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D O R G O N

Fan-Projekt des Perry Rhodan Online Clubs

 

MORDRED-ZYKLUS

Band 6

 

Nils Hirseland

Titelbild von Gaby Hylla

 

 

Die Saggittonen

Neue Freundschaften und gefährliche Feindschaften

 

Was bisher geschah

Im Oktober des Jahres 1285 NGZ bricht das Luxusraumschiff LONDON zu einer Kreuz-fahrt quer durch die Lokale Gruppe auf. Das neue Flaggschiff der Kosmischen Hanse soll das traditionsreiche terranische Unterneh-men zu neuem Glanz verhelfen.

Mit an Bord ist auch Perry Rhodan, der den bedeutenden Somer Sruel Allok Mok auf der LONDON für Camelot gewinnt. Zu den illustren Gästen zählt nicht nur die Familie der arkonidischen Orbanashols, sondern auch die Sekte »Die Kinder der Materie-quelle« unter der Führung von Vater Dannos.

Sie sind auf einer selbst ernannten kosmischen Mission und entführen die LONDON. Doch ihr »perfekter kosmischer Plan« scheitert, als ein fremdes Raumschiff auftaucht und die LONDON in die Galaxis M64 bringt. Es handelt sich um

DIE SAGGITTONEN …

Hauptpersonen

Perry Rhodan – Der Zellaktivatorträger muss um sein Leben kämpfen.

Rosan Orbanashol – Die junge Halbarkon-idin sagt sich endgültig von ihrer Familie los.

Wyll Nordment – Auch finstere Intrigen können den 1. Offizier der LONDON nicht von seiner großen Liebe trennen.

Sam – Der Somer wird zu einem wichtigen Helfer Perry Rhodans.

Aurec – Der Saggittone steht vor den Trümmern seines bisherigen Lebens.

Dolphus – Der Oberbefehlshaber der saggittonischen Raumflotte greift nach dem Kanzleramt.

Rodrom – Die Inkarnation der mächtigen Entität MODROR.

Sato Ambush – Der Pararealist in den Wirren von Pararealitäten und Parallel-universen.

 

 

 

 

1. Die Geschichte Saggittors

Die Geschichtsschreibung Saggittors begann vor etwa 336.405 Anor. Was davor war, wurde nicht überliefert.

Zu dieser Zeit gab es noch keine Saggittonen. Vorherrschend war das Volk der Horworren. Die Molluskenwesen kontrollierten die Hälfte der Galaxie. Sie waren hoch entwickelt und technologisch fortgeschritten. Die anderen Völker in der Galaxie waren noch primitiv und besaßen keine Raumfahrt. So waren die Horworren das führende Volk in der Galaxis. Trotzdem glaubten sie immer noch an ihre Göttin, die schützend über ihnen stand. Ihr Name war SAGGITTORA. Zu ihren Ehren benannten sie ihre Heimatgalaxis »Saggittor«.

Ein geschichtsträchtiger Tag für die Horworren begann an ihrem 20.000 Roltoton, einem nationalen Feiertag, an dem die Gründung des Reiches der Horworren gefeiert wurde …

Aus den Archiven der Holpigonischen Galaxienhistoriker

*

»Ulmk, die Forschungsflotte erreicht die Dunkelwolken«, berichtete der Wissenschaftler Olmk.

Die Horworren waren ein sehr neugieriges Volk. Sie hatten sich zur Aufgabe gemacht, ganz Saggittor zu erforschen. Die Erforschung des Zentrums stellte sie vor eine große Herausforderung. Die Dunkelwolken und Energieemissionen machten ein Navigieren schier unmöglich. Zudem schreckten sie alte Schriftrollen ab, in denen es hieß, dass SAGGITTORA dort ihren Sitz hätte. Doch der Drang zu forschen war stärker. Sie konstruierten widerstandsfähigere Schiffe und stellten eine Flotte zusammen, die während der Feiertage in das Zentrum eindringen sollten.

Ulmk war der Herrscher der Horworren. Er thronte auf seiner Liege und frönte seiner Lieblingsbeschäftigung – dem Essen. Um ihn herum waren viele andere Mollusken versammelt. Sie feierten seine Hochzeit mit der, für horworrische Verhältnisse, wunderschönen Quowora. Sie saß neben ihm und nahm ähnlich viel Essen zu sich. Es war der Hochzeitsschmaus. Nur dem frisch vermählten Paar war es vergönnt, davon zu essen. Die anderen Gäste hatten die Ehre dabei zuzusehen.

Olmk war über Bildschirmverbindung zu sehen. Er war der Kommandant der Forschungsflotte und erwartete weitere Befehle.

»Am zweiten Tage des Roltoton wird die Flotte in das Zentrumsgebiet eindringen. Heute wird meine Hochzeit gefeiert«, verkündete der Monarch.

»Wie du meinst, großer Herrscher«, gab der Kommandant unterwürfig zurück.

Ulmk und Quowora zogen sich in ihre Gemächer zurück. Langsam krochen sie aufeinander zu. Ulmk sonderte eine schleimige Flüssigkeit ab, dann packte er seine Braut und umfasste sie. Beide begannen das Paarungsritual. Die fetten Körper lagen auf dem Boden und rangen miteinander.

Quowora gab einige Laute von sich ...

*

»Können wir diesen Teil Ihrer Erzählungen bitte überspringen, Doroc?«, fragte der Somer Sam verstimmt.

Doroc sah ihn verwundert an. »Mir gefällt dieser Teil, doch wenn Ihr es wünscht, fahre ich mit dem zweiten Tag des Roltoton fort«, antwortete Doroc.

»Ich bitte darum«, meinte Sam.

*

Am nächsten Tag hatte sich das Monarchenpaar zusammen mit vielen anderen aufgeregten Horworren vor der großen Projektionswand versammelt und sahen, wie die Flotte in das Zentrum flog.

»Ein großer Tag für mich!«, meinte Ulmk. Er sah sich um. »Für uns alle natürlich.«

Die Schiffe verschwanden und der Kontakt brach ab. Die Horworren waren enttäuscht.

»Ich will mehr sehen. Wo sind die Schiffe jetzt? Bringt sie wieder her!«, quengelte Ulmk.

Die Techniker arbeiteten an einer besseren Verbindung. Da erschien das Bild des Kommandanten Olmk wieder.

»Wir sind auf eine gewaltige Armada gestoßen. Wir müssen SAGGITORA erzürnt haben«, schrie er.

Hinter ihm hörte man Explosionen.

»Was redest du da für einen Stumpfsinn!«, entgegnete der Herrscher barsch.

Bevor jedoch Olmk antworten konnte, wurde die Projektionsfläche in ein grelles Licht gehüllt. Dann brach der Hyperfunkkontakt ab.

Ulmk und die anderen saßen noch eine Weile ratlos und schweigend vor dem großen Bildschirm.

Sie zogen es vor, sich wieder in ihre Gemächer zurückzuziehen.

*

Am nächsten Tag berichtete man Ulmk, dass eine gigantische Flotte fremder Schiffe über die Siedlungsplaneten in Zentrumsnähe hergefallen war. Die Kolonien wurden vollständig zerstört. Von da an war der Untergang des Horworrischen Reiches besiegelt.

Ulmk setzte die gesamte Flotte in Bewegung, doch bei jeder Konfrontation mit den Diskusraumern der Fremden zogen die Horworren den Kürzeren.

Eine Woche später erschienen die Fremden über dem Hauptplaneten und zerstörten die Welt vollständig. Der Planet zerbarst und es gab kaum Horworren, die sich retten konnten. Ulmk und seine Gemahlin fanden beim Untergang des Planeten den Tod, wie fast alle der sieben Milliarden Mollusken. Das Horworrische Reich war zerstört.

Die Überlebenden in den Kolonien interpretierten dies als einen Racheakt der Göttin SAGGITTORA, die wütend darüber gewesen war, dass man in ihr Reich eingedrungen war. Einige Horworren schrieben die Geschichte des Niederganges ihres Volkes nieder und verteilten die Aufzeichnungen in der gesamten Galaxis, damit ihr Schicksal der Nachwelt überliefert wurde.

*

Nach dem Untergang der Horworren vor 280.000 Anor fielen die Überlebenden in die Primitivität zurück. In den folgenden Anortausenden stagnierte die Entwicklung in der Galaxis. Doch die Natur nahm ihren Lauf, und andere Völker begannen den Platz der Horworren einzunehmen. Darunter die Jaraven und die Erwarner.

Die Jaraven waren reptiloide Lebewesen, die äußerst aggressiv und kriegerisch veranlagt waren. Ihr Aufstieg dauerte Tausende von Anor, bevor sie in der Lage waren, ihren Heimatplaneten zu verlassen. In den folgenden Anorhunderten unterwarfen sie nach und nach die Ostseite der Galaxie.

Aber auch am entgegengesetzten Ende der Galaxie begann ein Volk, die Beschränkungen seines Ursprungsplaneten zu überwinden. Die Rasse der Erwarner war humanoid und gilt heute als die direkten Vorfahren der Saggittonen. Genau wie die Jaraven waren ihnen die Überlieferungen der Horworrer bekannt, daher erklärten beide Völker das Zentrum zur Tabuzone. Parallel zur Expansion der Jaraven über die Ostseite, breiteten sich die Erwarner über die Westseite Saggittors aus. Schließlich stießen die beiden Sternenreiche aufeinander. Aus den zunächst lokalen Geplänkeln entwickelte sich schnell ein galaxisweiter Krieg, der 7.200 Anor andauerte. Am Ende war der Sieg der Jaraven vollkommen. Ihre Flotten eroberten die Siedlungsplaneten der Erwarner und versklavten die überlebenden Humanoiden. Auch die neu entdeckten Völker der Varnider und Trötter, die an der Schwelle des Raumfahrtzeitalters standen, wurden zwangsweise in das Sternenreich der Jaraven eingegliedert und unterdrückt. Ihre Herrschaft über Saggittor sollte nun 36.000 Anor andauern. Innerhalb der Galaxis gab es kein Volk, das die Macht der Jaraven gefährden konnte. Doch mit den Anortausenden wuchsen auch die Arroganz und die Machtgier der Echsen. Die Warnung der Horworrer geriet in Vergessenheit oder wurde als Aberglaube verspottet. So beschloss der Erste Jarave, dass auch der Zentrumsbereich seinem Reich eingegliedert werden soll, und stellte eine Eroberungsflotte von 300.000 Schiffen zusammen.

Der Erste Jarave führte selbst das Kommando über den Feldzug. Tatsächlich gelang es, die Dunkelwolken zu überwinden. Das weitere Schicksal der Flotte der Jaraven ist durch die sichergestellten Logbücher überliefert …

Aus den Archiven der Holpigonischen Galaxienhistoriker

*

Ein unsichtbares Feld steht zwischen uns und dem Inneren des Zentrums. Doch wir werden dort hindurch kommen. Wir sind Jaraven, die größte Macht im Universum und nichts kann uns stoppen.

Die Flotte schaffte es tatsächlich, durch diese Barriere zu gelangen. Wie genau sie es geschafft hatten, ist nicht überliefert. Sie erreichten ein System mit einem blauen Überriesen.

Dann, so berichtete der Erste Jarave, flog ein gigantisches Raumschiff auf sie zu. Ein Schiff so groß wie ein Asteroid, doch die Form war anders. Ein Wesen, glutrot gekleidet, erschien wie aus dem Nichts in der Kommandozentrale. Es war keine Echse, denn er hatte keinen Schweif, sein Gesicht wurde durch einen roten Helm verdeckt.

»Wer bist du?«, fragte der Erste Jarave.

»Das tut nichts zur Sache. Ich fordere euch auf, das System umgehend zu verlassen, oder ihr werdet vernichtet werden«, sprach der Rote.

Der Jarave lachte. »Du wagst es, mir zu drohen? Wir sind das größte Volk im Universum!«, schrie er.

Der Rote zeigte sich unbeeindruckt. »Ihr seid primitive Ameisen, die nichts verstehen, obgleich eure kämpferischen Fähigkeiten bemerkenswert sind. Im Namen meines Herren und Meisters MODROR mache ich euch Kreaturen ein Angebot, das ihr besser nicht ablehnen solltet!«

Der Jarave verschränkte die Arme. »Also gut, ich höre.«

»Dient MODROR!«, schlug der Rote vor. »So wird euer Fortbestand gesichert sein. Erfüllt unsere Aufträge, und eure Zivilisation wird noch in Jahrtausenden ruhmreich sein!«

Das Echsenwesen lachte laut auf. »Du elender Narr, wir sind das ruhmreichste Volk im Universum. Unser Reich besteht bereits seit Äonen und es wird auf ewig bestehen. Wir schlagen dein Angebot aus! Es wäre besser, du schließt dich uns an, denn unsere Herrschaft ist gesichert – auf ewig!«

Er hob beschwörend die Arme.

Der Rote resignierte. »Du weißt nicht, wie sehr du dich irrst ...«, erwiderte er finster und löste sich auf.

*

Nach dieser Ankündigung griff das gewaltige Schiff an und pflügte wie ein Ungeheuer durch die versammelte Flotte. Wenig später tauchten die Diskusraumer aus den Überlieferungen der Horworrer auf und eine harte Schlacht entbrannte. Die Jaraven verloren über die Hälfte ihrer Schiffe. Nachdem das Flaggschiff mitsamt dem Ersten Jaraven explodierte, zogen sich die Echsen wieder zurück. Kaum waren sie in ihrem Heimatsystem angekommen, erschienen auch die Fremden. Zwar konnte die mächtige jaravische Flotte ihren Angriffen längere Zeit trotzen, doch schließlich unterlag auch sie. Danach löschten die fremden Schiffe alle Flottenbasen der Jaraven aus.

Gleichzeitig lehnten sich die unterdrückten Völker auf und drängten das Volk der Echsen in die Bedeutungslosigkeit. In den folgenden Anorhunderten erstarkten wieder die Erwarner, doch auch ihr kleines, gerade im Entstehen begriffenes Sternenreich, wurde durch die Diskusschiffe ausradiert. In ihrem Falle gingen die Unbekannten aus dem Zentrum der Galaxis mit weitaus größerer Brutalität als gegen die Jaraven vor. Sie beschränkten sich nicht auf die Zerstörung der militärischen Infrastruktur, sondern zerstörten und entvölkerten systematisch die Siedlungswelten der Humanoiden. Anschließend änderten sie ihre Politik. Während mehrerer Anortausende blieben sie in ganz Saggittor präsent und zerstörten die Infrastruktur jedes Volkes, das sich anschickte, in das Raumfahrtzeitalter einzutreten. Leidtragende waren die Varnider, Trötter und die Holpigons, die sich aus Überlebenden der Horworrer entwickelt hatten. Die namenlosen Unterdrücker genehmigten schließlich jedem Volk eine kleine Flotte von unbewaffneten Schiffen, um einen eingeschränkten interstellaren Handel zu ermöglichen. Vor 216.378 Anor kam es dann zu einer letzten größeren Schlacht, als diese Völker sich gegen die Unbekannten verschworen. Doch der Blutzoll, den sie für diesen Aufstand zahlen mussten, war furchtbar.

In den folgenden 36.000 Anor schien man sich mit der Herrschaft der Diskusraumer abgefunden zu haben. Wer die Fremden eigentlich waren, hatte noch niemand herausgefunden, da sie niemals ihre Schiffe verlassen hatten. Keines der Völker Saggittors wagte es, mehr als die genehmigten einhundert Raumschiffe zu nutzen. Während dieser Zeit begannen die Holpigons von der Göttin SAGGITTORA, die eines Tages kommen würde, um sie zu erlösen, zu predigen. Sie benutzten die Handelsschiffe, um von Planet zu Planet zu ziehen, und überall kleine Tempel zur Ehre der Göttin zu errichten. Schließlich erreichten sie auch eine abgelegene Welt, die von der Heimsuchung aus dem Zentrum nahezu unberührt geblieben war.

Aus erwarnischen Kolonisten war dort ein junges Volk entstanden – die Saggittonen. Unter dem Einfluss der holpigonischen Missionare nannten sie ihren Planeten nach der Göttin und versuchten die Völker wieder zu einigen, um so gemeinsam gegen die Besatzer vorzugehen.

Schließlich wurde durch einen Saggittonen namens Makor mithilfe der Holpigons ein Langzeitplan entwickelt, der zur Befreiung Saggittors führen sollte. In geheimen unterirdischen Anlagen entstanden überall wissenschaftliche Forschungsanlagen und Raumschiffswerften, wo man stärkere Schutzschirme, effektivere Waffen und härtere Legierungen entwickelte. Die Holpigons sorgten dafür, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse nach und nach mit allen Welten der neuen Allianz ausgetauscht wurden. Schließlich begann man mit dem Bau einer Flotte, mit der man hoffte, den uralten Feind endlich schlagen zu können.

Dieses Projekt dauerte 72.000 Anor, dann schlugen die Völker los. Mit einer gigantischen Flotte von über 500.000 Einheiten griff man die Raumschiffe der Besatzer an, wo man sie nur finden konnte.

Und die Saggittonen, Varnider, Trötter und Holpigons gewannen. Die Fremden wurden in einem 18.000 Anor dauernden Krieg zurückgeschlagen und aus der Galaxis geworfen. Die Flotte wollte in das Zentrum eindringen, doch der blaue Überriese wurde zur Supernova und verstärkte die Gravitationsanomalien und Hyperfelder. Dadurch wurde es unmöglich, sich der Energiebarriere im Zentrumsbereich auch nur zu nähern. Schließlich zog sich die vereinte Flotte aus dem Zentrumsbereich zurück.

Man wartete einige Jahre, doch die Fremden in ihren Diskusraumern tauchten nicht mehr auf.

So wurde dann vor 90.000 Anor die Republik Saggittor gegründet. Im Rat von Saggittor saßen die Führer der vereinten Völker und bestimmten einen Kanzler auf Lebenszeit. Meistens waren es Saggittonen, die die Republik leiteten.

Aus den Archiven der Holpigonischen Galaxienhistoriker

*

»Seit 720 Anor bin ich der Kanzler Saggittors«, schloss Doroc seine Erzählungen ab. »Nun kennt ihr die Geschichte unserer Galaxis. Die Fremden kehrten nie wieder zurück und seit 90.000 Anor lebt unsere Galaxis in Ruhe und Frieden.«

 

2. Die Welt der Saggittonen

Rhodan war beeindruckt. Aurec erklärte ihm, dass ein saggittonisches Jahr, also ein Anor, ungefähr dem 3,6ten Teil eines Jahres in der Neuen Galaktischen Zeitrechnung entsprach. Rhodan rechnete kurz um, demnach war der Kanzler Doroc ungefähr 200 Jahre alt und die Galaxis lebte seit rund 25.000 Jahren in Frieden.

Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Saggittonen lag bei rund 900 Anor. Aurec war mit seinen 97 Anor noch ein junger Spund. Rhodan rechnete sich aus, dass der Kanzlersohn um das Jahr 1258 NGZ geboren worden war.

Die Völker von Saggittor führten seit 25.000 ebenso eine eigene Zeitrechnung, die eben in Anor, Semor und Diat unterteilt war. Semor waren vergleichbar mit Wochen, während Diat offenbar für einen Tag stand. Jedoch galt für die einzelnen Planeten eine zweite Berechnung, die sich an die Rotation des Planeten um die eigene Achse und Sonne orientierte.

Die Saggittonen bezeichneten einen planetaren Tag als »Netar-Diat«. So lernte Rhodan, dass Netar in der saggittonischen Sprache Planet bedeutete.

Aus den Erzählungen über das rote Wesen, einem Abgesandten einer geheimnisvollen Macht mit Namen MODROR, schloss er, dass es die Bewohner Saggittors mit den Mächten des Chaos zu tun hatten. Rhodan erklärte den Anwesenden die Grundlagen des Zwiebelschalenmodells, insbesondere die Dualität von Kosmokraten und Chaotarchen. Er vermutete, dass die Fremden und dieser Rote im Dienste der Chaotarchen standen und im Zentrum Saggittors wohl ihr Stützpunkt lag. Überall traf man auf die höheren Mächte. In vielen Galaxien hatten Kosmokraten und Chaotarchen bereits ihr Unwesen getrieben.

Selbst in dieser, dachte Rhodan bitter.

Nach dem Essen – Rhodan hatte seine Probleme mit dem scharfen Zeug – folgte eine musikalische Einlage.

Einige gut aussehende Saggittoninnen tanzten eher unfreiwillig komisch, in bunten Trachten, umher. Rhodan war der Klang der Musik und die Art des Tanzes fremd, doch es wirkte dynamisch und temperamentvoll.

Doroc schien diese Darbietung sehr zu gefallen. Er klatschte vergnügt und strahlte über beide Wangen.

Perry wandte sich Aurec zu. »Das Zentrum wurde also seit 25.000 Jahren nicht mehr erforscht?«

Aurec bestätigte. »Keines unserer Raumschiffe konnte jemals durch das immer noch bestehende Kraftfeld dringen.«

»Nun, ich bin etwas vertraut mit den Mächten des Chaos. Wenn sich dort tatsächlich eine Station der Chaotarchen befinden sollte, würde ich diese gerne erforschen.«

»Bist du in der Lage durch das Kraftfeld zu kommen?«

Rhodan machte eine abwägende Geste. »Das ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall sollten wir einen Versuch wagen. Ich denke, dass wir erst einmal einige Tage hierbleiben. Arno Gaton möchte sicherlich erst einmal einige Handelsverträge abschließen, bevor wir wieder nach Hause fliegen. In der Zeit könnten wir die Station erforschen.«

Aurec lächelte. »Gut, ich werde die SAGRITON startbereit machen. Wir fliegen morgen früh los.«

 

3. Eintrag für die Galaktopedia über die Saggittonen

Persönliche Notiz

Der Verfasser dieser Zeilen, der Somer Sruel Allok Mok, besser bekannt unter dem Pseudonym Sam, hält es für wichtig, die neu gewonnenen Erkenntnisse über die Zivilisationen in der Galaxis Saggittor digital festzuhalten. Nach der hoffentlich baldigen Rückkehr der LONDON in die Milchstraße soll dieser Eintrag in die galaktische Enzyklopädie eingetragen werden.

Sam

*

Die Galaxis Saggittor wurde von den Galaktikern als M64, – Das Schwarze Auge bezeichnet. Sie lag rund 20 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt.

Die menschlichen Saggittonen, die mollusken Holpigons, die Pflanzenwesen Varnider, die hundeähnlichen Trötter und die mechanisch-organischen Multivon waren die vorherrschenden Völker in dieser Galaxie.

Die Saggittonen beherrschten die Raumfahrt und lebten nach eigenen Aussagen seit 25.000 Jahren in Frieden. Jedoch war die Zone im Zentrum unzugänglich. Dieser Bereich der Galaxie gab M64 ihren Namen: Das Schwarze Auge. Dunkelwolken zogen sich über Tausende von Lichtjahren quer durch diesen Sektor.

Zurück zu den Saggittonen. Die Saggittonen ähnelten den Terranern sehr stark, bis auf kleinere organische Unterschiede. Die Hautfarbe der Saggittonen variierte zwischen gebräunt und dunkelhäutig. Ihr Haar war Braun bis Schwarz, die Augenfarbe variierte zwischen Grünbraun, braun und fast schwarz.

Die Saggittonen waren nach eigener Aussage ein tatendurstiges und stolzes Volk. Saggittonen galten zwar allgemein als friedlich und gerecht, sie hatten aber auch ein aufbrausendes Temperament. Ihr Stolz konnte offenbar – insbesondere aufgrund ihrer politischen und militärischen Stellung innerhalb der Galaxie M64 – manchmal zu Arroganz und dem Gefühl der Überlegenheit umschlagen.

Es galt auf Saggitton vor allem als ehrenvoll, wenn der Bürger oder die Bürgerin gebildet, künstlerisch begabt oder ein guter Krieger war. Es hieß, dass alles Ehre gebot, was Saggittor voranbrachte. Als unehrenhaft dagegen wurden egoistische Handlungen angesehen. Diese wurden in der Öffentlichkeit auch geächtet.

Gleichberechtigung der Geschlechter, Religionsfreiheit, das Recht auf Selbstverwirklichung wurde in Saggittor hoch angesehen. Das Volk sollte in Harmonie miteinander leben. Das Individuum sollte nach seinen Stärken und Schwächen gefördert werden.

Der Familiensinn war bei den Saggittonen stark ausgeprägt. Scheidungen galten als ein Schreckensszenario, wurden jedoch unter strengen Auflagen erlaubt (Gewalt in der Ehe, mehrfacher Betrug). Kinder galten als hohes Gut und es wurde viel Zeit und Mühe in die Erziehung der Kinder gesteckt, sei es durch Förderung der Eltern oder ein ausgeklügeltes Schulsystem.

Ein heranwachsender Saggittone sollte in Ethik unterrichtet werden, um mit Anstand und Ehre durch das Leben zu gehen, sein Leben zum Wohl der Gemeinschaft einzusetzen und die Schwachen zu schützen. Er sollte gebildet sein und danach in der Kriegskunst unterwiesen werden. Nach Abschluss dieser Grundausbildung konnte er nach individuellen Wünschen (manchmal jedoch auch auf Druck der Familie) seinen Berufsweg wählen.

Zwar existierte eine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, doch es war keinesfalls eine Gleichschaltung beider Geschlechter vorgenommen worden. Gerade der Reiz des Unterschieds war für Saggittonen und Saggittoninen wichtig für die Liebe. Da der Begriff der Ehre und des Ehrenmannes stark ausgeprägt war, war es auch normal, dass ein Mann die Frau hofierte oder sie als schwaches Geschlecht ansah.

Die saggittonischen Frauen störten sich daran jedoch in der Gesellschaft wenig und lassen den starken Mann durchaus auch wissen, worin die Frau überlegen ist.

Gleichgeschlechtliche Bindungen existierten und wurden toleriert. Allerdings wurde die Partnerschaft zwischen Mann und Frau höher bewertet, wenn aus dieser Nachwuchs entstand.

Die Staatsform war eine Art konstitutioneller Wahlmonarchie, wobei der jeweils amtierende Kanzler zugleich Staats- und Regierungschef war. Dieser konnte, wenn das Volk mit seiner Regierung zufrieden war, beliebig oft wiedergewählt werden. Eine weitere Besonderheit des saggittonischen Regierungssystems bestand darin, dass der amtierende Kanzler das Vorschlagsrecht für seinen Nachfolger hatte. Dieser konnte sogar aus der eigenen Familie kommen, wie es als Beispiel bei Aurec der Fall war, der bereits durch seinen Vater Doroc als Nachfolger vorgeschlagen worden war. Allerdings musste seine Berufung noch durch eine Wahl der Bevölkerung bestätigt werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bevölkerung die Gelegenheit einen, oder mehrere Gegenkandidaten aufzustellen. Allerdings benachteiligte die gesamte Wahlprozedur mögliche Oppositionskandidaten, weil allein der amtierende Kanzler den Zeitpunkt seines Rücktritts und somit den Wahltermin bestimmte. Für den Fall des vorzeitigen Ablebens des Kanzlers bestimmte die Verfassung, dass der von ihm vorgeschlagene Nachfolger, bis zu einer Bestätigung innerhalb von fünf Anor (16 galaktische Monate) durch eine Wahl durch das Volk, die Regierungsgeschäfte weiterführt.

Auch das normale Verfahren zur Verlängerung der Kanzlerschaft ist für Galaktiker gewöhnungsbedürftig. Die Bevölkerung kann einen amtierenden Kanzler nicht einfach abwählen, sondern kann lediglich alle 50 Anor (etwas mehr als 13 galaktische Jahre) darüber abstimmen, ob sich dieser einer »Diskussion« stellen muss. Dieser Zeitraum wird als »lange Legislatur« bezeichnet. Im Falle einer »Diskussion« werden über mehrere Volksabstimmungen aktuelle Probleme festgelegt, die der Kanzler innerhalb einer »kurzen Legislatur« lösen muss. Nach wiederum fünf Anor konnte dann die Gemeinschaft darüber bestimmen, ob dieser die festgelegten Probleme zur Zufriedenheit der Bevölkerung gelöst hatte, oder ob sich der Kanzler einer Neuwahl stellen musste. In der saggittorischen Geschichte war eine erfolgreiche Neuwahl, durch die ein Regierungswechsel herbeigeführt wurde, jedoch äußerst selten. Die Folge des gesamten Regierungssystems war, dass regelrechte Dynastien entstanden, die mit den absolutistischen Königs- oder Kaiserhäusern in der Milchstraße vergleichbar waren.

Auch bei der Wahl der Kabinettsmitglieder war die Position des Kanzlers entscheidend. Er allein bestimmte die Kandidaten, die jedoch wiederum durch das Volk bestätigt werden mussten. Auf dieser Ebene war auch eine Einflussnahme durch die verschiedenen Interessensgruppen der saggittonischen Gesellschaft möglich, denn der Kanzler musste daran interessiert sein, dass sein Kandidat von der Mehrheit der Bevölkerung bestätigt wurde.

Parteien gab es auf Saggitton nicht, eher kleinere Vereinigungen von Gleichgesinnten.

Die Wirtschaft spielte in der gesamten Galaxie eine untergeordnete Rolle. Sie war lediglich Mittel zum Zweck und sollte den Wohlstand und die Versorgung der Bevölkerung sichern. Es hatte sich seit Jahrhunderten bewährt, dass die Saggittonen arbeiteten, um den Fortschritt und den Lebensstandard zu verbessern und nicht zur persönlichen Bereicherung. Zwar verdienten Saggittonen auch Geld, doch es gab auf den meisten Welten keine soziale Unterschicht oder eine überreiche Elite. Die Balance war ausgewogen und wurde durch entsprechende Gesetze reguliert.

