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Band 91

Quarterium-Zyklus


Operation M87

Das Quarterium greift Druithora an


Jens Hirseland



Was bisher geschah Hauptpersonen des Romans
Es herrscht Krieg!

Nach der Gründung des Quarteriums 1303 NGZ war es nur eine Frage der Zeit, bis es zum militärischen Konflikt kam. Mit der dorgonischen Invasion in den estartischen Galaxien 1305 NGZ begann ein intergalaktischer Konflikt. Nachdem die Saggittonen, die USO und die republikanischen Akonen den Estarten zu Hilfe kamen, erklärte das Quarterium diesen Nationen den Krieg.

Das Quarterium unterstützt nicht nur die Dorgonen in den estartischen Galaxien, sondern besiegt in einer umfassenden Offensive auch die Akonen, die USO und die Saggittonen in Cartwheel.

Nun weht das Banner des Quarteriums über ganz Cartwheel.

Im Schatten dieses Banners geschehen unfassbare, verabscheuungswürdige Verbrechen. Doch damit nicht genug: Das Quarterium greift nach M 87 – Druithora. Die Invasion in die Heimat der Pelewon und Moogh beginnt am 1. September 1306 NGZ. Es ist die OPERATION M87 …
Torsor – Die Bestie will die Ausrottung der Okefenokees.

Gal’Arn, Jonathan Andrews, Elyn – Sie wollen den Konstrukteuren des Zentrums helfen.

Korporal Ash Berger – Er verabscheut den Krieg.

Generalmarschall Toran Ebur, Generaloberst Alcanar Benington, Generalleutnant Wolf Linker – Die führenden Militärs der Invasion.

Oberst Henner Herker, Leutnant Ace Blacktree, Leutnant Henner Wosslyn, Gert Wissmer, Glaus Siebenpack, Roppert Nakkhole, Krizan Bulrich – Soldaten der XXXII. SHIFT-Division.

Seychul – Kriegsherr der Druithora-Völker.

9. August 1306 NGZ, Wheel-Center, M 87

Gespannte Ruhe herrschte in M 87.

Seit der Warnung vor der quarterialen Invasion, die Gal’Arn, sein Orbiter Jaktar und die Alyske Elyn den Konstrukteuren des Zentrums überbracht hatten, waren einige Wochen vergangen. Gal’Arn und Elyn hatten Taruntur, den obersten Konstrukteur des Zentrums über die Invasionsabsichten des Quarteriums informiert. Nach anfänglichen Schwierigkeiten begannen die Konstrukteure des Zentrums diese Warnung ernst zu nehmen und Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen. In dieser Zeit diente das Ritterschiff TERSAL als Kurier zwischen Etustar und M 87.

So wurden die rund 200.000 Schlachtschiffe starken Kampfflotten der Dumfries und Skoars zusammengezogen. Allerdings war man gezwungen, die Flotte auf mehrere strategisch wichtige Punkte, wie das Sternenportal Druithora, zu verteilen, denn man wusste nicht genau, wo der Gegner zuschlagen würde. Mit wachsender Spannung erwarteten die Verteidiger den Beginn der Invasion.

*

Am 10. August 1306 NGZ erhielt Gal’Arn, der sich mit der TERSAL wieder auf Wheel-Center befand, die Nachricht, dass die DEVILFISH soeben eingetroffen war. Es war das Schiff seines Freundes und Zöglings Jonathan Andrews. Freudig begab sich der Ritter der Tiefe in den Hangar und begrüßte den jungen Terraner.

»Schön, dich wiederzusehen, mein Freund. Gibt es Neuigkeiten aus Siom Som?«, erkundigte sich Gal’Arn.

»Kaum. Der Status Quo auf Som hält an und das Quarterium hält sich vom Dunklen Himmel fern. Viel erreicht haben wir jedoch noch nicht. Die Ausbildung und die Angriffe der PIRANHAs laufen langsam an. Allerdings hat die Wucht der quarterialen Angriffe nachgelassen. Sie werfen weniger Truppen in den Kampf«, berichtete Andrews.

Gal’Arn sah ihn nachdenklich an.

»Wahrscheinlich brauchen sie diese Truppen woanders. Der Angriff könnte unmittelbar bevorstehen.«

Andrews nickte zustimmend.

»Das glaube ich auch.«

»Und wie geht es dir sonst? Denkst du oft an Nataly?«

Wieder nickte Jonathan. Er grinste schief.

»Ja, ich hoffe es geht ihr gut. Diese Ungewissheit ist furchtbar.«

Gal’Arn legte verständnisvoll seine Hand auf Andrews Schulter.

»Ihr werdet euch wiedersehen«, meinte er überzeugt.

»Hoffentlich«, entgegnete Jonathan mit belegter Stimme.

»Am besten, wir essen erst mal etwas. Jaktar hat schon seinen berühmten Eintopf vorbereitet«, schlug der Ritter der Tiefe vor.

»Bohnen mit Speck. Kann’s kaum erwarten«, meinte Andrews sarkastisch.

Auf den Weg zu ihrer Kabine begegnete ihnen Elyn, die den Terraner höflich begrüßte.

Andrews Herz schlug beim Anblick der schönen Alyske höher. Ihre Ausstrahlung beeindruckte ihn nach wie vor zutiefst. Am liebsten hätte er ihr Avancen gemacht, doch er riss sich zusammen. Sein Herz gehörte Nataly.

»Danke«, sagte er daher nur.

*

Zwei ereignislose Tage vergingen. Dann erhielten sie Besuch von einem alten Bekannten – Henry »Flak« Portland, den Perry Rhodan beauftragt hatte, M 87 zu unterstützen. Zu diesem Zweck war er nach Wheel-Center gereist, um mit den Konstrukteuren des Zentrums zu verhandeln. Gal’Arn setzte sich mit Portland zusammen und unterhielt sich mit ihm über die allgemeine Lage.

»Was halten Sie von den Konstrukteuren?«, erkundigte sich Gal’Arn.

Flaks Miene verzog sich missmutig.

»Sie haben eine völlig andere Mentalität. Die Furcht vor den Bestien beherrscht ihr Denken. Das Leben des Einzelnen zählt nicht viel. Ich fürchte, wenn es hier losgeht, dann bekommen wir eine ganz neue Dimension der Gewalt. Das Quarterium, das ja auch nicht gerade zimperlich ist, wird es mit wesentlich größerem Widerstand zu tun bekommen als in Estartu.«

Gal’Arn nickte düster.

»Das ist auch meine Meinung. Leider können wir nichts tun, um das zu verhindern.«

Portland nahm einen Schluck Whisky und seufzte.

»Die einzige Möglichkeit bestände darin, die quarteriale Flotte gleich mit Beginn der Invasion zurückzuwerfen. Doch nach meiner Erfahrung ist die Armee des Quarteriums technisch und taktisch besser gerüstet als die Völker von M 87. Auch verfügen sie über die besseren Strategen, solche wie Generaloberst Red Sizemore. Wohingegen mir der Anführer der Dumfries – wie hieß er doch gleich?«

»Seychul«, antwortete Gal’Arn.

»Seychul, genau. Dieser Kerl erscheint mir eher starrsinnig und unsympathisch.«

»Den Eindruck hatte ich auch. Wir begegneten ihm, als wir die Konstrukteure vor der Invasion warnten. Ohne die Fürsprache von Druid Aflesh wären wir wohl nicht an ihm vorbeigekommen. Er ist alles andere als fremdenfreundlich«, erzählte der Ritter.

Flak Portland nickte zustimmend.

»Und mit dem Kerl muss ich nun über eine militärische Zusammenarbeit verhandeln. Viel können wir nicht tun, seit MODROR das Sternenportal blockiert. In den letzten sechs Wochen haben wir dreimal fünfhundert Schiffe durchbekommen, ohne dass diese Dscherr’Urk uns in die Quere gekommen sind. Denke aber nicht, dass wir unser Glück überstrapazieren sollten.

Außerdem soll ich als militärischer Berater fungieren. Das Problem ist nur, dass dieser Seychul an einer Zusammenarbeit herzlich wenig Interesse hat. Daher konnten wir uns noch nicht einig werden, an welchem Punkt die USO-Schiffe eingesetzt werden sollten. Immerhin konnte ich durchsetzen, dass sie als Reserve verbleiben und flexibel eingesetzt werden können, wenn es losgeht.«

Portland nahm noch einen kräftigen Schluck Whisky.

»Der ist gut«, meinte er zufrieden.

»Sie können den Rest behalten. Ich mache mir nichts aus Alkohol«, erklärte Gal’Arn.

»Vielen Dank.«

Freudig verstaute Portland die Flasche in seiner Aktentasche.

»Morgen habe ich eine noch eine Unterredung mit Taruntur. Ich hoffe, dass der etwas vernünftiger ist. Könnte dabei Ihre Unterstützung gebrauchen«, wandte er sich wieder an Gal’Arn.

»Ich werde Sie selbstverständlich begleiten«, stimmte der Ritter bereitwillig zu.

Die Tür öffnete sich und Jonathan Andrews trat ein, der den Militär-Attaché freudig begrüßte.

»Schön, Sie wiederzusehen.«

»Ebenfalls, Mister Andrews. Nehmen Sie Platz. Ich habe Neuigkeiten für Sie.«

Andrews sah Portland erwartungsvoll an und setzte sich.

»Von Nataly?«

»Allerdings.«

»Geht es ihr gut? Ist sie in Sicherheit? Wo ist sie? Was ist mit ihrem Onkel?«, sprudelte es aus Jonathan hervor.

»Langsam, langsam, junger Freund«, wehrte Portland ab. »Ja, es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Sie befindet sich zusammen mit ihrem Onkel Jaaron und Kathy Scolar in der Botschaft der LFT auf Mankind.«

»Auf Mankind? Ausgerechnet in der Höhle des Löwen? Warum bringt man sie nicht weg von dort?«, fragte Andrews aufgeregt.

»Sie haben noch keine Ausreisegenehmigung bekommen. Doch seien Sie unbesorgt, solange sie sich in der Botschaft befinden, sind sie in Sicherheit. In den nächsten Tagen fliege ich nach Mankind, dann kümmere ich mich darum, ihr Verfahren zu beschleunigen. Es sind hauptsächlich bürokratische Hindernisse.«

»Dann begleite ich Sie nach Mankind. Ich will so schnell wie möglich zu Nataly«, entschied Andrews.

»Das kann ich nicht erlauben. Das ist viel zu gefährlich. Man würde Sie verhaften«, lehnte Portland ab.

»Das Risiko gehe ich ein«, blieb Andrews stur.

»Attaché Portland hat recht, Jonathan. Bei allem Verständnis für dich und Nataly muss ich dich an die Erfüllung deiner Mission erinnern. Außerdem würdest du Nataly und ihrem Onkel keinen Gefallen tun, wenn du durch einen Skandal die CIP auf sie aufmerksam machen würdest«, gab Gal’Arn zu bedenken.

Jonathan dachte nach, dann stimmte er schweren Herzens zu.

»Also gut, dann bleibe ich hier. Ich möchte Sie aber bitten, Attaché, Nataly einen Brief von mir zu überbringen.«

»Das tue ich gern, junger Freund«, versicherte Portland.

*

Am nächsten Morgen empfing Taruntur, der Oberste Konstrukteur des Zentrums, Gal’Arn und Henry Portland. Auch Druid Aflesh war anwesend. Der terranische Admiral überbrachte Taruntur die besten Grüße Perry Rhodans und warnte noch einmal eindringlich vor der Gefährlichkeit des Quarteriums. Ausführlich legte Flak die bisherige militärische Vorgehensweise der Quarterialen innerhalb Cartwheels und in Siom Som dar. Doch je länger Portland redete, desto mehr gewann er den Eindruck, dass er den elegant gekleideten Konstrukteur des Zentrums langweilte. Darum kam er zügig zum Schluss seines Vortrags.

»Umso wichtiger ist es, dass die Streitkräfte von M 87 mit den Einheiten der USO und der LFT zusammenarbeiten. Nur gemeinsam haben wir die Chance, diese gewaltige Invasion zurückzuschlagen. Die ersten vierundzwanzig Stunden können entscheidend sein, denn wenn es dem Gegner gelingt, sich in M 87 festzusetzen, wird ein langer, blutiger Krieg mit ungewissem Ausgang unvermeidlich sein«, endete der Admiral.

Taruntur rutschte gelangweilt in seinem Sessel herum und bemühte sich, ein Gähnen zu unterdrücken.

»Wir nehmen Ihre gutgemeinten Ausführungen zur Kenntnis, Militär-Attaché, und danken Ihnen für Ihre Bemühungen. Ich versichere Ihnen jedoch im Namen aller Konstrukteure des Zentrums, dass für Druithora keinerlei Gefahr besteht«, erklärte er gönnerhaft.

»Keinerlei Gefahr? Das Quarterium hat bisher jeden Gegner in kurzer Zeit besiegt.«

»Nun ja, dabei handelte es sich doch wohl eher um zweitklassige Völker«, meinte der Konstrukteur.

»Was ist mit Carjuls Streitkräften innerhalb Cartwheels?«

Tarunturs Miene verfinsterte sich.

»Das war nur durch den hinterlistigen Verrat der Bestien und der ungeschickten Politik des unglücklichen Carjuls möglich und wird sich hier nicht wiederholen. In Cartwheel waren wir fremd. Hier sind wir zu Hause und kennen die Gegend besser. Außerdem besitzen wir mit dem blauen Zentrumsleuchten und den blauen Kugeln die besten Abwehrmechanismen, die man sich vorstellen kann. Den Rest erledigt unsere mächtige Kriegsflotte. So war es immer, und so wird es auch immer bleiben.«

»Sehr richtig«, stimmte Druid Aflesh zu.

»Ich wäre da nicht so optimistisch. Die Quarterialen sind nicht dumm. Ihre Technik ist hochmodern und sie sind immer wieder in der Lage, bedrohlich und unvorhergesehen vorzugehen«, gab Gal’Arn zu bedenken.

»Ihre Sorge in allen Ehren, Ritter Gal’Arn. Doch unser Volk steht schon seit zehntausenden von Jahren im Kampf gegen die Bestien. Ihre Schiffe konnten noch nie etwas gegen das blaue Zentrumsleuchten ausrichten. Warum sollten sie es jetzt können? Ihre Schiffe funktionieren nach wie vor mit Paratronkonvertern. Uns ist klar, dass das Zentrumsleuchten die feindlichen Raumer nicht mehr vernichtet und der Radius aufgrund der Modifikationen geringer ist, doch unsere Weitentwicklung bewirkt trotzdem einen Zusammenbruch der Paratrontechnologie.

Und um das Quarterium wird sich unsere Flotte kümmern. Sie ist voll einsatzbereit und in Alarmbereitschaft. Die Konstrukteure des Zentrums haben alle erforderlichen Maßnahmen zur erfolgreichen Verteidigung von Druithora getroffen.«

»Bei allem Respekt, Konstrukteur: Ich bezweifele, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichen«, widersprach Henry Portland.

»Die Weisheit der Konstrukteure darf niemals in Frage gestellt werden. Das ist Blasphemie! Kritik an den Entscheidungen der Konstrukteure des Zentrums sind überflüssig und auch unhöflich«, rügte Druid Aflesh den terranischen Abgesandten.

»So ist es«, stimmte Taruntur dem Stützpunktingenieur zu.

»Und nicht anders«, ergänzte Druid Aflesh salbungsvoll.

Henry Portland und Gal’Arn warfen einander einen resignierten Blick zu. Das war, als würden sie gegen eine Wand sprechen. Es hatte jedoch keinen Sinn, einen Eklat zu riskieren.

»Ich bitte um Verzeihung. Ich bitte die Konstrukteure allerdings darum, über die sinnvolle Verwendung der abgestellten USO-Flotteneinheiten nachzudenken«, gab sich Portland zurückhaltend.

»Wir ziehen es in Erwägung. Ich bedanke mich für das Gespräch, das nun zu Ende ist.«

Ernüchtert verließen Gal’Arn und Henry Portland den Audienzsaal. Ihre Befürchtungen waren nicht geringer geworden. Im Gegenteil, sie waren der Meinung, dass die arrogante Haltung der Konstrukteure des Zentrums M 87 zum Verhängnis werden würde.

*

Nachdem Henry Portland seine Amtsgeschäfte in Wheel-Center erledigt hatte, machte er sich zur Abreise nach Cartwheel fertig. Gal’Arn und Jonathan Andrews verabschiedeten ihn. Andrews gab dem Attaché einen Brief für seine Verlobte mit.

»Bitte geben Sie ihn Nataly«, bat er den Admiral.

Portland nickte knapp.

»Sie erhält ihn, sowie ich auf Mankind eingetroffen bin«, versicherte er.

Der Attaché bemerkte Jonathans traurigen Blick.

»Sie haben die richtige Entscheidung getroffen.«

»Hoffentlich.«

»Wir haben alle unsere Pflicht zu tun, Jonathan. Allerdings beneide ich sie beide nicht. Es wird hier schon bald sehr ungemütlich werden.«

»Das fürchte ich auch«, pflichtete ihm Gal’Arn bei.

»Meiner Meinung nach kann es sich nur noch um Tage handeln, bis die Invasion beginnt. Diese Zeit hätte man besser nutzen sollen«, kritisierte Portland.

»Nun, vielleicht hat Taruntur ja recht und das blaue Zentrumsleuchten schützt M 87 wieder vor seinen Feinden. Bisher sind die Konstrukteure des Zentrums immer siegreich geblieben«, beschwichtigte der Ritter der Tiefe.

»Hoffen wir es. Ich wünsche Ihnen alles Gute.«

1. September 1306 NGZ, Sternenportal Druithora

Henry Portland sollte recht behalten. Die quarteriale Flotte hatte den Beginn der Invasion von M 87 auf den 1. September festgesetzt.

Das Gros der gewaltigen Schlachtflotte des Quarteriums bestand aus 130.000 Schiffen, davon 105.000 Supremo-Raumer vom Typ DOLAN. Die Arkoniden und Terraner stellten weitere 25.000 Schlachtschiffe. Den Oberbefehl über diese Streitmacht führte Torsor persönlich, unterstützt von Toran Ebur.

Torsor und Ebur planten einen Großangriff auf breiter Front, damit wollte man die Verteidiger überrumpeln und ins Chaos stürzen. Das erste Ziel war das Sternenportal Druithora. Die Sicherung des Portals war für eine rasche Nachschubversorgung unverzichtbar.

Generaloberst Alcanar Benington hatte zusammen mit Torsor auf der SOLAR EMPIRE die Kommandozentrale der Invasionsflotte eingerichtet. Die Streitmacht war in die Flottengruppen A und B aufgeteilt worden. Während Torsor die Flottengruppe A befehligte, die den ersten Angriff durch das Sternenportal Druithora führen sollte, kommandierte der Arkonide Toran Ebur die Flottengruppe B, die den weiten Umweg über Siom Som genommen hatte, um den Streitkräften von M 87 in den Rücken zu fallen.

»Nun, wie sieht es aus, Benington? Sind unsere Schiffe bereit, den ersten Angriff gegen die Konstrukteure des Zentrums zu fliegen?«

»Alle Einheiten stehen bereit. Um 00.01 Uhr beginnt der Angriff«, versicherte der Generaloberst.

»Was ist mit Eburs Einheiten?«

»Sie sind rechtzeitig in den vorgesehenen Gebieten eingetroffen und werden zum vereinbarten Zeitpunkt losschlagen.«

»Gut.«

»Allerdings ist zu erwarten, dass das Sternenportal von starken Verteidigungskräften abgesichert wird.«

Der Pelewon entblößte seine gewaltigen Zähne zu einem bösartigen Lächeln und ballte seine Faust.

»Wir werden sie zermalmen!«

*

Die Konstrukteure des Zentrums hatten beim Sternenportal Druithora 35.000 Schlachtschiffe der Dumfries postiert. Außerdem hatte Gal’Arn durchsetzen können, dass auch die 3.000 USO-Schiffe in Stellung gebracht wurden. Es war den Dumfries nicht möglich gewesen, das Sternenportal zu zerstören, also blieb ihnen nichts anderes übrig, als es zu bewachen und dort den Angriff der Quarterialen zu erwarten.

Seychul wurde am frühen Morgen von seinem Adjutanten geweckt.

»Herr, die Invasion hat begonnen. Unsere Außenposten melden unzählige Kampfschiffe der Bestien.«

Blitzschnell war Seychul auf den Beinen und begab sich in die Kommandozentrale seines Flaggschiffes. Der Dumfrie ordnete Kurs auf das Sternenportal an. Den dortigen Streitkräften befahl er, den feindlichen Angriff zurückzuschlagen und sich keinesfalls zurückzuziehen.

*

Die 55.000 Kampfschiffe der Pelewons und Moogh durchdrangen innerhalb kürzester Zeit das Sternenportal, wo sie auf heftigen Widerstand der Dumfries stießen. Torsor registrierte verärgert, dass die Dumfries von USO-Einheiten unterstützt wurden und befahl, diese rücksichtslos auszumerzen. Je mehr Pelewon-Schiffe zur Streitmacht stießen, desto weiter wurden die Verteidiger zurückgedrängt.

Drei Tage lang tobte eine blutige Schlacht um das Sternenportal. Zunächst mussten die Pelewons starke Verluste hinnehmen, da sie anfänglich noch nicht allzu viele Schiffe in den Kampf werfen konnten, dann wurden die Pelewons immer zahlreicher und schließlich mussten sich die Dumfries und die USO-Schiffe zurückziehen. Die Dumfries hatten 15.000 Schiffe und die USO 500 Einheiten verloren. Die Pelewon hatten 7.800 DOLANs verloren, aber es war ihnen gelungen, das Sternenportal einzunehmen und damit den Nachschub zu sichern. Damit hatte das Quarterium einen ersten Brückenkopf innerhalb von M 87 errichtet.

*

Seychul war sich im Klaren darüber, dass man die Bestien gleich am Anfang des Krieges wieder aus M 87 herausdrängen musste, denn wenn sie sich erst einmal festgesetzt hatten, war es nahezu unmöglich, sie wieder loszuwerden. Daher plante er eine umfassende Gegenoffensive. Allerdings war dem Dumfrie klar, dass seine Streitkräfte dazu nach den hohen Verlusten nicht ausreichten. Er musste Verstärkung anfordern. Zu diesem Zweck kontaktierte er das Oberkommando auf Wheel-Center und nahm Verbindung mit Irmoch auf, dem Oberbefehlshaber der Skoar-Streitkräfte. Seychul erklärte dem Dreiäugigen die militärische Lage.

»… Daher brauche ich dringend Verstärkung. Wir müssen alle verfügbaren Kräfte nach Druithora werfen, um die Bestien zurückzuschlagen«, schloss er seinen Bericht ab.

Irmoch blickte den Dumfrie mitleidig an.

»Völlig unmöglich. Sie kennen die neueste Entwicklung noch nicht.«

»Welche Entwicklung könnte wohl wichtiger sein, als die in Druithora!«, regte sich Seychul auf.

