREMOS einen Strukturriss zu erzeugen, dann war ein Platz in der ersten Reihe so gut wie eine Lebensversicherung.

Vor dem Bug der ZECKE explodierte der SUPREMO. Die Detonation des mit Bomben vollgestopften Schiffes durchbrach die Grenzschicht zwischen den Dimensionen und destabilisierte den blauen Schutzschirm Tefrods. Das war der Augenblick, auf den die ZECKEN gewartet hatten. Die quarterialen Jagdbomber beschleunigten mit Höchstwerten, durchbrachen den instabilen Schutzschirm und nahmen Kurs auf Tefrod.

*

Gespannt beobachtete Orlando den weiteren Ablauf der Aktion. Es war schon beeindruckend, wie sich Geschwader um Geschwader um die vorgesehene Explosionsposition gruppierte. Tausende und Abertausende der ZECKEN standen bereit, um Tod und Verderben über Tefrod zu bringen. Einen Moment erfüllte unbändiger Stolz den Sohn des Emperadors.

Das alles war das Werk seines Vaters, Cartwheel war zu einem freien, starken und stolzen Reich der Menschheit geworden. Doch wieder kam die Stimme tief aus seinem Inneren: Auch auf Tefrod lebten Menschen, die stark, stolz und frei sein wollten. Orlando schüttelte den Kopf.

Doch dann wurde er durch das Geschehen vor ihm abgelenkt. Der SUPREMO explodierte und erzeugte einen dunkelviolett glühenden Aufriss in der Struktur des Universums. Unbeschreibliche Kräfte mussten dort wirksam werden und genau in diese Hölle stürzten sich die Jagdbomber. ZECKEN-Geschwader um ZECKEN-Geschwader verschwand in dem unheimlichen Schlund.

Und dann war es vorbei. Menschliche Technik errang wieder die Oberhand über die gequälte Natur und verschloss den Riss in den Dimensionen. Jetzt verschwanden die Geschwader nicht mehr, nein, die Maschinen explodierten einfach, sobald sie auf den nun wieder aktiven Schutzschirm prallten. Orlando bemerkte, dass er die Fingerspitzen tief in die Handflächen gebohrt hatte. Langsam öffnete er die verkrampften Fäuste. Doch es nutzte nichts, das große Sterben begann.

*

Aurec

Mit ausdruckslosem Gesicht blickte ich auf den Holo-Gefechtsprojektionskubus, der den unmittelbaren Raum um Tefrod wiedergab. Innerhalb einer Raumkugel, die der Entfernung Erde – Mond entsprach, würde sich das Schicksal Tefrods und somit das Schicksal von Milliarden Menschen entscheiden.

Der Strukturriss hatte sich inzwischen wieder geschlossen und dadurch ein fest begrenztes Schlachtfeld bereitet. Die Kräfteverhältnisse waren in etwa ausgeglichen. Etwa 18.000 quarterialen Jagdbombern standen knapp 2000 NIMRODS und 50 INVINCIBLES gegenüber. Dazu kamen noch diverse tefrodische Einheiten, die aber alle mehr zivilen Charakter hatten, da der gesamte Zentrumsbereich der ehemaligen Meister der Insel entsprechend des Friedensvertrags mit den Maahks eine entmilitarisierte Zone bildete. Das war auch der Grund, warum Tefrod absolut unbefestigt und eine leichte Beute für jeden Aggressor war. Die tefrodischen Flotten waren in den Außengebieten Andromedas stationiert und nicht in der Lage, in den Kampf um Tefrod einzugreifen.

Jetzt kam es darauf an, welche Taktik der gegnerische Kommandeur wählen würde. Würde er versuchen, ohne Rücksicht auf eigene Verluste den finalen Stoß zu führen, oder würde er eine dezentralisierte Taktik bevorzugen? Wie ich die Militärdoktrin meiner Nachfolger einschätzte, zählten Menschleben für sie nichts, deshalb würde ich wetten, dass ein konzentrierter Angriff erfolgen würde.

Cascal blendete auf einem Display die Daten der ZECKEN ein, um nochmals eine Schwachstellenanalyse durchzuführen. In der Offensive waren sie den NIMRODS in etwa gleichwertig, doch eine Schwachstelle war unübersehbar: die Defensive! Man hatte, nur um die »Nutzlast« zu erhöhen, den Selbstschutz vernachlässigt. Das war die Chance für uns. Wenn der quarteriale Kommandeur tatsächlich in Keilform angreifen würde, dann konnte Cascal die überlegene Feuerkraft der INVINCIBLES zur Wirkung bringen. Da die ZECKEN nur schwache Schutzschirme besaßen, würde das einem Scheibenschießen gleichkommen. Gespannt ließ Joak die Positionierungen der ZECKEN durch die Syntronik der DERINGHOUSE auswerten und erhielt wenig später die Bestätigung meiner Vermutungen durch den Zentralrechner. Die Menschenverachtung und der straffe Befehlsweg der quarterialen Militärdoktrin würde zum Untergang führen. Jetzt mussten wir eine Entscheidung fällen: Setzten wir alles auf eine Karte oder nicht?

Die Würfel waren gefallen. Die im Raum befindlichen Jäger verteilten sich in einem engen Orbit um Tefrod, während die INVINCIBLES mit Höchstwerten beschleunigten.

*

Sergeant Flannagan

»Formation aufgeben, jeder versucht es auf eigene Faust!«

Der Befehl Major Hasmussons war längst überfällig. Gegen die uns gegenüberstehenden Kreuzer hatten wir keine Chance. Es handelte sich wohl um einen neuen Schiffstyp der LFT, wie die Kennungen an den Kugeln bewiesen. Also waren die Meldungen wohl richtig gewesen, dass die Besatzungstruppe unter Generalmarschall Tonkvar von technisch überlegenen Kräften aufgerieben wurde. Generaloberst Reisington, der die gesamte Operation befehligte, hatte stur wie ein Panzer an der Keilformation festgehalten, was den Kreuzern die Gelegenheit bot, ein regelrechtes Tontaubenschießen auf uns zu veranstalten.

Jetzt würde es anders werden. Mann gegen Mann. Jetzt würde sich zeigen, wer über die besseren Piloten verfügte. Das Gefechtsdisplay zeigte, dass andere Geschwader unserem Beispiel folgten. In diesem Moment schienen jedoch die Kreuzer zu explodieren. Auf dem Display sah es so aus, als ob sie sich in ihre Einzelteile auflöste. Es dauerte einen Moment, bis ich begriffen hatte. Jäger! Die Kreuzer hatten gerade weitere Jäger ausgeschleust.