Die Saggittonen waren die stärkste militärische Macht in der Galaxis M64. Es galt als ruhmreich und ehrenvoll in der Raumflotte zu dienen. Gleichzeitig bildete sie jedoch auch eine Brutstätte für Nationalismus und übertriebenen Patriotismus.

Die saggittonische Raumflotte umfasste fast 300.000 militärische Raumschiffe aller Größenklassen. Dazu kamen noch ungezählte Handelsschiffe, planetare Shuttles und private Jachten. Die typische Bauweise der Flotte war scheibenförmig. Es gab mehrere Schiffsklassen unterschiedlicher Größe und Bewaffnung, wobei die einzelnen Größenklassen zumindest mit denen des alten Solaren Imperiums vergleichbar waren. Auf galaktische Maße umgerechnet entsprachen die kleinen 200 Meter-Raumer wohl einem Schweren Kreuzer, während die nächste Größenklasse mit ihren 700 Metern zwischen einem Schlachtkreuzer und einem Schlachtschiff anzusiedeln war.

Die größte Schiffsklasse entsprach mit ihren 3.000 Metern in etwa den alten Ultraschlachtschiffen der Träger-Klasse und bildete das Rückgrat der saggittonischen Flotte. Aurecs Flaggschiff die SAGRITON war mit 5000 Metern eine Sonderfertigung und das größte Raumschiff der Galaxie.

Zusammen mit den Raumschiffen der Trötter, Varnider, Holpigons und den anderen Völker Saggittors betrug das Kampf- und Forschungsvolumen über 500.000 Raumschiffe.

 

4. Rendezvous auf Saggitton

Eine kleine Raumfähre flog zur LONDON und holte Shel Norkat ab. Sie wurde in den Palast gebracht, wo Aurec bereits auf sie wartete.

»Ich danke Ihnen, dass Sie meine Einladung angenommen haben«, sagte er.

Er küsste ihre Hand zur Begrüßung. Shel wurde leicht rot. Die Männer, mit denen sie sonst verkehrte, zeigten weniger Manieren.

»Sie sehen bezaubernd aus«, bemerkte der Saggittone. Shel trug ein schwarzes Kleid, das ihr bis zu den Knien ging.

Er bot ihr einen Platz an. Der Servierroboter brachte einen Massuauflauf mit einer gut gewürzten Soße. Dazu hatte Aurec Ebi-Vino-Scil ausgewählt. Shel Norkat verglich den Massuauflauf mit einer Lasagne. Der Ebi-Vino-Scil war ein saggittonischer Wein.

Zumindest merkte Shel keinen großen Unterschied. Aurec erzählte viel von sich, während Shel reserviert blieb.

Aurec wollte nun das Thema auf sie lenken.

»Warum sind Sie auf der LONDON mitgeflogen?«, fragte er.

Sie strich sich durch ihre blonden Haare.

»Hauptsächlich um meine Vergangenheit zu vergessen.«

»War Ihre Vergangenheit so schlimm?«

»Ja, das war sie!«

»Möchten Sie mir nichts darüber erzählen? Ich kann gut zuhören.«

Sie zierte sich jedoch ein wenig. »Ich möchte nicht, dass du ... Sie ...« begann sie zögernd.

Aurec gab ihr zu verstehen, dass er nichts gegen die persönliche Anrede hatte.

»Also gut, ich möchte nicht, dass du schlecht über mich denkst«, erklärte sie.

»Das werde ich nicht«, versicherte er.

Sie erzählte ihm von sich. Sie hatte Probleme mit der Familie und Männern und war an falsche Freunde geraten.

»Drogen, Saufen, Sex. All das, was halt so abgeht in einer Millionenmetropole, wenn man den Halt verliert.«

Aurec starrte die Terranerin irritiert an. Ihre Ehrlichkeit war schockierend und anziehend zugleich. Dieses fremde Geschöpf mit den seidigen blonden Haaren und den tiefen blauen Augen, der blassen Haut hatte es ihm angetan, obwohl sie zweifellos ein wildes Leben geführt hatte, welches nicht annähernd seinem Stand und Anspruch entsprach.

Shel trank fleißig und viel. Aurec tat es ihr gleich, in der Hoffnung, die Atmosphäre würde sich lockern.

*

Aurec öffnete langsam die Augen. Er rekelte sich und der Schädel brummte. Shel lag in ihrer Unterwäsche wie ein nasser Sack auf dem Bauch, die Beine von sich abgespreizt und schien noch tief und fest zu schlafen. Aurec versuchte, den Abend zu rekapitulieren. Er stellte dabei nüchtern fest, dass nichts Sexuelles zwischen ihnen gelaufen war. Sie hatten viel getrunken, sich geküsst und dann war Shel schnell eingeschlafen. Aurec fragte sich, ob es an ihm lag? Doch er tröstete sich damit hinweg, dass es vermutlich der viele Alkohol gewesen war.

Er rief eine der Bediensteten per Interkom und wollte, dass sie ihnen Frühstück ans Bett brachten.

Nach etwa zwanzig Minuten servierten drei Diener dem saggittonischen Kanzlersohn und der Terranerin das Frühstück.

Shel wachte nun auf und war zuerst peinlich berührt, da sie ebenfalls offenbar Probleme hatte, das Puzzle des vergangenen Abends zusammenzusetzen. Aurec zog sich schnell an, um nicht weitere Peinlichkeiten zu erzeugen.

Perry Rhodan meldete sich plötzlich über die Interkomanlage und wollte wissen, wann man mit der SAGRITON zur Zentrumsgrenze aufbrechen würde.

Aurec hatte dies schon beinahe vergessen. Er entschuldigte sich bei Rhodan und informierte die Besatzung der SAGRITON über den bevorstehenden Start.

 

5. Die Barriere

Perry wartete ungeduldig auf der Kommandobrücke der SAGRITON auf den Prinzen Saggittors.

Er vertrieb sich die Zeit mit einem Small Talk mit dem Ersten Offizier Waskoch, der zu den wenigen freundlichen Zeitgenossen an Bord gehörte. Rhodan vermutete, dass Admiral Dolphus Stimmung gegen die Galaktiker gemacht hatte.

Nach einer Weile kam der Saggittone, dem alles recht peinlich war.

»Ist etwas passiert?«, fragte Rhodan leicht besorgt.

Aurec suchte erst einmal nach Worten. Er konnte Rhodan schlecht den wahren Grund für seine Verspätung nennen.

»Ich hatte wohl beim Versuch die Beziehungen zwischen unseren Völkern zu vertiefen, die Zeit vergessen.«

»Aha«, machte Rhodan nur und sah erwartungsvoll auf sein Chronometer.

Aurec verstand sofort und gab den Startbefehl. Die SAGRITON hob langsam vom Raumhafen ab, verließ die Umlaufbahn des Planeten und flog quer durch das System der Saggittonen, um dann auf Überlichtgeschwindigkeit zu gehen.

Rhodan fiel während des Fluges auf, dass Aurec besonders guter Laune war, doch Rhodan wollte nicht nachhaken. Aurec deutete nur kurz an, ein Abendessen mit Shel Norkat gehabt zu haben.

Nach acht Stunden erreichte die SAGRITON die Nähe des Zentrums. Es erwies sich als äußerst schwierig, durch die Dunkelwolken und Hyperstürme zu navigieren. Schließlich zwang sie das Kraftfeld aus dem Hyperraum.

Rhodan ließ das Feld untersuchen, jedoch konnte man die Natur des Feldes nicht bestimmen. Man kam schließlich überein, es mit Gewalt zu versuchen. Aurec gab Feuerbefehl, doch auch gezieltes Punktfeuer erzielte nicht die gewünschte Wirkung. Es gab keine Möglichkeit, die Barriere zu durchbrechen.

Enttäuscht flogen Rhodan und Aurec mit der SAGRITON zurück.

 

6. Konspiration

Dolphus lief in seinen Gemächern unruhig hin und her. Ihm gefiel die Situation nicht. Rhodan hatte das Vertrauen von Doroc und Aurec gewonnen.

Dabei war er erst zweiundzwanzig Diat auf Saggitton.

Einen Krieg gegen die Terraner oder Galaktiker würde es sicher nicht geben. Der Mob rechnete es Aurec hoch an, dass er neue Freunde mitgebracht hatte. Dolphus hätte dem Volk lieber Gefangene vorgeführt. Doch selbst die saggittonischen Unternehmen schlossen bereits Verträge mit Arno Gaton und Jakko Mathyl ab. Es gab keinen Platz für einen Militaristen wie Dolphus. Er sah sein Ende bereits gekommen. Resignierend ließ er sich in einen Sessel fallen.

»Die Dinge sind stets im Wandel«, hörte er eine dunkle Stimme sagen.

Sofort griff er nach seinem Thermostrahler. Er schnellte hoch und zielte in die Richtung, von wo er die Stimme zu hören glaubte. Doch dort war niemand.

»Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin dir freundlich gesonnen«, bedeutete die Stimme.

Eine feuerrot leuchtende Gestalt materialisierte einen Meter neben ihm. »Ich bin Rodrom.«

Dolphus hielt weiterhin die Waffe auf ihn gerichtet.

»Das wäre nicht ratsam«, meinte der Rote.

Der Saggittone brauchte eine Weile, um sich wieder zu fassen. Er zitterte.

»Was wollen Sie?«

»Dir helfen. Ich habe die Lösung all deiner Probleme.«

Der Admiral wurde hellhörig. Er senkte die Waffe.

»Nennen Sie mir die Lösungen!«

»Eines nach dem anderen. Du hast folgende Probleme: den Frieden in Saggittor, die Kanzlerfamilie, die den Frieden aufrechterhält und Perry Rhodan, der neue Freund Aurecs und aller Saggittonen.«

»Woher weißt du ...?«, fragte Dolphus staunend.

»Ich weiß vieles. Zufällig ist Perry Rhodan auch mein Feind. Deshalb schlage ich vor, wir erledigen ihn zusammen.«

Dolphus nahm wieder Haltung an. Er knöpfte seine Uniform zu.

»Welchen Plan haben Sie?«

»Du sicherst mir vollständige Handlungsfreiheit zu und ich werde Rhodan und auch Doroc erledigen«, erklärte das rote Wesen.

»Wie sind die Einzelheiten des Plans?«

Rodrom ging durch den Raum. »Das wirst du bald erfahren. Suche zehn deiner besten Kämpfer und bringe sie in den Wald, wo du mit deinem Vater früher als Kind gejagt hast. Dort treffen auch wir uns und dann wirst du die Einzelheiten meines Planes erfahren. Und …«, damit machte der Rote eine kurze Pause, »sie sollen eine tragbare Beobachtungsanlage mitbringen.«

Rodrom löste sich in rotem Nebel auf. Dolphus dachte zuerst an eine Halluzination, jedoch war die Erscheinung zu real gewesen. Er befahl seinem Adjutanten, der ihm persönlich verpflichtet war, mit zehn Elitesoldaten zum Wald zu kommen.

Dolphus erinnerte sich gut an das Zeltlager und den Hochsitz. Er war damals so stolz gewesen, als er sein erstes Wild erlegt hatte.

Er selbst flog mit einem Gleiter dorthin, da er keine Zeugen dabei haben wollte. Er sah das Auftauchen Rodroms als einen Wink des Schicksals. Obgleich er immer noch dem seltsamen Wesen misstraute. Es kam ihm merkwürdig vor, dass jemand etwas freiwillig für ihn tat. Perry Rhodan musste ein wahrlich gefährlicher Gegner sein.

*

Der Gleiter erreichte das Waldstück, vor dem zehn muskelbepackte saggittonische Soldaten standen. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet. Sein persönlicher Adjutant stand neben ihnen.

»Mein Admiral!«

Er schlug sich mit der Faust auf die Brust.

Dolphus hob kurz den Arm. »Das sind unsere besten Leute?«, wollte er wissen.

»Ja, mein Admiral. Sie haben bisher jede Trainingssimulation gewonnen. Wir setzten sie vor allem zur Verbrecherbekämpfung ein.«

»Was anderes gibt es ja auch nicht mehr zu bekämpfen!«, stellte Dolphus wehmütig fest.

In diesem Moment erschien Rodrom.

»Gut, ich sehe, du hast deine Leute zusammengestellt. Sie sollen in den Wald gehen und gegen fünf meiner Leute kämpfen.«

Der Adjutant war sprachlos. »Admiral, wer ist das?«, wollte er wissen.

»Das hat Sie nicht zu interessieren!«, entgegnete Dolphus scharf. »Führen Sie Ihren Befehl aus. Einheiten ausschwärmen und fünf fremde Wesen eliminieren!«

»Jawohl!«, schrien alle zehn gleichzeitig und stürmten in den Wald.

Zurück blieben Rodrom, Dolphus und dessen Adjutant.

»Das wird für unsere Leute ein Leichtes sein!«, meinte der Offizier gelassen.

Sie hörten im Wald Schreie. Der junge Offizier hob die Hand. Über ein Hologramm verfolgten sie nun den Kampf, der von einigen schwebenden Kameras im Wald gefilmt wurde.

Auf der Projektion sahen sie, wie einer der Soldaten mit einem Messer durch das Gebüsch schlich. Im nächsten Moment wurde er von einer grünen Klaue, die aus dem Buschwerk kam, gepackt. Ein langes Vibrationsmesser bohrte sich durch seine Brust. Eine zweite Klaue tauchte auf und beide Arme packten den Kopf des verwundeten Soldaten und drehten ihn herum. Es gab ein lautes Knacken. Blut floss aus den Mundwinkeln des toten Saggittonen. Aus dem Gestrüpp tauchte der Mörder auf – es handelte sich um ein Echsenwesen.

Die Kamera schwenkte zum nächsten Kampf über. Vor einem Baum stand ein Humanoide mit rotem Haarkranz. Einer der Kämpfer sichtete ihn und zückte sein Messer. Er rannte schreiend auf ihn zu. Der Lare hingegen lehnte sich gelassen an den Baum. Etwa fünf Meter bevor der Saggittonen den Laren erreichte trat er auf eine Miene. Die Explosion zerfetzte den Körper. Die Gebeine lagen im Umkreis von mehreren Metern verteilt.

Wieder folgte der Kameraroboter einem anderen Soldaten.

Der Kämpfer schlich um einen Baum. Ein weiterer Soldat seiner Kampftruppe gesellte sich zu ihm. Er zückte ein Vibratormesser und bohrte es dem anderen in den Hals. Danach verwandelte sich der Soldat in ein Rüsselwesen.

Zwei weitere Soldaten wurden von dem Hauri auf brutale Weise erlegt. Dann brach die Kameraverbindung ab. Die vier Kämpfer Rodroms trugen die Überreste der sechs Soldaten aus dem Wald und warfen sie Dolphus vor die Füße. Der Adjutant musste sich übergeben.

»Beeindruckend. Ich bin von dieser Machtdemonstration beeindruckt. Ihr seid tatsächlich ein sehr mächtiges Wesen, Rodrom!« erkannte Dolphus an. »Jedoch fehlen noch vier meiner Leute und einer von Ihren.«

Er hörte ein lautes Aufstampfen. Seine Augen weiteten sich beim Anblick des Giganten mit den drei rot leuchtenden Augen und den vier Armen. Er trug die zerquetschten Körper der vier Soldaten mit sich und warf sie zu den anderen sechs.

»Ich glaube dort sind sie«, meinte Rodrom.

Dolphus nickte voller Bewunderung.

Der Offizier fasste sich wieder. »Das war kaltblütiger Mord. Ich muss das berichten!«

»Nein müssen Sie nicht!«, entgegnete ihm der Admiral.

Er zog seinen Strahler und erschoss den Offizier.

»Wie sehen nun die Einzelheiten Ihres Plans aus?«

»Meine Söldner werden die Kanzlerfamilie töten und Perry Rhodan wird dafür von dir verantwortlich gemacht werden. Wir werden ihn und die LONDON verschwinden lassen und dann kannst du die Macht über Saggittor übernehmen.«

Dolphus dachte darüber nach. Es gab Notfallpläne. Er musste nur einige seiner Gesinnungsgenossen in der Politik informieren. Natürlich würde er den Fremden die Schuld in die Schuhe schieben.

»Hervorragend. Ich weiß auch einen günstigen Zeitpunkt. Doroc begibt sich bald auf den Mond Ilton im Nachbarsystem. Dort geht er auf Fanzis Jagd. Er ist dort meist unbewacht und befindet sich mit seiner Familie und den Dienern in einem Landhaus an einem Teich und beschießt Fanzis mit Paralysestrahlen. Er wird in zwanzig Diat dorthin fliegen.«

Dolphus machte auf einmal einen nachdenklichen Eindruck.

»Doch wie können wir plausibel nachweisen, dass Perry Rhodan am Attentat beteiligt war?«

Rodrom gab dem MV einen Wink. Dieser verformte sein Gesicht und Körper. Als die Umwandlung beendet war, stand er in Gestalt Perry Rhodans vor ihm.

Dolphus war wieder fasziniert und lachte auf. »Saggittor wird bald mein sein!«

Rodrom nickte zufrieden. »So sei es. Das Schicksal Dorocs ist besiegelt und die Jagd auf Perry Rhodan ist eröffnet!«

*

Doroc lud Perry und die LONDON ein, seine Familie nach Ilton zu begleiten. Arno Gaton konterte, indem er vorschlug, Doroc sollte den Flug zum Mond doch auf der LONDON machen. Dieser stimmte zu.

Dolphus war dies nur recht. Er gab legte zwar lautstarken Protest dagegen ein, doch Doroc und seine Familie lehnten ab. Dolphus beharrte jedoch darauf, zur Sicherheit mit der SAGRITON im System zu bleiben.

*

Gaton war wieder zufrieden, als er die LONDON betrat. Er hatte nach einer schlimmen Katastrophe eine neue Geldquelle aufgetan. Doroc und die mächtigsten Konzerne der Völker Saggittors hatten bereits mehrere Handelskonzessionen unterschrieben. Gaton plante bereits, eine Handelskarawane nach Saggittor zu starten. Zudem wollte er die LONDON in Serie fertigen lassen, um so eine dauerhafte Verbindung über die weite Entfernung zu haben.

Er setzte sich mit den Orbanashols und James Holling an einen Tisch und leerte genüsslich ein Glas Vurguzz.

»Es sieht so aus, als würde die Reise doch noch ein voller Erfolg werden«, strahlte der Hansesprecher. »James, hast du die Kabinen dieser Dannos-Anhänger säubern lassen?«

»Ja, habe ich. Die Kanzlerfamilie kann dort während der Reise einchecken.«

Gaton lachte. »Wir fliegen extra etwas langsamer, damit der Flug einen Tag dauert. So bekommen Doroc, Aurec und die anderen einen intensiveren Eindruck von der LONDON.«

Attakus stand auf. »Bitte entschuldigt mich, ich muss noch dringend etwas erledigen«, sagte er und verließ mit Zhart den Raum.

»Der macht ein Gesicht. Er hat wohl Ärger mit der kleinen Rosan. Na, mir soll es egal sein. Prost!«, sagte Gaton zufrieden.

*

Zhart und Attakus begaben sich in den Inhaftierungsblock. Sie trafen dort auf Prollig, der sie am Weitergehen hinderte.

»Was wollt ihr beide hier?«, erkundigte er sich.

»Wir möchten mit diesem Hasproner sprechen«, antwortete Attakus.

»Bedaure, aber keiner darf mit den Gefangenen sprechen. Anordnung vom Kommandanten.«

Attakus nickte. »Ich denke, du könntest doch für uns eine Ausnahme machen, oder?«

Zhart zückte seine Brieftasche und holte 20.000 Galax hervor. Prollig starrte auf das Geld. Er wischte mit der Hand über den Mund. Dann nahm er das Geld.

»Aber nur zehn Minuten, das kann mich meinen Kopf kosten.«

Die beiden gingen weiter. Alle Anhänger Dannos waren in den Zellen untergebracht. In dem Sinne waren es nicht einmal Zellen, sondern Lagerstätten und Abstellräume, die umfunktioniert wurden.

Zhart fand den Raum, wo sich Herban und Hiretta Livilan Arkyl befanden. Der Raum hatte keine Tür, war jedoch mit einem Energiefeld abgesichert.

»Ich muss mit euch reden«, forderte Attakus.

Der kleine Hasproner kam näher.

»Und worüber?«

»Über euren Komplizen Wyll Nordment!«

Arkyl sah ihn verwundert an. »Nordment gehört gar nicht zu uns. Im Gegenteil, er hat ja sogar Tett Chowfor getötet.«

»Das war Teil von Dannos Plan. Falls etwas schieflaufen würde, was ja auch passierte, sollte Wyll euch wieder befreien. Jedoch können du und deine Frau nicht mehr mitmachen. Du beschließt ein Geständnis abzulegen und erzählst ebenfalls von Wyll Nordment. Der Sicherheitsoffizier Prollig wird alles zu Protokoll nehmen.«

Herban Livilan Arkyl dachte kurz nach. »Ich verstehe, doch was springt für mich und Hiretta dabei heraus?«

»Nun, mildernde Umstände«, antwortete Zhart. »Kein Gericht der LFT würde dich und deine Frau zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilen, nachdem du uns doch geholfen hast.«

»Wer weiß, vielleicht könnt ihr sogar schon auf Arkon wieder aussteigen und so den Fängen der LFT entkommen«, meinte Attakus.

Herban zog sich zurück und diskutierte die Situation mit seiner Frau. Dann wandte er sich wieder den beiden Arkoniden zu.

»Also gut, wir machen mit ...«

Attakus grinste. »Sehr gut, Prollig, walte deines Amtes. Ich denke, das kann ich für den Preis erwarten.«

»Es gilt jemanden festzunehmen«, meinte Zhart amüsiert.

 

7. Rodroms Feldzug

Die LONDON wurde wieder startklar gemacht. Der Maschinenchef Alex Moindrew hatte alle Hände voll zu tun, da die Syntronik immer noch durch den unbekannten Virus befallen war. Er selbst hatte schon mit dem Hasproner Herban Livilan Arkyl gesprochen, doch auch der wusste nicht weiter. Der Hasproner wusste zwar, wie er den Virus einsetzte, doch er hatte ihn nicht entwickelt. Eine bisher unbekannte Organisation namens MORDRED war dafür verantwortlich, die offenbar den Kindern der Materiequelle die Mittel für die Entführung zur Verfügung gestellt hatte.

Es blieb der Crew nichts anderes übrig als auf die Fehler der Syntronik zu achten.

Holling schlug vor, die Saggittonen um Hilfe zu bitten, doch Gaton lehnte dies ab. Er wollte den Saggittonen als Herr der Lage gegenübertreten und nicht als Bittsteller. Holling musste diese Ansicht akzeptieren. Es gab jedoch immer wieder Probleme bei der Nahortung. Die Berechnung für Hyperraumsprünge funktionierte noch, aber sobald das Raumschiff mit Unterlichtgeschwindigkeit flog, gab es ernste Komplikationen. Holling löste diese Schwierigkeit, indem er sowohl am Bug als auch am Heck einen Beobachtungsstand mit mehreren SPARTAC-Teleskopen errichten ließ. Jeweils zwei Männer der Besatzung saßen dort und versuchten, die Nahbereichsortung zu ersetzten.

Doch diese Einrichtung war nicht besonders zuverlässig, da die Auswertung der Teleskope viel Zeit benötigte. Die LONDON musste die Geschwindigkeit herunternehmen, um sich zu orientieren. Auch war der Nutzen der gewonnenen Daten sehr begrenzt, da mit steigender Entfernung zum Schiff die Daten zunehmend überholt waren. Jedoch hatte Holling keine andere Wahl, als diese Notlösung.

Arno Gaton hieß Doroc und dessen Familie herzlich willkommen. Er zeigte ihnen ihre Unterkünfte, lud sie allerdings gleich auf die Kommandostation ein.

Die Saggittonen hatten nur eine kleine Eskorte mitgebracht. Es gab in Saggittor keine terroristischen Anschläge, da eine friedliche Konfliktlösung von allen Völkern weitgehend akzeptiert wurde. Für galaktische Verhältnisse war diese Einstellung ungewohnt, da die Galaktiker gerade in den vergangenen Jahrzehnten an jeder Ecke einen Agenten, Attentäter oder Terroristen des anderen Lagers vermuteten.

Dieses Gefühl der Angst existierte in M64 offenbar nicht.

Wyll und Rosan standen an Deck. Sie versuchte, den Orbanashols aus dem Weg zu gehen. Wyll bemerkte ihr bedrücktes Gesicht.

»Was hast du?«, fragte er sie.

Sie sah ihn an. »Eigentlich nichts. Im Gegenteil, ich fühle mich zum ersten Mal in meinem Leben frei. Und das verdanke ich dir, Wyll Nordment.«

Sie küsste ihn leidenschaftlich.

»Ich bin untröstlich, dass ich diesen Akt unterbrechen muss, jedoch möchte der Sicherheitsdienst mit deinem Essoya sprechen«, hörte sie eine Stimme sagen.

Als sie sich umblickte, sah sie Attakus, Zhart und den Sicherheitschef Prollig. Dieser legte Wyll Energiefesseln an.

»Was soll das?«, wollte Nordment wissen.

»Tut mir Leid, Junge. Diesmal bist du zu weit gegangen. Ich muss dich wegen Zusammenarbeit mit den Kindern der Materiequelle festnehmen«, erklärte Prollig.

»Was? Bist du wahnsinnig?«

Rosan sah ihn entgeistert an.

Attakus stellte sich zu ihr. »Er steckte mit Dannos unter einer Decke und sollte ihn im Notfall befreien. Wir haben dies aus den beiden Haspronern herausbekommen. Du weißt ja, Zhart kennt gute Methoden. Nordment hätte in den nächsten Tagen die Kinder der Materiequelle wieder befreit. Und du hättest ihm wahrscheinlich ein gutes Alibi verschafft. Einer Orbanashol vertraut man. Deshalb hatte er sich an dich herangemacht und uns entzweit, Rosan!«

Sie starrte Wyll an.

»Glaub ihnen kein Wort. Die lügen. Die machen das nur, um uns auseinanderzubringen!«, beschwor Nordment Rosan.

»Es reicht jetzt, komm mit!«, forderte Prollig energisch und zerrte Wyll mit sich.

»Rosan, glaube ihnen kein Wort!«

Attakus legte seinen Arm um ihre Schulter.

»Das hast du nun davon. Komm jetzt mit. Deine Mutter freut sich sicherlich, dich wiederzusehen.«

Rosan ging mit. Sie wusste nicht, wem sie glauben sollte. Sie war in einem Gewissenskonflikt. Einerseits liebte sie Wyll und verdankte ihm sehr viel und sie kannte Attakus verlogene Art, doch sollte sie sich vielleicht doch in ihm getäuscht haben? Sie brauchte Zeit, um diese Anschuldigung zu verarbeiten.

*

Die LONDON startete wie geplant. Am nächsten Tag erreichte das Schiff den Planeten des Nachbarsystems. Es handelte sich um eine naturbelassene Welt, auf der lediglich ein kleiner Landeplatz für Fähren und das Jagdschloss des Kanzlers gebaut worden war.

Aurec und Rhodan zogen es vor, nicht an der Jagd teilzunehmen. Aurec bat Perry um ein persönliches Gespräch. Beide liefen am Wald entlang. Der Saggittone wollte mehr über die terranischen Frauen wissen und erklärte dem Zellaktivatorträger, er habe sich wohl in Shel Norkat verliebt.

*

Doroc befand sich mit zwei Dienern und zwei Wachen sowie seiner Frau und seinen beiden Kindern an einem Teich. Dorocs Frau setzte sich auf einen Liegestuhl und las ein Buch. Baahl und Vespiora spielten ein Gesellschaftsspiel.

Doroc ließ die Fanzis aus den Bäumen hochscheuchen und feuerte auf sie. Eines der Gefiederwesen wurde von einem blauen Strahl eingehüllt und fiel zu Boden.

»Oh, habt ihr das gesehen?«, fragte Doroc seine Diener und Familie freudig.

Er hob das paralysierte Tier auf und gab es seinen Dienern.

»Hier, weckt es wieder auf«, sagte er.

Dann visierte er die nächsten Fanzis an und feuerte. Diesmal verfehlte er jedoch die Tiere.

Ein Dienstmädchen überreichte derweil Dorcos Frau und Kindern Speis und Trank.

*

Zwei Kilometer entfernt landete ein 100 Meter durchmessendes Raumschiff in einer Talsohle. Das organische Raumschiff öffnete sich und fünf Wesen stiegen aus. Es handelte sich um die Meuchelmörder Rodroms.

»Sehr gut, die SAGRITON hat uns nicht bemerkt«, stellte Glyudor, der MV fest.

»Nein, die haben uns eher passieren lassen. Dolphus hält sein Wort«, korrigierte Melsos Berool.

Er gab dem Gys-Voolbeerah ein Zeichen. Dieser nahm nun das Aussehen Rhodans an.

»Damit dürfte dann kein Zweifel aufkommen, wer die Kanzlerfamilie auslöschen wird«, sagte Berool. »Machen wir uns ans Werk!«

Sie setzten sich auf die Schultern des Zweitkonditionierten und ließen sich von ihm zum Jagdschloss bringen.

Die zwei Wachen patrouillierten an den Eingängen. Scardohn und Itzakk schlichen von beiden Seiten heran und töteten einen der Soldaten lautlos. Den anderen verletzten sie nur, sodass er noch Bericht erstatten konnte. Es sollte kein Zweifel daran bestehen, dass Perry Rhodan der Mörder der Kanzlerfamilie war.