»Eine weitere Invasion.«

»Was? Das kann nicht sein!«

Diese Neuigkeit traf Seychul völlig unvorbereitet. Man hatte zwar mit der Möglichkeit gerechnet, dass die Bestien an einer anderen Stelle angreifen würden als am Sternenportal, da sie damit rechnen mussten, dass dort die Abwehr am stärksten wäre. Doch angesichts dieser harten Schlacht war Seychul sich sicher gewesen, dass hier der Hauptangriff tobte. Woher hatten die Bestien nur all diese Schiffe?

»Es ist aber so«, holte Irmochs nüchterne Stimme den Heerführer aus seiner Fassungslosigkeit.

»Wie viele sind es und wo greifen sie an?«, wollte der Dumfrie wissen.

»Wenn unsere Meldungen richtig sind, dann haben wir es mit etwa 50.000 Bestienschiffen und etwa halb so vielen fremden Schiffen zu tun. Das Oberkommando ist der Ansicht, dass es sich dabei um Einheiten des Quarteriums handelt. Sie beschießen sämtliche Außenplaneten«, erklärte Irmoch sachlich, als ging ihn all dies gar nichts an.

»Das ist eine Katastrophe«, stöhnte Seychul.

»Sie sehen also, dass man Ihnen unmöglich Verstärkung schicken kann. Das Oberkommando rechnet mit Angriffen auf Wheel-Center, daher haben die Konstrukteure des Zentrums 50.000 Schiffe dorthin beordert. Weitere 20.000 wurden nach Monol und Pompeo Posar beordert. Alle weiteren Einheiten stehen bereits im Kampf gegen die Aggressoren«, fuhr Irmoch fort.

»So schaffen wir es nicht. Ich muss sofort mit Taruntur sprechen. Stellen Sie Verbindung mit ihm her, Irmoch.«

»Ich werde mich bemühen«, sagte Irmoch und schaltete ab.

Seychul dachte fieberhaft nach. Mit diesem Großangriff schafften die Bestien und ihre Verbündeten es, die Verteidiger überall in Kämpfe zu verwickeln und zu verzetteln. Eine geordnete Verteidigung war nicht möglich. Die einzige Hoffnung bestand darin, sie vom Sternenportal zu vertreiben und damit vom Nachschub abzuschneiden.

Kurz darauf erschien eine Holographie von Konstrukteur Taruntur in Seychuls Raum.

»Ich nehme an, Sie haben die neuesten Nachrichten bereits erfahren«, sagte Taruntur ohne Begrüßung.

»Ja, Herr. Ich fürchte, das Oberkommando hat den Feind unterschätzt. Er hat seine Streitkräfte aufgeteilt, um zu verhindern, dass wir unsere Flotte in voller Stärke gegen ihn werfen können. Das ist seine Taktik, um uns zu schwächen und blitzschnell auszuschalten«, analysierte der Heerführer der Dumfries.

»Was schlagen Sie vor, sollen wir tun?«, fragte Taruntur.

»Ich habe noch 20.000 Einheiten sowie 1.000 der USO. Das reicht nicht aus, um den Feind von Druithora zu vertreiben. Ich brauche alle verfügbaren Streitkräfte hier, um die Bestien vom Sternenportal zu vertreiben. Ohne Nachschub werden sie sich nicht lange hier halten können. Wir müssen alles auf eine Karte setzen und unsere gesamte Streitmacht hier in die Schlacht werfen«, erklärte Seychul überzeugt.

»Das halte ich aber nicht für ratsam. Ich kann unmöglich Wheel-Center oder Monol und Pompeo Posar ungeschützt lassen. Das wäre ja geradezu eine Einladung an die Bestien. Nein, das lehne ich ab«, sagte Taruntur skeptisch.

»Aber das ist doch gerade ihr Plan – uns nach und nach aufzureiben und damit immer weiter vorzudringen. Sie werden ein System nach dem anderen angreifen und einnehmen, wenn es uns nicht gelingt, sie hier und jetzt aufzuhalten! Und dazu brauche ich jedes verfügbare Schiff, und zwar sofort! Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wenn wir sie hier schlagen, können wir sie später immer noch aus den anderen Gebieten vertreiben«, ereiferte sich Seychul.

»Nein, ich bleibe dabei: Die Schiffe bleiben, wo sie sind. Es wäre zu riskant, all unsere Schiffe auf einen Punkt zu konzentrieren.«

»Dann verlieren wir den Krieg«, meinte Seychul niedergeschlagen.

»Nun, seien Sie mal nicht pessimistisch. Locken Sie den Feind weiter ins Innere von Druithora. Dann werden schon bald die blauen Kugeln eingreifen und den Feind vernichten«, riet der Konstrukteur.

»Wie Sie meinen«, erwiderte Seychul und schaltete ab. Die blauen Kugeln aus dem Zentrum waren nun seine letzte Hoffnung.

*

Dem Heerführer der Dumfries blieb nichts anderes übrig, als Tarunturs Anweisung zu befolgen und sich tiefer nach M 87 zurückzuziehen. Er setzte seine Hoffnungen auf die blauen Kugeln aus dem Zentrum. Daher unternahm er einen verzweifelten Gegenstoß und griff die vordersten Einheiten der Pelewons an. Schließlich brachte er sie dazu den – sich zurückziehenden – Dumfries zu folgen. Im benachbarten System warteten dann Seychuls Reserven, um die Angreifer zu attackieren.

Endlich griffen nun auch die blauen Kugeln ein und stürzten sich auf die DOLAN-Schiffe. Seychul hoffte, nun endlich ein Mittel gegen die verhassten Bestien gefunden zu haben. Bisher war es immer so gewesen, dass die Paratronkonverter der Bestien durch die blauen Kugeln zerstört worden waren.

Doch wie so vieles, kam auch diesmal alles anders. Denn dieses Mal besaßen die Bestien dorgonische Schutzschirme, die die angreifenden blauen Kugeln absorbierten. Die Angriffe verpufften wirkungslos und die Dumfries mussten abermals herbe Verluste einstecken. Nach mehreren Stunden erbitterten Kampfes sah Seychul die Sinnlosigkeit ein und brach die Offensive ab. Die Dumfries waren erneut geschlagen worden und zogen sich weiter zurück.

*

Von der zweiten Front kamen dieselben schlechten Nachrichten: Die blauen Kugeln waren nutzlos, die Angreifer, auch die fremden Schiffe des Quarteriums, neutralisierten sie problemlos. Seychul sah sich nun den ständigen Angriffen der Pelewons ausgesetzt, die seine Flotte gnadenlos verfolgten.

Die Bestien steigerten sich in einen Blutrausch. Bis zum 13. September war Seychuls Flotte fast vollständig zerschlagen worden. Nur 13.000 zum Teil beschädigte Einheiten konnten den Bestien vorerst entkommen. Zählte man beide Fronten zusammen, so hatten die Dumfries 22.000 Schlachtschiffe verloren.

Auch die USO-Schiffe unter dem Kommando von Jonathan Andrews wurden aufgerieben. Nur 722 Einheiten waren noch übrig. Auf Befehl von Gal’Arn, der die Sinnlosigkeit des Kampfes einsah, zogen sie sich nach Wheel-Center zurück. Der Weg für das Quarterium zu den wichtigsten Planeten von M 87 war nun frei.

*

Gal’Arn blieb angesichts dieser Lage nichts anderes übrig, als den Befehl zur Räumung der LFT-Raumstation zu geben. Die Evakuierung kam nicht überraschend. Schon seit Wochen hatte man Vorbereitungen für den Ernstfall getroffen und eine Transporterflotte der LFT bereitgestellt. Dennoch war es für die Besatzungsmitglieder der Handelsstation schmerzhaft, hatten sie doch hier ein Zuhause gefunden, das die meisten nur ungern verließen. Da es jedoch abzusehen war, dass das Quarterium schon bald auftauchen würde, war die Räumung unvermeidlich.

Eskortiert von Jonathan Andrews DEVILFISH und dem Rest der USO-Flotte, wurde die Besatzung nach Wheel-Center gebracht. Sollte sich die Lage dort verschärfen, würde die LFT alles entbehrliche Personal in die Milchstraße evakuieren. Die vollständig geräumte Station wurde gesprengt, um sie nicht dem Quarterium oder den Bestien zu überlassen.

Von der Evakuierung unberührt blieb der abgelegene Stützpunktplanet, den Taruntur Perry Rhodan zur Verfügung gestellt hatte. In weiser Voraussicht hatte Gal’Arn sofort nach Beginn der Invasion die PIRANHAs nach Wheel-Center abgezogen, um die Position dieser Welt nicht preiszugeben.

CERES-Kreuzer
CERES-Kreuzer, © Heiko Popp

Für die militärische Führung der USO war der Einsatz der PIRANHAs eine einzige Katastrophe und zeigte, dass die modifizierten Leichten Kreuzer der CERES-Klasse ohne Deckung durch Großkampfschiffe in massierten Raumschlachten relativ hilflos waren. Das Semi-Transit-Feld, das sie zwar vor allen bekannten Waffensystemen schützte, wurde zur Falle. Durch die Unfähigkeit, innerhalb des Semi-Transit-Feldes zu manövrieren, waren die Schiffe gezwungen, immer wieder in den Normalraum zurückzukehren. Dort waren sie der geballten Übermacht der DOLANs und quarterialen Schlachtschiffe hilflos ausgeliefert.

*

Doch das nächste Operationsziel der Pelewon war zunächst der Planet Yanok, die Hauptwelt der Bestien. Torsor wollte seine Artgenossen aus der Tyrannei der Konstrukteure des Zentrums befreien und sie in seine Flotte eingliedern. Er brauchte jeden Mann, um die Herrschaft der Konstrukteure und ihrer Vasallen ein für alle Mal zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, war Torsor bereit, jedes Wesen, das nicht auf der Seite der Bestien stand, zu töten.

*

Am 17. September 1306 NGZ traf die LFT-Transporterflotte zusammen mit der DEVILFISH und den verbliebenen USO-Einheiten im Wheel-System ein. Jonathan Andrews begab sich sofort zu Gal’Arn, um Bericht zu erstatten und schilderte ihm den Ernst der Lage.

»Wir haben die meisten unserer Schiffe verloren. Nur etwa 720 sind übrig geblieben, ein Teil davon ist auch noch schwer beschädigt. Die DEVILFISH ist aber noch voll intakt. Wenn das Schiff überholt worden ist, schließen wir uns wieder den Dumfries an«, erklärte er dem Ritter der Tiefe.

Doch Gal’Arn lehnte dieses Vorhaben ab.

»Nein, das hat keinen Sinn. Ein Schiff allein kann nichts gegen diese Armada ausrichten.«

»Aber …«, wollte Jonathan protestieren, doch der Ritter schnitt ihm das Wort ab.

»Kein aber! Ich möchte nicht, dass du einen sinnlosen Kampf austrägst. Stattdessen möchte ich, dass du mit der DEVILFISH nach Etustar fliegst und Aurec über die neue Situation unterrichtest.«

Andrews dachte einen Moment lang nach, dann stimmte er widerwillig zu.

»Also gut, meinetwegen. Dann breche ich nach Etustar auf, sowie die DEVILFISH wieder startbereit ist. Was geschieht mit den restlichen Schiffen?«

»Sie bleiben zunächst hier. Wir brauchen sie, um die LFT-Angehörigen nötigenfalls in Sicherheit zu bringen, falls das Quarterium bis nach Wheel-Center vordringt«, erklärte Gal’Arn.

Jonathan Andrews verzog unwillig das Gesicht.

»Falls sie vordringen? Das ist nur eine Frage der Zeit, bis sie hier auftauchen.«

*

Kurz nach der DEVILFISH traf auch Seychuls Flaggschiff ein, die DRUITHORA. Der Heerführer der Dumfries eilte umgehend zu Taruntur, um ihm persönlich die Lage darzulegen. Taruntur empfing ihn umgehend.

Der Dumfrie schilderte ausführlich den bisherigen Verlauf der Abwehrschlacht und machte noch einmal deutlich, dass er dringend Verstärkung benötigte.

»Ich ersuche daher noch einmal um starke Flottenverbände, damit ich den Feind von den Toren Wheel-Centers fern halten kann, Konstrukteur.«

Doch Taruntur machte eine ablehnende Geste.

»Das ist nicht möglich, Seychul. Das habe ich Ihnen schon einmal erklärt.«

»Aber, Konstrukteur, ich …«

»Unterbrechen Sie mich nicht! Das Wheel-System, Pompeo Posar und Monol sind die wichtigsten Welten innerhalb von Druithora. Sie müssen unter allen Umständen gehalten werden. Dazu benötigen wir jedes einzelne Schlachtschiff. Alle anderen Verluste sind akzeptabel.«

»Heißt das, wir geben die restlichen Gebiete auf?«, fragte Seychul entsetzt.

»So ist es. Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen uns auf die wichtigen Planeten konzentrieren und können es uns nicht leisten, noch mehr Schiffe und Truppen in sinnlosen Abwehrschlachten zu verschwenden«, erklärte Taruntur.

»Aber wir müssen …«, setzte der Flottenkommandant an, doch der Konstrukteur unterbrach ihn sogleich.

»Keine Widerrede, Admiral! Es geht nur so und nicht anders. Unsere Politik ist alternativlos.«

Seychul wusste, dass es keinen Sinn hatte, Taruntur umzustimmen. Der Flottenkommandant verbeugte sich knapp und verließ den Audienzsaal. Dann entschloss er sich zu einem Schritt, der ihm äußerst schwerfiel: Er suchte Gal’Arn auf, um ihn um Unterstützung zu bitten.

*

»Ich würde Ihnen gerne helfen, wenn ich wüsste wie. Unsere USO-Einheiten sind fast völlig aufgerieben. Die restlichen Schiffe kann ich nicht opfern, das wäre unverantwortlich den Besatzungen gegenüber. Außerdem brauchen wir sie noch, um unser Personal zu evakuieren.«

»Das sehe ich ein, aber könnten sie nicht Verstärkung anfordern?«, fragte Seychul.

Gal’Arn spürte, wie viel Überwindung Seychul es kostete, einen Fremden um Hilfe zu bitten. Er enttäuschte ihn nur ungern.

»Leider nicht. Unsere Truppen in Siom Som stehen ebenfalls mit dem Rücken zur Wand. Diese Schiffe waren unser letztes Aufgebot. Und die LFT kann uns nicht unterstützen, sie hat keinerlei offensiv einsetzbare Flotten. Das Quarterium ist überall. Doch genau dies könnte ihnen zum Verhängnis werden.«

»Bis dahin ist es für uns zu spät«, knurrte Seychul.

»Es tut mir leid«, sagte Gal’Arn, der den hochmütigen, starrsinnigen Dumfrie kaum wiedererkannte.

Die Tür öffnete sich und ein Dumfries-Offizier trat herein. Er übergab Seychul eine Meldung. Der Flottenkommandant las den Zettel und wirkte noch niedergeschlagener als zuvor.

»Was ist?«, fragte Gal’Arn.

Der Dumfrie sah ihn bitter an.

»Der Feind steht mit 25.000 Schiffen vor Pompeo Posar.«

20. September 1306 NGZ, Pompeo Posar

Toran Ebur war mit dem bisherigen Kriegsverlauf über alle Maßen zufrieden. Der Plan, den er zusammen mit Torsor und Generaloberst Benington entworfen hatte, funktionierte perfekt. Während die Pelewons mit dem Gros ihrer Flotte das Sternenportal angriffen, war Ebur mit seiner Flotte aus 50.000 weiteren Pelewon-Einheiten sowie je 12.500 arkonidischen und terranischen Schlachtschiffen zu den Randwelten von M 87 vorgedrungen.

Die nur mit leichten Verteidigungsstellungen ausgerüsteten Außenplaneten waren leichte Beute für die quarteriale Flotte. Mit diesen Welten wollte man sich auch nicht lange aufhalten und drang, ohne auf großen Widerstand zu stoßen, ins Innere von M 87 vor.

Das nächste Ziel war die wichtige Welt Pompeo Posar, die Heimatwelt der Okefenokees. Die Schlüsselplaneten von M 87 sollten so schnell wie möglich eingenommen werden, um den Widerstand der Konstrukteure des Zentrums rasch zu brechen. Toran Ebur rechnete aber damit, dass man seinen Truppen starken Widerstand entgegensetzen würde, da er bis jetzt nur in leichte Kämpfe verwickelt worden war. Daher setzte Ebur sein volles Flottenkontingent ein, um die Invasion des Planeten sicher zu stellen.

Die Arkoniden deckten die rechte Flanke, die Terraner die linke und die Bestien rückten durch die Mitte vor. Die Flottenverbände der Skoars, die dort wachten, wurden schnell zurückgeschlagen. Sie schienen einzusehen, dass sie gegen diese Übermacht nicht viel ausrichten konnten. So konnte bereits am frühen Nachmittag die Landung der Bodentruppen beginnen. Insgesamt wurden 500.000 Mann und 5.000 Panzer sowie doppelt so viele Geschütze auf Pompeo Posar gelandet. Zuvor war das Landegebiet, indem der Brückenkopf errichtet werden sollte, großflächig bombardiert worden. Die Abwehranlagen waren ausgeschaltet, sodass der Landung der Truppen nichts im Weg stand.

Mittlerweile war auch Generaloberst Benington auf Pompeo Posar eingetroffen. Er wollte den Angriff persönlich leiten und sich so seinen – wie er meinte – verdienten Platz in der Geschichte sichern. Zunächst sollte ein Stützpunkt errichtet werden, von dem alle weiteren Angriffe ausgehen sollten. Außerdem sollte der Nachschub hierüber abgewickelt werden.

Zunächst lief alles planmäßig, doch dann griffen erste Einheiten der Skoars den Brückenkopf an und es kam zu heftigen Gefechten. Die ersten Angriffe wurden von den Grautruppen zurückgeschlagen und sie eroberten weitere Gebiete Pompeo Posars. Doch je weiter sie vordrangen, desto heftiger wurde der Widerstand. Es war den Bombern nicht gelungen, alle Verteidigungsstellungen auszuschalten, was die Grautruppen nun zu spüren bekamen. Was auch daran lag, dass es auf Pompeo Posar keine Städte gab, sondern viele einzelne Kuppelbauten, die die Okefenokees über den ganzen Planeten verteilt hatten. Nach etwa hundert Kilometern kam der Vormarsch der Quarterialen Truppen zum Stillstand. Die Skoars hatten eine zusammenhängende Verteidigungslinie errichtet. Die Quarterialen hätten sie umgehen können, doch Generaloberst Benington suchte die Schlacht.

*

Zu den Landungstruppen gehörten auch Ash Berger und seine Einheit von der XXXII. SHIFT-Division. Die Shifts erhielten von ihrem Kommandeur, Generalleutnant Wolf Linker, den Befehl, die Flanken der Skoars anzugreifen. Tausende von Shifts stiegen auf, um Generaloberst Beningtons Angriffsplan durchzuführen. Während die Grautruppen die Skoars in der Mitte angriffen, sollten die Flugpanzer die feindlichen Stellungen umfliegen, um ihnen dann in den Rücken zu fallen. Dazu sollten weitere Bodentruppen ausgeschleust werden.

Ash Berger war wenig begeistert von diesem neuen Feldzug. Zu gut hatte er noch das Leiden und Sterben in Siom Som im Gedächtnis. Und nun brachen diese Wahnsinnigen einen neuen Krieg vom Zaun, obwohl der letzte Feldzug noch nicht mal richtig beendet war. Die Machtgier der Quarterialen Führung kannte keine Grenzen. Sie würden immer neue Kriege anzetteln, bis zum eigenen Untergang. Und Ash Berger war mitten drin, ein kleines Rädchen im großen Getriebe, das nur überleben wollte.

»Wie weit ist es noch bis zum Ziel?«, erkundigte er sich bei Aleks Buurkhard, der den Shift steuerte. Buurkhard war ein knapp 18-jähriger Frischling aus Redhorse Point, Sohn reicher Plophoser, der Orden sammeln wollte.

»Noch ein bis zwei Kilometer«, antwortete der Pilot.

Plötzlich gab es einige Explosionen in der Luft. Zwei benachbarte Shifts waren getroffen worden und zerplatzten.

»Geschützfeuer! Wir sind wohl schon da, du Knalltüte!«, herrschte Berger Buurkhard an.

»Sofort tiefer gehen und Feuer erwidern«, rief Berger.

Buurkhard tat wie ihm geheißen und ging runter. Sie befanden sich mitten im Inferno. Unter ihnen befanden sich Geschützstellungen der Skoars, die die angreifenden Shifts unter Feuer nahmen. Die Flugpanzer erwiderten das Feuer und säten Tod und Verderben unter den Verteidigern. Plötzlich wurde Bergers Shift von einem Ruck getroffen. Einige Soldaten fielen von ihren Sitzen.

»Wie oft habe ich gesagt, ihr sollt euch anschnallen, ihr Idioten!«, rief Berger ihnen zu.

»Wir sind getroffen. Triebwerk Eins ist ausgefallen!«, meldete Buurkhard aufgeregt.

»Dann geh runter. Wir müssen notlanden«, entschied Berger.

»Was ist los?«, erkundigte sich Glaus Siebenpack beunruhigt.

»Wir machen eine Bruchlandung. Schnallt euch an und haltet euch fest, so gut ihr könnt.«

Während um sie herum die Schlacht tobte, steuerte Buurkhard den Shift durch das Feuer hindurch. Es gelang ihm, das Fluggerät bei einer nahe gelegenen Lichtung einigermaßen heil zu landen.

»Geschafft. Jetzt muss ich aber dringend pinkeln«, meinte Buurkhard allen Ernstes.

»Warte, wir müssen uns erst umsehen«, ermahnte Ash Berger ihn.

»Kann nicht mehr warten«, entgegnete Buurkhard und öffnete das Schott. Als er hinaustrat, schien alles friedlich. Der Kampf tobte einige hundert Meter weiter.

Buurkhard sah sich hastig um, dann beschäftigte ihn der immer unerträglicher werdende Drang in seiner Blase.

Er deaktivierte den Schutzschirm seines Kampfanzuges und öffnete seine Kombination.

»Komm her, du Idiot, sonst knallen sie dich ab«, rief Berger. Siebenpack wollte zu Buurkhard rennen, um ihn zu holen, doch Ash hielt ihn zurück. »Der ist es nicht wert. Hier sind bestimmt Scharfschützen.«

Buurkhard öffnete seine Hose und entleerte sich. Ein Gefühl der Erleichterung stellte sich ein, das wie weggewischt verschwand, als er drei vierarmige, schwarzhäutige Wesen in braunen Uniformen auf sich zustürmen sah. Entsetzt wollte Buurkhard in den Shift zurückrennen, doch er stolperte über seine heruntergelassene Hose. Blitzschnell waren zwei Skoars über ihm und schlugen mit den Kolben ihrer Thermostrahler auf ihn ein. Buurkhard schrie gellend auf vor Schmerz.