»Prost, Mahlzeit! Gottverdammte Scheiße!«

»Sergeant Flannagan beherrschen Sie sich, sonst sorge ich dafür, wenn wir wieder an Bord der MANKIND sind, dass Sie jeden Abend Strafdienst schieben!«

Ich schluckte den Fluch, der mir auf den Lippen lag, hinunter. Der Alte hatte einfach einen an der Waffel, echt! Strafdienst! Wir mussten mal zuerst unseren Arsch retten, dann konnte der mich, solange er wollte, zum Strafdienst kommandieren.

Der sonnenhelle Energiestrahl, der knapp an meinem linken Deltaflügel vorbeizischte, brachte mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Einer der LFT-Jäger hatte uns aufs Korn genommen. Ich ließ die ZECKE einmal um ihre Querachse trudeln und beschleunigte in Richtung Schirm. Damit hatte er wohl nicht gerechnet, er verlor uns aus der Zielerfassung. Doch bevor ich mich über meinen Erfolg freuen konnte, kam die Stimme meines Herrn.

»Sergeant Flannagan, was denken Sie, was Sie da gerade tun?«

»Ich weiche einem angreifenden Jäger aus, Sir!«

»Sergeant, wenn der Kurs in der nächsten Sekunde nicht in Richtung Tefrod zeigt, dann erschieße ich Sie hier höchstpersönlich, Sie gottverdammter Feigling!«

Innerlich fluchte ich gotterbärmlich. Erschießen! Das Offiziersschwein wollte mich erschießen! Na, noch war nicht aller Tage Abend. Auch ich hatte eine Waffe!

*

Aurec

Zusammen mit Joak, Major Mezhal und Captain Hafey beobachtete ich den Verlauf der Schlacht. Die DERINGHOUSE hatte Joak inzwischen aus der direkten Auseinandersetzung gezogen und oberhalb der Umlaufbahn Tefrods positioniert. An Bord hatte er noch eine Staffel Jäger belassen, sozusagen als letzte Einsatzreserve.

So wie es aussah, verlief die Schlacht für uns gut. Bis jetzt war es nur wenigen gegnerischen Maschinen gelungen, die Abwehr zu durchbrechen. Unseren improvisierten Bodenbatterien, die aus jeweils einer Landefähre und fünf Shifts gebildet wurden, war es gelungen, sie abzuschießen. Die NIMRODS leisteten ganze Arbeit. Gegner um Gegner putzten sie aus dem Raum, nachdem mein Aufruf zur Kapitulation unerwidert geblieben war.

*

Doch dann geschah das Unvermeidliche. Das Quarterium erhielt nach einigen Tagen Verstärkung. Die Raumflotte unter dem Befehl von Toran Ebur eilte von allen Punkten Andromedas zu Hilfe. Das Übergewicht wurde zu groß – die Belastung für den Schutzschirm zu viel.

Der Schutzschirm brach an einigen Stellen, und es gelang dem Quarterium durchzubrechen. Joak tat das einzig Richtige, er befahl den Rückzug der Flotte. Die Schiffe der Raumeingreifdvisionen und der Tefroder flohen aus dem Sonnensystem. Wir zogen uns nach Vircho zurück – dort aktivierten wir erneut den Schutzschirm, um die Hauptstadt zu schützen. Die Energiereserven würden auf der kleineren Fläche deutlich länger halten.

Cascal blieb mit seinen Bodentruppen, die die Zeit genutzt hatten, eine Belagerung von etlichen Wochen vorzubereiten. Vircho war zu einer Festung ausgebaut worden. Ende Juli landeten die Bodentruppen unter dem Befehl von Generalmarschall Sizemore und Generalmarschall Benington auf Tefrod. Vircho wurde eingekesselt, doch der Schutzschirm hielt den Bombardements vorerst stand. Aber ich wusste genau, dass dies nur eine Frage der Zeit war.

Das Angebot

Perry Rhodan hatte die LEIF ERIKSSON verlassen und das Angebot von Grek-1 angenommen, in einem Sauerstoff-Habitat auf Tatrun, dem zentralen Planeten der Maahks in Andro-Alpha, auf die Verstärkungen aus der Milchstraße zu warten. Die übrigen Schiffe der Terranischen 8. Flotte waren in eine Parkbahn um die Sonne des achtzehn Planeten umfassenden Systems gegangen. Der ehemalige Sitz der Neunväter hatte zwar an Bedeutung verloren, nachdem sich der Machtbereich der Maahks nach Andromeda ausgeweitet hatte, aber noch immer wurde diese Welt als Kontaktplanet zu anderen Völkern benutzt.

Perry Rhodan hatte tags zuvor gegenüber Grek-1 sein Bedauern über die Vernichtung von Multika II ausgedrückt. Grek-1 hatte daraufhin erklärt, dass die Allianz mit den Tefrodern dadurch nur noch enger werden würde.

So vergingen die Tage. Uwahn Jenmuhs, der mit einer Flotte von 30.000 Schiffen vor Andro-Alpha stand, musste sich immer wieder der Attacken von Maahks erwehren. Aus der Milchstraße wurde die Terranische 8. Flotte durch Einheiten der Posbis nach und nach verstärkt, sodass Perry Rhodan langsam daran denken konnte, dem quarterialen Aggressor in einer offenen Raumschlacht gegenüberzutreten. Am 4. August 1307 NGZ wurde die Position der Terraner durch weitere Verbündete verstärkt. Eine kemetische Einsatzgruppe unter Horus erreichte die Welt der Maahks.

*

Schließlich kam es zu einem erneuten Kontakt mit den Entropen. Ein eiförmiges Schlachtschiff landete und ein Primärentrope bat um eine Unterredung. Perry Rhodan willigte ein, den Entropen innerhalb des Habitats auf Tatrun zu treffen.

Perry Rhodan war an dem Gespräch mit dem Entropen sehr interessiert. Schließlich erreichte der entropische Verhandlungsführer, Denker00003 das Habitat. Den Entropen schien die erhöhte Schwerkraft nichts auszumachen, sie benutzten nur einfache Feldschirme, um die giftige Atmosphäre abzuschirmen. Der Denker schwebte auf einer Plattform voran und glich entfernt einem irdischen Kalmar.

In der anschließenden Besprechung machte Denker00003 das Angebot, ein gemeinsames Oberkommando zu bilden. Perry Rhodan bestand jedoch auf dem terranischen Oberbefehl, was durch den Entropen kategorisch abgelehnt wurde. Er sagte aus, dass eine Hexe sich niemals einem Manne unterordnen würde und bat Rhodan eindringlich, auf das entropische Angebot einzugehen.

Man einigte sich schließlich darauf, in Kontakt zu bleiben und einen gemeinsamen Ausschuss zu gründen, der die Bildung eines gemeinsamen Oberkommandos vorbereiten sollte.