Dolphus hatte die wenigen Sicherheitsvorkehrungen deaktiviert, bis auf die Kameraüberwachung für spätere Beweise gegen den vermeintlichen Perry Rhodan.

Die Mörder schlichen sich zum Teich, wo Doroc vergnügt auf die Fanzis ballerte. Er lachte wie ein kleiner Junge. Eines der getroffenen Tiere fiel auf eine Energieleitung, die auf der Oberfläche neben dem Teich verlief. Sie verlief in einem metallenen Kanal, sodass der Aufprall wahrscheinlich das Tier tötete. Doroc machte ein betrübtes Gesicht.

»Oh, meine arme, kleine Fanzis«, grummelte er mit weinerlicher Stimme.

Doroc befahl einem Diener, nach der Fanzis zu sehen. Als der Diener die Leitung erreichte, traten ihm der Hauri und der Pteru entgegen. Von der anderen Seite kamen Berool, Thorn und Glyudor. Itzakk tötete den Diener durch einen Upanishadgriff. Scardohn zückte sein Vibratormesser und rannte zu der Familie.

Doroc stand mit seinem anderen Diener noch in Nähe des Teiches und wusste nicht, was er tun sollte. Glyudor nahm einen Strahler und schoss den zweiten Diener nieder.

Der Lare und der Zweitkonditionierte schritten langsam auf Doroc zu. Glyudor hielt dessen Frau fest und Scardohn und Itzakk stellten sich vor die Kinder.

»Was soll das?«, wollte Doroc wissen.

»Dies wird deine Hinrichtung«, entgegnete der Lare kühl.

Die Söldner machten kurzen Prozess mit der Familie. Die Mutter, Schwester und der Bruder von Aurec verloren innerhalb weniger Sekunden ihr Leben.

Die fünf Kämpfer versammelten sich um Doroc, der zitternd das Paralysegewehr auf sie hielt. Berool schlug ihm die Waffe aus der Hand.

»Nun zu dir«, sagte er mit einem breiten Grinsen.

Scardohn zückte sein Messer. Der Lare wehrte ab. Glyudor ging in der Gestalt Rhodans zu ihm.

»Aber, Perry, was machen Sie denn da? Ich dachten wir sind Freunde«, stotterte Doroc verwundert.

Der MV lachte nur.

»Mit etwas mehr Stil, mein haurischer Freund«, erklärte der Lare.

Berool nahm die tote Ente. Itzakk und Glyudor packten Doroc.

»Nein, nein ...«, winselte er.

»Du liebst doch deine Fanzis so sehr. Hier bitte!«

Berool nahm das Tier und stopfte es dem Kanzler in den Hals. Doroc erstickte an dem Tier.

Die Kämpfer Rodroms verließen den Ort des Schreckens. Zurück blieben die Leichen der Kanzlerfamilie.

 

8. Das Leben zerstört

Aurec und Rhodan hörten die Schreie und rannten sofort zurück. Sie waren etwa zwei Kilometer entfernt, so dauerte es rund zehn Minuten, bis sie sich durch den Wald gekämpft hatten. Kurz bevor sie den Teich erreicht hatten, flog ein Raumschiff über ihre Köpfe hinweg.

Rhodan blieb verdutzt stehen und sah dem Raumschiff hinterher. Er erkannte das Schiff sofort. Diesen Schiffstyp hätte er niemals in seinem Leben vergessen können. Zuviel Leid hatten diese Schiffe über seine Heimat gebracht.

Ein Dolan.

Er erinnerte sich an die Zweitkoordinierten, die das Solare Imperium damals an den Rand des Abgrundes gebracht hatten.

Doch es gab heute eigentlich keine Dolans mehr.

Aurec drängte Perry weiterzugehen. Als sie den Tümpel erreichten, waren beide zutiefst erschüttert. Aurec rannte zu den Leichen seiner Familie und umarmte sie weinend.

Rhodan versuchte Aurec Trost zu spenden, da sah er wie einige saggittonische Raumfähren landeten. Eine Garnison Soldaten rannte aus den Fähren. Sie wurden von Dolphus angeführt.

»Da sind die Verräter und Mörder der Kanzlerfamilie. Tötet sie«, hörte Rhodan ihn schreien.

Aurec stand auf und ging ihnen entgegen, doch die Soldaten schossen auf ihn. Aurec begriff nicht, was passierte. Rhodan zog ihn schnell weg.

»Komm, wir müssen hier weg.«

Beide rannten in den Wald, gefolgt von den Soldaten.

*

Dolphus betrachtete die Leichen.

»Das war Perry Rhodan«, erklärte ein Offizier. »Eine der Wachen am Vordertor hat überlebt. Er berichtet, dass ein Terraner mit drei anderen Wesen ihn angriffen hat. Einer von ihnen ist Perry Rhodan gewesen!«

»Ich wusste, dass man diesen Außerirdischen nicht trauen kann. Sie müssen Aurec beeinflusst haben. Alles war ein gut durchdachter Plan Rhodans. Das ist eine Invasion! Die SAGRITON soll die LONDON aus dem Universum fegen!«

Dolphus frohlockte. Nun war seine Zeit gekommen. Er informierte die Minister und erklärte die Lage zu einem nationalen Notstand. Die völlig überforderten Politiker zögerten, doch Dolphus Gesinnungsgenossen drängten sie zu einer Entscheidung. Schließlich übergaben sie Dolphus, solange Krieg herrschte, die alleinige Regierungsgewalt und ernannten ihn zum vorläufigen Kanzler. Damit triumphierte der intrigante Admiral endgültig. Er gedachte die Macht niemals mehr abzutreten. Das Zeitalter seiner Familie war gekommen. Er würde Saggittor zu einer neuen Blüte führen, denn von nun an war er der Herrscher Saggittors.

 

9. Die Jagd beginnt

»Da unten geht etwas vor«, rief der Erste Offizier Evan Rudocc. »Etliche Raumfähren landen auf dem Planeten.«

Holling saß an einem Tisch und trank eine Tasse Tee. Er stand auf und blickte auf die Holodarstellung, die die sieben Fähren, die den Planeten ansteuerten, zeigte. Sam betrat die Kommandozentrale und teilte ebenfalls seine Besorgnis über diese Aktivitäten mit.

»Sparks, nimm bitte Funkkontakt zur SAGRITON auf«, befahl Holling.

Der Funker folgte der Instruktion. Das Gesicht eines saggittonischen Offiziers erschien.

»Was ist passiert?«, erkundigte sich Sam.

Der Offizier antwortete: »Das müsstet ihr selbst genauer wissen, ihr heimtückischen Meuchelmörder!«

Sam und Holling konnten ihre Verwunderung nicht verbergen.

»Was meinen Sie damit?«, forschte Sam nach.

Der Offizier bekam einen Funkspruch und wandte sich kurz ab.

Dann sagte er: »Die Kanzlerfamilie wurde von Perry Rhodan und vier anderen Subjekten getötet. Admiral Dolphus übernimmt den Befehl. Er hat die Order ereilt, die LONDON zu zerstören.«

Die Verbindung wurde beendet.

»Schutzschirme hochfahren!«, entschied Holling, der besorgt den Somer ansah.

Dieser machte einen Scan des Planeten. »Die Abtaster funktionieren wenigstens noch teilweise. Da unten laufen zwei Wesen vor einer Schar anderer davon. Das könnten Perry und Aurec sein. Wir müssen sie herausholen.«

»Unmöglich«, gab Holling zurück.

»Ohne Rhodan und Aurec sind wir verloren. Nur Aurec könnte die Saggittonen zur Vernunft bringen. Das scheint ein ausgeklügelter Komplott gewesen zu sein. Ich tippe auf diesen Dolphus. Machen Sie die Space-Jet startklar, ich hole sie da heraus.«

*

Die Space-Jet war innerhalb von fünf Minuten bereit. Der Somer stieg ein und startete sehr schnell. Die Space-Jet flog durch die Lücke im Schutzschirm. Einige Jäger der SAGRITON nahmen die Verfolgung auf und beschossen sie.

Sam flog gekonnte Ausweichmanöver und tauchte in die Atmosphäre ein. Er manövrierte die Jet im Zickzackkurs durch die Wolken. Die Jäger verloren kurzfristig den Anschluss. Der Somer lokalisierte die beiden Flüchtlinge. Etwa 40 Soldaten verfolgten sie. Doch Sam ortete auch noch Panzer und Gleiter. Rhodan und Aurec, die er jetzt zweifelsfrei identifiziert hatte, waren auf Dauer ohne Chance.

Sam zog die Jet über den Wald und ging immer tiefer. Als er über Aurec und Rhodan war, nahm er die Geschwindigkeit zurück und flog wenige Zentimeter über der Grasnarbe einer Lichtung, auf der sich Rhodan und der Saggittone gerade befanden. Diese spurteten auf das stillstehende Kleinraumschiff zu und sprangen durch die geöffnete Schleuse. Kaum hatte Sam die Luken wieder geschlossen, schoss die Jet in den Himmel. Die Panzer feuerten, doch die Salven der Strahlengeschütze verfehlten ihr Ziel.

Rhodan starrte den Somer verblüfft an.

»Ich wusste gar nicht, dass du so fliegen kannst.«

»In mir stecken eine Menge Überraschungen«, entgegnete dieser. »Ich war Kadett der Raumakademie auf Som.«

Die Space-Jet wurde durchgerüttelt, als einige der Energieschüsse der Jäger einschlugen.

Die SAGRITON näherte sich der LONDON, feuerte jedoch noch nicht.

Von rechts kam ein gewaltiger Asteroid auf den Planeten zu. Allerdings hatte dieser Asteroid eine pflockförmige Form. Außerdem nahm er an Fahrt ab.

Sam steuerte das Raumschiff durch eine Strukturlücke der LONDON und ließ sich einschleusen.

»Wir haben es geschafft.«

Auf dem Weg in die Kommandozentrale erklärte Rhodan, was auf dem Planeten vorgefallen war.

Aurec stand nach wie vor unter Schock. Auch Shel, die ihm euphorisch um den Hals fiel, konnte ihn nicht aufheitern. Das waren die schlimmsten Stunden in dem jungen Leben des Saggittonen.

Die Jäger flogen wieder zur SAGRITON, die sich auch von der LONDON entfernte.

»Warum ziehen die sich zurück?«, wollte Rhodan wissen.

Die Antwort bekam er umgehend. Der Asteroid war ein Raumschiff. Je näher es kam, desto deutlicher konnte man die Geschützprojektionsköpfe und Projektionsfelder auf der zerklüfteten Oberfläche erkennen.

»Oh mein Gott!«, hörte man Holling leise sagen.

Aus dem Raumschiff kam eine graue Nebelwand, die auf die LONDON zusteuerte und sie schließlich umhüllte.

Rhodan fiel in Bewusstlosigkeit.

Das Schiff flog über den Nebel, der die LONDON einhüllte. Nach einigen Minuten löste sich der Nebel auf und die LONDON war verschwunden.

*

Dolphus betrachtete das Schauspiel von einer kleinen Station auf Ilton. Rodrom erschien kurze Zeit später.

»Nun, Dolphus, gehört Saggittor dir.«

»Ja, mein Saggittor! Nun bin ich bald der Kanzler der Galaxis!«, sprach der Saggittone mit bebender Stimme.

»Verkünde, dass die SAGRITON die LONDON zerstört hat und es keine Überlebenden gibt«, befahl Rodrom. »Ebenfalls rate ich dir, niemals das Zentrum Saggittors zu untersuchen.«

Rodrom verschwand.

Dolphus wusste nicht genau, wer Rodrom eigentlich war, doch er hatte ihm die Macht gegeben.

Er hielt eine Ansprache und erklärte sich zum neuen Kanzler Saggittors. Er beendete seine Rede mit den Worten: »Das saggittonische Volk wird sich für den Mord unseres geliebten Kanzlers rächen. Uns sind die Koordinaten der Heimatgalaxis dieser Terraner und Arkoniden bekannt. Wir rüsten auf und mobilisieren unsere Flotten, danach greifen wir diese Galaxis an. Wir müssen diesen schweren Schritt unternehmen. Saggittor wird in der Milchstraße verteidigt.

Die galaktische Völkergemeinschaft Saggittors wird den Untaten dieser Fremden nicht tatenlos zusehen. Die Regierung hat mich als Interimskanzler eingesetzt. Und ich werde Saggittor nicht enttäuschen!«

 

10. Im Paralleluniversum

Rückblick, Januar 1201 NGZ

»Ich höre dich«, erklang eine traurige Stimme. »Ich kann nicht zurück. Ich sehe die TARFALA wie ein Schemen. Ich sehe auch die Raumzeitfalte. Und unser Universum. Ich sehe alles, die Kraft in mir und alle denkbaren Zukunftsebenen. Lebt wohl! Ich wünsche euch Glück. Die Raumzeitfalte ist ganz nah. Paunaro muss sie entdecken können. Sie wird brüchig. Ihr könnt ...«

Das waren die letzten Worte, die er an seine Freunde richten konnte. Dann verlor er den Kontakt zur Realwelt. Es wurde dunkel um ihn herum. Er fühlte eine Kälte, die ihn umschloss.

War das der Tod?, fragte er sich in Gedanken. Mit aller Macht versuchte er, den Kontakt zu seiner Realität wieder herzustellen. Doch ohne Erfolg. Es bestand vorerst keine Hoffnung für ihn wieder zu seinen Freunden auf der TARFALA zu gelangen – vielleicht nie mehr.

Noch immer konnte er es nicht fassen, dass durch das Auftauchen seines Para-Ichs, sich seine Struktur in seiner Realität aufgelöst hatte. Im Paralleluniversum konnten doch auch früher beide Rhodans existieren, ohne dass sich einer auflöste. Vielleicht waren die Gegebenheiten anders. Vielleicht sorgten Emissionen und Fluktuation in der Raumzeitfalte für diesen Effekt. Oder sein pervertiertes Ki war dafür verantwortlich.

Fakt war, dass nur ein »Ich« in der Realität existieren konnte. Da sein Para-Ich stärker war als er selbst, löste er sich auf. Auch als das Para-Ich wieder in eine andere Existenzebene überging, war der Vorgang nicht mehr aufzuhalten.

So ein Ende hätte er sich nicht erträumen lassen. Doch tot war er noch nicht. Zuerst galt es zu sondieren, wo er sich befand. War er in einer anderen Parawelt oder Pararealität gefangen? Sein Körper war auf jeden Fall nicht mehr stofflich. Er schwebte durch eine blaue Wolke. Hinter dieser war ein graues Nichts.

Der Pararealist fühlte sich verloren und hatte Angst, jedoch riss er sich zusammen. Er beschloss weiter zu schweben. Schließlich entdeckte der Terraner ein grünes Licht. Mutig ließ er sich dorthin treiben. Das grüne Leuchten wurde immer größer. Es umschloss den Pararealisten. Er verlor das Bewusstsein.

*

Als er wieder aufwachte, spürte er Schmerzen am ganzen Körper.

Er spürte Schmerzen am Körper?

Er spürte seinen Körper wieder!

Langsam öffnete der Japaner die Augen. Er blickte sich um und unterdrückte seine Angst. Er lag auf einer Holzliege. Das Haus, in dem er sich befand, kam ihm bekannt vor. Es war eine Holzhütte. Auf einem Tisch neben dem Bett standen etwas zum Trinken und einige Früchte. Er zögerte etwas davon zu nehmen, obgleich er großen Hunger verspürte.

»Greif ruhig zu, mein Freund!«, sagte eine freundliche Stimme.

Er kannte diese Stimme!

»Embuscade!«, gab er leise von sich.

Der Pararealist stand auf und sah zu seinem Para-Ich herüber. Die Konturen waren nicht mehr verzerrt. Das Gesicht vom Embuscade war genau zu erkennen. Er stand sich selbst gegenüber.

Er erinnerte sich, wie er sein Ebenbild das erste Mal getroffen hatte. Damals hatte er versucht mithilfe seines Ki die TARFALA wieder aus einer Raumzeitfalte zu befreien, doch sein Ki war pervertiert, wahrscheinlich durch das Eingreifen der Wesenheit Sinta. Dadurch machte er alles nur schlimmer und geriet in eine Parawelt, in der er gefangen war. Dort traf er Embuscade. Wie sich später herausstellte, war Embuscade sein Para-Ich.

Als beide nun wieder in seine Realwelt zurückkehrten, begann er sich aufzulösen und Embuscade stabilisierte sich in seinem Kontinuum. Er verlor seine stoffliche Existenz und verschwand schließlich aus seiner Realität. Doch nun traf er wieder auf Embuscade.

»Du solltest mich nicht mehr Embuscade nennen«, entgegnete sein anderes Ich amüsiert.

Der Pararealist wirkte verwundert. »Wie soll ich dich denn sonst nennen?«

»Am besten Sato Ambush!«

 

11. Wo und wann?

Perry Rhodan wachte auf. Er spürte einen stechenden Schmerz in seinem Kopf. Schwindelgefühle und ein leichter Brechreiz überkamen ihn, doch er riss sich zusammen. Rhodan befand sich noch immer in der Kommandozentrale. Der Terraner ließ erst einmal die letzten Momente Revue passieren.

Rhodan blieb dieses asteroidenähnliche Pflockraumschiff in Erinnerung. Er bezweifelte, dass dieses fremde Objekt zu den Saggittonen gehörte. Ebenso konnte er den Dolan, den er auf der Domizilwelt Dorocs gesehen hatte, nicht einordnen. Die Dolans galten als vernichtet. Wie konnte dann einer in der fernen Galaxis Saggittor auftauchen?

Ein Medoroboter unterbrach Rhodans Gedankengänge. Er erkundigte sich nach dem Wohlbefinden des Terraners. Rhodan gab knapp zurück, dass er in Ordnung sei.

Er versuchte erst einmal festzustellen, wo sie sich befanden. Die Nahabtaster wiesen jedoch weiterhin Fehlfunktionen auf und lieferten ein völlig unbrauchbares Bild der Umgebung.

Er resignierte kurz, dann versuchte er die Offiziere in der Zentrale aufzuwecken. Dieser Versuch blieb jedoch ebenfalls erfolglos. Rudocc, Sparks, Maskott, Moindrew und Holling blieben bewusstlos. Nur der stellvertretende Sicherheitschef Lichtern war zu sich gekommen. Uto Lichtern übernahm zusammen mit dem Ortungsleiter Garl Spechdt die Navigation der LONDON.

Rhodan wies die Medoroboter an, die Menschen in ihre Quartiere zu bringen und dort zu versorgen.

Er suchte den Somer Sam und den Saggittonen Aurec. Auch sie waren bewusstlos. Zusammen mit einem Medodroiden gelang es ihm, beide wieder aufzuwecken.

»Schön, dass wenigstens ihr aus dem Reich der Träume erwacht«, stellte Rhodan mit einem freundlichen Lächeln fest.

»Was ist passiert?«, wollte Aurec wissen.

»Keine Ahnung, mein Freund. Dieses Pflockraumschiff hat uns in einen seltsamen Nebel gehüllt, doch dieser ist verschwunden. Eines steht allerdings fest, wir sind nicht mehr im Nachbarsystem von Saggitton. Der Mond Ilton ist nirgendwo zu erkennen.«

Auch Aurec und Sam spürten die stechenden Kopfschmerzen. Sie ließen sich von den Robotern Kreislaufmedikamente injizieren.

Rhodan legte den Arm auf Aurecs Schulter.

»Es tut mir leid, was geschehen ist.«

Aurec atmete tief durch und blickte Rhodan entschlossen an.

»Wenn Dolphus dahinter steckt, wird er dafür bezahlen.«

Der Saggittone wandte sich ab und beobachtete sinnend die Projektion des galaktischen Hintergrundes. Plötzlich stutzte er.

»Die Konstellation der Sterne ist auch anders«, stellte er fest.

Dadurch wurde Rhodan veranlasst, sich ebenfalls die Projektion anzuschauen. Seine Augenlieder verengten sich. Er glaubte, einige der Sternenkonstellationen zu erkennen.

»Das kann doch nicht sein«, murmelte er.

Dann ging Perry zur Kommandostation und versuchte abermals die Orter zu aktivieren, doch wieder war das Ergebnis unbrauchbar.

»Verdammte Technik!«, stieß er wütend hervor und gab der Konsole einen Tritt.

Er rief die Syntronik.

»Hier ist das Notfallsystem der LONDON. Was kann ich für dich tun?«, fragte die Syntronik mit einer weiblichen Stimme.

»Kannst du die Nahorter wieder neu kalibrieren?«

»Negativ, die Sensorprogramme wurden durch einen unbekannten Virus geschädigt. Eine Reparatur ist nur durch eine völlige Neuprogrammierung möglich.«

»Also gut. Dann steuere den nächsten bewohnbaren Planeten an.«

Die LONDON nahm Fahrt auf. Sie passierte einen Asteroidengürtel. Rhodan befahl dem Schiff, zu stoppen. Er beschloss, erst einmal das Schiff innerhalb des Astroidenfeldes zu verstecken.

Die drei Erwachten suchten danach nach anderen Galaktikern, die nicht mehr bewusstlos waren. Sie fanden etwa zwanzig Leute, die wieder aufgeweckt werden konnten. Darunter auch Shel Norkat und Rosan Orbanashol. Auch der Galaxiskassenangestellte Ullryk Wakkner war bei Bewusstsein. Hingegen blieben Gaton, Attakus Orbanashol und viele andere in einem komaähnlichen Zustand.

Die zwanzig Galaktiker versammelten sich in der Kommandostation. Rhodan verteilte die Aufgaben.

»Wir haben noch nicht im Inhaftierungsblock nachgeschaut«, warf Rosan ein. Sie wusste genau, dass Wyll dort lag.

Zusammen mit Aurec, Sam, Spechdt und Rosan ging Rhodan in den Inhaftierungsblock.

Die »Kinder der Materiequelle« lagen auf dem Boden oder auf ihren Betten. Sie waren alle bis auf einen bewusstlos. Vater Dannos erhob sich, als er Rhodan sah.

»Ausgerechnet der ist wach«, stellte Sam bitter fest.

»Rosan!«, hörten die Vier aus einer anderen Ecke.

Rosan blickte sich um und erkannte Wyll. Auch er war bei vollem Bewusstsein. Sie rief seinen Namen und rannte zu ihm.

»Nein, bleib stehen!«, schrie Wyll.

Rosan stoppte abrupt. Sie hätte beinahe das Kraftfeld vergessen. Hätte sie es berührt, wäre sie wahrscheinlich paralysiert worden.

»Bitte stellt das Kraftfeld ab«, bettelte sie.

»Prollig wird schon seine Gründe gehabt haben, warum er Nordment inhaftierte«, legte Spechdt Einspruch ein. »Schließlich soll er angeblich Mitglied der Kinder der Materiequelle sein.«

»Das ist Unsinn. Attakus hat diese Sache eingefädelt, damit er mich zurückbekommt«, entgegnete die Arkonidin.

»Ich weiß nicht«, zierte sich der Ortungschef.

»Aber ich. Schalte das Energiefeld aus!«, befahl Rhodan.

Spechdt folgte dieser Anordnung. Es war inzwischen jedem klar, dass Perry Rhodan jetzt das Kommando übernahm, da er aufgrund seiner Erfahrungen sich mit Gefahrensituationen am besten auskannte.

Nachdem das Energiefeld erlosch, stürmte Rosan auf ihren Geliebten zu. Sie umarmte ihn stürmisch und entschuldigte sich dafür, dass sie am Anfang misstrauisch gewesen war.

Wyll erkundigte sich bei Rhodan über die momentane Lage.

»Es ist eindeutig, dass du einen guten Navigator brauchst. Ich melde mich freiwillig«, erklärte Wyll.

Rhodan akzeptierte sofort. Er kannte Wylls Fähigkeiten und vertraute ihm. Spechdt hingegen war wenig davon erbaut.

»Und welche Pläne hast du mit mir, Bruder Perry?«, fragte Dannos mit ruhiger Stimme.

»Keine«, antwortete Rhodan knapp. »Du bleibst hier.«

Dannos grinste diabolisch, dann setzte er sich wieder hin und begann zu meditieren.

Die anderen gingen auf die Kommandobrücke zurück. Rhodan übergab Wyll das Kommando über die LONDON. Seine erste Aufgabe war es, einen Planeten anzusteuern. Das Raumschiff verließ den Asteroidengürtel.

Rhodan betrachtete die gelbe Sonne des Systems. Er kannte diese Sonne. Er brauchte nur noch eine Bestätigung für seine Theorie.

»Wir erreichen einen roten Planeten«, gab Wyll Bescheid.

»Die Orter sind immer noch ausgefallen«, meldete Spechdt. »Ich schicke eine Sonde auf den Planeten.«

*

Die Sonde wurde von der LONDON ausgeschleust und erreichte den Orbit des Planeten innerhalb weniger Minuten. Die Daten wurden an die LONDON übermittelt. Rhodan betrachtete die übermittelten Bilder. Die rote Wüstenlandschaft war ihm nur zu gut bekannt.

»Der Mars!«, bemerkte er trocken.

Die anderen sahen ihn verwundert an. Sie machten einen ungläubigen Eindruck.

»Das ist definitiv der Mars«, beharrte Rhodan. »Die Sonde kann Gesteinsproben mitnehmen und mit den Datenbanken auf der LONDON vergleichen, wenn ihr mir nicht glaubt.«

Rhodan deutete auf einige Aufnahmen, die kleine Roboter darstellten. Ein Satellit umkreiste den Roten Planeten.

Sam hob beschwichtigend die Hände.

»Natürlich glaube ich dir. Das bedeutet, wir sind im Arresum?«

Rhodan schüttelte verneinend den Kopf. »Ich glaube nicht ...«

Sein Blick fiel auf einen der kleinen Roboter, der sich auf der Oberfläche befand. Er befahl der Sonde, den entsprechenden Bildausschnitt zu vergrößern. Schließlich füllte das Bild des kleinen Roboters die gesamte Holoprojektionsfläche. Ein Schriftzug war auf dem kastenförmigen Unterbau deutlich zu erkennen, den er nach einer kurzen Pause einwandfrei entziffern konnte. In der Sprache seines Geburtslandes, den USA, stand deutlich lesbar das Wort »PATHFINDER«.

 

12. Die Dualität des einen Ichs

Vor einigen Jahren …

Sato brauchte einige Zeit, um diese Aussage zu verarbeiten.

»Ich bin aber Sato Ambush, Embuscade!«, erwiderte er schließlich scharf.

Embuscade lachte laut auf. Er ging zum Tisch und nahm sich eine der Früchte. Genüsslich biss er hinein.

»Mein Freund, im gewissen Sinne bist du tot, zumindest für die in deiner Welt«, sagte er. »Du existierst jetzt in meiner Welt. Und in dieser Welt bin ich der Sato Ambush, demnach bist du nur der Abklatsch von mir.«

Diese Worte trafen den Pararealisten sehr hart. Er setzte sich wieder und grub das Gesicht zwischen seine Hände. Resignation machte sich breit.

»Kein Grund Trübsal zu blasen, mein Bruder. Ja, das sind wir – Brüder!«, gab Embuscade grinsend von sich.

Er wirkte zwar immer sehr nett und höflich, doch irgendetwas an ihm gefiel Sato nicht. Sein Ebenbild war nicht so freundlich, wie es sich gab.

»Und was soll ich jetzt tun?«, fragte Ambush ratlos.

Sein Para-Ich setzte sich zu ihm. Er schlürfte genüsslich den Inhalt der Frucht aus.

»Hm, ich denke, du kannst mir helfen.«

»Und wie?«

»Erkläre mir, welche Macht hinter diesem Zellaktivatorchip steckt!«

Sato überlegte einen Moment, dann erzählte er Embuscade von ES und den Zellaktivatorträgern. Es dauerte eine ganze Weile, bis er mit seinen Erzählungen fertig wurde, doch Embuscade hörte gespannt zu. Er schien sich für jedes einzelne Wort zu interessieren.

Als Sato geendet hatte, meinte sein Paraebenbild: »Demnach bin ich also relativ unsterblich. Das heißt, ich bin mächtig.«

Sato stimmte dem zu. Jedoch wies er ihn darauf hin, dass diese Macht nur zum Positiven eingesetzt werden durfte.

»Keine Angst, Bruder. Ich werde die Macht positiv für mich einsetzen«, erklärte sein relativ unsterbliches Ebenbild.

Sato gefiel der Unterton in dieser Aussage nicht, jedoch beschloss er vorerst, seinem Ebenbild zu vertrauen. Es blieb ihm auch gar nichts anderes übrig, da er in dieser, ihm fremden Realität gefangen war.

*

Wieder vergingen einige Jahre. Sato wusste nicht genau, wie viele es waren. Ein Tag war wie der andere. Er verbrachte seine Zeit mit Meditationen und versuchte wieder die Kontrolle über sein Ki zu erlangen. Oftmals scheiterten seine Versuche. Doch der kleine Japaner ließ sich nicht demoralisieren. Er lebte die ganze Zeit in der Hütte und dem umliegenden Gebiet.

In Embuscades Welt gab es keine Raumfahrt oder Technik. Es war ein Eremitendasein, welches Sato jetzt führen musste. Doch seine Gedanken waren stets bei seinen Freunden wie Perry Rhodan, Gucky, Atlan oder Icho Tolot.

Embuscade dagegen hatte sich im Laufe der Jahre immer mehr zum Negativen verändert. Vielleicht lag es an der vermeintlichen Macht, die ihm der Besitz des Zellaktivators verlieh, vielleicht trat aber auch die wahre Natur seines Para-Ichs immer mehr zutage.