Berger und die anderen Shift-Soldaten stürmten nun doch heraus und eröffneten das Feuer auf die Angreifer. Mittlerweile standen sie etwa zehn Skoars gegenüber. Die Terraner eröffneten das Feuer und schossen alle nieder, wobei auch zwei von ihnen erschossen wurden.

»Waren das alle?«, fragte Siebenpack sorgenvoll.

Berger wollte die Frage bejahen, als er hinter Siebenpack ein Skoar erblickte, der seinen Strahler auf ihn anlegte.

»Runter, Glaus!«, schrie Berger.

Siebenpack reagiert sofort und warf sich zu Boden. Berger schoss den Skoar nieder.

Dann half Ash Berger seinem Freund wieder auf.

»Danke«, sagte Siebenpack atemlos.

Berger winkte ab und ging zu Buurkhard, der blutüberströmt an Boden lag. Die Skoars hatten ihm den Schädel eingeschlagen.

»Ist er tot?«, fragte Siebenpack beklommen.

»Ja«, antwortete Berger mit belegter Stimme.

»Schrecklich. Hört das denn nie auf?«

»Es fängt gerade erst an«, meinte Ash.

*

Gegen Abend war die Schlacht zugunsten des Quarteriums entschieden. Die Abwehrstellung der Skoars war durchbrochen worden, wenn auch unter unverhältnismäßig hohen Verlusten, und der Vormarsch der quarterialen Truppen ging weiter.

Während die Terraner und Arkoniden mit Pompeo Posar beschäftigt waren, nahm die Flotte der Bestien Kurs auf den Nachbarplaneten Kliban. Pompeo Posar war eher ein Agrarplanet, doch auf Kliban befanden sich die Industrieanlagen der Okefenokees. Mittlerweile war auch Torsor mit seiner Streitmacht angekommen. Somit hatten sich beide Flottengruppen einstweilen vereinigt, um massiv gegen Pompeo Posar und Kliban vorzugehen.

Zunächst befahl Torsor ein rücksichtsloses Bombardement des Planeten. Tausende von DOLANs schwärmten über Kliban aus und verwandelten die Welt in ein flammendes Inferno. Trotz erbitterter Gegenwehr versank eine Stadt nach der anderen in Schutt und Asche. Sämtliche Industriekomplexe und Abwehranlagen wurden zerstört.

Als dieses schaurige Werk getan war, landeten die Pelewon und Moogh mit Bodentruppen auf dem Planeten, um unter den Überlebenden zu wüten. Torsor wollte blutige Rache nehmen für die jahrtausendelange Verfolgung und Unterdrückung. So ließ er es sich nicht nehmen, persönlich seine Truppen anzuführen. Er hatte zu lange auf diesem Augenblick gewartet, um ihn sich aus der Ferne anzusehen. Gegen die geballte Macht der Pelewon und Moogh waren die Verteidiger von Kliban machtlos. Die Bestien machten ihrem Namen alle Ehre: Das Leid unter den Dumfries, Skoars und Okefenokees war unbeschreiblich.

*

Beeindruckt von der blitzartigen Einnahme von Kliban durch die verbündeten Bestien begab sich Generalmarschall Toran Ebur hinunter nach Pompeo Posar, um sich dort mit Generaloberst Benington zu treffen und die Lage zu besprechen. Generalleutnant Wolf Linker und Oberst Henner Herker, die nun zu Beningtons Stab gehörten, waren ebenfalls anwesend.

»Meine Herren, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich mit dem bisherigen Verlauf der Kämpfe auf Pompeo Posar nicht zufrieden bin«, eröffnete er seinen erstaunten Offizieren.

»Aber, Herr Generalmarschall! Unser Brückenkopf ist bereits zweihundert Quadratkilometer groß und er wächst von Stunde zu Stunde, was nicht zuletzt meiner genialen Taktik zu verdanken ist«, verteidigte sich Alcanar Benington.

»Ihre Taktik in Ehren, Generaloberst, die Einnahme geht mir zu langsam voran. Die Bestien haben Kliban im Sturm genommen und den Planeten innerhalb kürzester Zeit unter Kontrolle gebracht«, erinnerte Ebur.

»Unsere Soldaten haben halt nicht die Mentalität von Bestien. Sie sind Terraner und Arkoniden«, räumte Generaloberst Linker ein.

»Dann sorgen Sie dafür, dass sie zu Bestien werden!«, herrschte Ebur ihn an. »Gnade ist gegenüber dem Feind unangebracht. Das Oberkommando des Quarteriums hat uns einen strikten Zeitplan vorgegeben, den wir zu erfüllen haben. Pompeo Posar ist nur eine Station auf dem Weg zu unserem totalen Sieg. Ich plane daher für den 27. September eine Großoffensive, die den restlichen Widerstand dieser jämmerlichen Kreaturen ein für alle Mal brechen wird. Von Ihnen erwarte ich strikte Umsetzung meiner Befehle und das Erreichen der vorgegebenen Ziele. Sie erhalten dafür alles, was Sie brauchen. Sie, Generaloberst Benington, können nun unter Beweis stellen, was für ein genialer Stratege Sie sind. Nutzen Sie diese Chance.«

Benington nickte dem Generalmarschall ergeben zu. Er war entschlossen, alles für den Sieg zu tun. Dazu war ihm jedes Mittel recht, denn er hoffte, eines Tages selbst Generalmarschall zu werden und Toran Eburs Posten einzunehmen.

*

Beningtons Vorbereitungen für die Offensive liefen auf Hochtouren und am 27. September begann der Großangriff mit massierten Luftangriffen und stundenlangem Trommelfeuer der Thermogeschütze. Danach folgte der Durchbruch mit 1.800 Panzern und Shifts durch die Linien der Verteidiger. Diesmal hatten die Skoars dem Angriff der quarterialen Streitkräfte nicht viel entgegenzusetzen. Der Wohnplanet der Okefenokees war einfach nicht gegen eine feindliche Bodenoffensive gerüstet.

Zu sehr hatten sich die Konstrukteure des Zentrums auf die Wirkung des blauen Zentrumsleuchtens und der blauen Kugeln verlassen. Die quarteriale Armada walzte sich brutal durch die Linien der Skoars und drang tief ins Hinterland ein. Auf Befehl von Generaloberst Benington wurden nur Gefangene gemacht, wenn sie wertvolle Informationen liefern konnten. Ansonsten hatte man sich nicht damit aufzuhalten.

Benington wollte den Feldzug so schnell wie möglich abschließen. Auf Zivilisten sollte keine Rücksicht genommen werden. Benington befahl Oberst Henner Herker, die über den ganzen Planeten verstreuten Wohnhäuser und Farmen der Okefenokees niederzubrennen, um jeden Widerstand im Keim zu ersticken. In Oberst Herker hatte Benington einen treuen Gefolgsmann, der bereit war, jeden seiner Befehle bedingungslos auszuführen.

*

Henner Herker sah zufrieden aus dem Cockpitfenster seines Shifts. Unter ihm stiegen dichte Rauchschwaden auf.

»Sehr schön. Aktion: Verbrannte Planeten, so werde ich diese Taktik nennen«, freute sich der Oberst.

»Die Einheimischen werden sich ebenfalls gut daran erinnern«, erwiderte Leutnant Gert Wissmer zynisch.

Aus seinen Schweinsaugen glotzte Henner Herker ihn böse an.

»Was soll das denn heißen?«, fragte er missmutig.

»Schon mal daran gedacht, dass dies ein Kriegsverbrechen ist, für das wir eines Tages bezahlen könnten?«

»Wieso das denn? Wir tun doch nur unsere Pflicht«, entgegnete Herker empört.

»Fragt sich nur, ob die Völker von M 87 das auch so sehen. Wehe uns, wenn wir diesen Krieg verlieren«, meinte Wissmer.

»Krieg verlieren! Das ist Wehrkraftzersetzung und Defi… Defilti… äh«, suchte Herker nach dem richten Wort.

»Defätismus«, half ihm Wissmer.

»Jawohl, genau das! Seien Sie froh, dass Sie so ein tüchtiger Offizier sind. In diesem Krieg, den wir selbstverständlich gewinnen werden, brauchen wir jeden Mann, selbst solche wie Sie. Und was die Okefenokees und die anderen Kretins angeht, werden die schon sehr bald nichts mehr zu melden haben«, ereiferte sich der Oberst.

Der Leutnant zog es vor zu schweigen. Er merkte, dass es keinen Sinn hatte, mit diesem Militaristen über Ethik und Moral zu diskutieren.

Einige Zeit später landete der Shift auf einer Farm der Okefenokees. Es standen dort bereits einige Shifts und Panzer. Zahlreiche Grautruppen hatten das Anwesen umstellt und führten mehrere Okefenokees ab. Zusammen mit Wissmer, Henner Wosslyn und Ace Blacktree stieg Oberst Herker aus und ging auf die Kolonne zu. Der Anführer der Grautruppen, ein massiger Pariczaner, eilte auf ihn zu und salutierte.

»Ich grüße Sie, Sir.«

»Rühren. Wie sieht’s aus?«, wollte Herker wissen.

»Wir haben in der Nähe eine Skoar-Division zerschlagen. Wir verfolgten einige Skoars bis hierher. Wir vermuten, dass diese Okefenokees ihnen Unterstützung gewährten«, berichtete der Sergeant.

»Was sollen wir mit ihnen machen?«

Henner Herker zuckte gleichgültig mit den Schultern.

»Umlegen, was sonst? Die Farm wird in Brand gesteckt. Ich verstehe gar nicht, warum Sie fragen.«

Gert Wissmer trat auf Herker zu.

»Augenblick mal! Das können Sie doch nicht tun. Wir wissen doch nicht einmal genau, ob sie sich schuldig gemacht haben. Wir müssen erst mal herausfinden, was genau los ist«, verlangte er von dem verdutzten Oberst, der ihn ansah, als sei er ein Geist.

»Befehl ist Befehl. Ich habe strikte Order von Generaloberst Benington, rigoros gegen Terroristen und Partisanen vorzugehen, und genau das werde ich auch tun.«

»Genau! Macht sie platt«, stimmte Henner Wosslyn zu.

Henner Herker lächelte freundlich.

»Daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen, Wissmer. Dieser Mann versteht wenigstens, dass ein Befehl ein Befehl ist.«

»Und wo ist unsere Eigenverantwortung? Verschonen Sie wenigstens die Frauen und Kinder.«

Oberst Herker schüttelte unwillig den Kopf.

»Kommt nicht in die Tüte. Erinnern Sie sich an den Vorfall mit den Bauern auf Beschryr? Damals waren wir viel zu gutmütig und schon hatten wir den Salat. Nochmal mache ich diesen Fehler nicht. Und wenn man so was einmal getan hat, dann kann man es auch immer wieder tun.«

Der Oberst wandte sich an Blacktree und Wosslyn.

»Sorgt dafür, dass mein Befehl ausgeführt wird. Anschließend gibt’s Mittagessen und dann fliegen wir weiter. Wir haben noch viel zu tun.«

Blacktree und Wosslyn nickten eifrig und ließen die gefangenen Okefenokees, etwa ein Dutzend, abführen. Gert Wissmer sah ihnen mitleidig nach. Er wünschte, er könnte etwas für sie tun.

*

Während auf Pompeo Posar noch die Kämpfe tobten, gelang es dem Quarterium, das Sternenportal weiträumig zu sichern und die letzten Gegenangriffe der Dumfries zurückzuschlagen. Die benachbarten Systeme wurden besetzt und die letzten Widerstandsnester ausgeräuchert. Das Quarterium hatte damit seinen Nachschubweg gesichert, doch Gal’Arn und seine kleine Truppe waren vom Nachschub aus der Milchstraße abgeschnitten. Lediglich eine Verbindung nach Siom Som bestand noch.

Am 1. Oktober 1306 NGZ reiste Cauthon Despair mit der EL CID durch das Sternenportal nach M 87. Mit seinem Flaggschiff kamen weitere 20.000 quarteriale Schlachtschiffe, die die Invasionsarmee verstärken sollten. Zu Despairs Leidwesen befand sich auch Peter de la Siniestro an Bord des Flaggschiffes. Sein Vater, der Emperador, hatte Despair ersucht, Peter auf die Inspektion mitzunehmen. Der seltsame Sohn des Emperadors litt darunter, dass er kein Kommando auf einem der Feldzüge bekommen hatte, was er seiner Inkompetenz zuzuschreiben hatte. Da er aber der Sohn des Emperadors war, wagte es niemand, ihm das zu sagen.

Cauthon Despair verzog unter seiner Maske das Gesicht, als er Peter in einer Gala-Uniform hereinstolzieren sah, die dem preußischen Offizierskorps des 18. Jahrhunderts nachempfunden war. Die Brückenbesatzung hatte sich schon an die seltsame Gestalt gewöhnt und nahm ihn kaum noch wahr, was Peter allerdings erst recht verärgerte.

»Ihr undisziplinierten Penner! Steht gefälligst stramm, wenn der Sohn des Emperadors die Brücke betritt!«, brüllte er die verdutzten Offiziere und Techniker an.

Die Crew, die gerade mit Überprüfungen und Berechnungen zu tun hatte, wollte dem Wunsch nachkommen, doch Cauthon Despair gebot dem Treiben Einhalt.

»Weitermachen«, befahl er.

Als die Besatzung wieder an ihre Arbeit ging, lief Peters Gesicht rot an. Wütend stapfte er auf den Silbernen Ritter zu.

»Was fällt Ihnen ein? Sie untergraben meine Autorität!«, herrschte er ihn an.

»Wir befinden uns auf feindlichem Territorium und können jeden Augenblick angegriffen werden. Die Wachsamkeit der Crew hat Priorität vor Ihren lächerlichen Allüren«, gab Despair kalt zurück.

»Allüren? Sind Sie verrückt? Die Crew ist schlaff und heruntergekommen. Sie muss dringend diszipliniert und gedrillt werden«, regte sich Peter de la Siniestro auf.

Sein Gekeife beeindruckte Despair wenig.

»Sie können Ihre Spielchen machen, wenn Sie wieder in Cartwheel sind. Solange Sie sich an Bord der EL CID befinden, hören Sie auf mein Kommando. Ich bin der Oberbefehlshaber, und wenn die Crew diszipliniert werden muss, dann nur von mir, ist das klar?«

»Das ist unerhört! Ich bin der Sohn des Emperadors und ein General. Ich verlange Respekt.«

Despair war sichtlich genervt. Seit Tagen hatte er Peter de la Siniestros Launen hingenommen. Nun reichte es dem Silbernen Ritter gründlich.

»Respekt vor so einem Karnevalsprinzen? Respekt muss man sich verdienen, Kleiner. Ihren Generalsrang haben Sie in der Erbschaftslotterie gewonnen«, höhnte er.

Peter wurde kreidebleich. Purer Hass stand in seinen Augen. Despair ahnte, dass er sich einen Todfeind geschaffen hatte, doch das war ihm egal.

»Dafür verlange ich Satisfaktion!«, schrie Peter mit sich überschlagender Stimme.

Er zog seinen Degen und ging auf den Silbernen Ritter los. Despair war überrascht, wich dann aber blitzschnell aus, sodass Peters Schlag ins Leere ging.

»Was soll der Quatsch? Nehmen Sie Vernunft an, Peter, stecken Sie den Säbel weg, bevor Sie sich damit weh tun«, befahl er de la Siniestro.

»Du hast wohl Angst, was? Wehre dich!«

Peter griff Despair erneut an. Dieser zog sein eigenes Schwert und wehrte Peter mühelos ab. Er wollte ihn nicht töten oder ernsthaft verletzen. Darum blieb Despair defensiv und wartete, bis der junge Mann einen Fehler machte. Und der kam schon sehr bald. De la Siniestro vernachlässigte seine Deckung und Despair schlug ihm seinen Säbel aus der Hand. Dabei kratzte seine Waffe die Haut von Peters Handrücken.

»Oh Gott! Blut! Vater, überall Blut!«, schrie der junge Mann wie von Sinnen und ging zu Boden, als sei er tödlich verwundet worden.

Despair steckte sein Schwert wieder ein und blickte mitleidig auf Peter hinab.

»Und Sie wollen ein General sein?«

De la Siniestro lag auf dem Boden und wimmerte kläglich.

»Bringt ihn auf die Krankenstation«, befahl Despair. Zwei Wachsoldaten hoben Peter auf und brachten ihn von der Brücke.

»Du wirst noch von mir hören, Despair! Das schwöre ich!«, ereiferte sich der Sohn des Emperadors und wand sich jammernd in den Händen seiner Träger.

Despair drehte sich um und beachtete ihn nicht weiter. Dennoch ärgerte er sich, dass er diesen Kasper mitgenommen hatte. Er hatte schließlich andere Sorgen. Der Feldzug in M 87 war von existenzieller Bedeutung für das Quarterium und musste so schnell wie möglich siegreich abgeschlossen werden.

*

In der Flotte der angekommenen 20.000 Raumschiffe befand sich ein unscheinbarer Kreuzer, der einen Passagier von hoher Bedeutung hatte: CIP-Oberstkommandeur Reynar Trybwater. Seine Aufgabe hatte er von Uwahn Jenmuhs persönlich erhalten: Er und seine Sondereinheiten hatten für die völlige Vernichtung der Okefenokees und der Konstrukteure des Zentrums zu sorgen. Auf Betreiben Torsors hatte die Führungsspitze des Quarteriums zugestimmt, diese Rasse völlig auszurotten, damit nie wieder eine Bedrohung für die Pelewons und ihre Verbündeten durch die Konstrukteure des Zentrums entstehen konnte. Dafür war jedes Mittel legitim, auch der Einsatz von Arkonbomben.

Einige Tage später suchte Trybwater die Generäle Benington und Linker auf, um mit ihnen über den weiteren Einsatz zu sprechen. Man traf sich in gemütlicher Runde bei Kaffee und Kuchen.

»Nun, meine Herren, wie weit sind Ihre Aktionen fortgeschritten?«, erkundigte er sich bei den Offizieren.

»Wir sind sehr zufrieden. Es geht ausgezeichnet voran«, meinte Benington. »Die Einnahme von Pompeo Posar ist nur noch eine Frage von Tagen, nicht wahr, Linker?«

»Allerdings, Herr Generaloberst«, stimmte Generalleutnant Linker ergeben zu.

»Freut mich zu hören«, sagte Trybwater zufrieden und nahm sich noch ein Stück Kuchen.

»Der Grund meiner Anwesenheit ist Folgender: Ich habe den Auftrag von höchster Stelle, die totale Entsorgung der Okefenokees und aller Konstrukteure des Zentrums vorzunehmen, sobald sie in unsere Hände fallen. Dazu brauche ich Ihre Mitarbeit.«

»Selbstverständlich können Sie auf uns zählen«, versicherte Benington enthusiastisch.

»Sehr schön. Beginnen wir mit Pompeo Posar. Wir werden in Kürze Entsorgungslager auf diesem Planeten einrichten. Sämtliche Gefangenen, derer Sie habhaft werden, sind dorthin zu überführen. Meine Behörde kümmert sich dann um ihre sachgerechte Entsorgung«, erklärte Trybwater, während er sich das nächste Stück Kuchen in den Mund schob.

»Allzu viele werden es wohl nicht sein, da ich Befehl gab, keine Gefangenen zu machen. Aber unsere Divisionsführer sind leider so humanistisch veranlagt, dass sie eben doch immer wieder welche festnehmen«, meinte Generaloberst Benington.

Trybwater winkte ab.

»Das macht nichts. Sollen die Soldaten ruhig glauben, dass alles in bester Ordnung ist. Wir kümmern uns dann schon um die Gefangenen. Das ist besser für die Moral der Truppe. Wir haben auch spezielle Methoden zu Leichenentsorgung, die hygienischer sind, als wenn man die Kadaver irgendwo verscharrt.«

»Können wir Ihnen sonst noch irgendwie helfen?«

»Ja, wenn wir das Entsorgungslager errichten, brauche ich einige Arbeitskräfte und Transportkapazitäten.«

»Kein Problem. Wird alles zur Verfügung gestellt, nicht wahr, Linker?«

Generalleutnant Linker war nicht ganz wohl bei dem Gespräch. Was hier erörtert wurde, war ganz offensichtlich ein gewaltiges Kriegsverbrechen und er war nun daran beteiligt. Sollte er eines Tages in Kriegsgefangenschaft geraten oder das Quarterium wider Erwarten den Krieg doch noch verlieren, konnte man ihn der Mittäterschaft anklagen. Das verursachte ihm Unbehagen. Doch Befehl war Befehl und Linker war viel zu feige, um sich den Anordnungen seiner Vorgesetzten zu widersetzen.

»Selbstverständlich, Herr Generaloberst«, antwortete er deshalb.

Reynar Trybwater verzog das Gesicht zu einem zynischen Grinsen.

»Darauf wollen wir uns einen Cognac genehmigen«, schlug er vor und goss drei Gläser voll.

»Prost, meine Herren.«

Als die drei ihre Gläser geleert hatten, fuhr Trybwater fort:

»Geklärt werden muss noch, wie die Okefenokees vom Nachbarplaneten Kliban entsorgt werden sollen. Da dieser Planet schon sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, müssen wir sie wohl nach Pompeo Posar transportieren.«

»Um den Planeten Kliban brauchen Sie sich nicht weiter zu kümmern«, grollte eine tiefe Stimme hinter Trybwater.

Als Trybwater und die beiden Generäle Torsor erkannten, der seinen fünfeinhalb Meter großen und dreieinhalb Meter breiten, grünschuppigen Körper durch den Eingang wuchtete, erhoben sie sich respektvoll. Unheilvoll glommen die roten Augen.

»Ich habe befohlen, eine Arkonbombe auf Kliban einzusetzen. Sie wird in diesem Moment gezündet«, verkündete der Führer der Bestien.

6. Oktober 1306 NGZ, Wheel-Center

Eilig schritt Gal’Arn zum Audienzsaal der Konstrukteure des Zentrums. Zum ersten Mal, seit der Ritter der Tiefe sich auf Wheel-Center befand, hatte der Oberste Konstrukteur Taruntur ihn um ein Gespräch ersucht. Deshalb befürchtete Gal’Arn, dass es schlecht um die Sache der Konstrukteure des Zentrums stand. Als er den Audienzsaal betrat, bemerkte er bereits, dass Tarunturs hochmütige Haltung, die er bislang an den Tag gelegt hatte, gewichen war. Anstatt auf seinem Thron zu sitzen, ging der Konstrukteur nervös hin und her.

»Gut, dass Sie gekommen sind«, sagte er anstelle der üblichen, förmlichen Begrüßung.

»Bislang hatte ich den Eindruck, dass Sie nicht sehr erfreut über meinen Rat waren«, gab der Ritter der Tiefe zurück.

»Ein Fehler, wie ich zugeben muss. Wir hätten Ihrem Rat mehr Beachtung schenken sollen.«

»Was ist geschehen?«, fragte Gal’Arn beunruhigt.

»Der Planet Kliban, die Nachbarwelt von Pompeo Posar und unsere wichtigste Industriewelt, wurde mit einer Arkonbombe zerstört. Die Bestien und das Quarterium haben die gesamte Bevölkerung des Planeten vernichtet«, berichtete Taruntur verstört.