Mohlburry News – Unabhängiger Nachrichtenblog

Das Universum sieht auf Tefrod. Hier wird sich das Schicksal Andromedas und vermutlich auch das der Lokalen Gruppe entscheiden. Wenige Hunderttausend Soldaten verteidigen das Zentrum der Tefroder vor den Millionen Invasoren aus dem Quarterium.

Aurec und Joak Cascal sind die Helden dieser Tage. Keine Tefroder, aber Menschen. Sie geben der Bezeichnung Mensch wieder eine positive Bedeutung, denn sie helfen ihren Brüdern im Kampf gegen die gottlosen Quarterialen. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit.

Nach meinen Quellen hat Jenmuhs erneut Verstärkung gerufen, um nun mit 91.000 Raumschiffen Perry Rhodan zu jagen. Weitere 40.000 Schlachtschiffe des Quarteriums befinden sich in Andromeda und halten Tefrod belagert. Bodentruppen des Quarteriums stehen vor den Toren Virchos und belagern die durch einen Energieschirm geschützte Hauptstadt der Tefroder.

Das Schicksal ist ungewiss – wer auch immer als Sieger aus dieser Schlacht hervorgeht, wird meines Erachtens auch den Krieg für sich entscheiden.

Robert Mohlburry

Ende August 1307 NGZ

Ende

Das Quarterium hat Andromeda in einen blutigen Krieg gestürzt. Der Ausgang ist ungewiss. Im nächsten Roman wechseln wir auf das Rideryon. Band 107 von Nils Hirseland schildert die weiteren Abenteuer von Roi Danton, Kathy Scolar und Sato Ambush auf der gigantischen und geheimnisvollen Weltrauminsel bei den

PIRATEN RIDERYONS

DORGON-Kommentar

Der Krieg in Andromeda ist blutig. Das Quarterium unter dem Oberbefehl von Uwahn Jenmuhs geht brutal und rücksichtslos mit den Tefrodern und Maahks um. Anfangs noch mit dem – wenn auch plumpen – Versuch, Tefroder und Maahks zu spalten, erreicht das Quarterium das komplette Gegenteil, denn die Allianz zwischen Maahks, Tefrodern, Terranern und Saggittonen ist nun gestärkt. Gemeinsam versuchen sie, Andromeda gegen die Invasoren zu verteidigen.

Und was macht Paxus? Der Emperador übt sich in Geduld, schmiedet offenbar seine eigenen Pläne und sieht keine reale Chance mehr für die Eroberung der Lokalen Gruppe. Aber kann er einfach so seine hundertfünfzigtausend Schlachtschiffe im Stich lassen? Seine Männer und Frauen, die an ihn glauben? Seinen eigenen Sohn? Sicherlich nicht. Er wird abwarten, wie die Schlacht um Andromeda ausgeht und dann entsprechend handeln.

Eines ist sicher: Er darf Jenmuhs nicht frei schalten und walten lassen – doch er wird abwarten, bis Jenmuhs sein eigenes Grab schaufelt. Noch ist der arkonidische Block viel zu wichtig für das Quarterium. Jenmuhs unter Kontrolle zu halten ist ein schwerer Akt. Der Emperador kann ihn nicht einfach ohne Grund seines Postens entheben, das würde auf Unverständnis stoßen oder gar zu einer Revolte bei den Arkoniden in Cartwheel führen.

Und was macht MODROR? Offenbar will er Rhodans Ende und eine Menschheit unter der Führung des Emperadors als loyalem Vasallen. Doch das Quarterium scheint dazu nicht in der Lage, ein Krieg an vielen Fronten ist zu viel für das mächtige Imperium.

Die Kriegsverbrechen häufen sich – nun auch in Andromeda mit der Auslöschung von zwei Planeten und Milliarden Toten. Jenmuhs trägt als Erster die Schuld, doch niemand hat ihn daran gehindert, den zweiten Planeten auch zu vernichten. Der Emperador hätte es tun können. Das Quarterium watet in Blut und ist für schreckliches Leid in vielen Galaxien verantwortlich. Eine beachtlich traurige Bilanz des Schreckens nach nur vier Jahren bzw. neun Jahren, wenn man die Gründung des Bundes der Vier 1298 NGZ als Grundlage nimmt. Wie es aussieht, wird das Morden noch lange nicht enden …

Nils Hirseland

GLOSSAR

Nepomuk Higgins

Geboren: 2.01.1203 NGZ

Geburtsort: Sussix, England, Terra

Größe: 1,66 Meter

Gewicht: 82 Kilogramm

Augenfarbe: braun

Haarfarbe: weißbraun

Merkmale: adrett gekleidet, Nostalgiker, ein Gentleman


Admiral Nepomuk Higgins ist der militärische Oberbefehlshaber der Terranischen 8. Flotte, welche ab 1307 NGZ zur Verteidigung der Lokalen Gruppe vor dem Quarterium und MODROR eingesetzt wird.

Higgins ist ein Vorzeigeraumschiffkommandant: Ausbildung auf den besten Akademien, vorbildlicher Lebenslauf und ein reicher Fundus an Wissen, den er immer wieder gern preisgibt. Higgins ist absolut konservativ und nervt seine Untergebenen oftmals mit Erzählungen aus der Vergangenheit.

Katryna Lyta Sharonaa

Geboren: unbekannt

Alter: unbekannt, sieht aus wie eine Terranerin im mittleren Alter

Größe: 1,77 Meter

Gewicht: ca. 65 Kilogramm

Haarfarbe: blond

Augenfarbe: blau

Merkmale: sehr erotische Ausstrahlung, perfekter Körper, strahlt Reife und Unberechenbarkeit aus, hochgradig intelligent, aber auch pervers und gefährlich


Katryna gehört zu den mächtigsten Vertretern der Entropen. Die Liliam wird als Hexenmeisterin bezeichnet und steht in der Hierarchie über Niada, Zabryna und Constance. Sie gehört dem Hexenrat an und unterstützt die expansive Politik Adelheids. Katryna ist eine selbstbewusste Frau, die das Spiel mit dem Feuer liebt. Sie ist für ihre sexuellen Eskapaden bekannt, aber auch für ihre manipulativen Kräfte.

Katryna verfügt über die Fähigkeiten einer Gestaltwandlerin. Wie alle Liliam ist sie in der Lage, in eine humanoide weibliche Körperform zu wechseln. Dabei verlieren sie jedoch bis auf wenige Ausnahmen den Zugriff auf ihr überragendes Psi-Potential. Ihre natürliche Körperform ist unbekannt.