Embuscade begann sich für materielle und körperliche Dinge zu interessieren und verlor zunehmend die Lust, sein Ki weiterzuentwickeln. Oft tauchte er in andere Parawelten ab und brachte Juwelen, Howalgonium und andere Schätze mit.

Ambush wusste ja nicht einmal, wo er sich befand. War er gefangen in seiner eigenen Pararealität oder lebte er in den Einbrüchen von möglichen Paralleluniversen, die durch die Unschärferelation aus dem Quantenvakuum gebildet wurden? Wenn eine Verbindung zum Multiversum bestand, wäre eine Flucht denkbar, wenngleich auch wenig realistisch gewesen.

Wo sollte er hin?

Sato bat sein anderes Ich oft, auch einmal mitzukommen zu dürfen, doch sein »Bruder« lehnte ab. Er wies den Pararealisten immer wieder darauf hin, wie unvollkommen er sei, und dass er nur von der Gnade seines Ebenbildes lebte.

Ambush hatte nicht die Kraft sich aufzulehnen. Er fühlte sich Embuscade weit unterlegen. Letztendlich hatte dieser Sato Ambush einen Zellaktivator bekommen, doch ihm blieb dieser durch ES verwehrt. Das zeugte tatsächlich von seiner eigenen Unvollkommenheit.

Sein Ebenbild dagegen beherrschte das Ki auch weitaus besser als er selbst. Jedoch setzte er es zum Negativen ein.

Eines Tages wollte Sato mit ihm sprechen.

»Bruder, mir ist eine Idee gekommen«, begann er.

»Was willst du?«, herrschte Embuscade wenig freundlich sein anderes Ich an.

»Du stammst doch aus einem anderen Universum. Einem, aus meiner Sicht, Paralleluniversum, korrekt?«

»Bin ich das? Oder bin ich ein künstliches Produkt einer von dir erschaffenen Pararealität? Sind wir beide wirklich oder nur wahnwitzige Sprösslinge deines Ki's? Oder bist du vielleicht nur die Illusion und eine von mir geschaffene Pararealität?«

»Beantworte es mir. Sind wir in unserer eigenen Pararealität gefangen und du entfliehst diesen nur durch neue, untergeordnete Pseudorealitäten oder haben wir den Bezug zu den Universen noch nicht verloren?«, wollte Ambush wissen.

Embuscade sah ihn verwundert an. »Wer wird denn so neugierig sein?«, fragte er amüsiert.

»Beantwortest du mir nun die Frage?«, drängte Sato.

Embuscade lehnte sich in einen Schaukelstuhl. Er wippte auf und ab. Dabei trank er ein Glas Vurguzz. Sato Ambush hatte inzwischen jeglichem Alkohol entsagt. Die Unterschiede zwischen den beiden Wesen wurden immer deutlicher.

»Nun«, begann Embuscade zögerlich. »Deine Fähigkeit eigene Pararealitäten zu schaffen und sich darin zu bewegen wurden instabiler und unzuverlässiger. Ich kenne das. Es war auch mir so ergangen. Ein natürlicher Prozess. Ich begab mich dann auf die Suche nach anderen Para-Ichs und wurde zum Reisenden durch Paralleluniversen.«

Ambush verstand sein Gegenüber nicht richtig.

»Du bist kein Produkt meiner pararealistischen Versuche?«

Embuscade lachte.

»Nein, das bin ich nicht. Aber ich habe das dich und all die anderen uns glauben lassen. Es lief immer nach dem gleichen Prinzip ab. Wir haben uns einen Spalt in einem Einbruch eines Paralleluniversums geöffnet, während ihr damit beschäftigt gewesen wart, eine Pararealität für uns zu erschaffen.«

Langsam verstand Ambush. Die Verknüpfung der Existenzebenen einer pararealen Realität waren enger mit den Paralleluniversen des Multiuniversums verknüpft, als er angenommen hatte.

»Was ist aus deinem Ursprungsuniversum geworden?«

Embuscade zögerte etwas, bevor er auf diese Frage antwortete.

»Die Unsterblichen in meinem Paralleluniversum existieren nicht mehr«, erklärte er.

»Was war passiert?«

»Nun, sie bauten sich ein großes Imperium auf, doch zerstritten sich untereinander. Es endete damit, dass sie sich gegenseitig töteten. Ich glaube, ich bin der Letzte von denen. Ich zog mich aus dem Universum zurück, weil ich es für langweilig und ausgebrannt hielt. Und um uns woanders zu suchen. Die Macht des Pararealismus und die Gabe dadurch zwischen den Universen zu reisen, ist begrenzt. Unsere Kraft schwindet. Aber ich habe einen Weg gefunden …«

Er begann zu lachen. Er warf das Glas weg und begann die Flasche zu leeren.

»Aber ist die Wirkung deines Zellaktivators nicht an das jeweilige Universum gebunden?«

»Das dachte ich zuerst auch, aber dem ist nicht so. Überall bin ich relativ unsterblich. Ich verfüge überall über die Macht.«

Er schwang die Flasche hin und her.

Sato begann diesen Embuscade zu verachten. Auch wenn er im Grunde genommen sein Ebenbild war, so waren sie doch unglaublich verschieden. Sato war ein friedliebender Mensch, der den Wesen helfen wollte. Embuscade hingegen benutzte sie allem Anschein nach nur.

Offenbar hatte Embuscade aka Sato Ambush also die Instabilität von Ambush Fähigkeiten ausgenutzt. Das brachte Sato auf den Gedanken, dass Embuscade ihm begegnen wollte.

Doch wieso?

»Aha, du sinnierst über das warum. Wir wissen, was wir denken. Sind wir nicht alle Sato?«

Embuscade sprang auf.

»Wir wollen es uns erklären. Die Psi-Kraft des Ki schwindet, je öfter wir eine Pararealität öffnen. Deshalb müssen wir uns bei uns aufladen. Wir suchten uns und fanden uns schon einige Male. Ich bin ich und doch bin ich wir. Ihr vergingt in uns, damit wir weiter existieren können und genügend Psi-Kraft besitzen. So wird es dir auch ergehen. Du wirst uns werden. Es geht auch ganz schnell!«

Jetzt erst begriff Sato Ambush. Embuscade war ein Jäger. Er reiste durch die Pararealitäten, die von seinen verschiedenen Para-Ichs in den entsprechenden Paralleluniversen geschaffen wurden. Embuscade suchte andere Sato Ambushs und schien sie am besten zu finden, oder womöglich erst dann Zugang zu ihnen zu erhalten, wenn diese eine Pararealität erschaffen hatten. So hatte dann Embuscade ihn in eine andere Existenzebene gerissen und aus seinem Universum entführt.

Und der Zweck war klar. Er wollte, dass beide Para-Ichs sich vereinigten, in der Hoffnung, die restliche Psi-Kraft des schwächeren Bruder-Ichs zu absorbieren.

Wie viele andere Sato Ambush hatte Embuscade bereits auf dem Gewissen?

Er war nichts weiter als ein Psi-Junkie.

»Genug mit diesem Kaffeeklatsch. Wir haben wichtige Dinge zu erledigen. Wartet nicht auf uns«, verabschiedete sich Embuscade und tauchte mit der Hilfe des Ki in eine andere Pararealität ein.

Sato nutzte die Zeit, um weiter an seinem Ki zu arbeiten. Er wusste, dass es eines Tages zu einer Konfrontation mit seinem negativen Ebenbild kommen würde, darauf musste er vorbereitet sein.

*

Embuscade kam nach einigen Stunden wieder, doch er war nicht allein. Er brachte zwei Frauen mit sich.

Sato konnte die Frauen als wohl terranisch identifizieren. Sie waren nur knapp bekleidet und der Pararealist konnte sich denken, woher sich Embuscade diese Frauen geholt hatte.

Alle drei machten bereits einen angeheiterten Eindruck.

»Hey, Satolein!«, lallte Embuscade, der offensichtlich, trotz Zellaktivatorchip, unter Alkoholeinfluss stand.

Sato näherte sich den drei Gestalten.

Embuscade wandte sich den beiden Frauen zu. »Das ist unser kleiner Bruder, Satolein II.«

Satolein II – welch eine Demütigung durch Embuscade!

Sato riss sich jedoch zusammen. »Meine Damen«, begrüßte er sie knapp und verbeugte sich im japanischen Stil.

»Hi!«, hauchten beide Frauen gleichzeitig.

»Naja, jetzt kannst du wieder sauber machen. Wir haben ... zu arbeiten«, meinte Embuscade amüsiert und ging mit den beiden Frauen aus einer Pararealität in sein Schlafgemach.

Sato arbeitete die ganze Nacht an seinen Fähigkeiten und schließlich gelang es ihm, sein Ki wieder zu kontrollieren. Noch wagte er keinen Wechsel in mögliche Pararealitäten, doch er fühlte, dass er bald wieder dazu in der Lage sein würde.

Er musste Embuscade entkommen. Vielleicht war er ein Gefangener in einer Pararealität von Embuscade. Sie galt es, zu durchdringen. Doch dann war er vielleicht immer noch in diversen Existenzebenen oder gar im Strudel der Multiversen gefangen.

Wie sollte er jemals zurück in seine eigene Realität finden?

*

Am nächsten Abend ging Embuscade wieder »tauchen«. Diesmal beschloss Sato, ihm zu folgen. Er konzentrierte sich und tauchte in ein anderes Kontinuum ein.

Von diesem Kontinuum, das eine Art Multiuniversum darstellte, konnte er in beliebig viele eingelagerte Universen und andere Realitäten eindringen. Sein Ki verhalf ihm dazu. Auch schirmte ihn dieses gegen den Strangenessschock ab, der beim Wechsel in ein Paralleluniversum auftrat.

Sato war sich jedoch immer noch darüber unklar, ob der gleiche Effekt, wie in seinem Universum, auch in den anderen Parawelten auftreten würde. Er hatte Angst, dass er sich auch in einem anderen Paralleluniversum mit der Zeit auflösen würde, so wie er es in seiner Realität geschehen war.

Möglicherweise war das alles aber auch nur ein Trugschluss, denn wenn er sich in einer abgeschotteten Pararealität von Embuscade befand, gab es kein Entrinnen. Er würde sich dann nur in einer abgetrennten Pararealität eines anderen Universums befinden, jedoch nicht in der gültigen Realität, welche immer das auch war. Er musste die Grenzen der verschiedenen Pararealitäten austesten.

Als Pararealist betrachtete Ambush die Wirklichkeit als rein subjektiv, als eine von unendlich vielen möglichen Ausdrucksformen des Multiuniversums. Unter bestimmten Umständen, etwa durch die Einwirkung eines psionischen Feldes, wurde die bekannte Wirklichkeit durch eine Ausdrucksform abgelöst, die dem Menschen als unwirklich erschien. Für einen Pararealisten hatte aber diese Wirklichkeit genauso viel Realität. Wenn es ihm gelang, aus der Pararealität von Embuscade zu entfliehen, konnte er vielleicht endlich seine alte Realität finden.

*

Sato Ambush ließ es auf einen Versuch ankommen. Er konnte seinen »Bruder« fühlen und folgte ihm. Embuscade tauchte in einen Strang, der ihn in ein Paralleluniversum brachte. Auch Sato tauchte in diesen Strang ein, in der Hoffnung, dass Embuscade ihn nicht bemerken würde.

Der Übergang in ein anderes Universum bewirkte ein seltsames Gefühl, das Sato seit mindestens einer Dekade nicht mehr gespürt hatte.

Er verstofflichte in einer Gasse und trug wieder seinen Kimono. Der Pararealist blickte sich um.

Bis jetzt konnte er nicht viel feststellen. Er beschloss weiterzugehen. Die Gegend wurde von Hochhäusern bedeckt. Sie wirkten jedoch sehr arm. Sato hörte Musik. Er sah in die Richtung, von wo er die Musik zu hören glaubte. Dort spielten einige dunkelhäutige Jugendliche ein Ballspiel, das Sato als Basketball erkannte. Demnach befand er sich wohl auf Terra. Die Frage war nur – in welcher Zeit und in welcher Wirklichkeit?

Sato ging durch die Straßen und musterte die Menschen. Er erkannte keinerlei Zeichen dafür, dass irgendwelche Außerirdische anwesend waren. Auch die Mode und die Bauten wiesen darauf hin, dass dies eine Erde vor der Zeit Perry Rhodans sein musste. Das Viertel wirkte arm und schäbig. Sato hatte von solchen Slums schon gelesen. Es hatte solche bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts auf der Erde gegeben. Also vor der Zeit Rhodans und der Dritten Macht.

Diese Menschen entsprachen aber auch nicht den Beschreibungen der Menschen aus dem 20. Jahrhundert. Sato hatte viel über diese Zeit gelesen. Die späten 60er und frühen 70er Jahre galten als »Hippie-Zeit«. Irgendwie stellte er sich die Hippies jedoch anders vor. In den Büchern und Datenträgern las er von Leuten mit Blumenhemden und langen Haaren. Die Afroterraner jedoch waren anders gekleidet gewesen. Auch die anderen Menschen. Einige entsprachen in abgeänderter Weise der Mode der 70er Jahre.

Sato wurde allerdings von seinen Überlegungen abgelenkt, als er Embuscade entdeckte. Sein Ebenbild trug einen Serun und war mit einem leichten Desintegrator bewaffnet.

Er feuerte damit auf das Schaufenster eines Juwelierladens. Die Scheibe verwandelte sich in molekulares Gas. Embuscade schlug den Besitzer und zwang ihn, ihm sämtlichen Schmuck und wertvolle Edelsteine zu übergeben.

Sato war von dieser Aktion zutiefst angewidert. Er selbst war stets bemüht, die Gesetze einzuhalten und sich zum Wohl der Menschheit einzusetzen. Doch Embuscade schien seine Macht auszunutzen. Er genoss es, den armen Menschen zu schikanieren

Ambush hatte genug gesehen. Er beschloss, wieder zu Embuscades Welt zurückzukehren.

Dort wartete er einige Stunden, bis sein »Bruder« wieder zurückgekommen war. Embuscade trug immer noch den Serun und schleppte einige Beutel mit sich, die wahrscheinlich von seinem Raubzug stammten.

Sato stellte sich mit verschränkten Armen vor seinen Para-Zwilling.

»Was sollte das?«

Embuscade lachte. »Du bist mir also gefolgt«, sagte er grinsend und fügte spöttisch hinzu: »Ich bin etwas enttäuscht von dir. Ich hätte gedacht, du würdest deine Fähigkeiten früher zurückbekommen. Doch das zeugt wohl von deiner Minderwertigkeit.«

Sato trafen diese Worte wie Nadelstiche. Wieder versuchte Embuscade ihn zu demütigen, und seine Überlegenheit in den Vordergrund zu stellen.

»Ich bin es leid, deine ewigen Demütigungen über mich ergehen zu lassen!«, entgegnete Sato scharf.

»Soso. Wenn ich nicht für dich da gewesen wäre, wärst du irgendwo im Nichts gestrandet und gestorben. Ich habe dir das Leben gerettet. Ohne mich bist du nichts!«

Ambush wusste, dass sein Para-Ich im Grunde recht hatte, doch das entschuldigte nicht seine Vorgehensweise. Vielleicht schätzte er sein Para-Ich auch verkehrt ein? Es war fatal, ihm zu unterstellen, er würde Jagd auf die anderen Sato Ambush machen. Sato hatte keinerlei Beweise dafür.

Das Leben in Pararealitäten vermochte den wachen Verstand durchaus zu trüben. Sato sollte Verständnis mit Embuscade haben. Embuscades Gewaltakte waren vielleicht nur der Ausdruck seiner inneren, traurigen Zerrissenheit.

Sato ging auf seinen Para-Ich-Bruder zu.

»Ich bin dir auch dankbar dafür, Embuscade. Aber das rechtfertigt dein Vorgehen nicht. Du darfst deine Macht nicht ausnutzen«, mahnte der Pararealist. »Auch wenn die Zellaktivatorträger in deinem Universum wahrscheinlich negativer Natur waren, musst du nicht auch so reagieren. Der Chip in deiner Schulter verpflichtet dich zu etwas. Du musst das Leben aller Wesen achten und dich für ihre Rechte einsetzen!«

Embuscade machte ein trauriges Gesicht. Er grub das Gesicht in seine Hände und schluchzte. Sein Körper zitterte.

Sato fühlte nun Mitleid mit seinem »Bruder«. Er legte den Arm um ihn.

»Ist schon gut«, sagte er sanft.

Embuscade begann hell aufzulachen. »Reingelegt!«, schrie er und lachte lauthals.

Sato resignierte innerlich.

»Mich interessieren diese Ameisen einen Dreck. Ich habe die Macht in verschiedene, Realitäten, Universen und Zeiten einzutauchen und das für immer. Ich bin wie ein Gott. Warum sollte ich diese Macht nicht nutzen?«

»Weil es Unrecht ist.«

»Sagst du. Aber wir machen dir einen Vorschlag. Ich lasse euch daran teilhaben. Die Satos machen alle Paralleluniversen unsicher. Wir und ihr können Sternreiche aufbauen und zerstören. Alle Schätze der Universen sogar doppelt besitzen und Millionen von Frauen würden uns zu Füßen liegen. Wäre das nicht ein tolles Leben?«

Ambush schüttelte den Kopf. »Es ist nicht das Leben, wonach ich strebe.«

»Wonach strebst du dann?«, wollte Embuscade wissen.

»Ich will wieder nach Hause. Ich will wieder in meine Realität. Und ich glaube, nur du kannst mir helfen«, erklärte der Japaner.

»Wir haben den Bezug zu deiner Realität verloren. Wir sind dort an eure Stelle getreten. Selbst wenn ihr eure Welt in den Wirren der vielen Parauniversen wiederfinden würdest, könntest du dich dort nicht manifestieren.«

»Aber ich konnte mich doch auch in dem anderen Universum manifestieren«, wandte Ambush ein. »Warum dann nicht in meinem Universum?«

Embuscade entledigte sich seines Seruns.

»Deine Strangeness hat sich geändert. Die Effekte der Raumzeitfalte und die Einflüsse dieser Sinta haben das bewirkt. Du bist zu einem Neutrum für dein Universum geworden. Es kann dich nicht mehr richtig erfassen. Jedoch muss das nicht für andere Paralleluniversen gelten. Für einige auch, aber nicht für alle. Deshalb, sieh es doch ein, ist es hoffnungslos. Wir werden niemals mehr zurückkehren.«

Sato war zutiefst enttäuscht über diese Aussage. Aber Embuscade hatte recht. Es war hoffnungslos. Er war in dieser Welt für immer gefangen. Zwar hatte er die Möglichkeit in einige andere Paralleluniversen »abzutauchen«, doch es war nicht dasselbe, wie sein eigenes Universum. Selbst wenn er sich in eine Pararealität flüchtete, es war vergeblich. Nie wieder hatte er die Möglichkeit seine Freunde wiederzusehen. Embuscade hatte recht, Sato musste sich in sein Schicksal ergeben.

*

Es vergingen wieder einige Jahre. Sato begann älter zu werden. Seine Haare wurden weiß. Er gab den Versuch auf, in sein altes Universum zu kommen. Er meditierte viel und festigte seine Fähigkeiten das Ki wieder zu kontrollieren.

Ambush unternahm nur noch wenige Auflüge in andere Universen und Realitäten. Auch mied er Embuscade. Oftmals hatten sie sich gestritten, doch Embuscade setzte Ambush immer wieder unter Druck.

Der Japaner war ziellos und deprimiert.

Wenn er in andere Universen ging, dann meist in das alte Japan. Dort fühlte er sich wohl. Auch wenn ihn dies nicht über den Verlust seiner Realwelt hinwegtrösten konnte.

Wieder tauchte Embuscade aus einem seiner Abenteuer auf. Diesmal hatte er, wie so oft, eine Frau mitgebracht. Doch diese war anders. Sie war noch nicht einmal achtzehn Jahre alt. Sie war sehr schön und attraktiv, doch sehr jung eben.

Außerdem wehrte sie sich. Sie versuchte sich von Embuscade loszureißen.

Sato ging auf die beiden zu.

»Wieder eine neue Nymphe?«, fragte er sarkastisch.

»Schweig«, schrie ihn Embuscade an. Er zog das Mädchen an den Haaren in die Hütte und warf sie auf sein Bett.

Sato folgte ihnen. »Es sieht so aus, als wolle sie nicht. Außerdem ist sie noch ein Kind. Lass sie bitte laufen, Embuscade!«

Embuscade hörte nicht auf ihn. Er versuchte das Mädchen zu küssen, doch sie biss ihm in die Hand. Er schlug sie.

Als er wieder ausholen wollte, griff Sato seine Hand und verhinderte den zweiten Schlag. Embuscade war wütend darüber.

»Wie können wir es wagen, du Wicht!«, schrie er. Er formte aus dem Nichts eine Kugel psionischer Energie, die er nach seinem Ebenbild warf.

Sato wurde von der Energie erfasst und zu Boden geschleudert. Er verlor das Bewusstsein. Im Unterbewusstsein vernahm er jedoch die Schreie des Mädchens.

Nach längerer Zeit wachte Ambush wieder auf. Die Schreie waren verstummt. Er stand auf und ging ins Schlafzimmer von Embuscade. Dort lag das Mädchen nackt auf dem Bett. Sie hatte die Augen weit geöffnet und die Arme voneinander gestreckt. Ihr Mund war halb offen. Ihr Hals war von roten Würgemalen gezeichnet. Sato begriff, dass sie tot war.

Embuscade hatte sie getötet. Er hatte einen Mord begangen.

In Sato Ambush steigerte sich die Wut über sein Para-Ich. Er rannte schreiend aus dem Raum. Dann sah er Embuscade, der auf einem Hügel hockte und etwas aß. Sato rannte brüllend auf ihn zu. Er formte ebenfalls eine Kugel aus Psi-Energie und projizierte diese auf Embuscade, der vom Hügel geschleudert wurde.

»Du hast sie getötet!«, rief Ambush fassungslos.

Embuscade rappelte sich wieder auf. »Sie hatte es nicht anders verdient«, sagte er teilnahmslos. »Sie wollte uns nicht das geben, was ich wollte. Als sie Zicken machte, haben wir sie erwürgt, und? Sie war eine Schabe. Ihr Leben war unwichtig.«

»Du bist ein Monster!«, brüllte der Pararealist und entlud eine weitere Ladung Psi-Energie auf Embuscade. Dieser fiel ächzend zu Boden.

Dann stand er wieder auf. Wahnsinn und Verachtung standen in seinen Augen.

»Wenn du dich mit mir messen willst, dann mach das. Ich werde dir eine Lektion erteilen, die dir deine Minderwertigkeit beweisen wird!«, kreischte Embuscade zähnefletschend.

Er rannte in seine Hütte und legte den Serun an. Er nahm den Desintegrator und schoss auf Ambush. Dieser nahm hinter einem Felsbrocken Deckung. Doch Embuscade konnte ihn überall finden.

Die Verfolgung ging durch die ganze Welt Embuscades.

Immer wieder konnte der Pararealist nur knapp den tödlichen Schüssen ausweichen. Es blieb ihm keine andere Wahl als die Flucht in das Multiversum. Dort hatte er die Möglichkeit, in andere Wirklichkeitsstränge einzutauchen und so Embuscade zu entkommen. Sato konzentrierte sich, als er hinter einem Felsen Schutz suchte.

»Komm heraus, du elender Narr«, tobte sein Ebenbild. »Wir haben doch keine Chance gegen uns. Ich werde auch gnädig mit uns umgehen. Vielleicht lassen wir dich am Leben. Oder wir nehmen uns brav die Psi-Energie des Ki! Dann sind wir auf ewig vereint. Es geht auch schnell, hörst du?«

Sato glaubte ihm jedoch kein Wort. Sein Ebenbild war im Laufe der Jahre völlig verrückt geworden.

Jetzt blieb nur die Flucht in ein anderes Kontinuum. Sato löste sich langsam auf und beschritt den Weg in das Multiversum. Embuscade nahm die Verfolgung auf.

 

13. Zeitreise

Die wichtigsten Leute hatten sich in einem Konferenzraum zusammengefunden. Es waren Rhodan, Sam, Aurec, Wyll Nordment, Rosan Orbanashol und Garl Spechdt.

»PATHFINDER sagt mir nichts«, musste Rhodan gestehen. »Die US-Space-Force hatte keine Sonde zum Mars geschickt. Von den Sowjets kann sie auch nicht stammen, da die wohl den Namen in kyrillischer Schrift schreiben würden ...«

»Du gehst also davon aus, dass wir uns in der Vergangenheit der Erde befinden?«, folgerte Sam aus den Erklärungen Perry Rhodans.

»Richtig. Das wäre die einzig logische Schlussfolgerung. Der Mars liegt im Arresum und nicht mehr im Solsystem. Ebenfalls haben wir bis jetzt keinerlei Raumfahrt im System geortet. Alles spricht dafür, dass wir uns in der Vergangenheit befinden.«

»Aber wann genau?«, wollte Wyll Nordment wissen.

»Das weiß ich eben nicht«, gestand Rhodan. »Ich nahm an, wir würden uns vor dem Jahre 1971, also vor Gründung der Dritten Macht befinden, doch dieser PATHFINDER-Roboter verunsichert mich.«

Aurec ergriff nun das Wort. »Was ist, wenn du dich irrst oder etwas verwechselst?«

Rhodan warf ihm einen strafenden Blick zu. »Ich bin zwar schon alt, aber nicht senil! Ich weiß genau, dass wir keine Sonde zum Mars geschickt haben. Damals hatten wir unsere gesamten finanziellen Mittel für den Flug zum Mond eingesetzt, für eine Marsmission hätten wir einfach keine Finanzierung zusammenbringen können. Die war erst für viel später vorgesehen, aber dann stießen Bully und ich bekanntermaßen auf die Arkoniden.«

Aurec hob entschuldigend die Hände. Dann stand er auf und ging zu der Holoprojektion des Schiffumfeldes. Er starrte hinaus zu den Sternen. Rhodan sah ihm an, dass er völlig fertig war. Er hatte den Tod seiner Familie noch lange nicht überwunden.

»Am besten wir fliegen zur Erde. Nur dort können wir Gewissheit bekommen«, meinte Sam.

Rhodan stimmte ihm zu.

Er wandte sich Wyll zu. »Wyll, du musst die LONDON in den Orbit Terras bringen. Möglichst unauffällig. Sie besaßen damals bereits Radar und Teleskope. Wer weiß, was hier sonst noch anders ist. Sei also bitte vorsichtig.«

Wyll Nordment verstand schnell. »Keine Sorge, ich mache das schon«, erklärte er und ging mit Rosan und Spechdt auf die Kommandobrücke.

Zurück blieben Rhodan, Aurec und Sam. Der Saggittone starrte immer noch auf die Holoprojektion. Er machte ein betrübtes Gesicht.

Rhodan sah kurz zu Sam, dann ging er zu Aurec und legte seine Hand auf dessen Schulter.

»Ich weiß, wie sehr es schmerzt, wenn man Menschen verliert, die man liebt. Es brennt einen aus. Man möchte am liebsten auch sterben.«

Aurec versuchte die Tränen zurückzuhalten, doch seine Augen wurden wässrig. Er wandte sich dem Terraner zu.

»Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie nicht mehr da sind. Vor einigen Diat war noch alles in Ordnung, doch nun sind sie tot. Sie wurden grausam ermordet. Und ich konnte ihnen nicht helfen. Ich konnte mich nicht einmal von ihnen verabschieden«, stotterte der Saggittone mit brüchiger Stimme.

Er versuchte sich wieder zusammenzureißen.

Rhodan überlegte kurz. Es war schwer, aufbauende Worte zu finden.

»Ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe weiterzumachen. Alles ist so sinnlos geworden«, meinte Aurec melancholisch.

Rhodan winkte ab. »Nein, dein Leben ist nicht sinnlos. Ich kenne dieses Gefühl, sich aufzugeben. Doch man darf ihm nicht nachgeben! Solange es Lebewesen gibt, die Hilfe brauchen, ist unser Leben nicht sinnlos. Solange es noch Lebewesen gibt, für die es sich lohnt weiterzumachen, ist dein Leben nicht ohne Sinn! Denk an die Saggittonen.«

Diese Worte waren eindringlich. Aurec wandte sich wieder dem Fenster zu. Sein Volk war ein Grund. Die Rache war ein weiterer. Dolphus sollte dafür büßen!

Er fasste wieder Mut. Als er sich Rhodan zuwandte, strahlte sein Gesicht wieder Zuversicht und Hoffnung aus.

»Du hast recht, mein terranischer Freund. Es gibt noch Dinge, für die es sich lohnt weiterzumachen. Du kannst wieder voll und ganz auf mich zählen!«

Rhodan lächelte. »Genau das wollte ich hören, mein saggittonischer Freund!«

Er schlug ihm freundlich auf die Schulter.

Sam mischte sich nun ein. »Zuerst müssen wir jedoch klären wo und wann wir sind. Dann müssen wir versuchen, wieder in unsere Zeit zurückzukommen.«

Rhodan wusste, dass der Somer recht hatte. Die Lage war verwickelt. Dieses seltsame Pflockraumschiff hatte sie in die Vergangenheit versetzt. Doch sie besaßen keine Möglichkeit, selbst die Zeit zu manipulieren. Demnach bestand keine Möglichkeit, wieder zurückzukehren.

Ebenfalls stellte sich die Frage, wer überhaupt das Pflockschiff befehligte ...