Gal’Arn stöhnte auf.

»Bei den Kosmokraten! Ich hätte nicht gedacht, dass sie so weit gehen würden.«

Taruntur starrte den Ritter entsetzt an.

»Sie wollen unser Volk ausrotten. Zusammen mit dem Quarterium könnten die Bestien schaffen, was sie jahrtausendelang nicht vermochten. Wir haben uns zu sicher gefühlt und uns auf veraltete Waffen verlassen. Nun geht es um das Überleben unseres Volkes. Als Nächstes werden sie bestimmt Monol angreifen. Ohne die Verjüngungskur, die wir auf diesem Planeten erhalten, sind wir zum Aussterben verurteilt.«

»Ich fürchte, Sie haben recht. Monol wird ihr nächstes Ziel sein. Das ist die logische Konsequenz«, stimmte Gal’Arn zu.

»Bitte helfen Sie uns«, flehte Taruntur.

Zum ersten Mal empfand Gal’Arn Mitleid mit dem Konstrukteur, der anscheinend wirklich nicht mehr weiterwusste.

»Ich will tun, was in meiner Macht steht. Als Erstes muss Monol so gut wie möglich abgesichert werden.«

»Ich werde es sofort veranlassen. Was sollen wir auf Pompeo Posar tun? Der Feind hat bereits den halben Planeten besetzt.«

»Wir müssen so viele Okefenokees wie möglich evakuieren. Außerdem müssen wir das Quarterium so lange wie möglich dort aufhalten, damit die Verteidigung von Monol und Wheel-Center verstärkt werden kann«, riet Gal’Arn dem Konstrukteur.

»Außerdem möchte ich mir selbst ein Bild von der Lage machen. Kann ich nach Pompeo Posar fliegen?«

»Selbstverständlich, ich werde Seychul befehlen, mit Ihnen sofort nach Pompeo Posar aufzubrechen«, stimmte Taruntur zu.

*

Noch am selben Tag brachen Gal’Arn, Elyn und Jaktar gemeinsam mit Seychuls Flottenverband nach Pompeo Posar auf. Dort angekommen geriet der Flottenverband der Dumfries in ein Gefecht mit quarterialen Einheiten. Doch es gelang der TERSAL, zusammen mit Seychuls Flaggschiff und einigen anderen Einheiten, durchzubrechen und auf dem Planeten zu landen. Umgehend begab man sich in das Hauptquartier der Skoars. Ihr Oberbefehlshaber Irmoch begrüßte die Ankömmlinge und erstattete Bericht.

»Der Feind beherrscht bereits zwei Drittel des Planeten. Wir haben uns weitgehend auf den vierten Kontinent zurückgezogen, da seine Gebirge die besten Verteidigungsstellungen bieten. Leider konnten wir nicht alle Okefenokees rechtzeitig dorthin evakuieren. Die Feinde töten die meisten Zivilisten und stecken ihre Häuser in Brand. Diese Quarterialen wüten fast so schlimm wie die Bestien.«

»Das werden sie büßen. Wir werden Gleiches mit Gleichem vergelten«, zischte Seychul erbittert.

»Wir müssen zurückschlagen«, pflichtete Irmoch ihm bei.

»Die Anweisungen von Taruntur lauten anders. Die Bevölkerung von Pompeo Posar muss evakuiert werden. Dazu haben wir Transportschiffe mitgebracht. Bis alle Okefenokees evakuiert sind, müssen die Quarterialen aufgehalten werden. Danach ziehen sich die restlichen Streitkräfte nach Monol zurück«, erklärte Gal’Arn.

»Das gefällt mir nicht. Aber wir haben wohl keine andere Wahl«, meinte Irmoch.

»Könnt ihr die Quarterialen noch eine Zeit lang aufhalten? Es ist wichtig für die Verteidigungsvorbereitungen auf Monol.«

»Wir werden es versuchen. Ich arbeite eine Strategie aus, wie wir den Vormarsch des Feindes verlangsamen können«, erklärte Irmoch.

10. Oktober 1306 NGZ

Nach wie vor ging der Vormarsch der Quarterialen ungehindert weiter. Bereits drei Kontinente standen unter ihrer Kontrolle. Da sich die Verteidiger völlig auf den vierten Kontinent zurückgezogen hatten, ging ihr Vormarsch zügig voran. Nachdem man die drei eroberten Kontinente weitgehend gesichert hatte, setzten zehn Divisionen, darunter die XXXII. SHIFT-Division, auf den vierten Kontinent über. Sie sollten so schnell wie möglich einen Brückenkopf an der Küste errichten und weiter ins Landesinnere vorstoßen. Benington hatte es eilig. Er wollte Pompeo Posar unter Kontrolle haben, bevor Cauthon Despair erschien. Dabei vernachlässigte er die Vorsicht, die angeraten war, wenn man sich auf feindliches Territorium begab.

Ash Berger hatte den ganzen Vormarsch durch Pompeo Posar mitgemacht. Zusammen mit seiner Shift-Besatzung gehörte er nun zu einer Aufklärungs- und Meldeeinheit. Den Platz des getöteten Buurkhard hatte der gutmütige, beleibte Arny Pomme eingenommen, den Berger und Glaus Siebenpack schon aus ihrer Zeit aus Redhorse Point kannten. Berger war froh, wenigstens einen vernünftigen Mann mehr an Bord zu haben. In ungewöhnlich schnellem Tempo war die Division ins Landesinnere vorgestoßen. Im Gegensatz zu dem flachen, leicht hügeligen Land, das man bisher auf Pompeo Posar vorgefunden hatte, war das Gebiet, in dem sie sich nun befanden, gebirgig und mit vielen dichten Wäldern versehen. Berger gefiel das nicht. Warum nahm man keine Luftaufklärung mit Jagdmaschinen vor? Stattdessen bewegten sich die Shifts wie auf einem Präsentierteller. Anscheinend war man sich im Oberkommando seines Sieges schon sicher. Die Shifts rollten auf einem Waldweg weiter landeinwärts.

»Komisch, seit wir uns auf diesem Kontinent befinden, hatten wir noch gar keinen Feindkontakt. Wo sind die nur geblieben?«, fragte Arny Pomme ratlos.

»Wart’s nur ab. Der kommt früher, als es dir lieb ist, Dickerchen«, gab Ash Berger sarkastisch zurück.

»Diese Ruhe gefällt mir nicht«, meinte Glaus Siebenpack.

»Nee, mir auch nicht«, entgegnete Berger missmutig.

Berger nahm Kontakt zu seinem Vorgesetzten, Oberst Henner Herker auf, der sich mehrere Kilometer hinter ihnen befand. Sein unsympathisches Gesicht erschien auf dem Monitor.

»Was gibt es, Berger?«

»Ich bitte Herrn Oberst darauf aufmerksam machen zu dürfen, dass unsere Division derzeit ziemlich auseinander gezogen wurde. Bei einem Feindangriff könnten wir in Schwierigkeiten geraten. Daher bitte ich, die vordersten Einheiten solange anhalten zu dürfen, bis das Gros der Division eingetroffen ist.«

Herker schüttelte den Kopf.

»Kommt gar nicht in die Tüte. Wir haben den Befehl von höchster Stelle, so schnell wie möglich vorzudringen. Und ein Befehl von höchster Stelle ist niemals in Frage zu stellen, sondern wird ausgeführt, klar?«

»Und wenn wir angegriffen werden?«

»Wir sind Terraner! Wir sind besser als der Feind und werden ihn daher vernichten, falls er wirklich einen Angriff wagen sollte, was ich allerdings bezweifle. Wir haben den Krieg schon so gut wie gewonnen. Diese Unterwesen können doch gar nichts mehr gegen uns ausrichten. Die sind erledigt. Also rollen Sie weiter vor. Bleiben Sie am Boden und vernichten Sie alles, was sich Ihnen in den Weg stellt. Ende.«

Mit diesen Worten schaltete der Oberst ab. Ash Berger seufzte.

»Tolle Logik. Also seid wachsam, Leute. Ich habe irgendwie ein ungutes Gefühl«, sagte er zu seinen Männern.

»Ich aktiviere den Schutzschirm«, sagte Arny Pomme.

Kaum hatte der korpulente Soldat das gesagt, explodierte dicht neben ihnen ein Geschoss.

»Sie greifen an! Alarm an die gesamte Division!«, rief Berger.

Gleich darauf waren sie in einen heftigen Kampf verwickelt. In der Tarnung des dichten Waldes hatten die Skoars Geschützstellungen und Raketenwerfer eingerichtet, aus denen sie die Shifts unter Beschuss nahmen. Einige Shifts, deren Besatzungen nicht so wachsam waren wie Bergers, gingen in Flammen auf. Die Flugpanzer konnten im dichten Wald mehr schlecht als recht manövrieren. Dann griffen die Skoars mit Infanterie an. Auch die terranische Infanterie ging in Stellung. Kurz darauf war ein heftiger Kampf im Gange.

»Wir müssen zurück. Die kommen direkt auf uns zu«, rief Berger Arny Pomme zu.

Pomme wendete den Shift und fuhr zu den anderen. Plötzlich tauchte ein Offizier vor ihnen auf und stoppte sie. Es war Henner Wosslyn.

»Hier geblieben! Hier wird nicht getürmt. Alle Mann raus und in Stellung gehen!«, brüllte der Offizier die Soldaten an.

»Wir müssen zurück und uns mit den anderen Einheiten vereinigen. Nur so können wir sie aufhalten«, rief Berger Wosslyn zu, doch der grunzte nur unwillig.

»Kämpfen und siegen müssen wir, Mann! Wer flieht, wird von mir erschossen. Also los, geht in Stellung.«

Die Männer verließen den Shift. Nur Berger blieb und brachte das gepanzerte Fahrzeug in Stellung, sodass die Geschütze nun auf die Angreifer gerichtet waren. Dann nahm er die angreifenden Skoars unter Beschuss und dezimierte ihre Angriffsreihen. Doch der Feind kam von allen Seiten. Die XXXII. SHIFT-Division war von dem unerwarteten Angriff so überrascht, dass sie zunächst gar nicht reagieren konnte. Da die Fahrzeuge zu weit auseinandergezogen waren, gelang es den Skoars, sich zwischen die Kompanien zu drängen und sie voneinander zu trennen. Erste Einheiten wurden eingekesselt und aufgerieben. Es schien, als würden die Verteidiger von Pompeo Posar den Angreifern eine erste herbe Niederlage zufügen können.

*

Auf der Gegenseite beobachtete Gal’Arn das Geschehen. Der Tod so vieler Soldaten bei diesem Kampf erfüllte ihn mit Schmerz. Doch nur ein Gegenangriff konnte die vorwärts marschierende quarteriale Armada lange genug aufhalten, dass es gelingen konnte, so viele Okefenokees wie möglich von Pompeo Posar zu evakuieren.

Gal’Arn beobachtete mit einem Okular die Schlacht. In seiner Nähe wurde eine quarteriale Infanterieeinheit von den Skoars eingekesselt. Nach heftigem Kampf schwenkten die übrig gebliebenen terranischen Soldaten eine weiße Fahne, um sich zu ergeben. Sie warfen ihre Waffen fort und gingen mit erhobenen Händen auf die Skoars zu. Doch diese schossen die Wehrlosen einfach nieder. Erbost begab sich der Ritter der Tiefe zu Kommandant Seychul, der ebenfalls den Angriff beobachtete.

»Ihre Männer haben soeben gefangene Soldaten erschossen! Ich verlange, dass Sie dem Einhalt gebieten«, rief er dem Dumfrie wütend zu.

»Sie können verlangen, was Sie wollen, aber das wird nicht viel nützen. Ich selbst gab den Befehl dazu. Jeder tote Feind ist einer weniger, der uns schaden kann«, gab Seychul kalt zurück.

»Dann werde ich dem Einhalt gebieten. Taruntur gab mir Befehlsvollmacht.«

»Aber Taruntur ist weit weg. Und wenn Sie dazwischen gehen, könnte es sein, dass auch Sie von meinen Kriegern getötet werden – ganz aus Versehen natürlich«, erwiderte Seychul höhnisch.

Gal’Arn blickte den Dumfrie nur mitleidig an. Er ließ sich nicht einschüchtern. Er erblickte einen Dumfrie, der einen jungen terranischen Soldaten vor sich her trieb. Dann befahl er dem Gefangenen auf die Knie zu gehen, was dieser auch tat. Der Dumfrie richtete sein Gewehr auf den Kopf des Mannes.

»Nein!«, schrie Gal’Arn und rannte zu ihnen. Der Dumfrie sah ihn verständnislos an.

»Was willst du?«

»Verschone ihn. Man tötet keine Wehrlosen«, appellierte Gal’Arn an sein Ehrgefühl.

»Bitte lasst mich leben. Ich will noch nicht sterben«, jammerte der gefangene Soldat.

Den Dumfrie interessierte das herzlich wenig.

»Ich habe meine Befehle.«

Als der Dumfrie wieder auf den Gefangenen anlegte, ging Gal’Arn dazwischen und schlug den Soldaten nieder.

»Mach, dass du wegkommst. Schnell!«, rief Gal’Arn dem Soldaten zu.

»Danke«, sagte der Soldat noch, dann tauchte er im Gebüsch unter.

Kurz darauf kam ein sichtlich erzürnter Seychul auf Gal’Arn zu.

»Ich habe alles gesehen! Das ist Verrat!«, schnaubte er.

»Halten Sie sich an die ethischen Gesetze des Universums, Seychul. Sonst sind Sie nicht besser als die, die Sie bekämpfen«, gab Gal’Arn unbeeindruckt zurück.

Seychul musste sich sichtlich zusammennehmen, um Gal’Arn nicht einfach über den Haufen zu schießen.

»Nur weil Sie ein Bevollmächtigter von Taruntur sind, lasse ich Sie nicht verhaften und exekutieren. Aber ich fordere Sie hiermit auf, Pompeo Posar unverzüglich zu verlassen.«

Wut über diesen engstirnigen Dumfrie stieg in Gal’Arn auf. Doch er sah ein, dass es keinen Sinn hatte, mit einem verblendeten Militaristen zu diskutieren. Außerdem dachte er an Elyn und Jaktar, die in der TERSAL auf ihn warteten. Er wollte sie nicht in Gefahr bringen.

»Wie Sie wünschen. Da Sie meine Hilfe nicht wollen, verlasse ich Pompeo Posar.«

»Sehr vernünftig. Eine Eskorte wird Sie sicher zu Ihrem Schiff geleiten, damit Ihnen auch nichts geschieht«, sagte Seychul höhnisch.

Vier Dumfries nahmen Gal’Arn in die Mitte und brachten ihn zur TERSAL, wo ihn Elyn erwartete.

»Was ist geschehen?«, erkundigte sie sich besorgt.

»Wir sind hier nicht mehr erwünscht. Bei diesem totalen Krieg stören wir nur«, antwortete Gal’Arn bitter.

Kurz darauf startete die TERSAL und flog unbehelligt nach Wheel-Center zurück.

*

Zu den eingeschlossenen Einheiten des Quarteriums gehörten auch der Shift von Ash Berger und seinen Leuten. Ihre Einheit hatte sich weit vorn im Tross befunden und war bei dem plötzlichen Angriff der Skoars von den rückwärtigen Einheiten getrennt worden. Immerhin waren die meisten Shifts intakt geblieben, sodass man wenigstens noch über schwere Waffen verfügte.

Anderen Einheiten war es schlechter ergangen. Sie hatten gleich zu Beginn ihre Shifts eingebüßt und waren dann bis auf den letzten Mann von den Skoars und Dumfries niedergemacht worden. Bergers Einheit hatte es trotz Henner Wosslyn geschafft, eine gut zu verteidigende Stellung aufzubauen. Auch der bullige Wosslyn hing an seinem Leben und gestattete den Soldaten, sich zu einer Felsenhöhle zurückzuziehen. Das hatte den Vorteil, dass man nur von einer Seite angegriffen wurde. Da die Shifts ein zu leichtes Ziel für die Flugabwehr waren und keine Hilfe in den Höhlen boten, hatte man sie verlassen und alles Notwendige mitgenommen.

»Ist ja sehr gemütlich hier. Aber wir sollten uns hier nicht allzu lange ausruhen. Irgendwann kommen die auf die Idee, Artillerie gegen uns einzusetzen«, gab Arny Pomme zu bedenken.

»Da hast du recht. Ich fürchte nur, dass unsere Gastgeber uns vorher nicht gehen lassen werden«, erwiderte Ash Berger.

»Gehen? Niemand wird gehen!«, grölte Henner Wosslyn.

»Wir bleiben hier und halten die Stellung bis wir den Heldentod sterben oder Entsatz kommt«, befahl er.

Berger verzog unwillig das Gesicht. Das Letzte, was er in dieser Situation hören wollte, war pathetischen Unsinn. In einem Punkt gab er Wosslyn aber recht. Sie mussten hoffen, dass bald Entsatz von der XXXII. SHIFT-Division kam, sonst starben sie wirklich bald den Heldentod.

*

Die unerwartete Großoffensive der vereinigten Streitkräfte von Skoars und Dumfries brachte die terranisch-arkonidischen Streitkräfte in Bedrängnis. Auf dem ganzen Kontinent sahen sich die Quarterialen den Angriffen der Verteidiger ausgesetzt. Mehrere Divisionen waren aufgerieben worden, zu anderen hatte man die Verbindung verloren. Generaloberst Benington musste Generalmarschall Toran Ebur eingestehen, die Lage nicht mehr unter Kontrolle zu haben.

»Wir haben momentan Probleme, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir siegen. Arkoniden und Terraner sind diesen Unterwesen weit überlegen«, gab sich Benington zuversichtlich.

Toran Ebur winkte unwillig ab.

»So viel Zeit haben wir aber nicht. Wir müssen weiter nach Monol und Wheel-Center und dazu brauchen wir unsere Männer. Wir haben zu hohe Verluste bei diesem Angriff einstecken müssen. Der Zeitplan darf nicht gefährdet werden. Ich werde daher Torsor um Hilfe bitten«, entschied er.

»Aber …«, setzte Benington zum Widerspruch an, doch Ebur unterbrach ihn brüsk.

»Danke, Generaloberst, das reicht. Sorgen Sie dafür, dass wir nicht noch mehr Terrain verlieren, bis die Verstärkung eintrifft. Sie dürfen sich entfernen.«

Benington wagte keinen weiteren Widerspruch und verließ Toran Eburs Kabine an Bord dessen Flaggschiffes. Ebur setzte sich umgehend mit Torsor in Verbindung und schilderte ihm die Lage. Der Pelewon versprach sofortiges Eingreifen. Nun zog Ebur alle noch verfügbaren Grautruppen zusammen. Als die Bestien auf dem vierten Kontinent landeten, vereinigten sich die Grautruppen mit ihnen und marschierten gemeinsam gegen Stellungen der Skoars und Dumfries.

*

Mit voller Wucht traf die Gegenoffensive der Bestien auf die Verteidiger von Pompeo Posar. Kombinierte Luft- und Landstreitkräfte setzten die Skoars und Dumfries, die vielerorts in heftige Gefechte mit Arkoniden und Terranern verstrickt waren, gewaltig unter Druck. Mit rücksichtsloser Brutalität durchbrachen die vereinigten Bestien und Grautruppen die Frontlinien der Skoars, die diese zuvor so mühsam aufgebaut hatten.

Eine terranisch-arkonidische Division nach der anderen wurde entsetzt und schloss sich den Pelewon und Überschweren an. Die DOLANs der Bestien bombardierten das gesamte Hinterland. Dieser geballten Aggression konnten die Verteidiger von Pompeo Posar nichts mehr entgegensetzen.

*

Ash Berger und seine Kameraden standen noch immer im Kampf gegen die angreifenden Skoars. Diese wollten wenigstens noch diese Einheit vernichten, bevor sie aufgeben mussten. Immer wieder rannten die Skoars gegen die Höhle an, die die Terraner zur Verteidigungsstellung ausgebaut hatten. Dabei erlitten sie hohe Verluste. Doch auch die Terraner wurden immer weniger.

»Wenn unsere Leute nicht bald kommen, sind wir erledigt«, unkte Arny Pomme.

»Wir sind erst tot, wenn wir nicht mehr atmen«, gab Berger zurück und schoss einen angreifenden Skoar nieder. Diesem gelang es noch mit letzter Kraft, eine bereit gehaltene Thermogranate zu zünden. Es gab eine große Explosion. Berger sprang hinter einen Felsen in Deckung. Steine und Staub prasselten auf ihn nieder und verpufften an seinem Individualschirm. Doch der war nur noch bei zehn Prozent Energie.

Als Berger sich wieder aufrappelte, war es seltsam still. Doch nur einen Moment lang. Dann hörte er wieder Geschützfeuer. Doch dieses Geräusch kannte er nur zu gut. Es waren quarteriale Einheiten.

»Sieg! Sieg! Das sind unsere tapferen Jungs! Hurra, wir haben gewonnen!«, hörte Berger Henner Wosslyn grölen.

Tatsächlich zogen sich die Skoars zurück. Doch weit kamen sie nicht. Grautruppen nahmen sie unter Beschuss und machten sie allesamt nieder.

»Hörst du, Arny? Wir haben es mal wieder geschafft!«, rief Ash erleichtert. Doch er erhielt keine Antwort. Berger ging einige Schritte zurück und sah den korpulenten Soldaten regungslos auf dem Boden liegen. Sein Helm war aufgerissen. Aus einer hässlichen Wunde am Kopf blutete es. Die letzte Granate hatte ihn tödlich getroffen.

»Verdammte Scheiße«, murmelte Berger entsetzt.

*

Die Verteidiger hatten dem massiven Einsatz der Bestien nichts entgegenzusetzen. Nach ein paar Tagen hatten sie alle Geländegewinne wieder verloren und mussten sich tief ins Landesinnere zurückziehen. Doch diesmal ließ das Quarterium sie nicht zur Ruhe kommen und setzte unerbittlich nach. Pausenlos wurden Skoars, Dumfries und Okefenokees bombardiert.

Die Armeen der Skoars flohen in völliger Auflösung. Immerhin war es gelungen, zehntausende von Okefenokees nach Wheel-Center zu evakuieren. Schließlich wurde auch das unmöglich, da die DOLANs der Bestien die Raumhäfen zerstörten. Seychul konnte sich in letzter Minute in einem Raumjäger in Sicherheit bringen und auf sein Flaggschiff gelangen. Seine restlichen Streitkräfte mussten Pompeo Posar räumen. Der Rest der Verteidiger war dem Quarterium unbarmherzig ausgeliefert. Nach dem rigorosen Vorgehen der Skoars gegen Kriegsgefangene nahmen nun auch die terranischen und arkonidischen Soldaten keine Rücksicht mehr und töteten jeden Skoar, der ihnen in die Hände fiel. Die Verteidiger leisteten verzweifelten Widerstand, doch sie hatten keine Chance mehr.