Zabryna Chaifa Cyssa

Geboren: unbekannt

Alter: unbekannt, hat das Aussehen einer etwa 25-jährigen Terranerin

Größe: 1,72 Meter

Gewicht: ca. 59 Kilogramm

Haarfarbe: blond

Augenfarbe: grünblau


Zabryna ist die Adjutantin der Hexenmeisterin Katryna und gehört zusammen mit Niada und Constance dem »operativen Stab« der Entropen an.

Zabryna versucht alles, um in der Hierarchie der Liliam aufzusteigen. Deshalb versteht sie sich mit ihrer ebenso intriganten Meisterin sehr gut. Zabryna ist ambitioniert und gerät deshalb auch oft mit Niada in Konflikt, die ebenfalls auf Katrynas Nachfolge schielt. Oft verspottet sie Constance für ihre unselbstständige und verlegene Persönlichkeit und lebt ihre sexuellen Phantasien mit Sekundärentropen und gleichgeschlechtlichen Hexen ohne Hemmungen aus.

Die intrigante Frau verfügt über einen scharfen, wachen Verstand. Als eine ausgezeichnete Diplomatin wird sie von Katryna hauptsächlich eingesetzt, um eine Beziehung zu anderen Völkern aufzubauen.

Als Gestaltwandlerin ist sie den gleichen Beschränkungen unterworfen wie alle Liliam.

Raumjäger NIMROD II-Klasse

Maschinen vom Typ NIMROD II werden als Luft/Raum-Überlegenheitsjäger gegen Schiffe bis zur Kreuzergröße eingesetzt. Aufgabengebiete sind Geleitschutz, Nahsicherung, Raumkampf, Wirkungsangriffe gegen planetare Ziele, vorgeschobene Abwehr und Mittelstreckenaufklärung. Schiffe der NIMROD II-Klasse werden auf Raumschiffen, Raumstationen und in planetaren Anlagen stationiert.


Technische Daten
Abmessungen: Länge: 19 Meter
Breite: 11 Meter
Höhe: 7 Meter
Besatzung: 2 Personen, jeweils als Pilot und Waffensystemoffizier unterstützt durch ein vergrößertes Pikosyn-System mit Positronikkomponente als begrenztem Schutz vor KorraVir-Angriffen
Offensivbewaffnung: 1 MVH-Geschützsystem mit Desintegrator- und Impulsmodus, 1 Intervallgeschützsystem im KNK-Modus, 1 Transformgeschütz bis 3000 Gt
Defensivbewaffnung: dreifach gestaffelter - und vierfacher Paratronschirm, Prallschirm, Ortungsdeflektoren, Stör- und Gefechtsführungssysteme
Antrieb: 2 Metagrav-Haupttriebwerke, Überlichtfaktor max. 90,0 Millionen, Beschleunigung max. 1600 km/s²,
2 Gravojet Triebwerke in Außenstrombauweise,
2 Antigrav-Triebwerke zur Unterstützung der Gravo-Jet- und Metagrav-Triebwerke.
Energieversorgung: 2 Gravitravspeicher für externe Aufladung mit ca. 3500 Lichtjahren Reichweite mit einer Gravitrav-Ladung, 1 Nug-Schwarzschild-Reaktor als Notsystem

Allgemeine Beschreibung

Bei der taktischen Konzeption der 8. Terranischen Flotte war der Einsatz von Raumjägern lange Zeit umstritten. Viele Konstrukteure wollten stattdessen auf spezielle Versionen einer Space-Jet setzen. Ausschlaggebend war schließlich das Kostenverhältnis von 10:1 zu Gunsten des Raumjägers, für den Preis einer Kampf-Space-Jet konnten also 10 Raumjäger gebaut werden.

Die neu entwickelte NIMROD II-Klasse war faktisch eine fliegende mittelschwere Transformkanone, um die man ein Überlebenssystem für zwei Menschen gebaut und in eine aerodynamische Form gebracht hatte. Die als Alternative geltende Studie einer Fight-Jet wurde nicht gebaut, bildete aber die Grundlage für die spätere Entwicklung einer reinen Kampf-Space-Jet.

Um die taktische Schlagkraft und das Einsatzpotential dieses Raumjägers beurteilen zu können, muss beachtet werden, dass er zusammen mit seinem Trägerschiff eine Kampfeinheit bildet.

In der 8. Terranischen Flotte verfügen vor allem die schweren Angriffskreuzer der INVINCIBLE II-Klasse in der »Deep-Space«-Variante zusammen mit ihren 300 Raumjägern über eine geradezu furchterregende Kampfkraft. Dies kann man sich vor allem dann bildhaft darstellen, wenn man sich die NIMROD II-Jäger als externe Transform-Waffensysteme des Mutterschiffes vorstellt.

Zu beachten ist, dass die INVINCIBLE II-Kreuzer in der »Deep-Space«-Variante mit jeweils 300 Raumjägern eine taktische Einheit bilden. Die Jäger werden vom Mutterschiff geführt und können zusammen mit diesen selbst einem SUPREMO B-Schlachtschiff gefährlich werden.

Bemerkung

Die zur gleichen Zeit von der Neuen USO und den Posbis entwickelte Raumjägerklasse SAPHYR II basierte auf einer völlig anderen Konzeption, die der der NIMROD II-Klasse völlig entgegengesetzt war. Grundgedanke dieser Konzeption war die Entwicklung eines Langstreckenjägers, der hinter den feindlichen Linien völlig unabhängig operieren und eine Art Guerillakrieg führen kann.

Roboter Type MODULA II

In der 8. Terranischen Flotte wurde erstmals in der Geschichte der LFT (und auch des Solaren Imperiums) der Versuch gemacht, aus Raumsoldaten und Robotern eine gemeinsame Kampfeinheit zu bilden.

Grundlage des Roboter-Anteils bildete das MODULA-Konzept, das Anfangs des 13. Jahrhundert NGZ auf Camelot entwickelt und in den Jahren zwischen 1304 und 1307 NGZ von den Posbis auf dem Dunkelplaneten Overdark im Halo der Milchstraße weiterentwickelt wurde.

Hierbei wurde zusammen mit siganesischen Kybernetikern um Alber Pintoras ein völlig neuartiges Minisyntron entwickelt, das hinsichtlich der Leistungsfähigkeit alle bisherigen mobilen Syntroniken weit übertraf.

Anmerkung

Nach Eintritt der Hyperimpedanz war dieses Konzept nicht mehr funktionsfähig, da die Syntroniken nicht mehr funktionierten und auch die miniaturisierte Energieversorgung ausfiel.