*

Rodrom betrat den Raum und begann übergangslos zu sprechen: »Rhodan sitzt in meiner Falle fest. Es wird Zeit, dass wir die Jagd eröffnen.«

Sein Blick fiel auf die fünf Kämpfer. Sie brannten darauf den Terraner zu vernichten.

Der Lare Melsos Berool war der Anführer der Gruppe. Er war das raffinierteste und stilvollste dieser Wesen. Der mächtigste Vertreter Rodroms Eliteeinheit war zweifelsohne der Zeitpolizist Ark Thorn. Der Riese sprach wenig. Er stand meist ruhig herum und führte seine Befehle aus.

Alle waren Angehörige eines Volkes, welches mit Perry Rhodan im Kontakt gestanden hatte.

Genau aus diesem Grund hatte Rodrom sie ausgewählt. Sie besaßen die nötige Aggressivität, um einen Perry Rhodan und seine Gefährten zu vernichten.

Jeder von den fünf stand unter Spannung. Jeder brannte darauf, endlich gegen Perry Rhodan eingesetzt zu werden. Auch erhoffte sich jeder von ihnen, selbst den Ruhm zu erlangen, den Unsterblichen getötet zu haben.

Der Rote sprach: »Ihr werdet euch nun in den Dolan begeben und durch unser Raum-Zeit-Portal fliegen. Dann erreicht ihr eine Erde. Dort werdet ihr Rhodan jagen und ihn zur Strecke bringen!«

Die Fünf bestätigten den Befehl.

»Es wird uns ein Vergnügen sein!«, versicherte Berool.

Rodrom verspürte Genugtuung. Seine Stunde hatte geschlagen. Er konnte es kaum erwarten, seinem Herren die Überreste Rhodans zu präsentieren.

Die fünf Kämpfer bestiegen den Dolan und flogen durch das Raum-Zeit-Portal. Dieses brachte sie in ein anderes Universum und in eine andere Zeit.

Der Auftrag war klar: Perry Rhodans Tod!

*

Die LONDON aktivierte den Ortungsschutz, als sie den Mond passierte.

Wyll stand auf der Kommandobrücke und steuerte das Schiff manuell. Er misstraute inzwischen der Syntronik zu sehr.

Rosan stand neben ihm und versuchte sich mit den Apparaturen der Funkanlage vertraut zu machen. Spechdt saß an der Ortung und fluchte, da diese mal wieder nicht funktionierte.

Lichtern half Nordment beim Navigieren.

»Wir können die Umgebung des Schiffes nur in einem Radius von etwa 100.000 Kilometern genau erfassen!«, erklärte er verstimmt.

»Daran können wir im Moment nichts ändern. Wir müssen uns damit eben abfinden«, meinte Wyll.

Spechdt verdrehte die Augen und konzentrierte sich anschließend wieder auf die Ortung.

»Ich hab da etwas auf dem Schirm. Eigentlich eine ganze Menge«, meldete er.

Wyll ging zu ihm und betrachtete den Bildschirm.

»Was sind das für Raumschiffe?«, wollte er wissen.

Spechdt schüttelte den Kopf. »Nein, das sind keine Schiffe. Das sind Satelliten, Teleskope und eine Raumstation.«

Rosan informierte inzwischen Perry Rhodan, der schnell zusammen mit Aurec und Sam in die Kommandozentrale kam.

»Die Satelliten und Teleskope waren nichts Ungewöhnliches. Aber es gab damals sicher keine Raumstation«, berichtete der Zellaktivatorträger.

Rosan versuchte den Funkverkehr abzuhören. Sie verzog das Gesicht.

»Wenig Funkverkehr, aber von der Station geht etwas aus. Jedoch verstehe ich kein einziges Wort!«

Rhodan ging zu ihr und hörte sich den Funkverkehr an. Er schmunzelte.

»Das ist Russisch. Demnach dürfte es sich um eine sowjetische Station handeln.«

Perry lauschte eine Weile den Funkgesprächen.

»Anscheinend haben sie einige Probleme mit den Sauerstofftanks. Aber sie bekommen das wohl unter Kontrolle. Der Name der Station lautet MIR.«

Rhodan gab den Befehl an der MIR vorbeizufliegen und in den Orbit um die Erde zu gehen. Sie lauschten weiter dem Funkverkehr und klinkten sich in den multimedialen Bereich der Erde ein. Sie sahen TV und forschten im Internet herum.

»Ziemlich primitiv«, stellte Wyll fest.

»Die Filme gefallen mir«, fand Rosan amüsiert.

Die zwanzig Besatzungsmitglieder hatten sich durch Hypnoschulung die Hauptsprachen der Erde beibringen lassen. Sie konnten nun fünf terranische Sprachen sprechen. Es waren Englisch, Deutsch, Russisch, Spanisch und Französisch. Die Zeit reichte jedoch nicht, um alle Sprachen vollständig zu übermitteln. So war bei den letzten drei Sprachen nicht der volle Wortschatz übermittelt worden.

Rhodans Miene verfinsterte sich, als er die genaue Zeit herausfand, in der sie sich befanden – Juni 1998!

»Jemand muss die Vergangenheit verändert haben«, meinte Sam.

»Also ein Zeitparadoxon«, erklärte Aurec.

Rhodan schüttelte den Kopf. »Dann würden wir nicht hier sein. Wenn tatsächlich jemand verhindert hätte, dass die Dritte Macht entstand, dann wären wir einfach aufgelöst worden!«

»Nicht unbedingt!«, warf der Somer ein. »Was ist, wenn dieser Nebel uns vor einem Paradoxon schützte? Dann würde alles seinen Sinn ergeben.«

Rhodan war jedoch noch immer skeptisch. »Wir müssen auf die Erde, um das herauszufinden. Wir stellen ein Team zusammen. Ich, Sam und Aurec werden das übernehmen.«

»Ich will auch mit!«, hörte Rhodan eine weibliche Stimme aus dem Hintergrund rufen. Es war Shel Norkat. Sie pendelte zwischen Bewusstlosigkeit und wachem Zustand. Die Medoroboter konnten sie anscheinend wieder stabilisieren.

Sie ging zu Aurec und küsste ihn leidenschaftlich. Sam begann sich laut zu räuspern. Schließlich beendete sie die intensive Knutscherei.

»Ich habe dich vermisst, Liebling«, flüsterte sie in sein Ohr.

»Ich glaube nicht, dass die uns eine Hilfe ist!«, stellte Sam mürrisch fest. Rhodan bemerkte, dass er anscheinend so seine Probleme damit hatte, wenn Menschen ihre Liebe so offen zeigten. Der Somer war sehr konservativ. Das bewies er nun schon des Öfteren.

Rhodan winkte ab. »Nehmen wir sie mit. Wir haben sowieso nicht die Möglichkeit wählerisch zu sein.«

Auch Aurec stimmte zu. Er brauchte Shels Nähe. Vielleicht war sie die Einzige, die ihm über den Verlust seiner Familie hinweghelfen konnte.

Rhodan übergab Wyll das Kommando. Er und Rosan sollten zur Sicherheit an Bord der LONDON bleiben. Rhodan hatte ein ungutes Gefühl, er wollte die LONDON in fähigen Händen wissen.

Zuerst suchte die Gruppe nach Kleidungsstücken, die in die Mode des 20. Jahrhunderts passten. Perry Rhodan trug neben einem weißen Hemd, eine schwarze Jeans und eine braune Lederjacke.

Aurec kleidete sich ebenfalls recht schlicht, während Shel eine doch recht aufreizende Kombination aus einer engen Lederhose und einem ebenfalls recht knappen, bauchfreien Oberteil trug.

»Wir gehen in eine kosmische Mission und nicht zur Peepshow, Miss Norkat!«, schnauzte Sam sie an.

Aurec machte einen wütenden Eindruck. Rhodan mischte sich rechtzeitig ein.

»Ich glaube, so etwas tragen die Frauen eben. Es gibt Wichtigeres zu überlegen. Was machen wir mit dir? Es gibt hier wohl keine Außerirdischen. So etwas wie du kam damals in den Zoo.«

»Sehr witzig«, entgegnete der Somer. »Ich werde eine Kapuze tragen und einen Schal vor dem Schnabel. So dürfte mich keiner erkennen. Liliputaner gibt es auf diesem Planeten. Die Mode ist zudem sehr vielfältig. Ich dürfte also nicht auffallen.«

Rhodan nickte lächelnd.

Die kleine Gruppe begab sich zur Space-Jet. Der Ortungsschutz wurde aktiviert. Das Raumschiff startete und flog auf die Erde.

»Wir werden zuerst nach Nordamerika fliegen«, beschloss er. »Vielleicht bekommen wir dort einige aufschlussreiche Informationen. New York wird unser erstes Ziel sein. Schon damals war die Stadt eine Metropole.«

*

Die Space-Jet flog getarnt auf die Stadt zu. Sie landete außerhalb von New York. Sams Vorschlag im Central Park zu landen, wurde von Rhodan abgelehnt, da dies zu gefährlich war.

Die zwei Terraner, der Somer und der Saggittone stiegen aus. Sie gingen erst einmal in einen Vorstadtteil und nahmen dort die U-Bahn, um ins Zentrum zu gelangen.

Als sie vor dem Fahrkartenautomaten standen, fiel Rhodan ein, dass sie Geld brauchten.

»Wir müssen irgendwie Geld her bekommen.«

Sie gingen wieder zurück zur Space-Jet und ließen sich mit dem Transmitter einige Juwelen heruntertransportieren.

»Das stiftet die Familie Orbanashol«, erklärte Rosan amüsiert über Interkom.

»Richte ihnen meinen Dank aus, wenn sie irgendwann wieder aufwachen«, entgegnete Rhodan.

Er war darüber verwundert, dass die Passagiere immer noch bewusstlos waren.

Sie kehrten wieder zurück zur U-Bahn-Station.

»Oh Gott, ist das dreckig hier. Haben die keine Reinigungsroboter?«, fragte Shel angeekelt über den Zustand der U-Bahnen. Sie rümpfte die Nase und überlegte sich jeden Schritt zweimal.

Rhodan musste lachen. »Diese Welt ist etwas anders als Terra im Jahre 1285 NGZ. In den siebziger Jahren war es schon schmutzig. Doch jetzt scheint es noch schlimmer geworden zu sein. Wir müssen aufpassen. Einige Leute hier sind gefährlich.«

Sie stiegen in den Zug ein, als dieser hielt. Er war überfüllt und es war schwer noch vier Plätze zu bekommen. Doch es gelang ihnen.

Sam musterte die anderen Fahrgäste. »Dagegen sehen ja die Leute auf Lepso noch freundlich aus.«

»Ungleichheit, Egoismus und Armut waren damals ein gefährliches Gemisch und führten zu hoher Kriminalität und Gewalt«, erklärte Perry Rhodan.

Der Zug hielt an einigen Stationen. Eine dieser war der Stadtteil Bronx. Dort stiegen einige Jugendliche ein. Einer von ihnen war ziemlich groß und schwer gebaut. Er trug einen weißen Irokesenschnitt. Der andere trug einen Gettoblaster auf seinen Schultern, aus dem laute Rap-Musik zu hören war.

Sie stellten sich vor ein altes Ehepaar.

»He Opa, hau ab hier. Das ist mein Platz«, knurrte der Große.

Er zückte ein Butterflymesser. Das alte Ehepaar stand auf und machte Platz.

Sam schüttelte den Kopf.

»Gibt es denn hier keine Sicherheitsbeamten?«, fragte er fassungslos.

»Die Zeiten waren damals anders«, erklärte Rhodan leise. Er versuchte, nicht auf die drei Rabauken zu starren.

»Viele Bürger hatten es zu diesen Zeiten schwer. Sie lebten größtenteils in Armut. Deshalb waren sie recht verbittert und aggressiv.«

»Damals stimmte einiges in der Gesellschaft nicht!«, meinte Sam in einem scharfen Ton.

Auch Shel fühlte sich nicht besonders wohl. »Der Typ starrt mich dauernd an«, flüsterte sie zu Aurec.

»Keine Angst, er wird dir nichts tun«, versuchte der Saggittone sie zu beruhigen.

»Sicher?«

Der Riese stand auf und stellte sich vor Shel.

»Nein«, entgegnete Aurec.

»He du. Siehst geil aus. Will’ste mit mir auf´s Klo?«, blubberte der Jugendliche mit lauter Stimme und einem nuschelnden Englisch.

Shel war nicht ganz sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte.

»Nein, danke. Ich muss nicht auf die Toilette.«

Der Teenager fing an, laut zu lachen. »Baby, du bist zwar blond, aber so blöd doch sicher auch nicht. Chicka, ich will ne Nummer schieben!«

Jetzt verstand sie. »Tut mir leid, ich bin schon vergeben«, erklärte sie und hielt Aurecs Hand.

»Mit dem affektierten Latino? Der hat doch nichts auf dem Kasten! Bist bestimmt en illegaler Einwanderer, he, Amigo?«, brüllte der Amerikaner.

Aurec stand auf. »Hör zu. Ich bin rechtmäßiger Kanzler der Republik Saggittor«, meinte er.

»Liegt das außerhalb von New York?«, fragte der Mann aus der Bronx verblüfft.

Aurec schüttelte den Kopf und setzte sich wieder hin.

Sam stand auf. »Es wäre besser, du liest ein Buch über Sigmund Freud oder Albert Einstein. Außerdem wäre es ratsam etwas bessere Kleidung zu kaufen und auch deine Musikwahl ist erbärmlich.«

Wieder machte der Raufbold einen völlig verdutzten Eindruck.

»Wer ist denn das Würstchen?«

Rhodan aktivierte bereits seinen Paralysator. Das Gespräch nahm eine gefährliche Wende. Die anderen in dem Waggon hielten einen großen Abstand zum Geschehen.

Der Riese packte den Somer und riss ihm das Tuch vom Kopf. Seine Augen weiteten sich, als er das Gesicht des Somers sah.

»Na, überrascht?«, fragte Sam und zog sich schnell wieder die Kapuze über den Kopf, bevor ein anderer ihn so sah.

Der Mann schrie schrill auf. Er taumelte nach hinten und fiel zu Boden. Er schrie nur. Dann rannte er zu seinen Kumpanen.

»Ein sprechender Truthahn«, grölte er. Die U-Bahn hielt und der Dicke stürmte mit seinen Freunden hinaus.

Die anderen Gäste kümmerten sich nicht weiter darum.

»Truthahn?«, wiederholte Sam pikiert. »Wenn schon, dann ein amerikanischer Seeadler. Der Typ wohnt hier und kennt nicht mal das Wappen seines Landes.«

Rhodan musste lachen. Dann wurde er jedoch wieder ernst. »Ihr seht, die Leute hier sind unberechenbar. Seid also vorsichtig.«

Die U-Bahn hielt im Zentrum von Manhattan.

»Wow, die Freiheitsstatue stand ja schon damals«, wunderte sich Shel.

»Ich schlage vor, wir teilen uns erst einmal auf«, schlug Rhodan den anderen vor. »Wir suchen Informationsquellen, wenn einer von uns fündig geworden ist, informiert er uns über das Interkomgerät. Wir bilden zwei Gruppen: Sam und ich sowie Aurec und Shel.«

Die zwei Gruppen trennten sich.

*

Rhodan und Sam suchten die große Bibliothek auf. Die Menschen wunderten sich wenig über die seltsame Gestalt von Sam. Sie interessierten sich ohnehin kaum für ihre Mitmenschen.

Die beiden setzten sich an einen Computer mit Internet-Zugang.

»Microsoft Internet Explorer«, murmelte Rhodan und lächelte. »Wie primitiv.«

Sie versuchten alle Informationen über Perry Rhodan zu bekommen. Tatsächlich wurden sie auch fündig. Zwar stürzte der Rechner mit dem Betriebssystem Windows 95 öfters ab, doch Rhodan meinte, dass das damals ganz alltäglich war. Sam hatte sichtlich Mühe mit der Maus des Computers umzugehen und wunderte sich, warum die Syntronik nicht auf seine verbalen Befehle reagierte.

»Kein Posbizusatz«, murrte er schließlich.

Sie fanden eine Zeitungsmeldung aus dem Jahre 1944 – »Familie bei Autounfall verstorben«. Diese Familie hieß Rhodan.

»Bei dem Autounfall kamen Jake, Mary, Deborah und Perry Rhodan auf tragische Weise ums Leben«, las er laut vor. »Jake und Mary Rhodan hatten gerade Fronturlaub und wollten mit ihren beiden Kindern Perry und Deborah auf die Farm ihres Onkels. Dabei kam der Wagen bei einem heftigen Gewitter von der Strecke ab und überschlug sich mehrmals, bevor er explodierte.«

Die letzten Worte hatte Rhodan mit zitternder Stimme gesprochen. Sam konnte ihn durchaus verstehen. Nicht jeder las so nebenbei die eigene Todesmeldung vor. Den Rest der Nachricht ersparte sich der Cameloter. Er starrte fassungslos auf den Boden.

»Aber Debbi starb doch schon 1941«, sagte er nur.

»Deine Schwester?«, fragte Sam.

»Ja, sie war noch jung. Mama ... meine Mutter hatte sie damals draußen spielen lassen. Sie hatte vergessen, die Zaun Tür zu verschließen. Debbi lief damals auf die Straße und wurde von einem Auto überfahren. Ich machte meiner Mutter immer große Vorwürfe und konnte ihr nie richtig verzeihen, dass sie so unachtsam war und meine kleine Schwester dadurch starb.«

Sam wusste nicht genau, was er sagen sollte. Rhodan machte einen sehr niedergeschlagenen Eindruck. Die alten Erinnerungen kamen wieder in ihm hoch. Er war schockiert, dass er bereits im Alter von acht Jahren gestorben war.

»Eine weitere Ungereimtheit sind meine Eltern. Sie waren im Krieg und hatten sicherlich keinen Fronturlaub zu dem Zeitpunkt. Ich lebte damals bei meinem Onkel Karl«, erklärte er.

»Demnach ist die Vergangenheit verändert worden«, kombinierte der Somer. »Mir fällt auf, dass dein vermeintlicher Tod ein Jahr vor deinem ersten Kontakt mit ES liegt. Vielleicht war gerade das beabsichtigt.«

Rhodan wusste auf diese Fragen vorerst keine Antwort. Er riss sich wieder zusammen. Er suchte nach anderen Freunden. Es dauerte Stunden, um alle Namen durchzusuchen. Er fand die Adresse von Reginald Bull. Demnach lebte er in Las Vegas. Auch die Adresse von Allen D. Mercant stand im Computersystem.

»Das ist hier ganz in der Nähe. Ein Vorort von New York«, meinte Rhodan. »Ich schlage vor, dass wir Mercant einen Besuch abstatten. Vielleicht können wir bei ihm etwas herausfinden. Er dürfte wahrscheinlich im Ruhestand sein.«

Die beiden machten sich auf dem Weg zum ehemaligen Chef der Solaren Abwehr.

 

14. Sato gegen Sato

Vor einigen Jahren …

Der Parareallist trug einen Serun und bewegte sich mithilfe der Macht des Ki durch das Multiversum. Oder war es nur die Pararealität von Embuscades Parawelt und er glaubte nur, sich im Multiversum zu bewegen?

Ambush versuchte sich in Parallelebenen zu verstecken, doch Embuscade konnten ihn immer wieder finden. Einmal kam er Sato sehr nah und beschoss ihn mit dem Desintegrator.

»Ich sagte doch, es gibt keinen Ausweg. Wir sind am Ende!«, lachte Embuscade siegessicher.

Es bestand nun kein Zweifel mehr daran, dass Ambush Ebenbild völlig durchgedreht war. Sato konnte die Boshaftigkeit seines Gegenübers förmlich spüren. Es erschauderte ihn, wenn er daran dachte, dass Embuscade er selbst war. Allerdings sein Ebenbild aus einem anderen Paralleluniversum.

Blitze schnellten über Satos Kopf hinweg. Er zuckte zusammen. Auch wenn der SERUN ihn vor diesen Blitzen schützen konnte, so hatte Ambush dennoch Angst.

Wieder tauchte er in einen Strang ab. Der Tunnel, in dem er sich befand, war grau und dunkel. Einige grüne Blitze durchzuckten den Tunnel.

Dann kam er heraus und befand sich auf einer erdähnlichen Welt. Eine gelbe Sonne schien und es war sehr heiß. Sato schwebte einen Hügel herauf und sah unter sich einen großen Wald. Dahinter war eine Ansammlung von Kreaturen, die sich auf etwas vorbereiteten.

Dort wurde er Zeuge einer großen Schlacht. Tausende von Wesen marschierten auf. Sie waren im Durschnitt etwa zwei Meter groß und humanoid, besaßen aber nur ein Auge und glichen einem Zyklopen. Sie waren primitiv gekleidet. Ihre Waffen bestanden aus Schwertern, Pfeilen und Bögen. Der Kampf war blutig und grausam. Die Wesen gingen mit einer Brutalität vor, die für solche primitiven Völker üblich war.

Keiner beachtete Sato Ambush. Er schwebte mit seinem SERUN langsam über das Szenario.

Sato kam nicht dazu, sich über das Grauen aufzuregen und Gedanken zu machen, denn Embuscade erschien. Er feuerte inzwischen mit den Thermowaffen des Seruns auf Sato. Dieser versuchte, sich in dem Schlachtgetümmel zu verstecken. Embuscade feuerte ohne Rücksicht auf die Einheimischen auf Sato. Doch Ambush konnte den Strahlen geschickt ausweichen, während einige Zyklopen von den heißen Strahlen verdampft wurden. Sato wies den Pikosyn an, zu beschleunigen. Er raste nun mit einer Geschwindigkeit von mehr als 300 Stundenkilometern knapp über die Wesen hinweg.

Embuscade nahm die Verfolgung auf. Er aktivierte seinen Paratronschirm und raste durch die Kämpfenden. Sie verglühten in dem Paratronschirm und Embuscade konnte ohne Komplikationen sein Opfer jagen.

Sato beschloss, nun den Spieß umzudrehen. Auch er hatte bereits den Schutzschirm aktiviert. Er holte einen Desintegrator aus seiner Schenkeltasche und flog in das Gebirge. Er wählte extra enge Schluchten zum Weiterflug aus, um Embuscade die Verfolgung so schwer wie möglich zu machen.

Absichtlich reduzierte er die Geschwindigkeit. Sein Paraebenbild kam immer näher. Als die beiden nur noch wenige Meter voneinander entfernt waren, bog Sato in eine knapp einen Meter breite Schlucht ein. Embuscade nahm den Pararealisten weiterhin unter Beschuss. Sato sah über der Schlucht einen Felsbrocken. Er schoss mit dem Desintegrator darauf, und der Brocken begann den Abhang hinunterzurollen. Dabei löste er eine kleine Lawine aus, die auf die Schlucht stürzte. Sato Ambush schaffte es noch rechtzeitig aus der Schlucht, doch die Brocken fielen auf den verdutzten Embuscade und begruben ihn.

Ambush war sich nicht sicher, ob dies ausreichte, um Embuscade zu bezwingen. Einige Sekunden später hatte er Gewissheit. Embuscade schnellte aus den Trümmern hervor und rammte Ambush. Der Parareallist fiel stöhnend zu Boden und rollte einen Abhang hinunter.

Embuscade flog zu der Stelle hin, an der der Parareallist benommen lag. Er war auf einen harten Stein aufgeschlagen. Der kinetische Schock hatte ihn kurzzeitig gelähmt.

Erst langsam konnte er sich wieder orientieren. Er richtete sich auf. Das Erste, was er sah, war Embuscade. Er hatte die Arme in den Hüften verschränkt. Ein breites Grinsen war auf seinem Gesicht zu erkennen. Er zog den Desintegrator, doch Ambush sprang geistesgegenwärtig auf. Er versetzte Embuscade einen schmerzhaften Tritt in den Unterleib. Dann nahm er einen Stein und schlug damit auf Embuscades Kopf, als er bemerkt hatte, dass der Schutzschirm deaktiviert war.

Embuscade stieß Ambush weg und richtete sich auf. Er wollte anscheinend die Entscheidung suchen.

Beide setzten nun asiatische Kampfkünste ein.

»Du wirst mich niemals töten können«, schrie Embuscade.

Ambush ging darauf nicht ein.

»Du bist abhängig von mir. Ohne uns bist du ein Stück Dreck!«, keifte der Wahnsinnige weiter.

Beide bekämpften sich mit Tritten und Schlägen. Embuscade untermauerte jede Aktion mit einem lauten Schrei. Er versuchte mit einem Sidekick sein Para-Ich zu treffen, doch Ambush duckte sich und konnte Embuscade mit einem Beinfeger auf den Boden schleudern. Beide rangen am Rande einer tiefen Schlucht. Ambush schlug mehrmals in Embuscades Gesicht. Dieser verlor das Gleichgewicht und fiel in den Abgrund.

Ambush sah ein Aufflammen, das ihn fast erblinden ließ. Er kannte dieses Aufflammen gut. Schnell rannte der Japaner zum Abhang und sah auf den Boden, wo kein zerschmetterter Körper lag.

Embuscade konnte sich rechtzeitig retten, indem er in eine andere Parawelt eintauchte.

Der Kampf war noch nicht entschieden, doch das Blatt hatte sich gewendet. Der Gejagte hatte die Karten von jetzt an in der Hand. Nun war Sato Ambush der Jäger.

 

15. Terra 1998

Die beiden mieteten sich ein Auto und fuhren damit in den vorgelegenen Ort von New York. Perry Rhodan hatte sichtlich Mühe das Vehikel korrekt zu fahren. Zu seinem Bedauern hatte er sich ein Gefährt ohne Automatik geliehen. Oftmals kam er mit der Gangschaltung durcheinander.

Sam sah ihn musternd an. »Ich dachte, du hast in dieser Zeit gelebt.«

»Ist schon 'ne Weile her, dass ich ein Auto gefahren bin«, entschuldigte sich Rhodan mit einem müden Lächeln.

Nach etwa zwei Stunden erreichten sie den Vorort.

»ESTARTU sei Dank«, sagte Sam beschwörend, als er aus dem Wagen ausstieg. »Nichts geht über einen komfortablen Gleiter, der etliche Meter über dem Boden schwebt.«

Perry musste laut lachen.

»Ich finde, es hat Spaß gemacht.«

Sie gingen auf das Gebäude zu, über dem »Seelenfrieden« stand.

»Seltsamer Name«, bemerkte Rhodan.

Sie gingen in das Gebäude hinein und erreichten die Rezeption. Dort stand eine übergewichtige Frau in einem weißen Kittel. Sie hatte die fettigen braunen Haare zu einem Zopf zusammengebunden.

»Entschuldigen Sie bitte«, begann Rhodan.

»Was?«, fauchte sie ihn an. Sie drehte sich weg und ging zu einer Kaffeemaschine.

Sie goss sich langsam das schwarze Getränk ein und leerte erst einmal ihre Tasse bevor sie wieder zu Rhodan und Sam ging.

»Ich würde gerne mit Mister Allan D. Mercant sprechen«, fuhr Perry Rhodan fort.

»Moment«, entgegnete die Frau unfreundlich und blätterte einige Karteikarten durch. »Sind sie Freunde von ihm? Hab Sie noch nie hier gesehen.«

»Wir waren gute Freunde. Wir leben jedoch etwas weiter weg. In der Wüste Gobi«, erklärte Rhodan.

»Araber also«, stellte die Frau misstrauisch fest.

Rhodan brachte ihr nur ein verständnisloses Lächeln entgegen und hielt es für besser, die Frau nicht über ihren geografischen Fehler aufzuklären.

»Zimmer 179. Sie haben dreißig Minuten Zeit«, brummte sie knapp.

Rhodan bedankte sich und ging mit Sam los. Sie wollten den Fahrstuhl nehmen, da hörten sie die Frau hinterher schreien, dass der Lift defekt war.

»Gehen wir also die Treppe hoch«, meinte Rhodan leicht frustriert. Zimmer 179 lag in einem der oberen Stockwerke.

Sie gingen in das Zimmer, in dem ein Mann in einem Hundekörbchen lag. Rhodan und Sam sahen sich verdutzt an.

»Allan?«, fragte Perry leise.

Der Mann schreckte aus dem Körbchen hoch. Er war an einer Kette angebunden und steckte in einer Zwangsjacke. Er hüpfte aus dem Körbchen und krabbelte zu seinen Besucher. Er beschnupperte sie und fing dann an zu bellen.

Rhodans und Sams Augen weiteten sich als sie das »Wau, Wau« hörten.

»Das ist der legendäre Allan D. Mercant?«, hakte Sam ungläubig nach. »Ein durchgedrehter Zwergpinscher?«

Rhodan schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht Allan D. Mercant. Der Mann ist viel zu jung. Mercant wurde im Jahre 1916 geboren, dürfte jetzt also 82 Jahre alt sein.«

In dem Moment stürmte ein Arzt hinein. »Was machen Sie hier?«

»Wir suchen Allan D. Mercant«, erklärte Perry.

»Der ist nicht in diesem Zimmer, wie Sie sehen können«, entgegnete der Arzt barsch.

Der kranke Mann, der sich für einen Hund hielt, hechelte und umkrabbelte den Doktor. Dieser holte einen Keks heraus und gab es ihm ihn. Dann krabbelte dieser zu Perry Rhodan und hob das Bein. Eine gelbliche Flüssigkeit wurde an der Hose sichtbar.

Rhodan war in dieser Situation seltsam zumute. Er wusste nicht, ob er lachen oder Mitleid empfinden sollte.

»Platz!«, sagte Rhodan.

Es war ihm sichtlich peinlich.