Am 23. Oktober 1306 NGZ war Pompeo Posar in der Hand des Quarteriums. Der Sieg war teuer erkauft. 89.000 Quarteriale sowie 150.000 Skoars und Dumfries waren getötet worden.

Seit Beginn des Feldzugs waren Billionen von Einwohnern der Galaxis M 87 gestorben. Mehr als 43.000 Kampfschiffe hatten die Völker von Druithora verloren. Das Quarterium hatte den Verlust von 27.000 Schiffen zu beklagen. Der Blutzoll war hoch, doch die Zeichen standen auf Sieg für das Quarterium.

*

Cauthon Despair stand gedankenversunken auf der Kommandobrücke der EL CID, die sich in der Umlaufbahn von Pompeo Posar befand. Ab und zu flog ein Teilstück des zerstörten Planeten Kliban vorbei. Die Verluste des Quarteriums waren höher als erwartet. Doch nun gab es kein Zurück mehr. Despair war dies völlig klar. Man hatte alles auf eine Karte gesetzt und musste das Spiel nun gewinnen, indem dieser Feldzug so schnell wie möglich siegreich beendet würde. Despair plante daher nun den entscheidenden Angriff auf Monol und anschließend auf Wheel-Center. Wenn es gelang, diese Systeme einzunehmen, war der Krieg entschieden. Cauthon Despair war entschlossen, die Entscheidung herbeizuführen, egal wie hoch der Preis dafür war.

Diesen Kampf würde nur der Stärkste gewinnen und Despair war überzeugt, dass die Macht, die er verkörperte, am Ende die stärkste sein würde.

*

3. November 1306 NGZ

Seit mehr als zwei Monaten tobte der blutige Krieg in der Galaxis M 87. Es waren sehr erfolgreiche Monate für die quarterialen Streitkräfte gewesen. Sie hatten jeden Widerstand gebrochen, der sich ihnen entgegen stellte. Die Flotte der Dumfries hatte Niederlage um Niederlage einstecken müssen und sich immer weiter ins Innere der Galaxie zurückgezogen.

Ende Oktober fiel der strategische wichtige Planet Pompeo Posar in die Hände des Quarteriums. Die rachsüchtigen Pelewon hatten großen Anteil daran und wüteten ohne Gnade unter der einheimischen Bevölkerung. Doch der Vormarsch hatte auch eine Kehrseite: Die Verluste der Quarterialen, besonders unter den Terranern, nahmen zu. Denn je weiter man vordrang, desto verzweifelter und hartnäckiger wurde der Widerstand der Streitkräfte der Konstrukteure des Zentrums.

Dessen ungeachtet plante das Oberkommando des Quarteriums den finalen Schlag. Nach der Einnahme von Pompeo Posar nahm Cauthon Despair das Wheel-System ins Visier. Doch zunächst sollte die wichtige Welt Monol erobert werden.

*

Um das weitere Vorgehen zu besprechen, rief Cauthon Despair Generalmarschall Toran Ebur, Generaloberst Alcanar Benington und Torsor, den Anführer der Pelewon, zu sich an Bord der EL CID. Nach der kurzen Begrüßung kam Despair sofort zur Sache.

»Nun, meine Herren. Wann können Sie wieder angreifen?«

Toran Ebur blickte skeptisch drein.

»Wir müssen uns erst einmal wieder sammeln. Die Männer brauchen ein paar Tage Ruhe. Sie sind erschöpft«, wandte der Arkonide ein.

»Was wollen Ihre Männer wohl lieber sein? Erschöpft oder tot? Wir dürfen dem Feind keine Zeit lassen, seine Verteidigung zu organisieren. Dann werden unsere Verluste viel größer sein. Darum dürfen wir die Konstrukteure nicht zu Atem kommen lassen. Wir müssen angreifen, immer wieder angreifen!«, gab Despair mitleidlos zurück.

»Ganz meine Meinung«, stimmte Torsor zu.

»Sie haben leicht reden! Aber Tatsache ist, dass wir in den letzten zwei Monaten 30.000 Schiffe mit vielen guten Soldaten verloren haben. Die müssen ersetzt werden, wenn wir weiterhin erfolgreich operieren wollen«, protestierte Toran Ebur erbittert.

»Sie werden Verstärkung bekommen. So bald wie möglich«, versprach Cauthon Despair.

Doch insgeheim war sich Despair da nicht so sicher. Schließlich waren auch in den Estartu-Galaxien zahlreiche Streitkräfte des Quarteriums gebunden, die ebenfalls auf Nachschub warteten, und die Ressourcen des Quarteriums waren auch nicht unerschöpflich.

Zwar hätte man einige Flotten aus Cartwheel abziehen können, doch Despair wollte keinesfalls die Heimatgalaxis schutzlos zurücklassen. Andererseits war es von größter Wichtigkeit, den Feldzug in M 87 zu einem schnellen Ende zu bringen.

»Bis die Verstärkung eintrifft, müssen Sie mit dem auskommen, was an Menschen und Material vorhanden ist. Dieser Feldzug muss jedoch so schnell wie möglich beendet werden. Lange Ruhepausen sind nicht drin. Konzentrieren Sie Ihren nächsten großen Angriff auf die Konstrukteure des Zentrums selbst. Notfalls müssen sie alle vernichtet werden«, befahl der Quarteriumsmarschall.

»Wir Pelewon fürchten weder Kampf noch Tod. Wir werden die Speerspitze des Angriffs bilden«, gelobte Torsor.

Das wollte der eitle Generaloberst Benington nicht auf sich sitzen lassen.

»Das gilt selbstverständlich auch für meine Männer! Sie werden bis zum letzten Atemzug kämpfen und den Heldentod sterben oder siegreich an der Spitze stehen!«, ereiferte er sich pathetisch.

»Sehr gut, Generaloberst. Das ist die richtige Einstellung«, lobte Despair, obwohl er Benington nicht sonderlich schätzte. Dann warf er einen Blick auf die Sternenkarte. Es galt, den Angriff zu planen.

»Wie gehen wir nun am besten vor?«, fragte der Silberne Ritter.

Torsor trat einen Schritt vor.

»Als Nächstes greifen wir Monol an. Dort befinden sich die Regenerierungsanlagen der Konstrukteure des Zentrums. Sind diese erst einmal in unserer Hand oder gar zerstört, werden die Konstrukteure ihr jämmerliches Leben nicht mehr verlängern können. Das wird ihnen einen Schlag versetzen, von dem sie sich nie wieder erholen werden. Sie werden über kurz oder lang aussterben. Dann wird die Rache der Bestien vollkommen sein«, erklärte der Pelewon überzeugt.

Despair dachte kurz über den Vorschlag nach.

»Der Plan ist gut. Wenn wir wirklich die Anlagen auf Monol vernichten könnten, hätten wir sogar die Option, uns wieder aus M 87 zurückzuziehen – zumindest vorläufig.«

»Wenn wir dadurch den Feldzug verkürzen oder gar entscheiden können, dann sollten wir noch einmal alle Kräfte dafür mobilisieren und Monol angreifen«, meinte auch Generalmarschall Ebur.

»Bis wann können Sie frühestens mit dem Angriff beginnen?«, wollte Despair wissen.

»In etwa zehn bis vierzehn Tagen«, schätzte Ebur.

»Das ist zu lang. In einer Woche muss der Angriff auf Monol beginnen. Stichtag ist der 10. November 1306 NGZ«, befahl der Quarteriumsmarschall.

*

Sofort begannen die Befehlshaber mit den Angriffsvorbereitungen. Alle verfügbaren Streitkräfte der Raumflotte und der Bodentruppen wurden für den bevorstehenden Angriff auf Monol zusammengezogen.

Am 7. November 1306 NGZ versuchte eine Flotte von Dumfries-Schiffen eine Gegenoffensive auf Pompeo Posar durchzuführen. Dabei trafen die Dumfries jedoch genau auf die sich gerade sammelnden Flotteneinheiten der Quarterialen. Nach kurzem, aber heftigem Kampf mussten sich die Dumfries wieder geschlagen zurückziehen. Die Quarterialen erlitten erneut Verluste, die sich jedoch diesmal in Grenzen hielten.

Der Aufmarsch konnte weitergehen. Despair trieb noch einige Reserveeinheiten auf, die die Angreifer unterstützen sollten. Es gelang, für die bevorstehende Landung auf Monol etwa 30.000 Schiffe zusammenzustellen. Am Abend des 9. November 1306 NGZ waren die Angriffsvorbereitungen abgeschlossen. Cauthon Despair erteilte den Angriffsbefehl auf Monol für 1:01 Uhr am Morgen des 10. November.

Die Kristallhölle

Monol war ein sonnenloser, 18.713 Kilometer durchmessender Kristallplanet nahe des galaktischen Zentrums von M 87. Seine Materie bestand ausschließlich aus dem kristallinen Neo-Howalgonium. Die Schwerkraft des Planeten betrug 1,2 Gravo, die mittlere Temperatur der bodennahen Atmosphäre betrug im Durchschnitt 14 Grad Celsius. Seine Sauerstoffatmosphäre wurde durch einen Energieschirm festgehalten. Der Planet war absolut kugelförmig, da er keine Eigenrotation besaß.

Trotzdem war die Oberfläche Monols abwechslungsreich gestaltet. Weite Kristallebenen wechselten mit turmartigen Gebilden und Kristallgebirgen, Kristallwäldern und anderen Ausbildungen ab. Über dem Planeten standen riesige goldleuchtende Ringgebilde, die sogenannten Goldreif-Transmitter, die Objekte von beliebiger Größe zum blauen Zentrumsleuchten befördern konnten.

Diese Transmitterringe pulsierten ständig. Monol war im Sinne seiner Erschaffer eine planetengroße Station zur Umformung normalenergetischer Kräfte in hyperenergetische Energieformen. Hier kamen – von der absoluten Bewegung transportiert – die sargähnlichen Behälter mit toten Okefenokees an, die innerhalb der kristallinen Kegeltürme Monols einer sogenannten Biophysikalischen Hyperregenerierung unterzogen wurden.

Einst geriet Gucky, der Mausbiber bei einem Einsatz auf Monol versehentlich in einen solchen Regenerierungsturm und wurde dabei effektiv um 500 Jahre verjüngt. Um diese Regenerierungstürme ging es den Angreifern. Ihre Einnahme würde den Anfang vom Ende der Konstrukteure des Zentrums bedeuten.

Doch nicht nur die Einnahme der Regenerierungsanlagen von Monol war das taktische Ziel des quarterialen Oberkommandos, sondern auch die Eroberung der Transmitterstrecke, durch die man in den Internraum gelangen konnte. Es gab nur zwei Transmitterstrecken. Eine davon befand sich direkt bei der blauen Zentrumssonne, die andere eben auf Monol. Das steigerte Monols strategischen Wert noch einmal beträchtlich.

Doch das wussten auch die Verteidiger, die natürlich mit einem Angriff rechneten und in den vergangenen Tagen und Wochen alles getan hatten, um den Verteidigungsgürtel rund um den Planeten auszubauen. Die Konstrukteure des Zentrums hatten dort breitgefächerte Raumforts, Minenfelder und Schlachtschiffe postiert, um den bevorstehenden Angriff abzuwehren. Schon wenige Stunden nach Beginn des quarterialen Vormarsches prallten beide Seiten in voller Wucht aufeinander und es kam zur blutigen Schlacht.

Die großen quarterialen Schlachtschiffe sollten den Verteidigungsring aufbrechen. Doch dies erwies sich als schwieriger als gedacht. Der Widerstand der Dumfries war stärker als bisher. Die Konstrukteure des Zentrums hatten nun ihre Eliteeinheiten in Stellung gebracht, die sich ohne Rücksicht auf Verluste dem Gegner entgegenwarfen. Einzelne Schiffsverbände wurden eingesetzt, um die quarterialen Schiffe zu rammen. Zwar stellten sich die quarterialen Schlachtschiffe nach einiger Zeit auf diese Angriffe ein und konnten die meisten Schiffe auf Distanz halten, aber einige Jagdmaschinen kamen durch und richteten beträchtliche Schäden an.

Vierundzwanzig Stunden später war das ganze Monol-System ein einziges Schlachtfeld.

Es gelang den quarterialen Streitkräften nur langsam, vorwärts zu kommen. Immer neue Angriffswellen der Verteidiger von Monol stellten sich ihnen entgegen. Es gelang den Angreifern daher nicht, wie geplant dicht genug an den Kristallplaneten heranzukommen, um Landungsboote auszuschleusen und mit der Invasion zu beginnen.

Zunächst mussten die dicht gestaffelten Raumforts ausgeschaltet werden, was den Zeitplan der Quarterialen durcheinander brachte. Bevor sie die meisten dieser schwer bewaffneten Stützpunkte nicht ausgeschaltet hatten, war an eine Landung der Bodentruppen nicht zu denken. Bislang war es den Verteidigern jedoch gelungen, den Angriffen standzuhalten.

*

Je länger die Kriegshandlung dauerte, desto mehr wuchs die Ungeduld beim quarterialen Oberkommando. Besonders Torsor war mit dem Verlauf der Schlacht nicht zufrieden. Er suchte Cauthon Despair auf der EL CID auf.

»Der Angriff verläuft schwieriger als geplant. Ich ersuche daher um Genehmigung, Monol mit Hilfe einer Arkonbombe zu vernichten«, kam der Führer der Pelewon ohne Umschweife zur Sache.

Despair überlegte. Er war kein Freund davon, ganze Planeten zu zerstören, aber wenn man dadurch Menschen und Material sparen konnte, sollte man diese Möglichkeit erwägen.

»Also gut. Versuchen Sie es. Wie viele Arkonbomben stehen derzeit noch zur Verfügung?«

»Fünf«, antwortete Torsor knapp.

»Schicken Sie vier Ihrer Dolans los. Die letzte Bombe behalten wir als Reserve«, ordnete der Quarteriumsmarschall an.

Torsor nickte knapp und stampfte davon.

*

Kurze Zeit später rasten die vier Dolanraumer los und versuchten, gedeckt von den quarterialen Streitkräften, den Verteidigungsgürtel der Dumfries zu durchbrechen. Doch zwei Dolans wurden bereits im Anflug von der Salve der Raumforts getroffen und zerstört. Der dritte wurde manövrierunfähig geschossen und musste gesprengt werden, damit die Bombe nicht den Dumfries in die Hände fiel, die das Schiff bergen wollten. Das vierte Schiff konnte den Verteidigungsgürtel tatsächlich durchbrechen und raste auf Monol zu.

*

Cauthon Despair beobachtete zusammen mit Torsor, Benington und Toran Ebur den Verlauf der Schlacht.

»Drei Schiffe sind verloren gegangen. Das vierte befindet sich im Anflug auf Monol«, meldete ein Brückenoffizier.

»Das ist das Ende der Konstrukteure des Zentrums«, sagte Torsor triumphierend.

Despair schwieg. Dass schon so frühzeitig drei der vier Schiffe verlorenen gegangen waren, sprach nicht gerade für die Erfolgsaussichten des Unternehmens. Vielleicht hätte man länger mit dem Einsatz warten sollen. Doch die Verlockung, Menschen und Material schonen zu können, war für den Silbernen Ritter zu groß gewesen. Und nun gab es ohnehin kein Zurück mehr.

Einige Minuten vergingen, dann wandte sich Oberst Tantum mit betretener Miene zu ihm um und salutierte.

»Ja, Oberst?«, fragte Despair gespannt.

»Der vierte Dolan wurde soeben abgeschossen, kurz bevor er die Atmosphäre von Monol erreichen konnte«, meldete Tantum mit belegter Stimme. Er fürchtete, für seine Meldung bestraft zu werden.

»Danke, Oberst«, sagte der Quarteriumsmarschall nur.

Torsor stieß einen Fluch aus und ließ seine Fäuste auf den Konferenztisch niedergehen, der in zwei Teile zerbrach.

»Damit wäre dieser Plan wohl gescheitert«, stellte Despair emotionslos fest.

»Wir haben noch eine Bombe übrig. Lassen Sie mich selbst fliegen«, schlug Torsor vor.

»Kommt nicht in Frage. Sie sind viel zu wichtig, um in ein solches Himmelfahrtskommando zu gehen. Außerdem brauchen wir die verbliebene Arkonbombe als Reserve, bis wir neuen Nachschub bekommen. Wir machen mit unserem konventionellen Angriff weiter«, ordnete Despair an.

»Ja, Quarteriumsmarschall. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir durchbrechen«, versicherte Generaloberst Benington.

»Wir setzten unsere Reserven ein und verstärken den Einsatz der Jagdmaschinen und Bomber«, erklärte Toran Ebur.

*

Am nächsten Tag gelang es den quarterialen Streitkräften endlich voranzukommen. Der Einsatz der Jagdmaschinen vom Typ »Raumwespe« und der Bomber »Zecke« und »Feuerhornisse« machte sich für das Quarterium bezahlt. Die Raumforts der Dumfries waren auf diese wendigen Maschinen nicht eingestellt und erlitten hohe Verluste. Allmählich konnten die Angreifer eine größere Bresche in den Verteidigungsgürtel der Konstrukteure des Zentrums schlagen. Die ersten Bombardements auf Monol setzten ein. Der Planet rückte nun in die Reichweite der Landungsboote. Der Einsatz der Bodentruppen war nun nicht mehr fern.

*

Generalmarschall Toran Ebur informierte Cauthon Despair über den Stand der Dinge und bat, die Vorbereitungen für den Einsatz von Bodentruppen treffen zu dürfen. Der Quarteriumsmarschall willigte ein. Um den Truppen einen Besuch abzustatten, flog Despair auf die ARKON, wo sich die meisten der Eliteeinheiten aufhielten. Als der Silberne Ritter einen Rundgang durch den Hangar des Schiffes machte, bemerkte er ein bekanntes Gesicht.

»Halt, Soldat!«, befahl er dem Mann, der ängstlich zusammenzuckte.

»Nehmen Sie gefälligst Haltung an, Mann! Und nennen Sie mir Ihren Namen und Dienstgrad.«

Der junge Mann schlug die Hacken zusammen und salutierte.

»Korporal Krizan Bulrich, Sir. Zu Ihren Diensten.«

Cauthon Despair verzog das Gesicht unter seiner Maske.

»Wusste ich doch, dass ich Ihre dümmliche Visage von irgendwoher kenne. Was treiben Sie denn hier?«

»Ich diene als Meldeoffizier an Bord dieses Schiffes, Sir«, antwortete Bulrich gehorsam.

»Korporal, wie? Da haben Sie ja richtig Karriere gemacht. Nur weiter so, Bulrich«, sagte Despair voller Sarkasmus.

Krizan Bulrich schwieg betreten. Noch vor einigen Monaten gehörte er zu den Spitzenagenten der CIP. Zumindest glaubte er das von sich selbst. Als jedoch Joak Cascal den Häschern des Quarteriums entkommen konnte, war Bulrichs Karriere ruiniert und er konnte von Glück sagen, dass man ihn nur degradiert und an die Front nach M 87 geschickt hatte.

»Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich wissen. Sie kennen ja meine Fähigkeiten«, versuchte Bulrich sich bei dem Silbernen Ritter anzubiedern.

»Ja, die kenne ich in der Tat«, gab Despair, der Menschen wie Bulrich zutiefst verachtete, ironisch zurück.

Despair erinnerte sich wieder an Myrielle Gatto. Wie hätte er sie vergessen können? Seine geliebte Myrielle hatte ihr Leben auf Objursha verloren. Vielleicht war Bulrich sogar daran beteiligt gewesen. Sollte Despair dies irgendwann herausfinden, war Bulrich des Todes.

»Nun, zumindest könnten Sie sich nützlich machen, indem Sie mich ein bisschen herumführen.«

»Mit Vergnügen, Sir«, freute sich Bulrich, der sich sogleich Hoffnungen machte, sich Despair anbiedern und somit seine missliche Lage verbessern zu können.

Der Silberne Ritter durchschaute diese Absicht natürlich und es bereitete ihm viel Vergnügen, ein wenig mit Krizan Bulrich zu spielen.

Despair ließ sich von ihm durch die riesigen Hangars der ARKON führen und machte sich einen Spaß daraus, den schmierigen Ex-CIP-Agenten zu triezen und durch das Schiff zu scheuchen. Als sie in einen Hangar kamen, in dem zahlreiche Shifts verladen wurden, trat ein Offizier auf sie zu und salutierte respektvoll vor Despair.

»Sir! Oberst Henner Herker begrüßt Sie im Namen der XXXII. SHIFT-Division. Es ist eine große Ehre, mit Ihnen in ein und demselben Raum sein zu dürfen.«

Noch so ein Schleimer, dachte Despair genervt.

Doch die XXXII. SHIFT-Division gehörte zu den besten Einheiten des Quarteriums. Daher verdienten die Männer seinen Respekt.

»Ich weiß, dass es eine große Ehre ist. Und wenn Sie den Krieg überleben, können Sie noch in 50 oder 60 Jahren den TV-Sendern davon berichten«, gab Despair sarkastisch zurück, wurde dann aber wieder ernst.

»Ich habe schon viel Gutes von der XXXII. SHIFT-Division gehört. Sie gehört zu unseren besten Einheiten. Daher zählen wir auf Sie und Ihre Männer, wenn es in den entscheidenden Kampf um Monol geht.«

Henner Herkers Brust schwoll an vor Stolz.

»Das können Sie, Herr Quarteriumsmarschall. Unsere Division ist die Speerspitze im Kampf gegen den verhassten Feind. Unsere Verluste während dieses glorreichen Feldzugs waren hoch. Viele tapfere Männer starben den Heldentod, doch wir sind stolz, für das Vaterland kämpfen und sterben zu dürfen«, versicherte Henner Herker pathetisch.

»Das hört man gern. Der Kampf um Monol und M 87 wird noch hart werden, aber wenn wir diesen Kampf gewinnen, haben wir einen Sieg von entscheidender Bedeutung errungen«, meinte Despair überzeugt.

»Jawohl, Sir. Wir wissen, dass die Führung des Quarteriums in diesen entscheidenden Stunden des Kampfes auf uns blickt und sind bereit, bis zum letzten Mann, bis zum letzten Magazin und bis zum letzten Atemzug zu kämpfen.«

»Sehr gut, Oberst. Sicher können Sie noch Männer gebrauchen?«, fragte Despair und warf einen kurzen Blick auf Krizan Bulrich, der sich sichtlich langweilte.

»Aber immer, Herr Quarteriumsmarschall. Je mehr, desto besser«, versicherte Henner Herker.

Despair zeigte auf Krizan Bulrich.

»Zunächst kann ich Ihnen leider nur einen zuteilen. Korporal Krizan Bulrich hier ist aber einer unserer besten Männer. Er hat schon bei der CIP gearbeitet und freut sich nach der langen, strapaziösen Schreibtischtätigkeit schon auf einen Einsatz an vorderster Front.«

»Es ist mir eine Ehre, Ihrem Wunsch entsprechen zu dürfen, Sir«, sagte Oberst Herker, während Krizan Bulrich kreidebleich wurde.