BASIC TYPE

  • Zylinderkörper von 130 cm Höhe, Schulter-Ø 50 cm, Fuß-Ø 30 cm
  • 1 Minisyntron mit Peripheriesystemen (optisch/akustisch), Basisprogrammierung, Translator und Interface-Schnittstellen
  • 1 Paratronschutzschirmaggregat/Prallfeldgenerator
  • 1 Antigravgenerator, 1 Kernzerfallsbatterie, primäre Ortungsrezeptoren im elektromagnetischen/hyperfrequenten Bereich
  • MULTIBAND-Kommunikationssysteme (Hyperkom/Normalkom) geringer Reichweite

Damit ist der MODULA bedingt flug- und handlungsfähig, kann aber nicht manuell tätig werden.

WAR TYPE

  • Gesamthöhe 194,5 cm durch Zylinderaufsatz und Kugelsegment
  • oberer Zylinderaufsatz mit Zusatz-Ortungssystemen (teilweise ausfahrbar) Ø 30 cm
  • 3 radial angeordnete Waffenarme, ausfahrbar und voll beweglich mit je einem Waffenblock bestehend aus 1 Impulsstrahler, 1 Thermostrahler, 1 Desintegrator, 1 Paralysator und 1 versenkbaren Vibratormesser, 1 Abstrahlemitter für Mini-Transformmunition, autarkem Zielsuch-/Freund-Feind-Erkennungssystem
  • 1 Rak-Werfer im unteren Kugelsegment, radial um 360°/Azimut um 270° beweglich mit Magazin für max. 80 Projektile, meist Thermotom-Sprengkörper selbstlenkend bis zu 250 km Reichweite
  • 1 Gravopuls-Antriebsbooster, bestehend aus je 2 Innenstrom-Gravojets und 1 Mini-Impulstriebwerk mit Steuerdüsen, verstärktem Schutzschirm, Tarnungsdeflektoren, Anti-Ortungs-Störemitter, Medoset für Verwundetenversorgung
  • 1 Manipulatorarm, selbstverändernder Camouflage-Anstrich und eine taktische Speichererweiterung

In seiner Leistung vergleichbar mit dem terranischen TARA V UH-Modell, aber durch seine aufwendigere Programmierung allen Kampfrobotertypen überlegen.

MEDO TYPE

  • Gesamthöhe 152,5 cm durch konischen Aufsatzadapter
  • 5 radial angeordnete Tentakelarme mit integrierten Untersuchungs-/Behandlungsgeräten, teils formenergetischer Basis
  • Speicher mit über 450.000 Diagnosebildern/300.000 Krankheitsbildern der allg. galakt. Medizin aus Ara-Datenbanken; Durchführung von einfachen Operationen
  • Synthetisiermöglichkeiten von ca. 245 wichtigen Medikamenten und Formelspeicher von über 630.000 Medikamenten
  • Fesselfeldprojektor/Traktorstrahler zur Patientenfixierung sowie konfigurierbarer Prallfeldschirm zur Abschirmung von Patienten gegen äußere Einflüsse

In dieser Konfiguration mit keinem anderen Robotmodell vergleichbar.

UTILITY TYPE

  • Gesamthöhe von 130 cm; mittlerer Adapter mit
  • 2 mechanischen Greifarmen, koaxialen Traktorstrahlern zur Fixierung und Manipulation von größeren Gütern; Kapazität max. 3,5 Tonnen
  • 2 Tentakelarme mit Greif-Enden (human-typisch) zur Bedienung von Schaltpulten
  • Formenergiewerfer mit Werkzeugprojektor (ca. 35.000 versch. Werkzeugformen/-größen im Projektorspeicher)
  • Programmierung für Reparaturen elektron./positron./syntron./mechan. Art
  • Traktorstrahler und Zusatzenergiespeicherbänke

In dieser Konfiguration mit keinem anderen Robotmodell vergleichbar.

Allgemeine Beschreibung

In der 8. Terranischen Flotte werden die REDS aus Raumlandeeinheiten und MODULA-Robotern gebildet. Dabei ist eine Robotereinheit immer einer Kompanie, d. h. 250 Soldaten, zugeordnet.


Eine MODULA-Einheit besteht aus:

65 MODULA-WAR Einheiten

5 MODULA-MEDO Einheiten

5 MODULA-UTILITY Einheiten

SHIFT

Innerhalb der 8. Terranischen Flotte werden zwei Varianten des Standard-Shifts eingesetzt. Zu beachten ist, dass beide Varianten raumtauglich sind. Oft erfolgt der Transport an den Einsatzort jedoch durch Raumfähren, um Energie zu sparen. Raumfähren des Typs VARIANT XII ST können bis zu 27 Standard-Shifts, oder 20 Jagdshifts in speziellen Transportcontainern transportieren.

Standard Transportshift


Technische Daten
Abmessungen: Länge: 12 Meter
Breite: 6,5 Meter
Höhe: 2,8 Meter
Besatzung: 2 (Pilot, Navigator); 15 Soldaten mit Handausrüstung
Offensivbewaffnung: Kombinationsgeschütz mit 1 Transformkanone (max. Abstrahlung 5 Mt) und 1 phasengesteuerten MVH-Geschütz (Impuls/Desintegrator/Intervall/Paralyse-Modi)
Defensivbewaffnung: 3-facher Staffelschirm -Schirm/Paratron, Deflektoren, Störsysteme
Antrieb: 4 einzeln ansteuerbare Gravopuls-Antriebe, 6 Innenstrom-Gravojet-Triebwerke, 1 Verbund-Antigravtriebwerk
Energieversorgung: 2 Gravitraf-Phalanxen, 1 Nothypertrop (einmaliger Zyklus, dann ist das Aggregat ausgebrannt!), 1 Nug-Schwarzschild-Reaktor

Jagdshift SHOGUN


Technische Daten
Abmessungen: Länge: 12 Meter
Breite: 8,4 Meter
Höhe: 3 Meter (im Kampfmodus 3,85 Meter, im Spähmodus 4,5 Meter, jeweils mit ausgefahrenem Geschützturm)
Besatzung: 3 (Pilot, Navigator, Feuerleitoffizier); 7 Soldaten mit Handausrüstung
Offensivbewaffnung: Kombinationsgeschütz mit 1 Transformkanone (max. Abstrahlung 10 Mt) und 2 phasengesteuerten MVH-Geschützen (Impuls/Desintegrator/Intervall/Paralyse-Modi), 4 Missile-Launcher-Boxen mit je 12 DOLOM-Missiles
Defensivbewaffnung: 4-facher Staffelschirm -Schirm/Paratron, Deflektoren, emissionsneutrale Stealth-Beschichtung zur Unterdrückung aller Energieemissionen, reduzierter Virtual Imager, Störsysteme
Antrieb: 4 einzeln ansteuerbare Gravopuls-Antriebe, 4 Innerpuls-Feldantriebe (emissionsarmer Feldantrieb, konzipiert für den Stealth-Einsatz), 1 Verbund-Antigravtriebwerk
Energieversorgung: 3 Gravitraf-Phalanxen, 1 Nothypertrop (einmaliger Zyklus, dann ist das Aggregat ausgebrannt!), 1 Nug-Schwarzschild-Reaktor
Bemerkungen: Der SHOGUN-Shift stellt konzeptionell eine reine Kampf- und Luftaufklärungseinheit dar. Die Transportkapazität für 7 Soldaten kann nur als Notlösung gesehen werden, um beispielsweise die Soldaten aus ausweglosen Situationen zu retten.
Zu beachten ist weiterhin die passive Stealth-Fähigkeit, die durch die Form und besondere Verbund-Materialien erzielt wird. Als Ergebnis kann der SHOGUN nur durch hochenergetische Ortungssysteme entdeckt werden, die normalerweise nicht zum Ausrüstungsspektrum planetarer Kampfeinheiten gehören.