Der Arzt gab den Kranken einen Klaps auf das Gesäß und der setzte sich auch hin.

»Aus! Pfui! Ab ins Körbchen!«, befahl er.

Der Kranke fing an zu winseln und legte sich wieder in den Korb. Rhodan und Sam waren sichtlich verwirrt.

»Wie gehen dann mal wieder zur Rezeption«, erklärte Rhodan langsam.

Die beiden gingen die Treppen wieder herunter.

Die Frau telefonierte gerade mit einer Freundin. Es war belanglose Konversation. Sie lästerte gerade über eine Nachbarin und erzählte brühwarme Neuigkeiten über einen vermeintlichen Liebhaber der Nachbarin.

»Entschuldigung …«, fing Rhodan zögerlich an.

»Was?«, zickte sie unfreundlich herum. »Moment, Anne. Hier stört jemand. Mr. Rhoman oder wie Sie hießen. Ich bin gerade sehr beschäftigt.«

Rhodan verdrehte die Augen.

»Sie hatten uns die falsche Zimmernummer gegeben«, erklärte er ihr leicht verdrossen.

»Soso, hatte ich das? Hm, Zimmer 197 sagte ich doch«, maulte sie zurück.

»Nein, Zimmer 179 sagten Sie«, mischte sich Sam ein.

»Ach so, naja ich meinte 197. Nun gehen Sie schon, Sie haben nur dreißig Minuten. Ich habe noch zu tun!«

Rhodan seufzte tief. Dann gingen er und Sam die Treppen hoch, bis sie Zimmer 197 erreichten. Vorsichtshalber fragten sie eine andere Krankenschwester, ob dies Allan D. Mercants Zimmer sei. Diese konnte das bestätigen.

Rhodan und Sam gingen hinein. Ein alter Mann saß in einem Schaukelstuhl und wippte hin und her.

»Allan?«, fragte Perry wieder ruhig.

Der Mann im Schaukelstuhl drehte seinen Kopf zur Seite und starrte die beiden Besucher an.

»Wer ... wer ... sind Sie?«, wollte er mit rauer Stimme wissen.

»Ich bin Perry Rhodan.«

»Guten Tag Mister Rhodan. Was kann ich für Sie tun? Sind sie vom FBI oder der CIA?«

»Weder noch. Ich bin von der Dritten Macht.«

»China?«

»Nein! Erinnerst du dich nicht mehr an die Gründung der Dritten Macht? An die Arkoniden, Terrania City oder die IVs?«

»Nein, kommen Sie von der NASA? Hatte es doch was mit Area 51 auf sich? Ich habe aber im Moment keine Zeit. Ich muss nach Sarajevo, dort wartet ein geheimer Auftrag auf mich.«

Rhodan runzelte die Stirn.

»Ich dachte, du seist im Ruhestand?«

Mercants Gesicht zuckte vor Erregung. Er stand auf und nahm seinen Krückstock.

»Was fällt Ihnen ein?«, schrie er. »Ich bin noch Jahrzehnte davon entfernt, in Rente zu gehen. Machen Sie bloß, dass Sie wegkommen!«

Rhodan erkannte, dass Mercant in diesem Heim war, weil er glaubte, er würde immer noch für den Geheimdienst arbeiten.

»Komm, Sam, wir gehen. Dies ist Zeitverschwendung«, entschied er verbittert.

Dann wandte er sich noch mal Allan zu: »Trotzdem war es schön, dich noch einmal zu sehen.«

Er lächelte den alten Mann an, der nicht verstand, was Rhodan meinte.

Die beiden verließen Seelenfrieden und fuhren wieder zurück nach Manhattan. Rhodan war sichtlich bedrückt.

*

Es war klar, dass die Dritte Macht auf dieser Erde niemals existiert hatte. Perry hatte erfahren, was aus der Menschheit ohne seine Führung geworden wäre. Sonderlich begeistert war er von dieser Alternative nicht.

Beide gingen erst einmal in ein Einkaufszentrum, um etwas essen. Sie bestellten sich an einer Imbissbude zwei Hot Dogs.

»Immerhin haben die Hot Dogs damals besser geschmeckt«, stellte Rhodan fest, der genüsslich in das Brötchen mit dem Würstchen biss.

Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als ein Mann im grauen Anzug und Krawatte sich auch einen Hot Dog bestellte. Der Mann war etwa 40 Jahre alt. Perry erkannte ihn sofort. Es war Julian Tifflor. Er war nahe dran ihn anzusprechen, doch es hatte keinen Sinn. Julian Tifflor kannte in diesem Universum keinen Perry Rhodan.

Tifflor verschwand wieder zwischen den Menschenmassen.

Rhodan schüttelte den Kopf.

»Ich will wieder nach Hause«, flüsterte er Sam leise zu. Viel Bedauern klang aus seiner Stimme heraus.

*

»Wyll, Wyll!«, rief Spechdt aufgeregt. Er rannte in die Kommandozentrale und war völlig außer Atem. Wyll Nordment wandte sich ihm zu.

»Was ist denn los?«

»Ullryk Wakkner ist weg!«, erklärte der Cheforter.

»Wer?«

»Ullryk Wakkner. Ein hagerer, trostlos wirkender Banker. Er ist mit einem kleinen Beiboot auf die Erde geflogen.«

Wyll konnte sich wieder an den Mann erinnern. Als er und Holling die Passagiere auf der LONDON begrüßt hatten, war er darunter gewesen. Einige Tage später hatte er auch am Kapitänstisch gesessen.

»Aber der Typ machte so einen unscheinbaren Eindruck. Wir müssen Perry Rhodan informieren.«

Er ging zum Funkterminal und versuchte den Cameloter zu erreichen. Doch Wyll kam nicht durch. Irgendetwas blockierte das Senden.

Wyll stemmte die Arme in die Hüften und überlegte. Als Rosan in die Zentrale kam, klärte er sie über die Situation auf.

»Wir haben keine andere Wahl, als ihm hinterher zu fliegen«, fand Nordment. »Wenn die Menschen mitbekommen, dass wir hier sind, haben wir noch weniger Chancen, in Ruhe herauszufinden, wie wir wieder zurückkommen können. Ich werde mit einem Beiboot auf die Erde fliegen und ihn suchen.«

»Und ich komme mit dir!«

Wyll winkte ab.

»Nein, Rosan. Das ist zu gefährlich.«

»Na und? Du brauchst Hilfe, allein findest du ihn vielleicht nicht. Du wirst doch wohl keiner arkonidischen Aristokratin widersprechen?«

Wyll überlegte kurz. Er wollte sie nicht vor den Kopf stoßen. Es war bestimmt nicht so gefährlich, Ullryk Wakkner zu suchen.

»Also gut. Du kannst mitkommen«, seufzte er. Als Lohn erhielt er einen Kuss auf die Wange.

Rosan grinste. »Ich hätte eine andere Antwort auch nicht akzeptiert.«

Wyll ließ erst einmal die Rettungskapsel lokalisieren.

»Wakkner ist nach Europa geflogen«, erklärte er. »Genauer gesagt nach Norddeutschland, in ein Gebiet, das sich Ostholstein nennt. Laut Scanner hat er noch eine Minisyntronik mitgenommen.«

»Aber was will er damit?«, fragte Rosan.

»Keine Ahnung. Aber wir finden es heraus. Wir müssen uns Kleidung aus dem 20. Jahrhundert anziehen, damit wir nicht auffallen. Dann fliegen wir los. Spechdt, du bleibst im Orbit. Versuch Perry Rhodan zu erreichen.«

Der Ortungsleiter nickte und wünschte beiden viel Glück. Die Kapsel legte ab, nachdem sie sich in der Mode des 20. Jahrhunderts eingekleidet hatten.

Sie aktivierten den Ortungsschutz und steuerten Ostholstein an.

*

Der Dolan schoss mit Lichtgeschwindigkeit aus dem Raumzeitportal heraus, das die Verbindung zwischen den beiden Universen darstellte.

Er flog an der kleinen Station Rodroms vorbei, die von Kjollen bemannt war, und erreichte das Solsystem.

Ark Thorn ließ das System abtasten. Sein Exekutor meldete, dass sich die LONDON im Orbit der Erde befand.

Melsos Berool kommentierte diese Nachricht mit einem leichten Schmunzeln.

»Ich denke, wir sollten die LONDON vom Himmel holen. Durch den Strangenessschock, den die meisten der Besatzung erlitten haben müssten, dürfte es eine Kleinigkeit sein, das Schiff abzuschießen. Ark Thorn, walte deines Amtes.«

Der Zweitkonditionierte gab einen Laut von sich, der sich wie ein Lachen anhörte.

Der Dolan raste auf die Erde zu. Innerhalb von nur wenigen Minuten erreichte er den Mars.

»Der Exekutor berichtet von einer kleinen Sonde, die dort herumfährt«, erklärte Thorn.

»Abschießen!«, schrie Itzakk.

»Abgelehnt, das sind kleine Fische. Konzentrieren wir uns auf die LONDON«, entschied Berool.

Der Dolan flog weiter und erreichte den Mond.

»Vor uns liegt eine terranische Raumstation ... oder so etwas in der Art«, meldete Thorn.

»Auf den Bildschirm!«, befahl der Lare.

Die Station wurde auf dem Bildschirm angezeigt. Berool musste lachen.

»Wie primitiv diese Terraner doch früher waren.«

Der Exekutor für Navigation riet zu einer Kursänderung, da man sonst mit der Raumstation kollidieren würde.

Thorn entschied sich dagegen.

Der Dolan raste auf die Raumstation zu, und kollidierte mit ihr. Der Paratronschirm kam nicht einmal ins Flackern, aber die MIR zerbarst in tausend Teile.

Die fünf Kämpfer Rodroms amüsierten sich köstlich darüber. Itzakk hingegen machte einen enttäuschten Eindruck.

»Widmen wir uns nun der LONDON. Funkverkehr stören, falls sich jemand von ihnen auf dem Planeten befindet«, kommandierte der Lare.

Der Dolan näherte sich mit großer Geschwindigkeit der LONDON.

*

»Spechdt! Ein fremdes Raumschiff nähert sich uns!«, rief Lichtern aufgeregt. Der hagere Offizier deutete auf die Ortungsangabe, die zwar nicht störungsfrei die Ergebnisse zeigte, aber sie waren dennoch deutlich erkennbar.

Der Ortungschef, der nun auch Kommandant der LONDON war – zumindest solange Perry Rhodan und Wyll Nordment auf der Erde verweilten – bekam es mit der Angst zu tun. Er konnte am Ortungsbildschirm sehen, wie die MIR zerstört wurde.

»Die wollen bestimmt nicht mit uns Tee trinken. Wir fliegen in ein anderes System«, entschied er.

Lichtern blickte ihn vorwurfsvoll an.

»Aber Rosan und Wyll sind gerade erst vor fünf Minuten gestartet und Rhodan ist auch noch auf der Erde. Wir können sie doch nicht einfach da unten lassen.«

»Wir haben keine andere Wahl. Wir werden ja wieder kommen. Versucht ihnen eine Nachricht zu hinterlassen. Schickt einen Roboter zur Erde. Er soll sie darüber informieren, dass wir in zwei Tagen wiederkommen.«

Lichtern sprach sich entschieden dagegen aus, akzeptierte aber schließlich den Befehl seines Vorgesetzten. Die anderen Männer befolgten auch Spechdts Anweisungen. Dann beschleunigte die LONDON und wechselte in den Hyperraum.

*

Thorn verstummte, als sie die Flucht bemerkten.

»Die LONDON ist in den Hyperraum gewechselt«, grollte er, sichtlich um Fassung bemüht.

»Was? Verfolgung aufnehmen!«, befahl Berool.

»Nein!«, wandte der Hauri Scardohn ein. »Da sind noch welche mit unserer Strangeness auf der Erde. Vier ... nein, sieben Personen!«

»Dort ist auch Rhodan. Landen wir in ihrer Nähe und bringen sie zur Strecke. Wir werden unserem Meister Rhodans Kopf auf einem silbernen Tablett mit einem Apfel im Mund servieren«, entschied Berool.

Der Dolan aktivierte seinen Ortungsschutz und flog hinunter zur Erde.

»Ich orte drei Strangenessechos auf dem Kontinent Europa und vier auf dem Kontinent Amerika, genauer gesagt Nordamerika«, berichtete der Zeitpolizist.

»Also gut, wir fliegen nach Nordamerika und kümmern uns um den größeren Teil. Die Jagd tritt nun in die entscheidende Phase.«

*

Aurec und Shel konnten keine großen Neuigkeiten bringen. Sie trafen sich mit Perry Rhodan und Sam wie vereinbart. Eine Weile saßen sie stumm nebeneinander in einem Restaurant. Resignation und Ratlosigkeit machten sich breit.

»Auf der Erde finden wir keinen Weg, um wieder in unser Normaluniversum zu gelangen. Wir müssen es in anderen Systemen versuchen«, erklärte Rhodan.

Die Drei stimmten ihm zu.

»Informieren wir also die LONDON«, meinte Aurec.

Rhodan holte sein Interkomgerät aus der Tasche. Er aktivierte es und rief die LONDON. Eine Kellnerin, die an dem Tisch vorbeikam, sah Rhodan ungläubig an.

»Kleine Mobiltelefone, der neueste Hit«, rechtfertigte Aurec mit einem verlegenen Lächeln.

»Quatsch mich nicht an, Alter!«, zischte die Kellnerin und ging zu einem anderen Tisch.

»Diese New Yorker spinnen«, stellte Sam fest.

»Wir haben ein Problem. Die LONDON antwortet nicht. Sie scheint nicht mehr im Orbit zu sein«, berichtete Rhodan.

»Was soll das heißen? Wo ist sie?«, wollte Shel Norkat wissen.

Rhodan machte eine ratlose Geste. »Ich weiß es nicht, aber wir werden es herausfinden.«

In dem Moment passierte es! Ein roter Nebel stieg hinter dem Tresen hervor. Die Erde begann zu wackeln und es gab eine große Explosion. Der Tresen, wie auch die dahinter befindlichen Barkeeper flogen in verschiedene Richtungen. Die Gäste schrien auf und liefen davon.

Auch Rhodan und seine Begleiter standen auf und wollten das Restaurant verlassen, dann erkannte Perry eine rote Gestalt innerhalb des Nebels.

»Eine Flucht nutzt dir nichts, Perry Rhodan!«, sprach die rote Gestalt. »Wir werden dich überall finden. Es gibt keinen Ausweg.«

Rhodan näherte sich dem roten Wesen bis auf drei Meter. Das Wesen war etwa zwei Meter groß und in einen roten Mantel gehüllt. Das Gesicht wurde von einem roten, ovalen Helm verdeckt. Aus einem schwarzen Schlitz in Augenhöhe des Helms leuchtete es gelb.

»Wer oder was bist du?«

»Dein Schicksal.«

»Ich verstehe nicht so ganz«, erklärte Rhodan zögerlich.

»Natürlich verstehst du nicht. Ihr niederen Wesen könnt doch nichts verstehen. Ich bin Rodrom, Abgesandter und Inkarnation des großen MODROR

Rhodan kombinierte schnell. Er wusste, dass Rodrom für diese unerwünschte Zeitreise verantwortlich war. Vermutlich war er auch der Befehlshaber des pflockförmigen Gigant Raumschiffs. Eine Inkarnation einer Entität namens MODROR! Zumindest vermutete Rhodan, dass MODROR eine Entität war. Eine Superintelligenz? Ein Kosmokrat oder Chaotarch? Er wusste es nicht. Doch anscheinend hatte dieses Wesen es auf ihn abgesehen. Doch warum?

Es musste mit der Barriere in Saggittor zu tun haben. Wie Schuppen fiel es Rhodan von den Augen, als er an Dorocs Erzählungen zurückdachte. Dort wurde von einer roten Gestalt gesprochen. Das war die rote Gestalt! MODROR musste der Meister der ehemaligen Unterdrücker Saggittors sein.

»Ich nehme an, dass du uns auf diese Parallelerde gebracht hast?«

»Ich bin beeindruckt über deine Intuition«, spottete Rodrom.

»Du bist nicht die erste geltungssüchtige Entität, die mir begegnet. Aber was haben wir mit dir oder MODROR zu tun?«

»Ihr existiert. Dies allein ist schon Grund genug euch zu eliminieren. Aber der Hauptgrund bist du, Rhodan! Die Leute der LONDON sind unwichtige Kreaturen. Du jedoch musst sterben.«

»Warum? Was habe ich euch getan? Wir haben uns seit Jahrhunderten nicht in die Belange der Chaotarchen eingemischt!«

Rodrom lachte diabolisch.

»Es geht um Dinge, die du nicht verstehen kannst.«

»Die üblichen Phrasen von kosmischen Wesen«, knurrte Rhodan.

»Ich beabsichtige nicht, dich auf diesem Planeten dahinvegetieren zu lassen. Nein, du wirst gejagt und erlegt werden wie ein Tier!«

Rhodan hob beschwichtigend die Hände. »Ich sehe ein, dass du meinen Tod willst. Aber lass die anderen in Ruhe. Die Passagiere der LONDON und die Saggittonen haben nichts mit deinen Plänen zu tun. Du hast keine Beweggründe gegen sie vorzugehen.«

Rodrom machte eine Kopfbewegung nach oben.

»Du maßt dir an, die Beweggründe eines Wesens, das in der kosmischen Ordnung himmelweit über dir steht, nachvollziehen zu können? Das ist lächerlich. Oder erwartest du von einer Amöbe, einen Vortrag über 7D-Technologie?«

Rhodan wäre am liebsten diesem arroganten Wesen an die Gurgel gegangen, doch er bezweifelte, dass Rodrom aus Materie bestand. Der Rote ging auf Rhodan zu, bis er direkt vor ihm stand.

»Die Kreaturen in der Galaxis Saggittor, wie auch auf der LONDON sind unwichtig«, erklärte die rote Entität. »Ich habe die Saggittonen nur dazu benutzt, die LONDON in die Falle zu locken. Dolphus ist einer meiner Handlanger. Ich war es, der den Befehl zur Exekution der Kanzlerfamilie gab. Die Saggittonen und Passagiere der LONDON waren nichts weiter als Bauern auf einem Schachbrett.«

Er lachte einen Moment voller Hohn auf, bevor er noch bemerkte: »Nein, eigentlich stimmt mein Vergleich nicht, entschuldige, eigentlich sind sie Ameisen, die achtlos zertreten werden. Ein Bauer kann wenigstens, wenn er klug geführt wird, die Königin oder gar den König gefährden.«

Rhodan schwieg.

»Ich gebe dir aber noch eine faire Chance. Du musst gegen fünf meiner besten Kämpfer antreten. Sie werden dich auf diesem Planeten jagen, bis du oder sie tot sind. Da ich der festen Überzeugung bin, dass sie nicht versagen werden, glaube ich, dass dein Ende gekommen ist. All die Jahrhunderte konntest du immer wieder dem Tod ein Schnippchen schlagen, doch diesmal nicht. Du und deine Gefährten werden nun sterben.«

Rodrom löste sich wieder in Nebel auf. Zurück blieb eine verwüstete Bar. Es herrschte Totenstille. Rhodan wusste genau, wie gefährlich solch ein Geisteswesen war.

Rhodan erinnerte sich an den Dolan, der auf dem Planeten gewesen war. Er rechnete also damit, dass eine Bestie unter den fünf Söldnern war. In diesem Falle standen die Chancen noch schlechter. Der Kampf gegen einen 3,50 Meter großen Zeitpolizisten war schier aussichtslos. Man würde STOG-Säure oder schwere Waffensysteme benötigen, um ihn zu verletzen.

»Wir sollten schleunigst hier verschwinden, bevor diese fünf Kreaturen uns finden«, beschloss Rhodan.

Aurec war sichtlich schockiert durch Rodrom. Er hatte die Worte der roten Entität mitbekommen.

Ich war es, der den Befehl zur Exekution der Kanzlerfamilie gab – das waren seine Worte gewesen.

Doch für ihn waren Aurecs Vater, Mutter und Geschwister weniger als Schachfiguren gewesen.

Der Hass, der sich in dem jungen Saggittonen aufstaute, war ihm anzumerken.

Rhodan legte seine Hand auf Aurecs Schulter. »Es tut mir leid. Nun verstehst auch du, warum wir Terraner nichts mit solchen Entitäten zu tun haben wollen ...«

»Er wird dafür büßen. Das verspreche ich«, knirschte Aurec verbissen.

»Das wird er, doch erst einmal müssen wir uns gegen seine Kämpfer behaupten. Und das kann ein aussichtsloser Kampf werden.«

 

16. Kampf der Ambushs

Sato hatte sich wieder in Embuscades Welt zurückgezogen. Er hoffte, dass Embuscade ihn dort am wenigsten suchen würde.

Der Pararealist musste erst mal seine Gefühle ordnen. Einerseits war Embuscade wie ein Bruder für ihn und trotz dessen diabolischen Vorgehens empfand der brüderliche Gefühle für sein Para-Ich. Doch auf der anderen Seite hatte Embuscade das arme Mädchen getötet und wollte nun ihn selbst ermorden. Ihm blieb keine andere Wahl, als gegen ihn zu kämpfen.

Weiter kam er mit seinen Überlegungen nicht. Embuscade tauchte plötzlich hinter ihm auf.

»Das Finale beginnt, Bruder«, kreischte er. In seinen Augen spiegelte sich der Wahnsinn.

Sato hob beschwichtigend die Hände, doch Embuscade schlug zu. Ambush fiel hart zu Boden. Sein Para-Ich warf sich auf ihn und die beiden rangen am Boden. Sato konnte sich durch einen Schlag in Embuscades Unterleib befreien.

Er stand auf und rannte weg, doch Embuscade hängte sich an Satos Bein. Ambush verlor das Gleichgewicht und fiel wieder hin. Er rollte einen Abhang hinunter. Energieblitze schlugen knapp neben ihm ein. Embuscade nutzte seine Psi-Kräfte, um ihn mit Energiebällen zu beschießen. Ambush rannte auf eine Brücke. Sie war aus Metall gebaut und machte keinen stabilen Eindruck.

Es wurde ruhig. Auch das gewohnte Zwitschern der Vögel verstummte. Ambush überlegte sich, ob Embuscade seine Welt veränderte.

Wieder zwei Psi-Stöße. Die Pfeiler der Brücke wurden getroffen. Sie begannen auseinanderzubrechen. Embuscade sprang mit seinem Serun auf die Brücke, die jedoch während des Kampfes beträchtlichen Schaden genommen hatte.

Sato schloss mit dem Leben ab, doch er wollte Embuscade mit in den Tod nehmen. Er raffte sich auf und erzeugte selbst einen Energiestrahl aus Psi-Energie. Dieser traf Embuscade voll. Der Para-Ambush knallte auf die Brücke. Sato warf sich auf ihn. Er versuchte wieder Energie zu erzeugen – wie auch Embuscade. Beide wurden in eine Sphäre aus Psi-Energie eingehüllt.

Dann brachen die Pfeiler der Brücke zusammen. Die Brücke fiel mit den beiden, in Psi-Energie gehüllten Ambushs, in den tiefen Abgrund.

 

17. New York City 1998

Es wurde Nacht in New York. Stiller wurde es in der Metropole deshalb nicht. Die Nachtklubs hatten geöffnet und Menschen der seltsamsten Art bevölkerten Manhattan.

Sam sah sich des Öfteren schockiert um. Er rempelte aus Versehen jemanden an.

»Entschuldigung, meine Dame«, brachte er höflich hervor.

Die Frau zeigte ihm den Mittelfinger und entgegnete: »Fuck you!«

»Was hat sie gesagt? Dieses Wort habe ich in der Hypnoschulung nicht gelernt«, sagte Sam verwundert.

Perry räusperte sich. »Ist auch besser so.«

Sie gingen zum Central Park.

»Falls uns Rodroms Kämpfer hier stellen, werden wenigstens keine Menschen gefährdet«, meinte Rhodan.

»Einige seltsame Kreaturen laufen aber auch hier herum«, stellte Shel fest. Sie fasste sich an ihre Oberarme. Sie schien Angst zu haben.

Aurec bemerkte dies und legte seine Arme um sie.

»Keine Angst, Shel. Das sind doch bloß Leute aus deinem Volk«, versuchte er sie zu beruhigen.

»Sie sind aber so anders«, flüsterte sie.

Rhodan wandte sich seinen drei Gefährten zu. »Wir müssen auch sehr vorsichtig sein. Der Central Park war im 20. Jahrhundert – besonders nachts – nicht sehr sicher.«

Sie hörten auf einmal ein Dröhnen. Es klang wie das Vorbeifliegen eines Raumschiffes.

»Ein irdisches Flugzeug?«, fragte Sam und hoffte auf Bestätigung seitens Rhodans. Doch der Cameloter schüttelte den Kopf.

»Ich weiß es nicht«, gestand er.

Lauf, Perry, lauf!

Rhodan fasste sich an seinen Kopf.

Lauf weg und bring dich in Sicherheit!

Die Stimme in seinem Kopf wiederholte sich immer wieder. Sie kam ihm bekannt vor. Er hatte sie schon einmal wahrgenommen. Nur konnte er sie nicht einordnen oder einer Person zuordnen.

»Irgendetwas sagt mir, dass wir doch lieber verschwinden sollten.«

Er hoffte, die Stimme in seinem Bewusstsein hatte recht. Wem immer sie gehörte. Oder spielte Rhodans Bewusstsein ihm selbst einen Streich?

Zur Bibliothek. Dort warte ich auf dich, riet die innere Stimme wieder.

»Wir fahren zur Bibliothek. Dort werden wir weitersehen.«

Im selben Moment schoss ein Energieblitz an Rhodan vorbei und schlug in einem Baum ein. Rhodan sah in die Richtung, aus der der Blitz gekommen war. Seine Augen weiteten sich, als er einen brüllenden Pterus vor sich sah. Von den anderen Seiten kamen ein Hauri und ein Lare.

»Weg hier!«, rief Aurec.

Die vier rannten, so schnell sie konnten. Rhodan nahm Sam huckepack, da dieser sonst nicht mitgekommen wäre. Sie rannten auf die Straße und hielten ein Taxi an.

»Jo, ey. Wohin wollt ihr denn alle?«, fragte der farbige Taxifahrer.

»Zur Bibliothek. Beeilung!«, drängte Rhodan.

»Ganz ruhig. In New York kommt man niemals schnell irgendwo hin«, murmelte der Taxifahrer gelangweilt.

Das Taxi hielt vor einer roten Ampel. Der Mann hielt an.

»Drücken Sie auf das Gaspedal, Mann!«, forderte Rhodan barsch.

»Jaja. Es ist Rot. Da muss ich warten.«

Hinter dem Taxi gab es mehrere Explosionen. Ark Thorn tauchte aus dem Gebüsch auf. Vor ihm standen zwei weitere Autos, die auf Grün warteten. Er hob sie hoch und warf sie zur Seite.

Der Taxifahrer starrte erschreckt aus dem Wagen und sah, wie die Kampfmaschine auf seinen vier Armen und zwei Beinen immer näher kam.

»Oh, Shit!«, fluchte er und trat aufs Pedal. Der Wagen fuhr quietschend los.

»Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen auf die Tube drücken!«, meinte Rhodan.

Der Zeitpolizist rannte hinter dem Wagen her.

»Oh, Shit, wie schnell ist denn dieses Vieh? Was ist das überhaupt? King Kong?«, brüllte der Taxifahrer.

»Halten Sie die Klappe und fahren Sie schneller als 120 Stundenkilometer«, erwiderte Rhodan.

»Sie sind der Boss!«

Der Taxifahrer fuhr noch weitaus mehr als 120 Kilometer die Stunde. Langsam konnte er den Zeitpolizisten abhängen. Doch von links kam ein weiteres Auto.

Der Taxifahrer schrie auf, als er das Skelettgesicht des Hauris im anderen Auto sah.

»Ducken!«, befahl Rhodan.

Dann schoss er vom Beifahrersitz durch das geöffnete Fenster des Taxis auf die Reifen des anderen Autos. Diese zerplatzten und der Wagen knallte gegen einen Baum. Von hinten konnte Rhodan allerdings sehen, dass die Verfolger unversehrt aus dem brennenden Vehikel ausstiegen.

»Jetzt schnell zur Bibliothek!«

»Ja, schon klar. Sagen Sie, kommen Sie vom Mars oder so? Sind Sie Vulkanier oder so was in der Art?«, fragte der Taxifahrer hastig und hob die rechte Hand zum Spock Gruß.

»Lebt lange und in Frieden. Ich will das auch, Mann!«, fügte er ängstlich hinzu.

Rhodan wusste allerdings mit dem Namen Vulkanier wenig anzufangen.

»Ich komme auch von der Erde. Nur unser geflügelter Freund kommt von der Mächtigkeitsballung ESTARTU.«

Der Taxifahrer schüttelte nur den Kopf. »Scheiß Touristen!«

Wahrscheinlich hatte das Taxi einen neuen Geschwindigkeitsrekord für die New Yorker Straßen aufgestellt, jedenfalls kam es Rhodan ziemlich schnell vor, als sie an der Bibliothek angekommen waren.

Rhodan gab dem Taxifahrer einen zwanzig Dollarschein.

»Stimmt so.«

»He Mann, willst Du mich verarschen? Die Fahrt macht dreißig Dollar plus Gefahrenzulage!«, schrie der Taxifahrer noch hinterher, doch Rhodan, Sam, Aurec und Shel Norkat waren bereits im Gebäude verschwunden.

»Ich hätte auf Ma hören und Jura studieren sollen«, brummte der Afroamerikaner und fuhr wieder los.