»Aber, Sir, ich bin doch hier Meldeoffizier. Ich kann doch nicht so einfach weg von hier«, protestierte Bulrich zaghaft.

»Keine Sorge, ich regele das mit Ihren Vorgesetzten. Wir wollen Sie doch nicht davon abhalten, ein Held zu werden.«

Cauthon Despair grinste unter seine Maske und klopfte dem geschockten Korporal auf die Schulter.

»Wird schon schief gehen«, meinte der Silberne Ritter und ließ den fassungslosen Bulrich stehen.

*

Noch am selben Abend erhielt Krizan Bulrich, dank Despairs Intervention, seinen Marschbefehl und wurde der XXXII. SHIFT-Division zugeteilt. Er kam in die Gruppe von Ash Berger und traf dort auf Roppert Nakkhole und Glaus Siebenpack, die er von früher her kannte. Da er sonst niemanden dieser Truppe kannte, war er froh, wenigstens zwei vertraute Gesichter zu sehen.

»Hi, ihr zwei. Schaut mal wer da ist«, rief er Nakkhole und Siebenpack lässig zu.

Die beiden Angesprochenen reagierten wenig erfreut.

»Ach, dich gibt’s auch noch?«, erwiderte Nakkhole spöttisch.

»So groß ist das Universum. Aber doch nicht groß genug, um lästigen Bekannten zu entrinnen«, philosophierte Siebenpack.

»Cool bleiben, Jungs. Jetzt wo ich da bin, kann es nur noch besser werden«, meinte Bulrich von sich selbst überzeugt.

»Bei der CIP wollten sie dich wohl nicht mehr haben, Bulrich?«, wollte Nakkhole wissen.

Bulrich winkte lässig ab.

»Geheimauftrag. Mehr darf ich nicht sagen«, log er dreist und setzte ein wichtiges Gesicht dabei auf.

»Was ist denn das für ein Komiker?«, fragte Ash Berger unfreundlich.

»Das ist unsere Verstärkung. Krizan Bulrich, Staragent der CIP höchstpersönlich«, entgegnete Glaus Siebenpack sarkastisch.

Berger musterte Bulrich von Kopf bis Fuß und verzog unwillig das Gesicht. Er hatte kein gutes Gefühl bei diesem Mann und hielt ihn für einen unzuverlässigen, opportunistischen Karrieretypen, wie er ihm schon oft begegnet war.

»CIP, soso …«, murmelte Ash misstrauisch.

Siebenpack zog Berger aus Bulrichs Blickfeld und sagte mit gedämpfter Stimme: »Ich kenne diesen Kerl von früher. Besser du riskierst keine große Lippe, wenn Bulrich dabei ist. Der Typ würde seine eigene Großmutter anschwärzen, wenn es für ihn von Vorteil wäre.«

»Der sieht doch gar nicht so gefährlich aus. Würde ihn eher als ausgemachten Feigling einschätzen«, meinte Berger skeptisch.

»Das sind oft die Schlimmsten. Außerdem hat man ihn mit Cauthon Despair gesehen«, warnte Glaus Siebenpack.

Berger stieß beeindruckt einen Pfiff aus.

»Nicht übel. Aber warum sollte sich der großmächtige Quarteriumsmarschall für uns kleine Tranfunzeln von der XXXII. SHIFT-Division interessieren?«

»Weißt du, was in den Köpfen dieser Typen vor sich geht? Also ich, ehrlich gesagt, nicht.«

Berger nickte zustimmend.

»Da könntest du recht haben. Ich werde ein Auge auf den Kerl haben.«

Henner Herker gesellte sich dazu und klopfte Krizan Bulrich gönnerhaft auf die Schulter.

»Hört mal her, Leute! Ich möchte euch unseren neuen Kameraden vorstellen: Korporal Krizan Bulrich. Er hat sich auf Empfehlung von Quarteriumsmarschall Despair höchstpersönlich bei unserem Haufen gemeldet. Das empfinde ich als große Ehre. Darum werden wir heute Abend darauf anstoßen. Bier und Schnaps für alle!«, verkündete Herker, was den meisten seiner Leute ausgesprochen gut gefiel.

Auch Krizan Bulrich genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Die Aussicht, heute Abend einen draufmachen zu dürfen, machte ihn bei den meisten Männern beliebter. Am Abend gefiel sich Bulrich darin, die Fragen nach seiner Tätigkeit bei der CIP damit zu beantworten, dass seine Einsätze strikter Geheimhaltung unterlagen und er nicht darüber sprechen durfte, aus Gründen der intergalaktischen Sicherheit. Die Wahrheit über seinen Karriereverlauf verschwieg er wohlweislich.

Rittermissionen

Während sich die Kämpfe um Monol zuspitzten, suchten Gal’Arn und Elyn diese strategisch wichtige Welt auf, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Außerdem wollten sie Seychul, dem Oberkommandierenden der Dumfries-Streitkräfte, ihre Hilfe anbieten. Daher suchten sie ihn in seinem Hauptquartier auf, einem Kommandobunker an einem Kristallhügel, der sich direkt gegenüber einer der wichtigsten Regenerierungsstationen von Monol befand. Diese Station war zu einer Festung ausgebaut worden. Jaktar, Gal’Arns Orbiter, blieb mit der TERSAL in einem abgelegenen Kristalltal zurück. Die beiden mussten jedoch einige Stunden warten, bis Seychul sie empfing. Als Gal’Arn und die Alyske vorgelassen wurden, schlug ihnen eisige Ablehnung entgegen.

»Was wollt ihr denn schon wieder?«, fragte der Dumfrie unhöflich.

Gal’Arn hatte schon befürchtet, dass Seychul ihnen die Auseinandersetzung auf Pompeo Posar nachtrug. Damals hatten sich der Ritter und Elyn für die Schonung von terranischen Kriegsgefangen eingesetzt und einem sogar zur Flucht verholfen, um ihn vor dem sicheren Tod zu retten. Der Oberbefehlshaber der Dumfries hatte jedoch für solche ethischen und humanitären Aspekte nichts übrig gehabt und die beiden barsch zurückgewiesen.

»Wir wollen unsere Differenzen beilegen und bieten unsere Hilfe an. Wir sind schließlich nach wie vor Verbündete«, erklärte der Ritter.

Seychul schnaubte verächtlich.

»Auf Verbündete, die sich mehr um das Wohlergehen des Feindes sorgen, als um das ihrer Bundesgenossen, kann ich getrost verzichten.«

»Für diese humanen Prinzipien kämpften wir stets und werden es auch weiterhin tun. Dies sollte jedoch kein Anlass sein, nicht zusammenzuarbeiten«, meinte Gal’Arn besonnen.

Der Dumfries-Kommandant winkte verächtlich ab.

»Humane Prinzipien! Dass ich nicht lache! Was haben die schon gebracht? Die Bestien und ihre Verbündeten scheren sich einen Dreck um humane Prinzipien.«

»Das ist kein Grund, genauso so erbarmungslos zu handeln, wie jene, die wir bekämpfen.«

»Pah! Wir in Druithora denken anders! Wir kämpfen seit vielen Jahrtausenden gegen die Bestien. Nur mit äußerster Härte hat man eine Chance, sie zu besiegen. Unsere Völker kämpfen um ihr nacktes Überleben und dazu ist jedes Mittel recht.«

»Auch um den Preis der Menschlichkeit?«, fragte Gal’Arn fassungslos.

»Wieso Menschlichkeit? Wir sind keine Menschen. Seid froh, dass ihr unter dem Schutz der Konstrukteure steht, sonst würde ich euch verhaften lassen. Leider kann ich euch nicht ausweisen, also tut, was ihr wollt. Aber bleibt mir und meinen Soldaten vom Leib. Und nun geht«, sagte der Dumfrie voller Verachtung.

Gal’Arn wollte noch etwas entgegnen, doch Elyn legte ihm eine Hand auf die Schulter.

»Es hat keinen Sinn. Wir sollten gehen«, meinte die Alyske.

Der Ritter der Tiefe sah ein, dass sie recht hatte.

»Ich hoffe, Sie überdenken Ihren Standpunkt noch einmal, Seychul«, sagte er noch zum Abschied, aber der Dumfrie antwortete nicht mehr.

Konsterniert verließen Gal’Arn und Elyn den Kommandobunker.

»Was machen wir nun?«, wollte die Alyske wissen.

»Wir bleiben. Wir fungieren als Beobachter. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, doch noch irgendwie zu helfen«, antwortete der Ritter der Tiefe.

Elyn war nicht sehr begeistert von diesem Plan, doch sie fügte sich dem Wunsch Gal’Arns.

Die Großoffensive

Am 23. November 1306 NGZ begannen die quarterialen Streitkräfte mit ihrer großen Landungsoffensive. Begonnen wurde sie mit einem massiven Angriff der Raumflotte, die zuvor noch einmal verstärkt worden war. Cauthon Despair war es gelungen, neue Trägerschiffe mit tausenden von Jägern und Bombern aufzubieten. Damit gelang es, eine größere Bresche in den Verteidigungsgürtel der Dumfries zu schlagen. Daraufhin begannen Landungsboote mit der Invasion. Doch einige der planetaren Abwehrbatterien waren noch intakt und schossen zahlreiche Landungsboote ab. Tausende quarteriale Soldaten verloren innerhalb weniger Minuten ihr Leben.

Doch dem Gros von 700.000 Mann und mehr als 10.000 Shift-Panzern gelang die Landung auf Monol. Damit war es dem Quarterium endlich gelungen, einen Brückenkopf auf diesem wichtigen Planeten zu errichten. Das war ein wichtiger Erfolg für das quarteriale Oberkommando und man war dort zuversichtlich, die Schlacht bald zugunsten des Quarteriums entscheiden zu können.

*

Die XXXII. SHIFT-Division stand wieder einmal im Brennpunkt des Geschehens. Kaum waren die Truppen gelandet, geriet sie auch schon unter Beschuss. Generaloberst Benington und Generalleutnant Linker errichteten in einem Shift ihr vorgeschobenes Quartier und machten sich mit der Lage vertraut. Auch Henner Herker und Gert Wissmer waren dabei.

»Wir haben festgestellt, woher der Beschuss kommt. In der Nähe befindet sich eine Station der Skoars«, berichtete Leutnant Wissmer.

»Verfügen die über Geschütze?«, wollte Wolf Linker wissen.

»Momentan haben sie einige leichte Geschütze im Einsatz.«

»Diese Station muss unbedingt ausgeschaltet werden, bevor die Skoars Verstärkung bekommen und sich einigeln können«, meinte Alcanar Benington, der wieder ganz in der Rolle des Feldherrn aufging.

»Ganz Ihrer Meinung, Sir«, stimmte Linker ergeben zu.

»Dann bereiten Sie einen Angriff vor. Die Station muss eingenommen werden«, befahl Benington hochtrabend.

»Jawohl, Herr Generaloberst!«

Linker wandte sich Oberst Henner Herker zu.

»Bereiten Sie mit Ihren Männern einen Angriff vor. Die Station muss eingenommen werden«, befahl Linker mit großer Geste.

Herker knallte die Hacken zusammen und salutierte.

»Jawohl, Herr Generalleutnant. Wir werden dieses Rattenloch ausräuchern.«

Gert Wissmer verdrehte unauffällig die Augen. Er fand dieses Benehmen einfach nur lächerlich. Er ahnte aber auch, dass er und seine Männer dies wieder ausbaden mussten.

*

Wenige Stunden später begann die XXXII. SHIFT-Division mit dem Angriff auf die Station. Sie wurden unterstützt von Jagdbombern, die die Station unter schweren Beschuss nahmen. Anschließend griffen die Shifts aus der Luft an und nahmen die Station mit ihren Bordkanonen unter Beschuss. Dabei wurde das, was von der Station noch übrig war, schließlich völlig zerstört. Oberst Herker ließ schließlich die Shifts landen und die Infanteristen ausschwärmen. In den Trümmern harrten immer noch einige Skoars aus, die hartnäckigen Widerstand leisteten. Unter der Führung von Gert Wissmer wurden die Skoars ausgeschaltet und die Ruinen der Station eingenommen.

Als alles vorbei war, schritten Benington und Linker erhobenen Hauptes durch die Trümmer und waren voller Stolz auf ihren »großen Sieg«. Den Hauptanteil hatten jedoch Gert Wissmer und Ash Berger, die dafür auch eine Belobigung und einen Orden von ihren Vorgesetzten erhielten, was Henner Herker wiederum nachgrade neidisch machte. Berger und Wissmer, die mit der Zeit eine Freundschaft entwickelt hatten, quittierten ihre Auszeichnung nur mit einem Achselzucken, denn der Krieg tobte weiter.

*

Immer mehr Brückenköpfe des Quarteriums waren auf Monol entstanden. Das Ziel des quarterialen Oberkommandos war es nun, diese möglichst rasch zu einer zusammenhängenden Front zu vereinigen. Dies wiederum versuchten die verteidigenden Dumfries und Skoars durch wütende Gegenangriffe zu verhindern.

*

Auch die XXXII. SHIFT-Division musste sich in ihrem Frontabschnitt wütender Angriffe von Skoars erwehren. Zur Unterstützung erhielt die Division eine Batterie mit Thermo-Geschützen. Allerdings fehlte es an Bedienpersonal, sodass Oberst Herker einige seiner Leute zur Bedienung der Geschütze abstellen musste.

Zu den ausgesuchten Leuten gehörte auch Glaus Siebenpack, da er bisher an Bord seines Shifts als Bordschütze gedient hatte. Henner Herker war der Meinung, dass sich die Bordschützen am besten als Artilleristen eigneten. Der Oberst drillte seine Leute und ließ sie stundenlang an den Geschützen üben, was er sichtlich genoss. Seine Männer verfluchten ihn dafür, doch Herkers Maßnahmen sollten sich als glücklich erweisen.

Mitten hinein in die Übung platzte ein Angriff der Skoars. Mehrere Salven schlugen im Lager der Quarterialen ein, das hinter einem sicher geglaubten Hügel errichtet worden war. In Panik rannten die meisten Soldaten umher und suchten ihre Waffen zusammen. Nur die Übungseinheit an ihren Geschützen war einsatzbereit. Da tauchten auch schon die ersten Schwebepanzer der Skoars auf. Hinter ihnen marschierten mehrere Kolonnen Infanterie. Es würde nur wenige Minuten dauern, bis sie das Lager erreicht hatten.

»Was sollen wir tun, Sir?«, fragte ein Soldat Henner Herker.

»Stellung halten, Mann! Bis zum letzten Atemzug kämpfen. Ich hole inzwischen Verstärkung und organisiere den Gegenangriff«, antwortete Herker seinen verdutzten Männern und machte, dass er in Höchstgeschwindigkeit davonkam.

»Was jetzt?«, fragte der ratlose Soldat.

Glaus Siebenpack trat einen Schritt vor.

»Ich übernehme das Kommando. Geht alle an eure Geschütze. Jetzt können wir zeigen, was wir gelernt haben!«, ordnete er an.

Siebenpacks Anweisungen brachte Bewegung in die Leute. Alle gingen auf ihre Posten. Keine Sekunde zu früh, denn schon näherten sich die Skoars und ihre Panzer bedrohlich.

»Ziele anvisieren!«, befahl Siebenpack, der das vorderste Geschütz übernahm.

Für jedes Thermogeschütz standen drei Mann zur Verfügung. Dank Herkers Drill wussten alle, was sie zu tun hatten. Die ersten Salven schlugen in ihrer Nähe ein, richteten aber keinen Schaden an.

»Sollen wir nicht feuern?«, fragte der Ladeschütze ungeduldig.

Siebenpack schüttelte den Kopf.

»Noch nicht. Noch fünfzig Meter rankommen lassen.«

Glaus Siebenpack bewahrte einen kühlen Kopf. Wenn sie zu früh feuerten und die Ziele verfehlten, würden sie die Skoars nicht mehr aufhalten können. Dazu waren sie schon zu dicht herangekommen. Die erste Salve musste sitzen.

Immer näher kam der Feind. Nur noch fünf Meter. Fünf – vier – drei – zwei – eins.

»Feuer!«, brüllte Siebenpack.

Alle Geschütze der Batterie feuerten ihre Salven ab und brachten die tödliche Fracht auf den Weg. Kurz darauf tobte das Inferno unter den Angreifern. Fast alle Salven hatten ihr Ziel getroffen. Mehrere Schwebepanzer standen in Flammen. Überall liefen Skoars wie brennende Fackeln umher. Ein schrecklicher Anblick für Siebenpack. Aber sie durften jetzt nicht nachgeben. Ihr aller Leben stand auf dem Spiel.

»Feuer!«, befahl Siebenpack und die nächste Salve wurde abgefeuert.

Wieder und wieder feuerten die Geschütze auf die angreifenden Panzer und Skoars, bis der Angriff völlig zusammengebrochen war. Nun kamen auch die Shifts heran, die den Rest besorgten. Erschöpft ließ sich Siebenpack auf dem Boden nieder. Diesen Tag würde er nie vergessen.

*

Der Vormarsch ging langsamer voran, als vom quarterialen Oberkommando erwartet. Die Verteidigung der Konstrukteure des Zentrums war auf Monol wesentlich stärker, als auf den vorher eingenommenen Planeten. Die Dumfries und Skoars hatten tief gestaffelte Verteidigungslinien angelegt, die von den quarterialen Bodentruppen immer wieder erst mühsam eingenommen werden mussten. Daher stattete Cauthon Despair Generaloberst Benington und Generalleutnant Linker einen Frontbesuch ab.

»Nun, wieso geht es so langsam voran?«, erkundigte sich der Silberne Ritter ungeduldig.

»Unsere Truppen kämpfen tapfer und drängen den Feind immer weiter zurück. Der Endsieg ist nur noch eine Frage der Zeit, Sir«, berichtete Alcanar Benington.

»Ihre Siege dauern mir aber entschieden zu lange, Benington. Wir haben noch keine einzige Regenerierungsstation eingenommen oder zerstört. Wir müssen noch mehr Druck auf die Konstrukteure des Zentrums ausüben. Wenn Monol fällt, brechen sie über kurz oder lang zusammen.«

»Selbstverständlich, Sir. Wir tun, was wir können. Doch selbst ich muss mit meinen Leuten haushalten. Unser Nachschub ist spärlich, doch der Feind kann nach wie vor seine Verstärkungen auf Monol landen.«

Despair nickte düster. In diesem Punkt musste er Benington leider recht geben.

»Unsere Flotte wird eine Blockade um Monol errichten. Das hat Vorrang vor allem anderen. Wenn der Feind keinen Nachschub mehr erhält, wird er früher oder später zusammenbrechen«, meinte der Silberne Ritter.

»In der Tat, Sir, das wird er. Ich bitte Sie nur noch um ein wenig Geduld. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir den Durchbruch erzielen und die Regenerierungsstationen einnehmen werden.«

»Außerdem könnten wir mehr Luftunterstützung gebrauchen«, traute sich Wolf Linker zu sagen. Benington warf ihm einen bitterbösen Blick zu, sodass der Generalleutnant schon bereute, überhaupt etwas gesagt zu haben. Doch Cauthon Despair erwies sich als einsichtig.

»Ich werde das veranlassen. Außerdem sorge ich dafür, dass weitere Verstärkungen für die Bodentruppen herangeführt werden. Die Entscheidung muss hier und jetzt herbeigeführt werden. Dafür soll uns jedes Mittel recht sein.«

»Jawohl, Sir!«, stimmten Benington und Linker im Chor zu und salutierten, als Cauthon Despair wieder in seine Space-Jet zurückkehrte und abflog.

Despair hielt Wort und zog alle verfügbaren Raumschiff-Einheiten zusammen, darunter 20.000 neue Einheiten der Bestien, um Monol einzukreisen und völlig abzuriegeln. Die letzten Raumforts wurden ausgeschaltet. Damit hatten die Quarterialen die Kontrolle über Monols Luftraum, was die Operation der Bodentruppen deutlich erleichterte. Die Konstrukteure des Zentrums versuchten ein paar Tage später mit einer Gegenoffensive, die Blockade zu durchbrechen, doch sie wurden von der quarterialen Flotte unter hohen Verlusten zurückgeschlagen. Damit waren die Streitkräfte der Dumfries und Skoars vom Nachschub abgeschnitten, was sich mit der Zeit fatal für sie auswirken musste.

*

Auf Monol hatten sich die Verteidiger weiter ins Landesinnere zurückgezogen. Die quarterialen Bodentruppen setzten nach und besetzten weite Teile des Planeten, die jedoch nicht von großem strategischen Wert waren. Am Abend des 18. Dezember 1306 NGZ erreichten die vordersten Verbände die erste Regenerierungsstation. Den sicheren Sieg vor Augen, befahl General Benington den Angriff für den Morgen des 19. Dezember.

Um fünf Uhr rückten die quarterialen Einheiten gegen die Station vor. Da General Benington sie unversehrt einnehmen wollte, verzichtete man auf ein Bombardement und den Einsatz der Artillerie. Die quarteriale Infanterie sollte die Station im Sturm nehmen. Zwei Infanteriedivisionen, unterstützt von Schwebepanzern, traten zum Angriff an.

Zunächst war der Widerstand nur gering. Als jedoch die ersten quarterialen Soldaten die Station erreicht hatten, brach die Hölle los. Aus gut getarnten Erdlöchern tauchten rings herum Skoars auf, die die quarterialen Angreifer sofort unter Feuer nahmen. Unterstützt wurden sie dabei von Energiegeschützen und plötzlich auftauchenden Schwebepanzern, die ein verheerendes Blutbad unter den Quarterialen anrichteten. Trotz heftiger Gegenwehr wurden beide Divisionen eingekesselt und bis zum Mittag aufgerieben. Nur wenigen Männern gelang es, sich bis zu den eigenen Linien durchzuschlagen.

Aus relativ sicherer Entfernung beobachteten Gal’Arn und Elyn das Geschehen. Der Ritter der Tiefe schüttelte ungläubig den Kopf.

»Es ist nicht zu fassen, wozu intelligente Lebewesen immer wieder imstande sind. Hört das denn nie auf?«

»Niemals«, meinte Elyn. »Es ist wie ein Naturgesetz. Immer wieder stoßen Völker zusammen, führen Krieg und zerstören alles, was sie sich zuvor mühsam aufgebaut haben. Ich fürchte, wenn das Quarterium siegt, ist dies erst der Anfang.«

»Und wir können nichts dagegen tun«, stellte Gal’Arn fest.

Die Alyske schüttelte den Kopf.

»Nichts. Wir können nur beobachten.«

Gal’Arns Kommunikator gab ein Signal. Jaktar meldete sich von der TERSAL aus.

»Ja, Jaktar? Was gibt es?«, fragte der Ritter seinen Orbiter.

»Ich wollte nur fragen, wie lange euer Besuch noch dauern soll. Ich möchte euch darauf aufmerksam machen, dass die Quarterialen eine Blockade rund um Monol errichten. Das heißt, wir sollten nicht mehr allzu lange mit unserer Abreise warten, zumal ich nicht sagen kann, wie lange ich hier noch sicher bin. Außerdem zeigt mein Ortungsschirm, dass sich starke feindliche Kräfte auf euch zu bewegen«, erklärte Jaktar.