Allgemeine Beschreibung

Die heutige, keilförmige Grundform, der Wegfall der Kettenantriebe bei Standardmodellen und die Andock-Kompatibilität zu Space-Jets der TS-, CVI- und GRIBBON-Klasse setzte sich innerhalb der Flotte der LFT etwa ab Mitte des 5. Jahrhunderts NGZ endgültig durch.

Das im 14. Jahrhundert NGZ verwendete Standard-Modell stellt eine Kombination aus Transport- und Kampfshift dar. Durch die keilförmige Grundform kann der Shift innerhalb gewisser Grenzen auch als Gleiter eingesetzt werden.

Eine besondere Konzeption stellt der aus dem Standardmodell entwickelte Jagdshift SHOGUN dar, bei dem die traditionelle Vielseitigkeit zu Gunsten der Kampffähigkeit aufgegeben wurde. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Varianten liegt in der stärkeren Bewaffnung, der Stealth-Fähigkeit und den weitaus ausgeprägteren Defensivsystemen.

Landungsfähre Typ VARIANT XII ST

Landungsfähren vom Typ VARIANT bilden seit fast einem Jahrtausend den Standard in der Flotte der LFT. Dieser Beiboottyp einer einfach lichtschnellen Transporteinheit kann über eine fast genauso lange Entwicklungsgeschichte zurückblicken wie das Kugeldesign bei Kampfschiffen.


Technische Daten
Abmessungen: Länge: 48 Meter
Breite: 22 Meter
Höhe: 12 Meter
Besatzung: 3 Personen Stamm, bei Personentransportkonfiguration bis zu 150 Soldaten mit Ausrüstung
Offensivbewaffnung: 2 MVH-Geschütztürme mit Transformkanone (max. 10 Gt), Desintegrator, Impulsstrahler
Defensivbewaffnung: doppelt gestaffelter - und dreifacher Paratronschirm, Prallschirm, Deflektor
Antrieb: Gravopuls-Feldtriebwerk für interplanetaren Verkehr im relativistischen Bereich (630 km/s²), 2 Gravojet-Atmosphärentriebwerke (Höchstgeschwindigkeit Mach 3,4)
Energieversorgung: 1 Hypertrop-Zapfer in Kompaktbauweise, 2 Gravitraf-Speicherblöcke, 1 Nug-Schwarzschild-Reaktor
Besonderheiten: Landungsfähren vom Typ VARIANT stellen in diversen Konfigurationen die Standardausrüstung für innerplanetarische Flüge innerhalb der LFT dar.
Der auf den Angriffskreuzern der INVINCIBLE II-Klasse eingesetzte Typ VARIANT XII ST stellt eine Spezialausführung dar, bei der auf die bei den Normalformen übliche variable Größenanpassung vollständig verzichtet wurde. Die Ausstattung wurde dabei für den militärischen Einsatz optimiert.
Die Landungsfähren dienen gleichzeitig als mobile Befehlsstände und können zu einer Einsatzzentrale zusammengeschaltet werden. Aus diesem Grund sind die jeweiligen Führungsfähren jeder Kompanie mit einer besonders leistungsfähigen Syntronik ausgestattet, die mit den Syntroniken der anderen Schiffe vernetzt werden kann.
Durch den Verbundmodus können sich die Schutzschirmstaffeln gegenseitig überlappen und so verstärken.

Allgemeine Beschreibung

Landungsfähren vom Typ VARIANT gleichen einem rechteckigen Quader mit abgerundeten Kanten. Sie werden innerhalb der LFT für vielfältige Aufgaben innerhalb der Flotte eingesetzt. Vom Prinzip her stellt jede Variante ein unterlichtschnelles Beiboot für den interplanetaren Verkehr dar. Im 14. Jahrhundert NGZ umfasst das Einsatzgebiet der verschiedenen Varianten jede Art von interplanetaren Transportvorgängen, aber auch für Forschungs- und Erkundungsmissionen wird der Schiffstyp eingesetzt. Darüber hinaus kann er auch als Rettungsboot dienen.

Herausragendes Konstruktionsmerkmal der Normalausführung ist dabei die Fähigkeit zur »Größenänderung«, d. h. das Gesamtvolumen des Schiffskörpers kann faktisch verdoppelt werden. Im »Ruhezustand« kann die Fähre durch ihre geringen Abmessungen auch bei kleineren Einheiten wie z. B. Korvetten mitgeführt werden. Bei Bedarf können die Seitenwände der zwischen Bug- und Hecksektion gelegenen Ladesektion aufgeklappt und das Bodenstück zwischen den beiden Sektionen teleskopartig ausgefahren werden. In diesem Ladebereich können dann Transportcontainer oder auch Personenkabinen energetisch angeflanscht werden.

Bei der auf den Kreuzern der INVINCIBLE II-Klasse zum Einsatz kommenden Variante wurde allerdings auf diese Variabilität verzichtet. Die Spezialkonstruktionen gleichen ausgefahrenen Normalausführungen, die hinsichtlich Stabilität und Transport von Mannschaften und Waffensystemen optimiert wurden. Durch die mit den variablen Ausführungen identischen Abmessungen können für beide Typen gleich genormte Container bzw. Personenkabinen verwendet werden.

Im Bugsegment befindet sich neben dem Cockpit für Pilot und Navigator eine umfangreiche Ortungs- und Sensorenpalette sowie eine Mehrzweckkabine, die als Lagezentrum und Befehlsstand genutzt werden kann. Auch die beiden MVH-Geschütztürme mit der entsprechenden Feuerleitzentrale sind hier untergebracht.

Im Hecksegment befinden sich der Feldantrieb sowie die Gravitraf-Speicherblöcke. Auch der kompakte Hypertropzapfer und der Nug-Schwarzschild-Reaktor befinden sich hier. Zur technischen Ausrüstung gehören noch ein Formenergiewerfer und mehrere Traktorstrahl-Projektoren.