*

Kaum war er in die nächste Straße eingebogen, erreichten die fünf Krieger das Gebäude. Berool hielt einen Sensor in der Hand.

»Hier sind sie. Ark und Scardohn von hinten. Der Rest von vorne!«

Gluydor, Berool und Itzakk gingen in die große Bibliothek.

Diese war zu dieser Zeit geschlossen, doch ein Alarmsignal schrillte bereits seit einer Weile.

»Bald werden einheimische Polizisten kommen«, vermutete Berool und aktivierte das Hyperkom. »Ark, demnächst werden terranische Kollegen zu dir stoßen, bitte übernimm du das.«

*

Rhodan und die anderen hatten sich zwischen gewaltigen Regalen versteckt.

»Sie werden uns töten«, flüsterte Shel. Sie zitterte am ganzen Körper. Aurec hatte sichtlich Mühe sie zu beruhigen.

»Nein, das werden sie nicht«, hörten die Vier eine Stimme sagen.

Rhodan kannte diese Stimme, es war dieselbe, die auch in seinem Bewusstsein sprach. Doch diesmal konnte er sie zuordnen.

Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er den kleinen Asiaten vor sich stehen sah. Erinnerungen wurden in Rhodan wach – die Pforte zum Loolandre, wo sich beide das erste Mal richtig begegneten. Unzählige Male hatte dieser Mensch Rhodan beraten und geholfen. Diesen Mann sah er als einen seiner engsten Freunde an, doch hatte er bezweifelt, ihn jemals wiederzusehen.

»Sato«, brachte Rhodan langsam hervor.

*

Das Aufblinken der vier Punkte auf dem Abtaster erlosch.

»Was?«, machte Berool. Der Lare drückte einige Knöpfe und glaubte an einen Defekt des Sensors. Jedoch musste er einsehen, dass es nicht daran lag.

»Sie sind weg! Einfach verschwunden.«

Auch die anderen fragten, ob es am Abtaster lag, doch Berool schloss diesen Fehler aus.

»Irgendwie haben sie es geschafft, die Strangenesswerte zu unterdrücken«, überlegte der Lare laut.

Itzakk schnaubte vor Wut. Er schrie auf und warf einige der Regale um. Thorn versuchte, ihn zu beruhigen.

»Dann fliegen wir nach Europa und stellen die anderen drei«, meinte Scardohn.

»So sei es. Ark Thorn, bereite deinen Dolan vor. Rhodan, du entkommst uns nicht!«

 

18. Rodroms Söldner

»Sie sind weg. Der Strangeness-Absorber hat seine Wirkung nicht verfehlt«, erklärte der Pararealist zufrieden.

Perry Rhodan war es immer noch, als befände er sich in einem Traum. Noch vor ein paar Minuten kauerte er zusammen mit dem Somer Sam, dem Saggittonen Aurec und der Terranerin Shel Norkat hinter einem Bücherregal in der großen Bibliothek New Yorks.

Dann erschien auf einmal Sato Ambush, wie aus dem Nichts. Der Parareallist hatte zuvor telepathisch mit Rhodan Kontakt aufgenommen und ihn gewarnt, sowie den Weg zur Bibliothek gewiesen.

Kurz nach dem Auftauchen des Japaners, holte dieser Gürtel hervor, die sich die Vier umlegen sollten. Nachdem diese aktiviert wurden, so erklärte Ambush, würden die Strangenesswerte unterdrückt und sie so für Abtaster unsichtbar werden.

Ambush hatte weiter erklärt, dass die Söldner jederzeit Rhodan und seine Begleiter lokalisieren konnten, da sie einfach nur die fremde Strangeness orten mussten.

Ambushs Plan ging auf.

»Wir sollten trotzdem besser gehen. Ich habe uns in einem Hotel eingemietet. Dort sind wir erst einmal sicher, solange ihr die Gürtel nicht deaktiviert«, meinte der kleine Mann.

»Ich danke dir, Sato!«, entgegnete Perry. Er ging zum Pararealisten und berührte ihn.

»Hattest du geglaubt, ich wäre ein Geist?«, fragte Sato lächelnd.

Rhodan wusste nicht, was er sagen sollte.

»Wie ... was ist damals passiert?«, erkundigte er sich schließlich.

Ambush legte seine Hand auf Rhodans Schulter. »Alles zu seiner Zeit. Jetzt erst einmal zum Hotel. Wer weiß, wie lange die Killer Rodroms brauchen, um den Trick zu durchschauen.«

»Müssen wir die Dinger wirklich immer tragen? Sie sind etwas unbequem! Ich meine, der Mensch hat auch nachts mal Bedürfnisse«, meckerte Shel und sah verstohlen zu Aurec rüber, dem das sichtlich peinlich war.

Sam zeigte deutlich seine Abneigung. »Reißen Sie sich etwas zusammen, Frau Norkat! Sie werden Ihre animalischen Ritualien wohl so lange unterbinden können, bis wir die Söldner gestellt haben. Es ist schließlich Krieg!«

Die fünf Personen erreichten das Hotel. Sato hatte ein Nobelhotel ausgewählt. Sehr zur Freude der vier arg gebeutelten Helden.

»Um noch einmal auf deine Frage einzugehen, Shel«, begann Sato. »Der Absorber muss innerhalb eines Meters in deiner Nähe sein, ansonsten wird er wirkungslos und kann deine Strangeness nicht mehr absorbieren. Deshalb solltest du darauf achten, ihn stets zu tragen. Ausnahmen sind natürlich sanitäre Bedürfnisse jeder Art.«

Shel machte einen Schmollmund.

»Sonst keine Ausnahmen?«

Sato kicherte leise.

»Liebe machen ist etwas sehr Schönes, doch ehrlich gesagt, im Moment fehl am Platz.«

»Ich verstehe«, gestand Shel enttäuscht und ging ins Bad.

Sato schüttelte den Kopf.

»Die sind ja innerhalb von nicht einmal 100 Jahren noch schlimmer geworden«, murmelte er zu sich selbst und meinte damit die Terraner.

Perry saß in einem weichen Sessel und war eingenickt. Sato wollte ihn nicht aufwecken. Rhodan brauchte etwas Schlaf, wie auch die anderen. Aurec hatte sich auch bereits in seiner Suite hingelegt. Nur Sam war noch im Wohnzimmer und hatte sich seiner Verkleidung entledigt.

»Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Herr Ambush. Sie sind eine Legende.«

In seinen Worten lag großer Respekt.

Sato erfreute dies sehr. Er ergriff das Greifglied des Somers. »Glauben Sie mir, ich bin noch viel glücklicher, Sie und den echten Perry Rhodan zu treffen.«

Beide setzten sich.

»Wie soll es nun weitergehen?«, fragte Sam auf einmal. »Paralleluniversen und Pararealitäten waren doch Ihr Spezialgebiet. Haben Sie irgendwelche Ideen, wie wir wieder zurück nach Saggittor kommen können? Können Sie Verbindung mit der LONDON aufnehmen? Wie haben sie es geschafft, sich wieder zu manifestieren?«

Sato lächelte. Sein Lächeln wirkte beruhigend und positiv.

»Viele Fragen, die vieler Antworten bedürfen. Doch heute ist nicht die Zeit für Antworten. Heute ist die Zeit zum Ausruhen. Auch Sie brauchen Schlaf. Schonen Sie sich, denn morgen wird ein anstrengender Tag.«

Sam nickte.

»Sie haben wohl recht. Dann lege ich mich auch hin«, erwiderte der Somer.

»Ich wünsche Ihnen einen gute Nacht und mögen Sie schöne Träume haben. Gott – an welchem Sie immer glauben – sei mit Ihnen«, entgegnete Ambush höflich.

Sam lächelte. »Danke, auch Ihnen eine gute Nacht.«

*

Der Tag brach für Rhodan um acht Uhr morgens an. So lange schlief er normalerweise nicht in Krisensituationen. Er schrieb es wohl der Erschöpfung zu. Er hatte die ganze Nacht in dem Sessel verbracht. Seine Knochen ließen ihn das spüren. Sato lag anstelle von Rhodan im Bett. Rhodan konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Sato trug neben seinem Kimono eine weiße Schlafmütze.

Ich habe dich vermisst, alter Freund.

Aurec kam noch recht müde wirkend aus dem anderen Schlafzimmer heraus.

»Moin!«, grüßte Perry.

»Moin?«, wiederholte Aurec verwirrt.

»Ist Deutsch und bedeutet soviel wie guten Morgen«, erklärte der Unsterbliche.

»Ach so«, machte Aurec und ging zum Kühlschrank.

»Immerhin haben die hier an alles gedacht«, sagte er zufrieden.

»Ich schlage vor, wir bereiten das Frühstück vor«, meinte Perry fröhlich.

»Wie, wir selbst?«

»Ja, klar. Wir können natürlich auch den Zimmerservice rufen, aber selbst die Brötchen kaufen, die Eier zu kochen, Kaffee und Tee aufzusetzen und den Tisch zu dekorieren macht doch Spaß.«

»Na, wenn du meinst ...«

Aurec stieß einen tiefen Seufzer aus und ging ins Bad. Er war es nicht gewohnt, sich selbst zu versorgen. Schließlich waren auf Saggitton immer Diener um ihn herum gewesen.

»Naja, ich beginne schon einmal allein«, sprach Rhodan zu sich selbst.

Als das Frühstück fertig gerichtet war, weckte er auch Sato Ambush, Sam und Shel Norkat. Voller Stolz präsentierte er ihnen den gedeckten Tisch.

»Wow, wir sind gefangen in einem Paralleluniversum, werden gejagt von grausamen Bestien und der macht noch ein schönes Frühstück. Das nenne ich cool!«, meinte Shel voller Respekt.

»Ich wünsche allen einen guten Appetit. Trotz der hoffnungslosen Situation, in der wir uns befinden«, eröffnete Rhodan das Buffet.

Dann wandte er sich Sato Ambush zu: »Nun musst du uns aber berichten, was passierte, nachdem du von der TARFALA verschwunden warst.«

Sato Ambush erzählte seine Geschichte und den Kampf gegen Embuscade.

»… Unser Ki ist dann miteinander verschmolzen. Mein Geist und meine Seele wechselten sozusagen in seinen Körper über und konnten Embuscade töten. Embuscade, mein dunkles Ebenbild, existiert nicht mehr«, beendete Ambush seine Erzählungen.

»Dann hast du auch die Kraft zur Manifestation um wieder in unser Universum zurückzukehren?«

»Das ist wahrscheinlich.«

Rhodan lachte und umarmte den Japaner.

»Das ist die beste Nachricht seit langer Zeit!«

Sato war beinahe zu Tränen gerührt. Er riss sich allerdings zusammen.

»Noch haben wir große Probleme. Ich wurde, als ich zwischen den Parallelwelten wechselte, durch ein unbekanntes Wesen auf dieses Paralleluniversum aufmerksam gemacht. Dieses erzählte mir, dass der Perry Rhodan aus meiner Realität sich dort befände und in Gefahr sei.

Dann beobachtete ich euch für eine Weile und bekam deine Konfrontation mit diesem Rodrom und die Ankunft der Söldner mit. Ich entwickelte in Embuscades Welt den Strangeness-Absorber. Das war nicht weiter schwer, ich hatte mir schon vor Jahrzehnten darüber Gedanken gemacht und einen Prototyp entwickelt. Ich brauchte diesen also nur noch replizieren. Danach nahm ich mit dir Verbindung auf. Den Rest kennt ihr alle. Doch das Problem liegt darin, dass wir momentan keinen Kontakt zur LONDON haben und ich so auch keinen Weg finden kann, wie wir alle wieder in unser Universum kommen können.«

*

Rosan und Wyll waren über das plötzliche Verschwinden der LONDON nicht sonderlich erbaut. Sie versuchten das Schiff noch per Interkom zu erreichen, doch die LONDON war bereits in den Hyperraum gewechselt. Sie waren also auf sich allein gestellt.

Wyll Nordment versuchte Perry Rhodan zu erreichen, doch dieser hatte anscheinend sein Interkom deaktiviert.

Nordment und Rosan Orbanashol scannten mit den Instrumenten ihrer Space-Jet die Gegend. Wyll fand eine kleine Raumanomalie über dem Atlantik. Er vermutete, dass es eine unterdrückte Tarnsignatur des unbekannten 100 Meter großen Raumschiffes war, welches die LONDON zur Flucht veranlasst hatte.

Sie mussten nun zwei Tage warten, bis die LONDON zurückkehrte und in dieser Zeit Ulryk Wakkner finden. Möglicherweise mussten sie auch vorsichtig sein und die fremden Angreifer abwehren.

Sie machten sich zuerst auf die Suche nach Wakkner. Anhand des Individualabtasters und der internen Kommunikation zur Kapsel führte die Spur zur Kleinstadt Eutin.

Allerdings funktionierte auch der ID-Abtaster nicht normal. Sie konnten den genauen Standort nicht bestimmen.

Sie erreichten ein Geldinstitut, das deutliche Restsignaturen von Wakkners Individualimpulsen anzeigte.

Anschließend hielten auf einem Parkplatz und stiegen aus dem Auto. Rosan machte einen erledigten Eindruck.

»Mister Nordment, bei allem Respekt, aber würden Sie die Raumschiffe so navigieren wie dieses Vehikel, dann wären Sie ein miserabler Kommandant …«

Wyll machte eine abwinkende Geste. »Sehr witzig.«

Rosan umarmte ihrem Liebhaber und gab ihm einen Kuss. Wyll war wieder versöhnlich gestimmt und beide machten sich auf den Weg in das große Gebäude der Bank.

Sie gingen die Treppen zur Information hoch und befragten die dicke Frau nach Ullryk Wakkner. Diese sah die beiden sehr skeptisch an und musterte sie.

Rosan legte ihren ganzen arkonidischen Charme in ihre Rolle. Sie benahm sich affektiert und spielte mit einigen wertvollen Schmuckstücken herum.

»Wir wollen wissen, wo unser Diener geblieben ist. Wir haben gute Gründe anzunehmen, dass er sich hier vor kurzer Zeit noch befand. Also solltest du uns besser informieren oder soll ich gleich mit dem Vorstand reden? Dies würde allerdings wohl bedeuten, dass du dein fettes Gesäß bald woanders unterbringen müsstest«, sprach Rosan mit hervorragend gespielter Arroganz, die Wyll erstaunte.

Sie hatte ja in ihrer Familie die besten Lehrer.

Die dicke Frau lief rot an und entgegnete barsch: »Der Mann war hier, sprach aber mit dem Vorstand. Also müssen Sie sich so oder so an den wenden. Außerdem habe ich Ihnen nicht erlaubt, mich zu duzen!«

»Ach so ...«, antwortete Rosan gedehnt.

Das war wohl nichts, dachte die junge Frau. Sie hielt kurzen Blickwechsel mit Wyll. Seine Mimik deutete darauf hin, dass er dieselben Gedanken wie Rosan hatte.

»Wir wollen ja nur wissen, wo er im Moment ist«, entgegnete Wyll.

»Das kann ich nicht sagen. Also möchten Sie nun mit einer Sekretärin des Vorstandes sprechen?«, drängelte die Frau.

»Nein, danke. Wir finden ihn auch so«, sagte Wyll. Er nahm Rosan an die Hand und verließ schnell mit ihr das Gebäude.

Sie setzten sich in ein Lokal und überlegten eine Weile.

»Er nahm eine Syntronik mit. Dann ging er zuerst zu dieser Bank«, murmelte Wyll.

Rosan saugte an einem Strohhalm die Flüssigkeit ihres Glases aus.

»Vielleicht wollte er die Syntronik den Banken anbieten«, vermutete sie. »Die Syntronik würde die Geschäfte der Bank um Jahrhunderte voranbringen.«

Wyll nickte. »Ich glaube, du hast recht. Das wäre ein Beweggrund für Wakkner. So käme er an Macht und Geld und kann aus seinem verkorksten Leben doch noch etwas machen.«

»Was unternehmen wir nun?«, wollte Rosan wissen.

»Wir brechen in die Bank ein und versuchen etwas zu finden.«

Rosan lächelte. »Wenn das meine Mutter wüsste.«

*

Als es dunkel wurde, schlichen sich die Zwei zum Gebäude der Bank. Beide hatten sich schwarze Kleidung angezogen und versuchten zumindest so professionell wie möglich vorzugehen.

»Wir versuchen über ein Fenster hereinzukommen«, beschloss Wyll.

Er nahm ein Seil und warf es in die obere Etage. Er zog sich mühsam hoch. Keuchend erreichte er das Geländer und musste feststellen, dass sämtliche Fenster verschlossen waren.

»Wyll?«, hörte er Rosans Stimme flüstern.

»Ja?«

»Die Tür hier unten ist offen«

»Oh!«

Nordment ließ sich wieder langsam herunter und fiel die letzten zwei Meter unsanft auf den Boden.

»Hast du dir wehgetan?«, fragte Rosan besorgt.

»Nein, alles in Ordnung«, log Wyll, der sich einen Finger angestaucht hatte, aber zu stolz war, um es zuzugeben.

»Wie hast du das gemacht?«, wollte er wissen und deutete auf die offene Tür.

Rosan zeigte ihm eine blaue ID-Karte.

»Die lag hier auf dem Boden, muss einer von denen verloren haben«, erklärte die Schönheit.

»Ah«, machte Wyll. Dann öffnete er die Tür und ging den Korridor entlang. Rosan folgte ihm dichtauf.

Sie gelangten in einige Büroräume und durchforsteten etliche Ordner. Als sie erfolglos waren, entschlossen beide sich in die Hauptbuchhaltung zu gehen. Dort hatte Wyll Nordment mehr Erfolg. Der Terraner fand eine Buchung über 50.000 Mark. Die Auszahlung erfolgte bar und an Ullryk Wakkner.

Ebenfalls fand er eine weitere Überweisung an einen Vermieter in dem noblen Ostseedorf Timmendorfer Strand. Wyll folgte daraus, dass man Wakkner eine Wohnung zur Verfügung gestellt hatte.

»Wir sollten ihm so schnell wie möglich einen Besuch abstatten«, forderte Rosan.

Wyll stimmte zu, meinte jedoch, dass man erst im Laufe des morgigen Tages dahin fahren sollte. Er war ziemlich müde und erledigt. Deshalb fuhren beide in ihr Hotel und legten sich schlafen.

*

Die Sonne ging gegen fünf Uhr morgens auf. Die meisten Menschen schliefen noch. Vier Kreaturen jedoch waren schon hellwach. Sie fuhren mit einem einheimischen Vehikel, also einem sogenannten Auto, zu dem Kur- und Badeort Timmendorfer Strand.

»Die Strangenesswerte liegen ziemlich hoch. Hier ist einer von denen!«, stellte Melsos von Berool fest.

Berool entschied, Wakkner zu observieren. Er hegte die Hoffnung, der Terraner würde sie zu Perry Rhodan führen.

Der Motor fing urplötzlich an, zu stottern. Scardohn, der das Auto fuhr, machte eine ratlose Geste.

»Das Vehikel will nicht mehr«, schnarrte er wütend.

»Kein Wunder, du hast vergessen zu tanken!«, entgegnete Berool kühl und zeigte auf das Armaturenbrett.

»Der haut ab!«, rief Itzakk, als er Wakkner aus dem Haus gehen sah.

»Wir folgen ihm. Legt eure Verkleidungen an«, instruierte Berool.

Der Hauri und der Pterus zogen sich Kutten über ihre Köpfe. Das lange Gewand Itzakks verdeckte gleichzeitig seinen Schwanz. Es war jetzt 6:20 Uhr.

Ullryk Wakkner stand an einer Haltestelle. Die Vier folgten ihm mit etwas Abstand.

Dann erreichte ein Bus die Haltestelle und Wakkner stieg ein.

Berool entschloss sich, dem Mann zu folgen. Zusammen mit den anderen drei Wesen stieg er in den Bus und wollte am Fahrer vorbeigehen, doch dieser, ein dicker und unansehnlicher Mann schnauzte sie an.

»Ohne Karten könnt ihr hier nicht durch. Also erstmal lösen, die Herrschaften!«

Die vier Extraterrestrier sahen sich verdutzt an. Sie wussten nicht genau, was er damit meinte.

»Meinen Sie damit, dass wir für die Fahrt zahlen müssen?«, hakte Berool höflich nach.

»Bist du aber ein Schlaumeier! Was denn sonst? Wohin soll's gehen?«

Der Lare überlegte kurz. Er versuchte nicht, auf Ullryk Wakkner zu sehen. Der Terraner hatte sich im Mittelteil des Busses gesetzt. Wohin fuhr er?

»Endstation!«, sagte der Lare schließlich.

»Viermal ... macht 23,20 Mark. Bitte schnell, ich komm sonst zu spät!«

Berool legte ihm einen blauen Schein hin.

»Das ist ein Huni! Verarschen kann ich mich selber! Bei dir piepst wohl. Rück' Kleingeld raus, oder geh zu Fuß!«

Der Lare stöhnte laut auf. Er hatte kein Kleingeld. Itzakk fing an zu grummeln.

»Du darfst den Rest als Trinkgeld behalten. Weil du so freundlich bist!«

Der Fahrer überlegte eine Weile und holte 23,20 Mark aus seinem Portemonnaie heraus. Diese legte er in die Bus Kasse und steckte den Geldschein in seine Jackentasche.

Die Vier gingen wortlos durch den Bus und setzten sich ganz nach hinten.

Nach etwa einer halben Stunde hatten sie die Stadt Eutin erreicht. Sie verfolgten Wakkner zu der Bank und warteten, bis er nach einer Stunde wieder herauskam.

»Was er wohl da wollte?«, überlegte der Lare.

»Finden wir es doch heraus!«, meinte Glyudor, der immer noch in der Gestalt eines Terraners war. Er prägte sich das Gesicht eines Mitarbeiters der Bank ein, welcher wohl gerade zur Frühstückspause ging und verwandelte sich in ihn.

»So habe ich leichtes Spiel«, frohlockte der Gys-Voolbeerah.

»Gut, aber wir bleiben in deiner Nähe«, meinte Melsos Berool.

*

Der Molekularverformer betrat das Gebäude. Er hatte jetzt das Aussehen eines Mitarbeiters, nur trug er weiterhin seine schwarze Kombination. Glyudor ging die Treppen hoch, bis er in den Vorstandsbereich kam.

Dort kam ein Mann im mittleren Alter auf ihn zu. Dieser war fein gekleidet, mit Maßanzug und Krawatte. Auf seinem Namensschild stand Gerhard Prüsselmann.

Der Bankier hielt an und bat den MV, den er als Herrn Hinzel bezeichnete, in sein Büro zu kommen.

Glyudor war sichtlich verwirrt, dennoch folgte er dem Terraner. Als sie in dessen Büro waren, stellte sich der bärtige Mann mit der spitzen Nase mit verschränkten Armen an einen Schrank. Er hatte ein sonderbares Grinsen auf dem Gesicht.

»Wie lange sind Sie jetzt schon in unserem Hause?«, wollte der Terraner wissen.

Der MV verzog das Gesicht. Er hatte nicht die geringste Ahnung.

»Äh ...«, machte er.

»Etwa ein Jahr, nicht?«, stellte Prüsselmann fest.

»Ja … genau!«

»Was hat sich in Ihrem Leben seitdem verändert?«, war die nächste Frage des Bankers.

Gluydor wusste nicht, worauf der Mann hinaus wollte. Er war nahe dran ihn einfach zu erschießen, doch er riss sich zusammen.

»Oder welche Veränderungen müssten Sie noch, Ihrer Meinung nach, vollziehen?«, forschte Prüsselmann weiter.

»Hab keine Ahnung«, meinte Gluydor lahm.

»Habe ich mir gedacht. Vielleicht sollten Sie in puncto Kleidung etwas nachdenken«, riet der Terraner verächtlich.

Der MV sah sich an und schüttelte verständnislos den Kopf.

»Was ist an dieser Kleidung so ungewöhnlich?«

»Sie tragen kein Jackett und vor allem keine Krawatte!«

»Keine was?«

Der Gys-Voolbeerah wusste mit dem Ausdruck Krawatte wenig anzufangen. Prüsselmann sah ihn entgeistert an und deutete auf seine Krawatte.

»Ach, du meinst dieses lächerliche Ding, das an deinem Hals hängt. Welche Funktion hat dieses Anhängsel?«

»Was fällt Ihnen ein!«, schrie der Banker mit hochrotem Kopf. »Die Krawatte ist ein Ausdruck von Autorität und Ordnung, von Seriosität und Kompetenz. Jeder anständige Mensch und vor allem jeder Mitarbeiter in unserem Hause hat eine Krawatte zu tragen. Alles andere ist indiskutabel!«

Glyudor verlor nun die Beherrschung.

Er packte er den Banker und zog so fest an seiner Krawatte, wie es nur ging.

Prüsselmann gurgelte und röchelte. Er versuchte sich vergeblich gegen den MV zu wehren.

Dann stieg Glyudor auf den Tisch und zog Prüsselmann mit. »Bevor ich dich töte, sage mir eines: Weißt du, wo Perry Rhodan ist?«

Der Terraner schüttelte den Kopf und versuchte nach Luft zu ringen.

Glyudor zog den Bankier langsam nach oben. Dann band er die Krawatte an die Zimmerlampe und stieß den Tisch um. Die Beleuchtung hielt das Gewicht von Prüsselmann aus. Er zuckte und zappelte eine Weile, dann erschlafften seine Glieder und er baumelte mit offenem Mund und heraushängender Zunge unter der Lampe.

»Da sieht du, was du von deiner Krawatte hast!«

Er ging wieder zu den anderen.

»Hier gibt es keine Informationen. Nur eine Menge Krawattenträger«, berichtete der Gys-Voolbeerah immer noch wütend über Prüsselmann.

*

Rhodan und seine Begleiter warteten noch immer in ihrem Hotel auf die Rückkehr der LONDON. Die Strangenessabsorber funktionierten tadellos. Rhodan gefiel diese Warterei nicht, doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Auch Aurec strotzte vor Tatendrang. Er wanderte im Zimmer hin und her.

Dann summte das Interkomgerät auf. Rhodan nahm an, dass es sich um die LONDON handelte.

»Da seid ihr ja wieder!«, fing er an zu ins Interkom zu sprechen.

»Hier ist Wyll Nordment«, hörte er die Stimme des Navigators sagen.

»Wo war die LONDON?«

»Ich nehme an im Alpha Centauri System. Wir wissen es auch nicht genau.«

Nordment berichtete von Ulryk Wakkners Alleingang und ihrer Suche nach ihm.

»Habt ihr Wakkner gefunden?«

»Nein, wir suchen noch nach ihm.«

Rhodan überlegte kurz, dann blickte er Sato Ambush an. Der Pararealist hatte vermutlich denselben Gedanken wie der Cameloter. Die Drei hatten keinen Strangenessabsorber und waren somit eine Zielscheibe für Rodroms Bestien.

Sato Ambush erklärte, dass er drei weitere Absorber in Embuscades Welt herstellen würde. Sofort verschwand Ambush und machte sich auf den Weg in die Parawelt.

Rhodan klärte Nordment über die Strangenessabsorber auf und wollte den genauen Standort von den beiden wissen.

Nach einer Stunde tauchte Ambush wieder auf. Die Fünf reisten ab. Rhodan entschied sich dafür, die Space-Jet zu benutzen, auch wenn sie dadurch vielleicht von den Söldnern geortet wurden. Die Reise mit einem Flugzeug dauerte einfach zu lange.

Ambush konnte mit seinen Psi-Fähigkeiten eine Abkürzung nehmen und dadurch Rosan und Wyll mit den Absorbern ausrüsten.

Am Nachmittag Mitteleuropäischer Zeit erreichte die Space-Jet die Ostseeküste und landete auf einer Lichtung in einem Waldstück.

Nordment, Orbanashol und Ambush suchten derweil bereits nach Wakkner. Sie hatten eine Spur gefunden, die sie in die Küstenstadt Neustadt führte. Offenbar wollte Wakkner ordentlich auf den Putz hauen.

 

19. Schlechte Zeit zum Feiern

Die hiesige Diskothek war der meistbesuchte Club der Region. Sie lag am Rande der Hafensiedlung Neustadt.

Laute, wummernde Technomusik dröhnte Rosan und Wyll entgegen, als sie das Gebäude erreichten.

Rosan hatte sich der Mode der Besucher angepasst. Sie trug eine schwarze Hose und ein schwarzes, bauchfreies Oberteil. An ihrem breiten Gürtel hatte sie den Orter und einen Thermostrahler so geschickt befestigt, dass sie wie ein modischer Gag wirkten. Wyll empfand den Anblick der Orbanashol als extrem sexy.

Freundlich grüßten die beiden die Türsteher des Ladens. Diese grüßten aber nicht zurück, sondern musterten die beiden unfreundlich. Ein dicker Riese, der problemlos als Epsaler hätte durchgehen können, stoppte Wyll Nordment.

»Bist du schon achtzehn, Kleiner? Ausweis!«, brummte er.

»Öh«, machte Wyll verlegen.

Natürlich war er älter. Doch sein Ausweis war erst in dreitausend Jahren gültig. Das stellte nun ein Problem dar. Rosan mischte sich ein.

»Weißt du nicht, wer wir sind? Es ist ja wohl beschämend, wenn wir hier auch noch kontrolliert werden«, meckerte sie mit gespielter Arroganz und Empörtheit. »Ich werde mir wohl noch zweimal überlegen müssen, ob ich dieses Etablissement sponsern möchte. Rufe sofort den Manager des Bambu. Ich werde mich beschweren.«

Der Dicke blickte Rosan überrascht an und entschuldigte sich. Er erklärte, nur seinen Job zu machen. Rosan schenkte ihm ein Lächeln und zog mit Wyll von dannen.