»Sie wollen zur Regenerierungsstation«, stellte Elyn nüchtern fest.

»Bereite das Schiff auf einen Alarmstart vor und halte dich bereit. Die Schlacht geht in ihre entscheidende Phase. Wir beobachten, solange es uns möglich ist, dann brechen wir auf«, gab Gal’Arn an seinen Orbiter durch.

»Na hoffentlich. Bis dann, Ende«, verabschiedete sich Jaktar missmutig.

Als Gal’Arn abgeschaltet hatte, hörten sie einen gewaltigen Knall und die Erde wurde durch eine wuchtige Detonation erschüttert. Nur mit Mühe konnten sich der Ritter der Tiefe und die Alyske auf den Beinen halten.

»Der Kampf um die Station hat begonnen«, stellte Gal’Arn fest.

Der Ritter stellte beunruhigt fest, dass Jaktar recht hatte. Sie waren nicht mehr sicher hier.

*

»Vorwärts! Vorwärts, los!«, brüllte Henner Herker seinen Männern zu. Dann warf er eine Thermo-Handgranate nach vorn und feuerte johlend eine Salve aus seinem Thermostrahler ab. Seine Männer folgten ihm zu einer vorgeschobenen Stellung von Dumfries, überrannten sie und machten alle nieder. Krizan Bulrich hielt sich dabei – wie immer – in respektvoller Entfernung. Doch sobald die Gefahr vorüber war, stand er an der Seite Henner Herkers. Der Oberst grinste breit, als er die toten Dumfries betrachtete.

»Nur ein toter Dumfries ist ein guter Dumfries«, passte er verächtlich einen Spruch aus der Milchstraße an den Gegner an.

»Ja, Oberst. Bin ganz Ihrer Meinung«, stimmte Bulrich zu.

»Wie viele haben Sie schon umgelegt, Korporal?«, wollte Herker wissen.

Bulrich winkte gönnerhaft ab.

»Hab aufgehört zu zählen«, log er dreist.

Henner Herker lachte und klopfte dem Korporal freundlich auf die Schulter.

»Weiter so, Korporal. Dann sind Sie bald Sergeant.«

»Ja, Sir«, freute sich Bulrich.

Er beschloss, in Herkers Nähe zu bleiben. Wenn er es geschickt anfing, konnte er vielleicht bald wieder in den Rang eines Offiziers aufsteigen. Ihm war es schon einmal gelungen, Karriere zu machen. Warum nicht ein zweites Mal? Man musste nur die richtigen Leute kennen und den richtigen Posten haben, dann lebte man, selbst im Krieg oder gerade im Krieg, wie die Made im Speck.

Ace Blacktree und Henner Wosslyn, Henner Herkers alte Kameraden, kamen schnaufend herangelaufen.

»Nun, wie sieht es aus, Leute?«, erkundigte sich Herker bei seinen Freunden.

»Gar nicht so übel. Wir haben die Schildkröten schwer verdroschen und zurückgeschlagen«, grunzte Henner Wosslyn.

»Aber wir hatten auch Verluste. Ich hoffe, wir können die Stellungen halten«, meinte Ace Blacktree.

Henner Herker grinste nur.

»Keine Bange. Ich habe von Generaloberst Benington gehört, dass Verstärkung im Anmarsch ist. Pelewon-Infanterie! Damit durchbrechen wir jede Stellung. Dann ist der Sieg unser!«

*

In der Tat war es der quarterialen Flotte unterdessen gelungen, die Flotte der Konstrukteure des Zentrums endgültig aus dem Monol-System zu vertreiben. Damit war eine Vorentscheidung gefallen, denn die Verteidiger von Monol konnten fortan keinen Nachschub mehr erwarten. Daher konnte die Blockade gelockert werden. Stattdessen landete das Quarterium noch mehr Truppen auf Monol.

20.000 Bestien konnten nun für die Bodenoffensive gegen die Regenerierungsstationen eingesetzt werden. Die Quarterialen sammelten ihre Hauptstreitkräfte nun vor der Station, in der Seychul sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Es war die größte und wichtigste Station Monols. Hier sollte nun die Entscheidungsschlacht geschlagen werden.

Am Morgen des 21. Dezember begann die große Offensive. Stundenlanges Artilleriefeuer und Bombardement der Raumjäger bereiteten den Angriff vor. Je zehntausend Pelewon griffen die beiden Flanken der Dumfries und Skoars an, während die Shift-Divisionen mit der quarterialen Infanterie einen Frontalangriff durchführte. Schon nach kurzer Zeit gelang den Pelewon und Mooghs der Durchbruch. Binnen weniger Stunden war die Station eingekesselt.

*

Seychuls Lage war verzweifelt. Er befand sich mitten in der Falle. Die quarteriale Flotte hatte im Weltraum die Oberhand gewonnen und auf Monol selbst war der Kampf nicht mehr zu gewinnen. Für Seychul ging es nun nur noch um ein ehrenvolles Ende. Unwillig sah er, wie zwei ungeliebte Gäste hereingebracht wurden – Gal’Arn und Elyn.

»Was wollt ihr denn schon wieder?«, fragte der Dumfrie genervt.

»Wir bitten um Unterkunft. Draußen können wir nicht bleiben«, erklärte Gal’Arn.

»Pah! Eigentlich sollte ich euch hinausjagen! Aber es spielt keine Rolle mehr, ob ihr hier drinnen oder draußen krepiert. Hauptsache, ihr sterbt endlich«, fauchte Seychul.

»Das ist keineswegs unsere Absicht. Wir warten auf eine Gelegenheit, auf unser Schiff zu kommen«, entgegnete Elyn kühl.

Seychul wollte ihr eine scharfe Antwort erteilen, als er plötzlich stutzte und lauschte.

»Das Feuer hat aufgehört? Was bedeutet das?«

»Vielleicht wollen sie verhandeln«, meinte Gal’Arn.

Tatsächlich sollte der Ritter der Tiefe recht behalten. Eine Viertelstunde später wurde ein Parlamentär mit weißer Fahne hereingebracht. Nur weil Gal’Arn erklärt hatte, dass dies ein Zeichen des Friedens sei, wurde der Soldat nicht sofort umgebracht.

»Was wollt ihr von uns?«, fragte Seychul misstrauisch.

»Unser Generaloberst entbietet seine Grüße und fordert Sie auf, umgehend bedingungslos zu kapitulieren, da jeder weitere Widerstand sinnlos ist. Sie haben zwei Stunden Bedenkzeit«, erklärte der Soldat unbehaglich.

»Dazu brauche ich nicht mal zwei Minuten, du Wurm!«, schrie Seychul.

Zornig zog er seine Waffe und schoss den unbewaffneten Parlamentär nieder.

»Da hast du meine Antwort. Hackt ihn in Stücke und schickt die Einzelteile an seine Leute zurück. Das soll ihnen zeigen, was sie erwartet, wenn sie uns angreifen«, befahl der Dumfrie seinen Untergebenen.

»Einen Parlamentär zu töten, ist ein schweres Kriegsverbrechen«, sagte Gal’Arn aufgebracht.

»Ach wirklich? Das beeindruckt mich zutiefst«, spottete Seychul. »Und jetzt geht mir aus den Augen, sonst endet ihr noch wie der da.«

Der Ritter und die Alyske hielten es für ratsam, den Raum zu verlassen. Mit Seychul war kein vernünftiges Wort mehr zu reden. Der Dumfrie hatte mit seinem Leben abgeschlossen und wollte nur noch so viele Feinde wie möglich mit in den Tod nehmen.

»Bereitet den Transmitter zum Internraum zur Sprengung vor«, befahl der Dumfries-Kommandant seinem Adjutanten.

»Aber das ist die letzte Möglichkeit zu fliehen«, gab der Adjutant zu bedenken.

»Wir müssen sichergehen, dass der Feind diese Transportmöglichkeit nicht nutzen kann, um so in den Internraum zu gelangen. Das ist wichtiger als unser Leben, das ohnehin bald nicht mehr viel wert ist. Wenn die Bestien über M 87 herrschen, wird das Leben schlimmer sein als der Tod.«

*

Generaloberst Benington war außer sich vor Wut über die Ermordung des Parlamentärs. Er ließ die sterblichen Überreste des Soldaten seinen Männern präsentieren, um sie auf diese Weise anzustacheln, was ihm auch gelang. Das Entsetzen und die Empörung der Truppe über diese entsetzliche Tat war riesengroß. Um dem Feind keine Zeit zu geben, seine Verteidigung auszubauen, befahl Benington den Angriff auf die Station. Er betrachtete die Schlacht als persönliches Duell gegen Seychul und war entschlossen, die Oberhand zu gewinnen, egal wie viele Opfer es kostete.

Nach massivem Artilleriebeschuss, der schließlich zum Zusammenbruch des Schutzschirms der Station führte, schickte das Quarterium die Pelewon und Mooghs vor. Sie sollten in die Station eindringen, während die restlichen Quarterialen das Gelände um die Station herum säuberten. Trotz verzweifelter Gegenwehr durchbrachen die Bestien mit brachialer Gewalt die Linien der Verteidiger und drangen in den Bunker und den anliegenden Turm der Regenerierungsanlage ein.

*

Die dumpfe Explosion erschütterte die Kommandozentrale des Bunkers und Seychul begriff, dass die Schlacht nun endgültig verloren war. Es gab kein Entrinnen mehr. In einer Galaxis, die von den Bestien beherrscht wurde, wollte der Dumfrie ohnehin nicht mehr leben. Seinen Männern stellte er frei, durch die Seitenausgänge zu fliehen, um den Versuch zu unternehmen, sich durch die feindlichen Linien zu den eigenen, noch verbliebenen Einheiten durchzuschlagen. Etwa die Hälfte der eingeschlossenen Dumfries und Skoars entschloss sich, auf diese Weise den Bunker zu verlassen, der zu einer Todesfalle geworden war. Gal’Arn und Elyn, die bislang schweigend in einer Ecke ausgeharrt hatten, schlossen sich einem der Fluchttrupps an.

Minuten vergingen und der Kampflärm kam immer näher, dann verstummte er plötzlich. Seychul blickte seinen Adjutanten an.

»Ist alles vorbereitet?«

»Jawohl, Kommandant«, antwortete der Offizier ergeben und überreichte Seychul eine Fernsteuerung. Bevor der Dumfries-Kommandant etwas sagen konnte, erschütterte eine Detonation die Zentrale. Seychul nahm wahr, wie das Eingangsschott aufgesprengt wurde. Mehrere Dumfries wurden durch die Luft gewirbelt. Gleich darauf drangen einige Pelewon mit vorgehaltener Waffe in die Kommandozentrale ein. Doch anstatt wie Bestien zu toben, wie man es von ihnen erwartete, verhielten sie sich ruhig und abwartend. Offenbar hatten sie strikte Anweisung, die Kommandozentrale und den Transmitterraum unversehrt einzunehmen. Damit hatte Seychul gerechnet. Der vorderste Pelewon schritt drohend auf Seychul zu.

»Keine Bewegung oder ihr seid tot!«

»Das bin ich sowieso schon. Und ihr mit mir«, erwiderte der Dumfries-Kommandant gefasst.

Es waren seine letzten Worte. Er drückte auf den Auslöser der Fernsteuerung.

Ein greller Blitz war das letzte, was Seychul wahrnahm.

*

Gal’Arn und Elyn waren einem Stoßtrupp Dumfries gefolgt, die durch einen unterirdischen Tunnel an einen der Seiteneingänge des Bunkers gelangt waren. Zunächst gelang es den Schildkröten-Wesen, unbemerkt aus dem Bunker zu gelangen und einige hundert Meter zurückzulegen, doch dann wurden sie von quarterialen Soldaten entdeckt und unter Beschuss genommen. Daraufhin entbrannte ein heftiges Feuergefecht, in das auch Gal’Arn und Elyn gerieten. Als mehrere Thermo-Granaten einschlugen, sprangen die beiden – in verschiedene Richtungen – in Deckung.

Dann gab es eine gewaltige Explosion. Gal’Arn, der in einen Bombenkrater gesprungen war, wusste sofort, dass sie nicht von einer Granate herrührte. Der Bunker musste explodiert sein. Eine gewaltige Staubwolke breitete sich aus.

Mehrere Minuten verstrichen. Als sich die Staubwolke langsam lichtete, wagte sich der Ritter der Tiefe aus seiner Deckung und versuchte, etwas zu erkennen. Er sah, dass der Turm der Regenerierungsanlage zusammengestürzt war. Viele der kämpfenden Soldaten beider Seiten lagen unter den Trümmern begraben.

Was ist mit Elyn, schoss es ihm siedend heiß durch den Kopf. Beim Gedanken an die Alyske wurde ihm heiß und kalt. Mit klopfendem Herzen durchsuchte er die Trümmer. Doch er fand keine Spur der zierlichen Frau. Ihre Leiche konnte er auch nicht entdecken. Mit bebenden Händen machte er weiter, bis er von Weitem noch mehr quarteriale Soldaten herankommen sah. Gegen diese Übermacht hatte er keine Chance. Der Ritter der Tiefe beschloss, im naheliegenden Kristallwald unterzutauchen und sich zur TERSAL durchzuschlagen.

*

Elyn war von der Detonation durch die Luft gewirbelt worden und hatte für einige Zeit die Besinnung verloren. Doch die Alyske verfügte über eine starke Konstitution und war bald wieder auf den Beinen. Durch den dichten Rauch konnte sie nichts von Gal’Arn sehen und da feindliche Truppen in ihrer Nähe auftauchten, zog Elyn es vor zu verschwinden. Auch ihr Ziel war der nahe gelegene Kristallwald.

*

»Shit! Fuck! Shit! Fuck! Shit!«, grollte Henner Wosslyn wütend und sah auf seinen beschädigten Shift.

»Du wiederholst dich, Mann«, wies ihn Henner Herker zurecht.

»Das Ding ist manövrierunfähig. Was war das bloß für eine Explosion?«, wollte Wosslyn wissen.

»Was weiß denn ich? Bin ich ES? Wahrscheinlich ist die Station in die Luft geflogen«, vermutete Herker.

»So ’ne Scheiße«, gab Ace Blacktree seinen Senf dazu.

»Gib mir mal dein Okular«, verlangte der Oberst von Blacktree.

Der Leutnant reichte seinem Vorgesetzten den Feldstecher, mit dem Herker die Gegend absuchte. Plötzlich entdeckte er eine Gestalt, die genau auf sie zukam.

»Das gibt’s ja nicht. Da kommt ein Weibsstück direkt auf uns zu. Und ein ziemlich Geiles noch dazu«, sagte der Oberst amüsiert.

»Echt? Muss wohl eine von uns sein«, meinte Blacktree.

»Nein, trägt keine von unseren Uniformen. Möchte wissen, was die hier zu suchen hat. Los, die schnappen wir uns. Versteckt euch!«, befahl Herker seinen beiden Kumpanen. Die drei versteckten sich hinter den Bäumen des angrenzenden Waldes. Kurz darauf näherte sich Elyn vorsichtig dem herrenlosen Shift, der auf einer Lichtung stand. Als die Alyske den Flugpanzer untersuchen wollte, stürzten sich die drei Soldaten auf sie und umringten sie mit gezückten Waffen.

»Keine Bewegung!«, schrie Henner Herker.

Elyn streckte die Hände von sich.

»Ich bin unbewaffnet.«

»Wer bist du? Woher kommst du?«, wollte Henner Wosslyn wissen, doch die Alyske zog es vor, zu schweigen.

»Du gehörst doch garantiert zu diesem Aurec. Warum sonst sollte sich eine Humanoide hier auf Monol befinden? Sind noch mehr von deiner Sorte hier?«, fragte Herker. Doch Elyn schwieg weiter.

»Rede!«, grollte Henner Wosslyn und verpasste ihr einen Schlag, sodass sie zu Boden ging.

»Ich wüsste was Besseres, als sie zu schlagen«, meinte Ace Blacktree anzüglich.

Henner Herker lachte zustimmend.

»Da sie zu diesem Aurec gehört, ist sie eine Terroristin und somit Freiwild. Ich finde auch, wir sollten uns mit ihr amüsieren, bevor wir sie der CIP übergeben.«

»Ich will zuerst!«, rief Wosslyn lüstern.

»Kommt nicht in Frage«, lehnte Herker unwillig ab.

»Jetzt kehr bloß nicht den Vorgesetzten raus«, regte sich Wosslyn auf.

»Wir sind doch Freunde. Wir teilen sie uns«, schlug Blacktree vor.

Henner Herker glotzte seine Kumpels misstrauisch an, dann aber stimmte er zu.

»Okay, wir teilen. Das wird aber ausgelost.«

Damit waren Henner Wosslyn und Ace Blacktree einverstanden. Elyn musste sich still auf den Boden setzen, während die drei Soldaten um sie würfelten. Henner Wosslyn hatte die höchste Punktzahl.

»Ich habe gewonnen! Ich darf zuerst«, grunzte der Leutnant triumphierend.

*

Erst allmählich dämmerte es Elyn, was die drei Terraner mit ihr vorhatten. Entsetzen überfiel sie. Auf ihrer Heimatwelt kamen Vergewaltigungen gar nicht mehr vor. Sie konnte nicht glauben, dass die Terraner, die doch ein hoch stehendes Kulturvolk waren, zu so etwas fähig sein konnten. Doch die Blicke der drei Männer belehrte sie eines Besseren. In ihren Gesichtern stand lüsterne Gier geschrieben. Die Alyske versuchte sich zu beherrschen und ihre Furcht zu unterdrücken.

»Ich warne Sie! Ich bin nicht allein hier. Tun Sie nichts, was Ihnen später leid tut«, sagte sie ruhig und gefasst zu den drei Männern, obwohl es innerlich anders in ihr aussah. Doch die drei lachten sie nur aus. Sie fühlten sich ihr weit überlegen.

»Keine Sorge, was ich jetzt tue, tut mir bestimmt nicht leid«, höhnte Henner Wosslyn.

»Los, Henner, besorg’s ihr! Zeige ihr, dass du ein Mann bist«, stachelte Henner Herker seinen Kameraden an.

Elyn sprang auf und wollte wegrennen, doch Wosslyn holte sie ein und warf sie brutal zu Boden. Dann sprang er auf sie und wollte sie küssen. Elyn wurde übel von seinem schlechten, fauligen Atem und musste würgen. Verzweifelt versuchte sie sich zu wehren und schlug nach ihm.

Doch Wosslyn lachte nur darüber.

»Wehr dich ruhig, Tussi. Das macht mich noch mehr an«, grunzte er.

Entsetzt sah Elyn, wie der bullige Mann seine Hose öffnete und sein erregtes Geschlechtsteil herausholte. Da fiel ihr ein, dass sich in ihrem rechten Stiefel noch ein Energiemesser befand, dass sie dort für den Notfall versteckt hatte. Die drei Terraner hatten in ihrer Überheblichkeit versäumt, sie genau zu durchsuchen. Hastig griff Elyn nach dem Messer und zog es heraus. Sie zündete die Energieklinge und fuhr damit blitzschnell zwischen Wosslyns Beine. Wosslyn ließ abrupt von ihr ab und starrte ungläubig zwischen seine Beine.

»Huh?«, machte er nur. Dann bemerkte er, dass sein blutendes Geschlechtsteil auf dem Erdboden lag und er fing markerschütternd an zu schreien. Henner Herker und Ace Blacktree waren starr vor Schreck und von den Geschehnissen völlig überrascht. Tatenlos sahen sie zu, wie sich ihr Kamerad schreiend vor Schmerz und Schock hin und her wälzte.

Elyn wollte die Überraschung nutzen und sprang blitzschnell auf. Sie verpasste Ace Blacktree einen Tritt zwischen die Beine, durch den er röchelnd zu Boden ging. Doch Henner Herker hatte sich inzwischen wieder gefasst und griff Elyn an. Er verpasste ihr einen Schlag ins Gesicht. Die Alyske taumelte und verlor dabei ihr Energiemesser. Herker versetzte ihr einen weiteren Hieb, durch den sie zu Boden ging.

In Elyns Kopf drehte sich alles. Sie hatte nicht mehr die Kraft, einen weiteren Angriff abzuwehren. Oberst Herker hatte inzwischen seinen Nadler-Strahler gezogen und schoss auf sie. Ein Energiestrahl streifte sie am Oberarm. Die Alyske schrie schmerzerfüllt auf, was Herker zufrieden registrierte.

»Jetzt bist du dran, du Miststück«, zischte der Oberst und legte auf Elyn an. Bevor er jedoch abdrücken konnte, tauchte plötzlich aus dem Kristallwald eine Gestalt auf, die dem völlig überraschten Terraner einen Hieb verpasste und ihm die Waffe aus der Hand schlug. Elyn registrierte, dass es Gal’Arn war. Mit ein paar Hieben und Tritten überwältigte er den Oberst, sodass dieser bewusstlos liegen blieb. Dann wandte sich der Ritter der verwundeten Alyske zu.

»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sich Gal’Arn besorgt. Seine Waffe blieb auf den verzweifelt stöhnenden Wosslyn und den halb bewusstlosen Blacktree gerichtet.

»Das zu behaupten, wäre übertrieben. Aber es hätte schlimmer kommen können«, gab Elyn gefasst zurück. Sie hielt sich den schmerzenden Kopf und fühlte ihr Auge zuschwellen.

»Ich habe Jaktar gerufen. Er hat uns angepeilt und wird jeden Moment mit der TERSAL zu uns kommen«, erklärte Gal’Arn.

Der Ritter sollte recht behalten. Nur wenige Minuten später landete die TERSAL auf der Lichtung und nahm die beiden auf. Ohne weitere Verzögerung verließ das Schiff Monol. Dank Gal’Arns Flugkünsten gelang es der TERSAL, unbehelligt durch die Blockade zu kommen. Während Jaktar Elyns Wunde versorgte, nahm Gal’Arn Kurs auf Wheel-Center.

*

Nach dem Tod Seychuls und dem Fall der wichtigsten Abwehrstellung von Monol brach der Widerstand der Verteidiger mehr und mehr zusammen. Die Quarterialen warfen ihre Reserven in die Schlacht und besetzten weitere strategisch wichtige Punkte auf Monol. Sämtliche Regenerierungstürme wurden eingenommen oder zerstört.

Am 24. Dezember 1306 NGZ meldete Alcanar Benington seinem Vorgesetzten Cauthon Despair, dass sich der Planet fast vollständig in der Hand des Quarteriums befände. Nur noch einige vereinzelte, isolierte Widerstandsnester galt es zu säubern. Eine organisierte, zusammenhängende Front konnten die Dumfries und Skoars nicht mehr aufbieten. Die Reste ihrer Truppen hatten sich in die tiefen Kristallwälder zurückgezogen.