DERINGHOUSE

Bei der DERINGHOUSE handelt es sich um einen Angriffskreuzer der INVINCIBLE II-Klasse in der »Planet War«-Konfiguration mit schwerster Bewaffnung. Sie stellt das Flaggschiff der 777. Raumeingreifdivision unter dem Oberbefehl von General Manuel Joaquin Cascal dar.

Besatzung/Befehlsstruktur

Kommandant: Major Nathaniel Mezhal (Epsaler). Bei Anwesenheit von General Joak Cascal geht das Kommando automatisch auf diesen über.

Navigation: Captain Mashmul Hafey (1. Offizier)

Kommunikation: Leutnant Carol Nyndorff (4. Offizier)

Ortung: Leutnant Angy di Ravola

Waffenleitoffizier: Captain Roberta Zianall

Wissenschaftsoffizier/Bordingenieur: Dr. Dr. Marky Laangmuuk (2. Offizier – Warrant)

Medizinischer Offizier: Dr. Ewald Samdown (Warrant)

Sanitäter: Raumsoldat Mike Roy

Krankenschwester: Raumsoldatin Tynna Cyel

Chefkoch: Sergeant Hentrik Lyyb

Köchin: Korporal Yvonna Ruezz

Kommandant Jäger: Captain Aluf Onagen (Oxtorner)

Kommandantin Shifts: Leutnant Carry-Ann Despon

Dienstgrade der LFT-Flotte und Raumeingreifdivisionen

(Unterschiedliche Rangbezeichnungen zwischen Flotte und Raumeingreifdivisionen werden durch einen Slash gekennzeichnet.)

Laufbahn

Ausbildung

− Kadett

− Private

Mannschaftsdienstgrade

− Raumsoldat

− Korporal

− Sergeant

Offiziersränge

− Leutnant

− Captain

− Major

− Oberst

− Admiral/General


Anmerkung: Die Neudefinition eines militärischen Rangsystems innerhalb der LFT stellt einen Kompromiss zwischen den Befürwortern (hier vor allem Reginald Bull und Julian Tifflor) und den Gegnern einer militärischen Hierarchisierung der Flotte dar. Dabei konnten sich Bull und Tifflor letztendlich vor allem gegenüber Maurenzi Curtiz und Homer G. Adams durchsetzen. Perry Rhodan nahm eine vermittelnde Position ein.

In der denkwürdigen Sitzung der Residenz-Regierung vom 22. Mai 1303 NGZ wurde als Kompromiss die Einführung einer flachen militärischen Befehlsstruktur vereinbart, die militärische Hierarchie sollte nur aus wenigen Mannschafts- und Offiziersrängen bestehen, die eng mit der jeweiligen Funktion verknüpft sein sollten. Die Besoldung wurde dabei weitgehend vom Rangsystem getrennt und erfolgt nach erreichten Qualifikationen und der Dauer der Dienstzeit. Zusätzlich zu den militärischen Dienstgraden, die teilweise aus dem Solaren Imperium übernommen wurden, wurde auf Betreiben von Admiral Higgins noch eine technische Offizierslaufbahn eingeführt, die in Anlehnung an die Royal Navy des British Empire als Warrant-Laufbahn bezeichnet wurde.

Als besonderer Streitpunkt erwies sich die Beibehaltung des noch aus der Zeit der Kosmischen Hanse stammenden Ausbildungssystems, das keine Trennung von Mannschaftsdienstgraden und Offiziersanwärtern vorsah. In diesem Punkt konnte sich vor allem Homer G. Adams gegen den erbitterten Widerstand von Reginald Bull durchsetzen, der spezielle Offiziersakademien forderte.

Nach abgeschlossener Ausbildung werden alle Absolventen im Rang eines Private übernommen. Die Trennung zwischen Mannschafts- und Offizierslaufbahn soll allein nach den Fähigkeiten während des Dienstes als Private erfolgen und auch während der Dienstzeit durchlässig sein, d. h. verdiente Mannschaften können auch später noch in Offiziersränge übernommen werden.

Reginald Bull setzte mit Unterstützung von Perry Rhodan und Julian Tifflor gegen Maurenzi Curtiz durch, dass keine geschlechtsbezogenen Rangbezeichnungen gebildet wurden (z. B. ein Oberst bleibt ein Oberst, auch wenn der Ranginhaber weiblichen Geschlechts ist), wobei Homer G. Adams neutral blieb.

Ein letzter Streitpunkt war die Wiedereinführung des Ranges eines Solarmarschalls, was von Homer G. Adams kategorisch abgelehnt wurde mit der Begründung, dass man angesichts der Person des hochverehrten ehemaligen Staatsmarschalls Bull als Residenzminister für Verteidigung für einen als rein repräsentativ geltenden Posten keinen müden Solar zur Verfügung hätte.

Der Beschluss der Residenz-Regierung sah dann vor, dass das neue Rangsystem vorläufig nur in der Terranischen 8. Flotte eingeführt werden sollte.