Sie gingen in den großen Hauptraum. In der Mitte befand sich die Tanzfläche, davor ein Podium, auf dem auch die Discjockeys standen und an den Musikanlagen arbeiteten. Links und rechts waren Bars und Theken aufgebaut.

Die Luft war stickig und die Temperatur sehr hoch. Etwa 500 Menschen tummelten sich in dem Raum, standen an den Tresen und tranken oder amüsierten sich beim Tanzen.

Rosan warf Wyll einen bösen Blick zu, als dieser zwei sehr knapp bekleidete Frauen hinterher blickte. Er richtete seinen Blick sofort wieder auf die junge Orbanashol. Beide versuchten bereits Wakkner irgendwo ausfindig zu machen.

Auch Sato Ambush stieß nun hinzu.

»Dies ist die Adresse des Etablissements, ich denke also, dass er hier heute noch auftauchen wird«, sprach der Pararealist.

*

Melsos Berool, Gluydor, Itzakk und Scardohn erreichten ebenfalls die Disco. Sie kannten den genauen Aufenthaltsort von Ullryk Wakkner.

Schweigend liefen sie an dem dicken Türsteher vorbei, der sich nicht traute, die Vier zu kontrollieren.

»Braver Mann«, lobte der Lare.

Melsos Berool seufzte. Schon wieder laute, atonale Musik! Dieser Auftrag war doch wesentlich unangenehmer, als er gedacht hatte.

Auch sie nahmen an einer der Theken direkt gegenüber der Stelle Platz, an der sich Wakkner befand.

»Noch mehr Abschaum«, meinte Scardohn verächtlich, als er sich umsah.

Einige Männer mit nacktem Oberkörper tanzten an ihnen vorbei. Sie trugen weiße Handschuhe und irgendwelche Leuchtgegenstände blinzelten aus ihrem Mund hervor.

Melsos Berool wurde still und verlor etwas an Farbe.

»Unser Meister ist hier!«

*

Rodrom war mit der Arbeit seiner Diener nicht zufrieden. Deshalb beorderte er die WORDON und 100 Einheiten der Kjollen in das Paralleluniversum und wollte selbst die Jagd Rhodans verfolgen.

Die rote Inkarnation manifestierte sich vor dem Gebäude. Langsam ging er zu den Türstehern der Diskothek.

Es war ein Leichtes, diese zu beeinflussen. Er passierte die Kasse und stieg gemessenen Schrittes die Treppe zum Hauptraum hinauf.

Viele der Menschen starrten ihn verwundert an, doch er interessierte sich nicht sonderlich dafür.

Plötzlich schrien die Gäste vor Freude auf, als ein bekanntes Lied gespielt wurde. Wild tanzten sie dazu.

Rodrom blickte durch den Raum und sah die vielen Männer und Frauen, viele noch sehr jung, die wild in Ekstase zuckend dem Rhythmus der Musik folgten.

Es wurde ein, in Rodroms Ohren, seltsames Lied gespielt, in dem es um eine terranische Barbiepuppe ging.

Rodrom blieb vor einem völlig verschwitzten Jungen stehen, der in kulsavischen Bewegungen sich einen Schritt vor und zurückbewegte. Die Augen waren starr, der Mund weit geöffnet. Ab und zu wirbelte er mit zwei grün leuchtenden Stäbchen umher. Der Körper war in höchster Anspannung. Rodrom wusste nicht, in welche Welten der Geist dieses Wesens abgerutscht war.

Er ging zur Tanzfläche und schob sich unsanft an den Tanzenden vorbei, dann stieg er auf das Podium und beobachtete die Menschen. Neben ihm schwangen sich zur rechten und linken Seite zwei halb nackte, drahtige Frauen an den Stangen entlang und heizten die Meute an.

Unter tosendem Beifall der Masse zog sich eine ihr knappes Oberteil aus und warf es in die Menge. Sie drehte sich um und beugte sich breitbeinig hinab und rubbelte ihren Oberkörper an der Stahlstange.

Ihr niederen Kreaturen seht euch doch an! Die Terraner waren und sind eine erbärmliche Rasse, gleichgültig in welchem Universum. Ihr hüpft wie Schwachsinnige durch die Gegend. Ihr seid ein Gespött für das Universum. Schon die Kleinsten und Jüngsten hüpfen benebelt vor sich hin und signalisieren ihre Paarungsbereitschaft.

Wer von euch hat sich denn jemals gefragt, wie die Antwort der dritten Ultimaten Frage lauten könnte?

Wer von euch hat sich jemals über den Moralischen Code Gedanken gemacht? Keiner von euch, denn ihr seid nicht in der Lage dazu. Ihr glaubt wahrscheinlich, dass die Milchstraße eine ausgekippte Flasche Milch auf einem Gehweg sei.

Es liegen Universen zwischen euch und mir.

Euer Leben ist so armselig und trostlos. Ihr lebt für eure Partys, um zu saufen und euch begatten zu lassen. Um euren tristen, gehassten Arbeitsalltag zu vergessen, stürzt ihr euch in eure wöchentlichen Abenteuer. Dass ich nicht lache! Abenteuer nennt ihr das!

Anstatt die Wunder des Weltalls zu erforschen, zieht ihr es vor, euch wie quiekende Schweine in euren Betten zu suhlen, rammt euch Körperteile ineinander und wartet, bis eine eklige Substanz aus eurem Körper strömt. Das ist euer Lebenselixier. Das ist euer Sinn des Lebens. Ihr glaubt, ihr seid perfekt, doch ihr seid ein Witz. Ihr gehört zum untersten Ende des Zwiebelschalenmodells.

Ihr seid der Dreck am Absatz der Evolution.

Was wisst ihr schon von der geistigen Existenzform? Eine Lebensweise ohne den Körper? Frei zu sein von den abstoßenden Lastern und Zwängen des Körperlichen. Mit der Seele durch das Universum zu reisen und kosmische Wunder kennenzulernen. Ohne Perry Rhodan wären die Menschen in Meekorah also so geworden, wie diese jetzt.

Ihr seid so niedrig und unbedeutend. Eure Freude widert mich zutiefst an. Ich verabscheue euch sterbliche Wesen. Ihr einfältigen Kreaturen seid selbst zu dumm, um über euer nichtssagendes Leben nachzudenken.

Ihr macht mich krank, ihr Tiere. Ich vernichte nicht nur Rhodan, sondern diesen ganzen elenden Planeten. Es ist schon eine selbstlose Aufgabe, dieses Universum von der habgierigen, naiven und niveaulosen Plage Menschheit zu befreien.

Rodrom erkannte nun auch Ullryk Wakkner. Er gab seinen Kämpfern ein Zeichen. Diese machten sich sofort auf den Weg, um den Terraner in die Mangel zu nehmen.

*

Sato Ambush und die anderen bemerkten inzwischen Rodrom und die Eliteeinheiten. Wakkner amüsierte sich mit seinen Frauen in einer Sitzecke.

Sato Ambush hatte bereits Perry Rhodan über ihren Aufenthaltsort informiert. Er hoffte auf das baldige Auftauchen von Rhodan und Aurec.

Itzakk kämpfte sich durch die Tanzfläche. Er schlug einfach die tanzenden Menschen nieder. Als Sicherheitspersonal auf ihn zukam, rang er auch diese Leute zu Boden. Scardohn zückte sein Vibratormesser und stellte sich vor Wakkner.

»Wo ist Perry Rhodan?«, fragte er laut.

Wakkner schüttelte den Kopf.

»Ich habe keine Ahnung.«

Die Angst saß tief in ihm. Er ließ vor Schreck sein Glas fallen. Die beiden Frauen rannten schnell weg. Wakkner fing an zu zittern und stottern.

»Ich ... ich ... ich habe nichts mit P ... Perry Rhodan zu tun. Ich ... ich ...«

»Elende Kreatur!«, schrie Scardohn und schüttelte ihn.

Inzwischen erreichten auch Aurec und Rhodan den Club.

Rodrom bemerkte sie sofort. Er informierte Ark Thorn, dass er in das Gebäude kommen sollte.

Perry Rhodan eilte zu Wyll Nordment, Rosan Orbanashol und Sato Ambush. Diese deuteten in die Richtung, wo sich Wakkner zusammen mit Rodroms Killern befand.

Rhodan zog einen Thermostrahler, wie auch Aurec. Es wurde unruhig in der Disco. Die Menschen bekamen es mit der Panik zu tun. Von unten her hörte man einen lauten Knall und Schreie. Die Musik verstummte.

Rhodan nutzte diese Gelegenheit und schoss auf Melsos Berool. Wakkner rannte weg. Itzakk riss sich wieder seine Kutte vom Körper und brüllte laut auf.

Die Menschen schrien, als sie die wahre Gestalt des Ewigen Kriegers erkannten. Sie rannten in Panik die Treppe hinunter in Richtung Ausgang. Doch sie kamen nicht weit, denn Ark Thorn rannte die selbige hoch und durchbrach eine Mauer.

In Panik brüllten die Jugendlichen und liefen um ihr Leben. Einige fielen beim Anblick der Bestie sofort um und verloren das Bewusstsein. Thorn fegte mit seinen Armen die Menschenmassen hinweg.

»Verdammt, holt Wakkner und dann weg hier«, rief Rhodan laut.

Itzakk und Scardohn schossen wild durch die Gegend und hatten bereits über ein Dutzend Menschen verwundet oder getötet.

Aurec hatte sich inzwischen Ullryk Wakkner geschnappt. Sie rannten zum Ausgang. Doch Ark Thorn stellte sich ihnen auf der Treppe entgegen.

Das Gewicht des Zeitpolizisten war jedoch zu hoch, er brach ein.

Rhodan, Aurec und die anderen vier nutzten die Gelegenheit und sprangen auf den Riesen, um über seinen Rücken in die untere Etage zu kommen, dann rannten sie aus dem Gebäude in ein Auto, wo Shel Norkat und Sam warteten. Das Gefährt raste mit Höchsttempo los.

Scardohn, Itzakk und Gluydor sprangen in das nächste Vehikel und nahmen die Verfolgung auf.

Rodrom starrte den verwundeten Berool und Ark Thorn an. »Begebt euch in den Dolan und fliegt in den Orbit!«

»Was wird aus meinen Männern?«

»Sie haben ihre Chance vertan. Von jetzt an werde ich Rhodans Ende persönlich in die Hand nehmen«, erklärte Rodrom unwirsch.

Berool wusste, was dies bedeutete. Nicht nur das Ende für seine Leute und Rhodan, sondern für den ganzen Planeten.

 

ENDE

 

Die Ereignisse haben sich seit der Entführung der LONDON überschlagen. Wähnten sich die Galaktiker noch bei den Saggittonen in Sicherheit, werden sie nun durch den finsteren Rodrom gejagt und befinden sich in einer anderen Zeit und einem anderen Universum.

Zum ersten Teil des großen Finales holt Nils Hirseland in Heft 7 aus:

KAMPF UM SAGGITTOR

 

 

 

Kommentar

Hiermit haben wir nun den 2. Teil der eigentlichen Geschichte, die durch den ursprünglichen Untertitel »Rhodans Odyssee« so treffend umschrieben wurde, vorliegen. Die Inkarnation einer »finsteren« Entität namens MODROR, die uns durch die gesamte DORGON-Handlung begleiten wird, hat seinen großen Auftritt. Perry wurde mit der gesamten LONDON zuerst in Paralleluniversum versetzt und machte dann noch einen Zeitsprung durch. Die Namen »PATHFINDER« und »MIR« verraten uns, dass es sich um unser Universum handeln muss. In dieser Wirklichkeitslinie gab es keinen Perry Rhodan auf dem Mond, der die Arkoniden fand und demzufolge auch keine Dritte Macht. Allerdings muss es sich, und auch das wird klar, ebenfalls um ein Paralleluniversum handeln, denn auf unserer Erde sind bekanntlich weder Hauris, Laren oder Zweikoordinierte gelandet, ganz zu schweigen von einem »roten« Ungeheuer mit einem Vollgesichtshelm. Auch die »MIR« wurde ja nicht durch einen Zusammenstoß mit einem »UFO« aus dem Erdorbit geholt. Nun ja, wir wissen ja inzwischen fast sicher, dass die Zahl möglicher Paralleluniversen gegen unendlich geht.

Nun aber wieder zurück zu Nils Roman.

In Sato Ambush hat ein weiterer wichtiger Handlungsträger innerhalb des DORGON-Paralleluniversums (jep, genau um das handelt es sich!), seinen ersten Auftritt. Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen, einige Gedanken zur Rolle des Pararealisten innerhalb der Erstauflage wiederzugeben.

Sato Ambush war neben und als der Nachfolger Geoffrey Abel Waringers in den Bänden zwischen 1200 und 1600 der Erstauflage, neben den üblichen Verdächtigen, einer der Hauptakteure. Dies war die Zeit, als der studierte Physiker Kurt Mahr (Klaus Mahn), zusammen mit Ernst Vlcek, als Expokrat die Mutterserie wesentlich geprägt hat. Und, um hier einmal einen weitverbreiteten Irrtum aufzuklären, war es nicht Willi Volz, sondern Kurt Mahr, der das Zwiebelschalenmodell entwickelte. So war es nicht erstaunlich, dass gerade der Physiker Mahr die aktuellen Forschungsmodelle der modernen Kosmologie aufgriff und in die Handlung einbaute. Jedoch, das möchte ich hier wohl etwas kritisch anmerken, scheint er dabei nicht nur über den Köpfen vieler Leser, sondern auch vieler Mitautoren geschwebt sein. Doch gerade für mich war der Einbau der Möglichkeiten der Quantenkosmologie in den Überbau und die Handlung, eines der Highlights der Serie. Leider wurden nach und nach dann die von ihm geschaffenen Charaktere aus der Serie herausgeschrieben, da anscheinend seine Nachfolger mit diesen nichts anfangen konnten.

Charakteristisch ist hier vor allem das Schicksal des japanischen Pararealisten zu sehen, dem ein in der Serie einmaliges Schicksal »beschert« wurde. Sato war der einzige Kandidat für einen Zellaktivator, der durch den »Alten Lachsack« abgelehnt wurde, ein einmaliger Vorgang. Und genau an diesem Punkt werden wir innerhalb der DORGON-Serie ansetzen.

Warum wurde Sato durch ES abgelehnt? An seiner »moralischen« Integrität und seinen Fähigkeiten kann es wohl nicht gelegen haben, siehe einige andere Aktivatorträger, die in diesem Punkt, gelinde gesagt, weitaus anfälliger gewesen sind (ich sage hier nur Tekener)! War Sato für die Manipulatoren vor und hinter den Materiequellen zu gefährlich geworden?

Nun, und das ist ein ganz gemeiner Cliffhanger, wir werden sehen …

Jürgen Freier

 

 

GLOSSAR

Sato Ambush

Der Pararealist ist nach seiner Odyssee in verschiedenen Paralleluniversen zur Menschheit zurückgekehrt, um Perry Rhodan und Aurec zu unterstützen.

Geschichtliches

Sato Ambush gilt als der eigentliche Entwickler eines neuen Zweigs der Wissenschaft, des Pararealismus. Die Begriffe, mit denen Sato Ambush arbeitet, sind zum großen Teil den ostasiatischen Philosophien entliehen, etwa das Ki, welches die verbindende Kraft zwischen Geist und Körper darstellt und das im 21. Jahrhundert entwickelten Prinzip des Zhakra, das die innere Verbundenheit aller Wissenschaftsdisziplinen lehrt (Nexialismus), indem die Hoffnung zum Ausdruck kommt, alle Phänomene, die dem Menschen zugänglich sind auf geistiger Ebene zu verstehen, und so eine einheitliche Theorie des Universums zu entwickeln.

Durch das Ki ist er in der Lage mit seinem Geist auf die Quantenzustände seiner Umgebung einzuwirken und so nicht nur sich selbst, sondern auch andere in parallele Wirklichkeiten zu versetzen.

Ambush beteiligt sich gegen 426 NGZ an verschiedenen Unternehmungen der GOI und befindet sich 448 NGZ an Bord eines Raumers der Tarkan-Flotte, als diese mit 700 Jahren Verspätung nach Meekorah zurückkehrt. Nach dem tragischen Tod von Geoffrey Abel Waringer, wird Ambush zu dessen Nachfolger. In der Folgezeit beschäftigt er sich mit der Perle Moto und versucht das Geheimnis der Nakken zu lösen.

Während der Auseinandersetzung mit Sinta in einer Raumzeitfalte trifft er auf seinen Parazwilling und kann die Expedition nur dadurch retten, dass er selbst zurückbleibt. (Siehe hierzu auch den Artikel in der Perrypedia über Sato Ambush)

Dorgon

Die folgenden Jahre wird er von seinem Para-Ich gepflegt. Embuscade nutzt jedoch seine Para-Fähigkeiten aus und beutet die Völker des Paralleluniversums aus. Ambush ist damit jedoch nicht einverstanden, kann jedoch gegen den mächtigen Embuscade, der einen Zellaktivator trägt, nichts ausrichten. Viele Jahre versucht Ambush seine Fähigkeiten wieder zu stabilisieren und lebt in einer Dimension zwischen den parallelen Universen. Dann kommt es, nachdem Embuscade ein unschuldiges Mädchen umbringt, zu einem Kampf zwischen den beiden »Brüdern«, bei dem die beiden miteinander verschmelzen. Es gelingt Ambush, das Bewusstsein Embuscades zu töten und mit seinem Para-Ich zu verschmelzen. Fortan ist er in der Lage, sich auch wieder im Normaluniversum für eine gewisse Zeit zu manifestieren.

Steckbrief

Ø  Geboren: 386 NGZ

Ø  Geburtsort: Japan, Terra

Ø  Größe: 1,68 Meter

Ø  Gewicht: 55 kg

Ø  Augenfarbe: braun

Ø  Haarfarbe: grau

Ø  Bemerkungen: Er hat große braune Augen, einen schmallippigen Mund und spricht mit heller, klarer Stimme. Seine Haare trägt er zu millimeterlangen Borsten gestutzt. Er ist sehr traditionsbewusst, so trägt er z. B. meist einen Kimono und hält an der japanischen Tradition des Essens mit Stäbchen fest.

Aurec

Aurec ist der älteste Sohn des Kanzlers Doroc. Sein Vater war im Jahre 1285 NGZ der Anführer der Republik Saggittor. Aurec verbrachte eine ruhige Kindheit und genoss eine hervorragende Ausbildung. Weise Lehrmeister brachten ihm die wichtigsten Prinzipien und moralischen Vorstellung bei. Der junge Saggittone galt als Nachfolger Dorocs.

Er hatte zwei Geschwister, einen Bruder und eine Schwester, die jedoch politisch völlig uninteressiert waren.

Im Jahre 1285 NGZ startete Aurec auf Anraten der hiesigen Superintelligenz SAGGITTORA zusammen mit dem Flottenadmiral Dolphus eine Expedition, um die Lokale Gruppe zu erforschen. SAGGITTORA wies ihnen den Weg durch ein Sternenportal.

Dabei trafen sie auf die LONDON, die zu der Zeit von dem gefährlichen Sektierer Dannos entführt wurde. Durch Missverständnisse wurden die Passagiere an Bord des Hanseraumers paralysiert und gefangen genommen. Bereits auf dem Weg nach Saggittor zurück, wachten die ersten Galaktiker auf. Aurec fasste schnell Vertrauen zu Perry Rhodan, der sich an Bord befand. Er ließ die Soldaten an Bord der LONDON abziehen und lud die LONDON ein, mit nach Saggittor zu kommen. Auf dem Schiff lernte Aurec die junge Terranerin Shel Norkat kennen, für die er große Sympathien hegte.

Kurz, nachdem die Terraner in Saggittor angekommen waren, wurde die Inkarnation Rodrom auf ihn aufmerksam. Rodrom alliierte sich mit Dolphus und brachte die Kanzlerfamilie um. Nur Aurec überlebte, wurde jedoch von Dolphus gejagt. Zusammen mit Rhodan, Wyll Nordment, Sam, Rosan Orbanashol wurde er mit der LONDON in ein Paralleluniversum versetzt. In diesem Paralleluniversum fand man sich im Solsystem im Jahre 1998 wieder. Es war ein Welt ohne Perry Rhodan. Dort mussten sich die Helden gegen gefährliche Jäger Rodroms durchsetzen.

Steckbrief

Ø  Geburtsort: Saggitton, Galaxis Saggittor

Ø  Größe: 1,81 Meter

Ø  Gewicht: 79 kg

Ø  Augenfarbe: braun

Ø  Haarfarbe: schwarz  

Ø  Bemerkungen: Athletischer Körperbau, intelligent, charmant, sympathische und natürliche Ausstrahlung, ähnelt dem südeuropäischen Typ Terras. Hat hohe moralische und ethische Vorstellungen, würde sein Leben jederzeit geben, um ein anderes zu retten, manchmal zu hitzköpfig und gibt zu schnell auf.

Saggittonen

Die Saggittonen sind ein humanoides Intelligenzvolk aus der Galaxis Saggittor (terranische Bezeichnung M64 – Das Schwarze Auge). Die Saggittonen ähneln dem Terraner sehr stark bis auf kleinere unterschiedliche Anordnungen im organischen Aufbau. Die Hautfarbe der Saggittonen variiert zwischen gebräunt und dunkelhäutig. Ihr Haar ist braun bis schwarz, die Augenfarbe variiert zwischen grünbraun, braun und fast schwarz.

Charakteristika

Die Saggittonen sind ein tatendurstiges, stolzes Volk. Saggittonen gelten zwar als friedlich, gerecht, besitzen aber auch ein aufbrausendes Temperament. Ihr Stolz kann – insbesondere aufgrund ihrer politischen und militärischen Stellung innerhalb der Galaxie M64 – manchmal zu Arroganz und dem Gefühl der Überlegenheit umschlagen.

Es gilt auf Saggitton vor allem als ehrenvoll, wenn man gebildet, künstlerisch begabt oder ein guter Krieger ist. Es gilt, dass alles Ehre bringt, was Saggittor voranbringt. Als unehrenhaft dagegen werden egoistische Handlungen angesehen. Diese werden in der Öffentlichkeit auch geächtet.

Gesellschaft

Gleichheit der Geschlechter, Religionsfreiheit, das Recht auf Selbstverwirklichungen werden in Saggittor hoch angesehen. Das Volk soll im Gleichgewicht sein. Das Individuum soll nach seinen Stärken und Schwächen gefördert werden.

Der Familiensinn ist bei den Saggittonen stark ausgeprägt. Scheidungen sind ein Schreckensszenario, dennoch unter strengen Auflagen erlaubt (Gewalt in der Ehe, mehrfacher Betrug). Kinder gelten als hohes Gut und es wird viel Zeit und Mühe in die Erziehung der Kinder gesteckt, sei es durch Förderung der Eltern oder durch ein ausgeklügeltes Schulsystem.

Ein heranwachsender Saggittone soll in Ethik unterrichtet werden, um mit Anstand und Ehre durch das Leben zu gehen, sein Leben zum Wohl der Gemeinschaft einzusetzen und die Schwachen zu beschützen. Er soll gebildet sein und er soll danach in die Kriegskunst unterwiesen werden. Nach Abschluss dieser Grundausbildung kann er nach individuellen Wünschen (manchmal jedoch auch auf Druck der Familie) seinen Berufsweg wählen.

Zwar existiert eine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, doch es ist keinesfalls eine Gleichschaltung beider Geschlechter vorgenommen worden. Gerade der Reiz des Unterschieds ist für Saggittone und Saggittonin wichtig für die Liebe. Da der Begriff der Ehre und des Ehrenmannes stark geprägt ist, ist es auch normal, dass ein Mann die Frau hofiert oder als schwaches Geschlecht ansieht. Die saggittonischen Frauen stören sich daran jedoch in der Gesellschaft wenig und lassen den starken Mann durchaus wissen, worin die Frau überlegen ist.

Wirtschaft

Die Wirtschaft hat eine untergeordnete Rolle in der gesamten Galaxie. Sie ist Mittel zum Zweck und soll den Wohlstand und die Versorgung der Bevölkerung sichern. Es hat sich seit Jahrhunderten bewährt, dass die Saggittonen arbeiten, um des Fortschritts und der Erhaltung wegen und nicht zur persönlichen Bereicherung. Zwar verdienen Saggittonen auch Geld, doch es gibt auf den meisten Welten keine soziale Unterschicht oder eine überreiche Elite. Die Balance ist ausgewogen und wird durch entsprechende Gesetze reguliert.

Nahrung der Saggittonen

Die Saggittonen sind – wie die Terraner – Fleisch- und Pflanzenesser. Sie kochen und essen gerne und mögen es deftig und scharf.

Speisen

Carnaroosa = Fleischeintopf (Carna für Fleisch, Roosa für Eintopf)

Aeticua = Ein Raumfahrergericht. Aufwärmbare Konzentrate, die sich je nach Zusammenstellung in einen Brei mit Gemüsegeschmack, Eintopf, Carnaroosa oder dergleichen entwickeln.

Getränke

Die Saggittonen legen viel Wert auf einen guten Tropfen zum Essen. Die Kombination zwischen scharfem Essen und durstlöschenden Bier ist durchaus gewollt, auch wenn es dazu führt, dass die Saggittonen stockbetrunken danach sind. Deshalb wird das Hauptessen auch erst bei Sonnenuntergang serviert.

Vino = Süßer Wein

Ebi-Vino Scil = Halbtrockener Wein

Ebi-Vino = Trockener Wein

Sorfa = Biersorte

Qeuca = Wasser

Fruta-Queca = Fruchtsaft

Aljada = Fruchtiges Obstsorte

Bisca = Schwarzer Kaffee aus Bohnen des großen Regenwalds

Maßeinheiten

Der Reto bildet die Grundlage des Maßsystems. Längen unter einem Reto werden als Peqa-Reto, größere Maße als Altos-Reto, bezeichnet.

1 Reto = 1,25 Meter

1 Peqa-Reto = 0,25 Zentimeter

500 Peqa-Reto = 1,25 Meter = 1 Reto

500 Reto (625 Meter) = 1 Altos-Reto

Beispiel: Der Durchmesser der scheibenförmigen SAGRITON beträgt 5.000 Metern also 8 Altos-Reto.

Astronomische Maßeinheiten

Genauso wie die Terraner messen die Saggittonen in Lichtjahren die Entfernung zu den anderen Himmelskörpern.

Zeit

Die Saggittonen haben sich zu einer einheitlichen Zeitrechnung innerhalb der Galaxie mit den anderen Völkern verständigt. Die Zeitberechnung ist jedoch anders als die NGZ in der Milchstraße. Hierbei wurde keine Anpassung an eine bestimmte Zeitrechnung eines Volkes vorgenommen, sondern eine Zeitberechnung eingeführt, die eine Mischung aus den gängigen Rechnungen der Völkergemeinschaft darstellt.

Das Jahr (Anor) ist die höchste Zeiteinheit. Es besitzt 25 Semor (Wochen). Jede Semor hat 50 Diat (Tage). Somit hat ein saggittonisches Jahr 1250 Tage (Diat). Ein Diat hat 10 Stunden (Horar). Die Stunde setzt sich aus 25 Minuten (Nuto) zusammen. Eine Nuto setzt sich aus 50 Peq-Nuto zusammen, welche die kleinste Zeiteinheit im normalen Gebrauch (Ausnahmen Wissenschaft, Sport) darstellt.

In terranischer Zeitrechnung gerechnet, entspricht eine Peq-Nuto einer halben Sekunde. 50 Peq-Nuto sind also 25 terranische Sekunden. Somi ist eine saggittonische Minute, im terranischen Chronometer 25 Sekunden lang. Die saggittonische Stunde (Horar) sind also 12 ½ terranische Minuten. Ein saggittonischer Tag ist also nur 125 terranische Minuten lang. Eine saggittonische Woche ist die Hauptzeiteinheit bei den Saggittonen – jedoch nicht bei anderen Völkern (die Holpigons rechnen am liebsten in Anor, während die Varnider in Diat ihren Tag ausrichten). Eine Semor (Woche) hat also 50 Tage, die 125 Minuten lang sind. Somit hat eine saggittonische Woche 6250 Minuten. Das entspricht 104 terranischen Stunden, also 4,3 Tagen. Somit hat das saggittonische Jahr mit 25 Semor 108 ½ terranische Tage.

Zeiteinheiten

Anor (Jahr) – 108 ½ Tage

Semor (Woche) – 4 ⅓ Tage

Diat (Tag) – 2,08 Stunden

Horar (Stunde) – 12 ½ Minuten

Nuto (Minute) – 25 Sekunden

Regional werden die Zeiten jedoch an die Rotationsdauer / Tag- und Nachtwechsel angepasst. Für diese speziellen Uhrzeiten verwenden die Saggittonen den Begriff „Netar“, was soviel wie Planet bedeutet. Ein Netar-Diat auf der Welt Saggitton sind 10 normale Diat.

 

Beschreibung: C:\Users\Juergen\Documents\PROCeBook77x48.pngDas DORGON-Projekt – Mordred-Zyklus – ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V.

Special-Edition Band 6, veröffentlicht am 8.1.2012 • Autor: Nils Hirseland • Titelillustration: Gaby Hylla • Lektorat: Jürgen Freier und Jürgen Seel • Layout: Jürgen Seel • Internet: www.proc-community.de • E-Mail: info@proc-community.de • Postanschrift: PROC e. V. z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf • Copyright © 1999-2012 • Alle Rechte vorbehalten