Auch Cauthon Despair hatte ein »Weihnachtsgeschenk« für seine Generäle. Die versprochene Verstärkung war eingetroffen. 20.000 neue Schiffe standen der Flotte zu Verfügung, die nun über insgesamt 76.000 Schlachtschiffe verfügte. Damit sollte der letzte Widerstand der Konstrukteure des Zentrums gebrochen werden.

Am gleichen Tag traf die TERSAL mit Gal’Arn, Jaktar und der wieder genesenen Elyn an Bord auf Wheel-Center ein. Nach den dramatischen Ereignissen auf Monol hatten die drei eingesehen, dass sie in M 87 nichts ausrichten konnten und dass es sinnvoller war, nach Etustar aufzubrechen. Dort würden sie mit mehr Unterstützung rechnen können. Gal’Arn ging noch einmal zu Taruntur, um diesen über den Stand der Dinge zu unterrichten.

»Wir haben so lange wie möglich auf Monol ausgeharrt und versucht zu helfen. Doch Seychul hat unsere Hilfe leider kategorisch abgelehnt. Er zog es vor, lieber zu sterben, als sich zurückzuziehen. Danach blieb uns keine andere Wahl, als von Monol zu fliehen. Das Quarterium hat den Planeten jetzt unter Kontrolle«, berichtete der Ritter der Tiefe kühl und sachlich.

Taruntur nickte nur schwach.

»Jaja, so ist das«, murmelte der Konstrukteur.

Gal’Arn befürchtete das Schlimmste für M 87. Die Konstrukteure des Zentrums waren der Invasion nervlich offenbar nicht gewachsen und konnten der modernen Kriegsführung des Quarteriums nichts Gleichwertiges entgegensetzen. Da seine Vorschläge bislang immer auf taube Ohren gestoßen waren, verzichtete er darauf, es laut auszusprechen.

»Angesichts der Lage tut es mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir der Ansicht sind, hier nichts mehr bewirken zu können und daher noch heute mit der TERSAL nach Etustar aufbrechen werden.«

Taruntur starrte Gal’Arn an, als wüsste er gar nicht, wer da überhaupt zu ihm sprach.

»Jaja, macht ja nichts. Wir sind sowieso am Ende. Was soll’s? Gute Reise und gehabt euch wohl.«

Gal’Arn registrierte, dass der Fall Monols Tarunturs Selbstbewusstsein schwer erschüttert hatte. Er befürchtete angesichts dieser Führung, dass M 87 verloren war. Der Ritter verneigte sich noch einmal und ging wortlos aus dem Audienzsaal. Nur wenige Stunden später verließ die TERSAL das Wheel-System und machte sich auf die Reise nach Etustar.

*

Am Abend des 27. Dezember 1306 NGZ fanden sich Torsor, Toran Ebur und Alcanar Benington bei Cauthon Despair auf der EL CID zur Lagebesprechung ein. Zuerst erstattete der General Bericht.

»Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Monol sich zu 99 Prozent in unserer Hand befindet. Alle Regenerierungsanlagen wurden eingenommen. Nur noch einzelne Widerstandsnester leisten hier und da Widerstand.«

Cauthon Despair nickte zufrieden.

»Gut gemacht, General.«

»Von diesem Schlag werden sich die Konstrukteure nie wieder erholen. Jetzt brechen wir ihnen das Genick«, frohlockte auch Torsor.

»Hoffentlich. Unsere Verluste waren hoch, zu hoch für meinen Geschmack«, meinte Despair.

Alcanar Benington winkte lässig ab.

»Soldaten sind zum Sterben da. Und das Material können wir ersetzen.«

»Richtig«, stimmte Toran Ebur zu.

»20.000 neue Schiffseinheiten samt Besatzung stehen zu Ihrer Verfügung, meine Herren«, erklärte Despair, dann zeigte er auf die im Holo vor ihnen aufleuchtende Sternenkarte von M 87.

»Unser nächstes und entscheidendes Ziel liegt nun vor uns: Das Wheel-System. Haben wir Wheel-Center eingenommen, ist der Feldzug beendet«, meinte der Silberne Ritter.

»Es wird das Ende und zugleich ein neuer Anfang werden. Die Zeit der Konstrukteure ist vorbei, die Zeit der Bestien hat begonnen«, sagte Torsor zuversichtlich.

Despair musterte alle seine Untergebenen eindringlich.

»Ich erteile hiermit den Befehl, sofort mit den Angriffsvorbereitungen zu beginnen. Fangen Sie noch heute damit an, unsere Eliteeinheiten von Monol abzuziehen und einzuschiffen.«

»An einigen Stellen wird noch gekämpft. Wir sollten warten, bis die letzten feindlichen Einheiten vernichtet worden sind«, gab Toran Ebur zu bedenken.

»Unwichtig. Einzelne Widerstandsnester sind bedeutungslos. Wenn wir erst einmal Wheel-Center erobert haben, ist ganz M 87 in unserer Hand. Ihre Leute haben anschließend genug Zeit, sich auszuruhen. Führen Sie meinen Befehl aus.«

»Ja, Sir.«

*

Am Morgen des 28. Dezember beobachtete Glaus Siebenpack die Gegend. Er genoss die Stille nach dem schrecklichen, unentwegten Kampflärm der letzten Wochen. Siebenpack bewunderte die Schönheit des angrenzenden Kristallwaldes. Zu seinem Leidwesen waren viele der Bäume zerstört oder beschädigt worden. Er fragte sich einmal mehr, welchen Sinn diese ganze Zerstörung haben sollte und was sie so weit weg von zuhause eigentlich zu suchen hatten. Auch fürchtete er, die Bewohner von M 87 würden sich eines Tages für die Zerstörung ihrer Heimatwelten an den Welten von Cartwheel rächen.

So war es schon vielen Eroberern ergangen in der unendlichen Geschichte des Universums. Siebenpack wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ein Truppentransporter von der gegenüberliegenden Lichtung abhob. Schon seit dem frühen Morgen wurde seine Batterie eingeladen und wieder zurück zur Flotte geflogen, wo dann der nächste Einsatz wartete. Die Männer waren sich sicher, dass das Wheel-System das nächste Ziel sein würde. Wann würde das endlich aufhören? Siebenpack wusste keine Antwort darauf. Sein Blick schweifte über die Landschaft. Nur noch drei Geschütze waren übrig. Sie warteten auf den nächsten Truppentransporter. Außerdem wollten Ash Berger und Gerd Wissmer mitkommen, die ein paar Kilometer weiter stationiert waren.

Während Glaus Siebenpack noch nachdachte, erstarrte er plötzlich. Dann griff er hastig nach seinem Okular. Aus dem angrenzenden Kristallwald tauchten plötzlich drei Dumfries-Schwebepanzer auf, flankiert von mehreren Skoar-Infanteristen. Wie war es möglich, dass die Aufklärung solch einen feindlichen Verband nicht bemerkt hatte? Bevor Siebenpack Alarm geben konnte, feuerte einer der Panzer auf ihre Stellung und landete einen Volltreffer. Eines der Thermogeschütze mitsamt seiner Besatzung wurde zerstört.

»Alarm! Alle Mann an die Geschütze!«, rief Siebenpack seinen Kameraden zu und eilte an seine Thermo-Kanone.

»Meldung an die XXXII. SHIFT-Division, dass wir angegriffen werden«, befahl er dem Funker.

»Wir haben kaum noch Munition. Ist doch schon alles verladen worden«, meldete ein Kanonier.

»Verdammter Mist! Da haben es wohl einige etwas zu eilig gehabt mit dem Siegen«, fluchte Siebenpack.

Kaum hatte der Soldat ausgesprochen, detonierte hundert Meter entfernt von ihm das zweite Geschütz. Jetzt war nur noch Siebenpacks Thermo-Geschütz übrig.

»Ziel anpeilen!«, befahl er dem Richtschützen, der die Anweisung umgehend befolgte.

»Ziel angepeilt«

Siebenpack setzte sich an das Geschütz und nahm einen der angreifenden Schwebepanzer ins Visier. Als der Panzer nahe genug war, feuerte er die Thermogranate ab, die gleich darauf im Ziel einschlug und den Panzer zerstörte.

»Laden!«, befahl Siebenpack seinen Leuten.

Ein weiterer feindlicher Schwebepanzer kam bedrohlich näher. Blitzschnell visierte Siebenpack ihn an und schoss erneut. Wieder landete er einen Volltreffer. Die umstehenden Skoars wurden durch die Luft geschleudert.

Siebenpack suchte die Gegend nach dem dritten Panzer ab. Wo war er geblieben?

»Haben Sie etwas von der XXXII. gehört?«, fragte er den Funker.

»Sie sind unterwegs«, antwortete dieser.

Erleichterung breitete sich in Siebenpack aus, die jedoch sogleich wieder in Entsetzen umschlug. Denn hinter ihnen tauchte wie aus dem Nichts der dritte Schwebepanzer auf. Die Dumfries und Skoars hatten ihn reingelegt. Während er die beiden angreifenden Panzer beschossen hatte, hatte der Dritte einen Umweg eingelegt und griff nun überraschend von hinten an.

»Geschütz drehen!«, rief Siebenpack, aber seine Männer verließen in Panik die Waffe. Doch sie kamen nicht weit. Hinter dem Panzer tauchten mehrere Skoars auf, die sie niederschossen.

Wie erstarrt blickte Siebenpack auf die massige Gestalt eines Skoar. Er war das Letzte, was er wahrnahm …

*

Einige Stunden später war auch der letzte Kampf auf Monol vorbei. Die XXXII. SHIFT-Division war eingetroffen und hatte die angreifenden Dumfries und Skoars vernichtend geschlagen. Damit war der letzte Widerstand auf Monol erloschen. Doch für Glaus Siebenpack und seine Kameraden kam die Hilfe zu spät. Sie waren alle gefallen.

Für Ash Berger und Gerd Wissmer, die den Gegenangriff geführt hatten, blieb nichts weiter zu tun, als die schrecklich zugerichtete Leiche Glaus Siebenpacks in Monols kristallinem Boden zu begraben. Unendlich weit weg von zu Hause. Berger, den sonst nichts so leicht erschütterte, war vom Tod seines Freundes sichtlich getroffen. Doch er konnte nichts mehr für ihn tun, als ihm die letzte Ehre zu erweisen.

Epilog

Glaus Siebenpacks Freunde betrauerten seinen Tod als eine Tragödie. Für das Oberkommando des Quarteriums war er nicht mal eine Randnotiz. Im Bericht an Cauthon Despair über die letzten Aktivitäten auf Monol hieß es:

28. November 1306 NGZ
An den Quarteriumsmarschall
Truppenverlegung von Monol zur quarterialen Flotte erfolgreich abgeschlossen. Truppen wie geplant einsatzbereit.
Letzte Scharmützel auf Monol zugunsten unserer Truppen erfolgreich abgeschlossen. Keine nennenswerten Verluste. Planet Monol unter vollständiger Kontrolle des Quarteriums.
Ansonsten keine neuen Vorkommnisse.

ENDE

Monol ist gefallen! Der Sieg der Bestien in M 87 steht kurz bevor. Im nächsten Heft wechselt die Handlung wieder nach Siom Som. Jürgen Freier schildert in Band 92 die weitere Entwicklung in den estartischen Galaxien. Wir begegnen den Bewohnern einer neuen, ungewöhnlichen Welt. Einer von ihnen ist

DER SPÄHER RIDERYONS

DORGON-Kommentar

So, es kam, wie es kommen musste, das Quarterium greift nach M 87 und niemand ist in der Lage, Siniestro und Co. zu stoppen. Auch die USO steht auf verlorenem Posten, die neue »Wunderwaffe« der durch das Semi-Transit-Feld geschützten PIRANHAs erweist sich, zumindest in massierten Raumschlachten, als wirkungslos. Die Waffenhilfe für die Konstrukteure des Zentrums wird zum Fiasko, die PIRANHA-Verbände werden weitgehend aufgerieben. Tausende von Mitgliedern der USO zahlen dafür mit ihrem Leben. Es bleibt zu hoffen, dass die USO- und LFT-Führung daraus ihre Lehren zieht.

Nun, wie wird es weitergehen? Gelingt es Torsor und Despair tatsächlich, den Völkermord an den Okefenokees und Konstrukteuren des Zentrums zu vollenden? Auf jeden Fall hat das Grauen in der Person von Niesewitz’ neuem Vertrauten Reynar Trybwater nach M 87 gegriffen, die Artenbestandsregulierung streckt ihre Klauen nach Druithora aus. So langsam frage ich mich tatsächlich, welche Rolle eigentlich die »Hohen Mächte« spielen. Die Kosmokraten und Superintelligenzen vom Schlage eines ES scheinen tatenlos zuzusehen, wie ein absolut negatives und teuflisches Regime Galaxis um Galaxis in den Untergang reißt. Wann wird es diesen »selbstgefälligen, angeblich positiven Mächten« eigentlich zu viel, wie viele Wesen müssen noch auf der Schlachtbank MODRORs und des Quarteriums geopfert werden, bevor sie sich genötigt sehen, dem Morden ein Ende zu machen? Oder sollte es tatsächlich so sein, dass MODROR quasi im Sinne der Kosmokraten und ihrer Helfershelfer handelt, indem er das intelligente Leben gnadenlos dezimiert?

Und nun wieder zu einem anderen Thema, das nicht von Mord und Totschlag geprägt ist.

In der heutigen Folge der Darstellung der modernen Kosmologie geht es darum, in wieweit Quantentheorie und Allgemeine Relativitätstheorie ausreichen, um den Kosmos zu beschreiben. Die Grenze der Gültigkeit der »normalen« vierdimensionalen Physik wird als Planck-Skala bezeichnet und bildet die theoretische Begründung der Notwendigkeit von Extradimensionen, wie sie von den Vertretern der Stringtheorien postuliert werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf die hauptsächliche Quelle unserer Ausführungen hinweisen, die in jedem Fall für alle, die sich näher für das Thema interessieren, der ideale Einstieg in die »höherdimensionalen Räume« darstellt. Mein besonderer Dank gilt Dr. Andreas Müller für seine umfassende und verständliche Darstellung der modernen Astro-Physik. Zu erreichen ist seine Website unter folgender Adresse:

www.spektrum.de/astrowissen/index.html

Jürgen Freier


Planck-Skala

Die Planck-Skala bildet eine fundamentale Skala in der Physik, die den Gültigkeitsbereich von Quantentheorie und Allgemeiner Relativitätstheorie absteckt und den Bereich neuer physikalischer Theorien, wie der Quantengravitation markiert. Der deutsche Physiker und »Vater der Quantentheorie« Max Planck wies bereits darauf hin, dass eine kritische Masse existiert, ab der eine Beschreibung mit Relativitätstheorie und Quantentheorie versagen muss. Seither nennt man diese kritische Masse die Planck-Masse (oder äquivalent Planck-Energie).

Formal folgt sie aus der Gleichsetzung der Gleichungen für den Gravitationsradius und der Compton-Wellenlänge. Anschaulich wird bei diesem kritischen Wert die Gravitation so stark wie die starke Wechselwirkung, es werden Quanteneffekte bei der Gravitation wichtig. Allgemeine Relativitätstheorie und Quantentheorie sind für sich genommen ab diesen Energien nicht mehr zur Beschreibung der Vorgänge in der Lage und eine Quantengravitation – eine quantisierte Gravitationstheorie – muss angewendet werden.

Zur Planck-Masse von 1,2 x 1019 GeV lassen sich entsprechende Werte für andere physikalische Größen ableiten.

Planck-Temperatur: 1,4 x 1032 K (verwendete Gleichung E = kT)

Planck-Länge: 1,6 x 10-35 m

Planck-Zeit: 5,4 x 10-44 s (Die Zeit, die das Licht für das Zurücklegen der Planck-Länge benötigt.)

Planck-Dichte: 1,3 x 1093 g/cm-3 (Planck-Masse in einer Kugel mit Radius der Planck-Länge.)


Die Planck-Skala teilt die Welt in Sub-Planck-Physik und Super-Planck-Physik. Die Stringtheorien postulieren die Existenz weiterer Dimensionen, die so genannten Extradimensionen, um das Hierarchie-Problem der vier fundamentalen Wechselwirkungen zu lösen. Die Extradimensionen sind – sollten sie tatsächlich existieren – kompaktifiziert (aufgerollt) und treten auf großen Raumskalen daher nicht in Erscheinung. Die Gravitation breitet sich jedoch in allen Dimensionen aus: den gewöhnlichen, nicht-kompaktifizierten und den kompaktifizierten. Dabei zeigt sich, dass zusätzliche Dimensionen die Planck-Masse herabsetzen. Dies nennt man reduzierte Planck-Skala. Eine aufregende Möglichkeit eröffnet sich nun, dies auch in modernen Teilchenbeschleunigern überprüfen zu können und die Extradimensionen zu zählen.

GLOSSAR

Dumfries

Der Dumfrie, des Dumfries, die Dumfries, dumfriesisch – dieses in der Galaxis M 87 beheimatete Intelligenzvolk wurde als Nachfolger der Skoars die Soldatenkaste innerhalb dieser streng hierarchisch geordneten Galaxis. Die Dumfries wirken wie aufrecht gehende Kröten, jedoch mit zwei nach Art der Haluter angeordneten Armpaaren. Der eigentliche Körper ist schwer, wuchtig und fast quadratisch, die beiden Beine kurz und stämmig. Auf kurzen Hälsen sitzen fast dreieckige Köpfe mit zwei stark seitlich angeordneten Froschaugen. Hände und Füße sind viergliedrig.

Der gesamte Rumpf der Dumfries wird von einem schweren, kristallinen Körperpanzer eingehüllt. Zusätzlich ist der Rücken durch eine Panzerschale geschützt, die, wie der übrige Körper, metallisch silberbraun schimmert. Die Einsatzkleidung der Dumfries besteht aus über Brust und Rücken gezogenen, breiten gekreuzten Gurten, die in Hüfthöhe an einen zwanzig Zentimeter breiten Allzweckgürtel anschließen. In dessen rundem Schloss befinden sich Kommunikationsgeräte. Darunter sitzt eine bis zu den Oberschenkeln reichende Hose. Lederähnliche Stiefel überziehen Füße und Waden bis zu den Kniegelenken.

Die Bewaffnung der Dumfries besteht in der Regel aus Kombistrahlern, die von lähmender Vibrationswirkung auf tödliche Hitzestrahlung umgeschaltet werden können. Alle Rangabzeichen der Soldatenkaste sind in die Gürtelschnalle eingeätzt.

Militär in M 87

Das Militär in M 87 setzt sich im Jahre 1305 NGZ aus zwei Völkern zusammen: dem Hauptkriegervolk der Dumfries, die das Oberkommando über die 200.000 Einheiten starke Flotte haben, und der Infanterie, der kampfkräftigen Skoar. Technologisch gesehen sind die Schiffe der »Druithora-Armee« vergleichbar mit den Schiffen der LFT vor einigen Jahrhunderten.

Okefenokees

Der Okefenokee, des Okefenokees, die Okefenokees – die Bewohner des Planeten Pompeo Posar sind die Herren des Scintilla-Systems. Die Okefenokees werden allgemein als die »Philosophen der Galaxis M 87« bezeichnet. Es sind intelligente Wesen, die nach Durchlaufen verschiedener Zivilisationsstadien ihren Herrschaftsbereich freiwillig auf das Scintilla-System beschränkten und eine Synthese von technischer und geistiger Zivilisation aufgebaut haben.

Auf ihrem Wohnplaneten Pompeo Posar gehen sie vorwiegend geistigen Beschäftigungen nach. Sie meditieren, indem sie sich mit einer Hand an Baumäste hängen, völlig in sich versinken und die Rätsel des universellen Seins auf philosophische Weise zu lösen trachten.

Im Rahmen der galaktischen Arbeitsteilung in M 87 genießen sie Sonderrechte: Weder sie selbst noch die übrigen Rassen dieser Galaxis wissen allerdings, dass ihre bevorzugte Stellung das Werk der Konstrukteure des Zentrums ist. Die Okefenokees sind ein Meter hohe, humanoide Zwerge mit schlecht proportionierten Körpern. Ihre Köpfe sind verhältnismäßig zu groß und kahl. Der Körperbau ist grazil und zart, die Haut bräunlich und faltig, die Nase stark nach oben gewölbt, wodurch ein äffischer Gesichtsausdruck entsteht. Die Ohren bestehen aus knorpelähnlichen Auswüchsen; die Augen sind groß und von suggestiver Ausdruckskraft. Im Unterschied zu den meisten anderen Rassen von M 87 besitzen die Okefenokees nur zwei Arme und Beine. Sie sind natürliche Teleporter mit einer »Sprungweite« von durchschnittlich 1500 Metern. Ihre teleportativen Fähigkeiten unterstützen sie mit technischen Hilfsmitteln, den sogenannten Paraportscheiben. Stirbt ein Okefenokee, wird sein Körper in einen flugfähigen Schrein gelegt, der das Scintilla-System verlässt und das Zentrum der Galaxis anfliegt, bis der Schrein von der Absoluten Bewegung erfasst und nach Monol gebracht wird.

Konstrukteure des Zentrums

Die mysteriösen Beherrscher der Galaxis M 87 werden kurz KdZ genannt. Sie entwickeln sich unmittelbar aus den Okefenokees, durchlaufen allerdings einen komplizierten Regenerierungs- und Modifizierungsprozess auf dem Planeten Monol. Wenn ein Okefenokee gestorben ist, werden dessen Überreste in einen sargähnlichen Behälter gebettet. Dabei handelt es sich um komplizierte Konservierungs- und Transportgeräte. Nach einem feierlichen Ritual werden die Behälter von der Absoluten Bewegung erfasst und nach Monol transportiert.

Am Ende der dort stattfindenden Biophysikalischen Hyperregenerierung steht die Wiedergeburt des Individuums. Der strukturgetreue Aufbau unter Ausschaltung negativer Umwelteinflüsse führt dazu, dass die zweitgeborenen Okefenokees keine hässlichen Zwerge mehr sind, sondern hochgewachsene Wesen mit optimalen Proportionen körperlicher und geistiger Eigenschaften.

Praktisch total verjüngt sind die ehemaligen Okefenokees nun zur verantwortungsvollen Herrscherrolle der Konstrukteure des Zentrums befähigt. Über eine golden leuchtende Transmitterstraße werden sie von der Oberfläche Monols zu den großen Transmitterringen über dem Kristallplaneten getragen und von dort aus in zwei Phasen in den Internraum des sogenannten blauen Zentrumsleuchtens von M 87 befördert. Über den Planeten Alpha-Schleuse gelangen sie schließlich in das künstlich angelegte Wheel-System, ihren eigentlichen Lebensbereich.


Die DORGON-Serie ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V. — Copyright © 1999-2017

Internet: www.proc.org & www.dorgon.netE-Mail: proc@proc.org

Postanschrift: PROC e. V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf

— Special-Edition Band 91, veröffentlicht am 23.01.2017 —

Titelillustration: Lothar Bauer • Innenillustration: Heiko Popp

Lektorat: Alexandra Trinley • Digitale Formate: René Spreer