Funktionen

  • Warrant-Ränge/Specialist
    Anmerkung: Warrant-Ränge stehen außerhalb der normalen Befehlshierarchie und bezeichnen spezialisierte Angehörige der Flotte, die eine bestimmte Funktion bekleiden und herausragende Aufgaben haben. Sie sind in der Regel nur dem Kommandanten unterstellt. Eine Sonderstellung nehmen dabei die Specialists ein, bei denen es sich um besonders qualifizierte Militärangehörige handelt, die jedoch, im Gegensatz zu den Warrant-Rängen, auf Kampfeinsätze spezialisiert sind. Dabei können einzelne Specialists gegebenenfalls den Befehl über Flottenoperationen oder Landungseinsätze übernehmen. Maurenzi Curtiz konnte mit der Unterstützung von Homer G. Adams noch durchsetzen, dass bei der Bildung von Kampfgruppen auf der untersten Ebene der jeweilige Befehlshaber gewählt wird und als Gruppenführer ebenfalls einen Warrant-Status einnimmt. Seine weitergehenden Vorstellungen von gewählten Offizieren konnte er jedoch gegenüber Bull, Tifflor und Rhodan nicht durchsetzen.
  • Gruppenführer
  • Techniker/Sanitäter
  • Ingenieur
  • Arzt
  • Wissenschaftler
  • Specialist
  • Flaggoffizier
    Der Flaggoffizier ist der höchste befehlshabende Offizier an Bord. Seine Funktion ist vergleichbar mit der eines Kommodore innerhalb der alten Solaren Flotte und ist jedoch, im Unterschied zum Solaren Imperium, rein funktionsbezogen. Der Rang des Flaggoffiziers ergibt sich aus der Funktion als Befehlshaber eines Flottenverbandes. Ist er dabei gleichzeitig Kommandant eines Schiffes, so wird dieses Schiff als Flaggschiff bezeichnet.
  • Kommandant
    Der Kommandant ist der eigentliche Befehlshaber an Bord. Er untersteht dem Oberkommando und dem Flaggoffizier. Er ist für das Schiff und die Crew voll verantwortlich.
    Innerhalb der Terranischen 8. Flotte werden die Kommandoränge funktionsbezogen vergeben. Hierbei gilt grob folgende Einteilung:
    • Kleinraumschiffe bis Korvettengröße: Mannschaftsdienstgrade bzw. Leutnant
    • Kreuzer: Leutnant bzw. Captain
    • Schlachtkreuzer: Major (Anmerkung: Kreuzer der INVINCIBLE II-Klasse werden intern als Schlachtkreuzer geführt)
    • Schlachtschiffe: Oberst
  • 1./2. Offizier
    Die Stellvertreter des Kommandanten unterstützen ihn beim Missionsablauf. Sie sind der Ansprechpartner der Crew, wobei insbesondere der 2. Offizier den neuen Crewmitgliedern hilfreich und einweisend zur Seite steht.
  • Navigation/Ortung/Steuerung
    Je nach Größe des Schiffes sind diese Funktionen zusammengefasst oder werden durch eigene Funktionsträger wahrgenommen. Eine Besonderheit liegt vor, wenn die Steuerung des Schiffes durch einen Emotionauten über eine SERT-Steuerung erfolgt. Oft ist die Funktion der Schiffssteuerung/-navigation mit der des 1. Offiziers verbunden.
  • Waffenleitoffizier
    Der Waffenleitoffizier koordiniert die äußere Verteidigung. Er ist für den Einsatz aller Waffen und die Gefechtsortung zuständig.
  • Bordingenieur
    Der Ingenieur ist dafür verantwortlich, dass die Schiffssysteme reibungslos funktionieren. Er betreut alle Maschinen und das Energienetz, kontrolliert den Status des Schiffes und koordiniert im Schadensfall die Reparaturteams. Er steht als Warrant-Offizier außerhalb der normalen Befehlshierarchie und hat innerhalb seines Aufgabengebietes die absolute Befehlsgewalt.
  • Medizinischer Offizier
    Der Bordarzt ist in erster Linie für das körperliche Wohl der Mannschaft zuständig. Er checkt regelmäßig die Crewmitglieder durch und versorgt Erkrankte und Verwundete. Er ist als Warrant-Offizier bevollmächtigt, höhergestellte (Führungs-)Offiziere auf Grund medizinischer Bedenken vom Dienst zu suspendieren.
  • Kommunikation
    Der zuständige Offizier ist für die Kommunikation innerhalb und außerhalb des Schiffes zuständig.
  • Wissenschaftsoffizier
    Der Wissenschaftsoffizier ist für alle wissenschaftlichen Analysen und Auswertungen zuständig. Er betreibt Forschung, untersucht fremdartige/gegnerische Artefakte und befasst sich mit der Kartografie unbekannter Raumsektoren. Da er eine besondere Ausbildung erhalten hat, ist er für den Erstkontakt mit Fremdvölkern prädestiniert. Als Warrant-Offizier steht er außerhalb der Befehlshierarchie.

777. Raumeingreifdivision

Oberbefehlshaber: General Manuel Joaquin Cascal

Flaggschiff: DERINGHOUSE (260 Meter INVINCIBLE II-Kreuzer)

Stärke: 50 INVINCIBLE II-Kreuzer

Infanterie: 50.000 Männer und Frauen sowie 15.000 MODULA II-Roboter

Kompanien: 200 à 250 Soldaten

Die 777. RED ist wie alle anderen 99 REDS strukturiert. 50.000 Soldaten finden sich in 5 Brigaden wieder, zu denen je 10 INVINCIBLE II-Kreuzer gehören. Einer Brigade gehören 10.000 Soldaten in 40 Kompanien zu je 250 Mann an.

Übersicht

777. RED = 50.000 Soldaten

1. Brigade 777 RED = 10.000 Soldaten

2. Brigade 777 RED = 10.000 Soldaten

usw.


1. Brigade 777 RED = 10.000 Soldaten

Kompanie »Freyt« = 250 Soldaten – Infanterie und Shiftpanzer

Kompanie »Redhorse« = 250 Soldaten – Infanterie und Shiftpanzer

Kompanie »Procyon« = 250 Soldaten – Infanterie und Shiftpanzer

usw.


Kompanie »Freyt« = 250 Soldaten und 125 Roboter

1. Zug = 50 Soldaten und 15 MODULA-Roboter

2. Zug = 50 Soldaten und 15 MODULA-Roboter

usw.


Auf jedem INVINCIBLE II-Kreuzer befinden sich vier Kompanien. Die Hierarchie der Brigaden ist wie folgt:

1. Brigade 777. RED

Oberbefehlshaber: General Joak Cascal

Flaggschiff: DERINGHOUSE

2. Brigade 777. RED

Oberbefehlshaber: Oberst Thed Waldherr

Flaggschiff: WARSCHAU

3. Brigade 777. RED

Oberbefehlshaber: Oberst Kuhata Samry

Flaggschiff: STAR OF AFRICA

4. Brigade 777. RED

Oberbefehlshaber: Oberst Carl Malic

Flaggschiff: GOTHICA

5. Brigade 777. RED

Oberbefehlshaber: General Angelica Caross

Flaggschiff: FLOWER

1. Brigade 777. RED

Um ein Beispiel anzuführen, gehen wir näher auf die DERINGHOUSE ein, das Flaggschiff der 777. RED, aber auch zugleich der 1. Brigade 777. RED mit neun weiteren INVINCIBLE II-Kreuzern.


DERINGHOUSE – Flaggoffizier General Joak Cascal (Oberbefehlshaber 777. RED, 1. Brigade 777. RED, DERINGHOUSE), Kommandant Major Nathaniel Mezhal

OMAHA – Kommandant Major Roswitta Ziegal

YUKATON – Kommandant Major Ekbart Bakkar

SCHLESWIG-HOLSTEIN – Kommandant Oberst Martyn Trews

MISSOURI – Kommandant Major Hal Bork

FELLMER LLOYD – Kommandant Major Terzo Eskorian

MERCANT III. – Kommandant Major Vakputor Kreayzinaor

CALLAMON – Kommandant Oberst Folkar Ruhme

SURFAT – Kommandant Oberst Henriettea von Zarlamont

ORSON – Kommandant Major Takanoto Fusisho

Cover